Spielziel
Das Kultspiel „Die Siedler von Catan“ inklusive der „Städte & Ritter-Erweiterung“ gibt es nun im neuen Gewand. Dies soll Anlass geben, einen Vergleich anzustellen zwischen der alten und der neuen Aufmachung. Da sowohl das Spielziel als auch der Spielablauf in der neuen Auflage unverändert geblieben sind und das Spiel jedem bekannt sein dürfte, spare ich mir hier die Ausführungen zum Spielablauf.
Vielleicht noch ein kleines Wort zur Entstehung von „Die Siedler von Catan“: Klaus Teuber konzipierte das Spiel ursprünglich als „Siedler mit Städte & Ritter“. Das Spiel wurde abgespeckt, um es einfacher und für ein breites Publikum spielbarer zu gestalten. Das Resultat war das Spiel „Die Siedler von Catan“, das 1995 erschien, wie wir es heute als Grundspiel kennen. Die Erweiterung „Städte & Ritter“ erschien erst 1998, noch nach der „Seefahrererweiterung“ von 1997. „Die Siedler von Catan“ ist sicherlich das Spiel der 90er Jahre – dennoch wurde es für mich erst mit der „Städte & Ritter-Erweiterung“ zu dem herausragenden Spiel seines Jahrzehnts.
Ablauf
Plastik satt Holz
Das alte Spielmaterial war aus Holz, die dargestellten Formen abstrakt. Die neuen Spielfiguren sind aus Plastik und wurden ausmodelliert. Es sind jetzt richtige Dörfer und Städte zu erkennen, die Ritter sind echte Ritterfiguren. Es wirkt alles plastischer und moderner. Ob man nun Holz oder Plastik bevorzugt ist sicherlich Geschmacksache und hat in der Vergangenheit schon so manche erhitzte Diskussion entfacht, die ich hier nicht weiterführen möchte. Was mir sehr gut gefällt, sind die Figuren der Räuber und des Händlers, das Piratenschiff eigentlich auch, nur das lässt sich nur schwerlich mit dem Plastikwasser zusammenstecken.
Die Umrandung von Catan
Neu ist auch das Catan umrahmende Wasser mit seinen Häfen. Diesen Rahmen gab‘s zwar bereits bei der „Städte & Ritter-Erweiterung“, jetzt ist er aber stabiler und auch für das Grundspiel zu verwenden. Er erleichtert den Aufbau und verhindert das Verrutschen der Insel. Das Feld für die Piraten wurde praktischer Weise auf ein separates Feld ausgelagert, welches nicht in den Rahmen integriert ist.
Aufbewahrung und Kartenfächer
Sehr praktisch sind die neuen Extrafächer für die Karten, die nicht nur während des Spiels, sondern auch zur Aufbewahrung gute Dienste leisten. Diese haben wir ja bereits bei den „Sternenfahrern von Catan“ kennen und lieben gelernt. Sie sind schlicht handlich und lassen sich sogar gut stapeln. Apropos Aufbewahrung: Gibt es jemand, der das Basisspiel und die „Städte & Ritter-Erweiterung“ in zwei Schachteln verstaut? Ich denke nein. Eigentlich wäre die Schachtel von „Städte & Ritter“ ja groß genug, um alles unterzubringen, aber auch dies ist leider mal wieder nicht vorgesehen, und so muss (wie beispielweise auch bei Robo Rally) der theoretisch praktische Plastikeinsatz entsorgt werden.
Die grafische Gestaltung
Die gesamte Optik hat sich verändert. Sowohl die Inselplättchen als auch die Rohstoffkarten wirken nicht mehr so abstrakt, sind aber immer noch gut zu unterscheiden, wenn auch für meinen Geschmack etwas gewöhnungsbedürftig. Bin ich etwa doch irgendwie konservativ? Die Aktionskarten gefallen mir dagegen besser.
Bei den Aktionskarten ist mir übrigens eine veränderte Karte aufgefallen, was aber wohl nur einen praktischen Grund hat. Der Saboteur stellt nun nicht mehr eine Stadt auf den Kopf – sähe auch komisch aus – sondern er halbiert die Handkarten nicht schlechter stehender Gegner.
Die Stadtausbauten
Zum Anzeigen der Stadtausbauten werden nun kleine Rahmen verwendet, in denen je drei mal fünf Plättchen Platz finden können. Das ist optisch recht gut gelungen. Manchmal verrutschen die Plättchen etwas im Rahmen, aber das ist nicht wirklich tragisch, erinnern wir uns doch daran, dass man bei der alten Version gern mal versehentlich zwei Stadtausbauten gleichzeitig umgedreht hat. Für meinen Geschmack hätte es hier aber auch eine einfache Ablagefläche getan, besonders wenn man bedenkt, dass die grazilen Rähmchen schon sehr anfällig für Knicke sind und nicht gut geschützt in der Schachtel verstaut werden können. Mein Tipp: Rahmen auf Pappe aufkleben, das macht sie weniger empfindlich und man kann die Rahmen auch leichter mal woanders hinlegen.
Übersicht und Handhabung
Mein größter Kritikpunkt bezieht sich aber auf die neuen Ritterfiguren. Der rechte Arm ist mit einer der Wertigkeit des Ritters entsprechend großen Fahne versehen und kann bewegt werden. Zeigt der Arm nach oben gilt der Ritter als aktiviert. Zum einen ist es unglaublich unübersichtlich, wenn man herausfinden möchte, wie viele Ritter gerade aktiviert sind. Sowohl die Anzahl der aktivierten Ritter als auch deren Wertigkeit sind nur schwer zu erkennen. Zum anderen ist die Handhabung der Ritter etwas umständlich. Wir mussten die Ritter immer vom Spielfeld nehmen, ihren Arm anheben oder absenken und wieder platzieren und haben dabei hoffentlich den Stellplatz nicht vergessen. Was aber noch viel ärgerlicher ist, ist das bereits beim ersten Spiel ein blauer Ritter einen halben Armbruch erlitten hat. Ich hatte übrigens blau. Da ich sehr sorgfältig und sensibel mit Spielmaterial umgehe, lag es wohl eher an der Empfindlichkeit des Materials.
Fazit
Leider hat sich mein erster Eindruck vom neuen Material bestätigt. Optisch ist das neue Design sicherlich Geschmacksache. Wenn man sich mal daran gewöhnt hat, kann es durchaus gefallen, auch wenn ich das alte Spiel bevorzuge. Auf der Seite der Handhabung und der Übersichtlichkeit hat das neue Siedler „Städte & Ritter“ auf jeden Fall verloren. Für mich sinkt damit auch der Spielreiz merklich. Wer das alte Spiel schon hat wird das neue wohl auch nicht brauchen. Alle Anderen werden hoffentlich auch mit dem neuen Spiel viel Freude haben, denn das alte wird es wohl nicht mehr lange geben. Ersatzteile zum alten Siedler sollen noch etwa ein halbes oder ganzes Jahr – die Aussagen vom Verlag waren in diesem Punkt nicht einstimmig – erhältlich sein. Wer dann noch eine Erweiterung (Seefahrer, 5er/6er,..) zum alten Siedler kaufen möchte hat einfach Pech. Und falls sich dann doch mal jemand das neue Siedler zulegt, brauch ich ihm wohl auch nicht mehr das Siedlerbuch ausleihen.
Nichtsdestotrotz: die „Siedler von Catan“, besonders mit der „Städte & Ritter-Erweiterung“ stellen auch noch nach über 5 Jahren ein Highlight in der Spielelandschaft dar, ob das mit dem neuen Design so bleibt, muss sich aber erst noch zeigen.
Rezension Tommy Braun
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Regelvarianten
Räuber-Variante (von Don Tulpo)
Wir spielen seit 1995 (bedingt durch eine Fehlinterpretation der Regeln) folgende Variante: Wird eine 7 gewürfelt, darf der Spieler zwar den Räuber versetzen und dem entsprechend
Karten einziehen, aber keine weiteren Aktionen (Bauen,Tauschen,Handeln) ausführen. Wir sind seit 1995 nicht von dieser Variante abgewichen, da sie das Spiel um ein "Ärgernis"bereichert.