Rezension/Kritik - Online seit 01.10.2012. Dieser Artikel wurde 7276 mal aufgerufen.

Abtei der Rätsel

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Autor: Thomas Fackler
Illustration: Michaela Kienle
Gunter Grossholz
Verlag: KOSMOS
Rezension: André Beautemps
Alter: ab 10 Jahren
Jahr: 2011
Bewertung: 3,6 3,6 H@LL9000
3,3 3,3 Leser
Ranking: Platz 5984
Abtei der Rätsel

Spielziel

Woran merken wir, dass Krise ist? An ständig steigenden Preisen? Wenn dem so ist, dann müsste diese Neuauflage von Thomas Facklers Spiel ja ein goldenes Zeitalter heraufbeschwören. Schließlich bekommt man das jetzige Werk bereits zu einem Hundertstel des Preises der Erst- und Exklusiv-Veröffentlichung. Schätze, die Auflagenhöhe ist in umgekehrter Relation sogar noch höher. Zumindest müssen wir uns jetzt nicht mehr an irgendwelche Milliardäre heranschmeißen, um ein eigenes Spielerlebnis zu bekommen.

Ablauf

Auf einem großzügigen Spielplan befindet sich eine Luftansicht der Abtei, in welcher die Mönche und Novizen sich bewegen werden. Jeder Spieler besitzt davon jeweils einen, dazu kommt noch die Figur des schwarzen Abtes. Während es sich die Spielfiguren am einen Ende des Spielplans vor der Abtei gemütlich machen, wird der Abt erst einmal am anderen Ende aufgebaut.

Die Abtei ist in verschiedene Räumlichkeiten und Außenbereiche aufgeteilt. In einigen der Räume werden nummerierte Bücher verteilt, in dem so genannten Speisesaal liegen Brote bereit, in der Kirche ein paar Schlüssel. Ein Bücherregal wird mit einer Karte bestückt und zwar so, dass niemand die Vorderseite der Karte sehen kann. Zettel und Stifte, die gesondert hinzuzunehmen sind, sollten für jeden Spieler bereit gelegt werden.

Der Spieler am Zug würfelt zunächst mit einem Würfel aus, wo der schwarze Abt platziert wird. Dies wird an einem der Orte sein, an dem sich Buch 1 - 6 befinden. Dieses Buch (und der gesamte Ort) ist während des eigenen Spielzuges tabu, man darf lediglich hier durchziehen, aber nicht dort stehenbleiben und schon gar nicht in Büchern stöbern. Es folgt die Bewegung der eigenen Figuren, wobei die Novizenfigur mit einer Schrittweite von vier Feldern beweglicher ist als der Mönch, der lediglich zwei Felder weit gezogen werden darf. Idealerweise muss der Mönch gar nicht gezogen werden, denn nur dann ist er in der Lage, in einem Buch, das sich auf dem gleichen Feld befindet, zu lesen.

Lesen geht so vonstatten, dass man sich das Bücherregal schnappt, auf dem vorne einzelne Schubfächer geöffnet werden können. Diese sind korrespondierend mit den Büchern nummeriert, je nach gelesenem Buch linst man hinter das entsprechende Fach. In der Regel enthüllt sich dahinter ein Buchstabe, den es zu notieren gilt. Die Bücher können übrigens mit den Novizen bewegt werden, man ist also keineswegs gezwungen, mit seinem Mönch in alle originären Räumlichkeiten der Bücher zu ziehen. In optimalen Fällen kann ein Mönch in einer Runde sogar mehrere Bücher lesen, dies ist ausdrücklich erlaubt.

Mit den erwähnten Broten lässt sich die Bewegungsweite sowohl des Novizen als auch des Mönches erweitern. Dazu dürfen nur Brote im eigenen Besitz verwendet werden. Diese gelangen in selbigen, indem der Novize je Bewegung maximal 2 davon zu seinem Mönch trägt. Alternativ könnte er dies mit einem Schlüssel tun. Den benötigt man, um an die Bücher mit den höheren Nummern zu gelangen. Diese befinden sich in der Bibliothek, die leider verschlossen ist. Dafür ist hier eine Blockade durch den schwarzen Abt ausgeschlossen.

Wer auf diese Weise genügend einzelne Buchstaben zusammengelesen hat, darf am Ende seines Zuges einen Lösungsversuch wagen. Es gilt, ein fünf- bis zehnstelliges Wort, welches sich auf der Karte im Bücherregal befindet und aus den dortigen einzelnen Buchstaben ergibt, zu erraten. Man notiert das vermeintliche Lösungswort und kontrolliert dies, indem die Karte (für die anderen Spieler immer noch verdeckt) herausgezogen wird. Ist der eigene Lösungsversuch richtig, zeigt man die Karte und die eigene Niederschrift den Mitspielern und hat das Spiel gewonnen. Ist er falsch, ist man aus dem Spiel ausgeschieden, während die anderen weiter auf ihre Chance lauern können.

Es ist noch erwähnenswert, dass es zwei Kartenkategorien gibt, eine leichte und eine schwere Variante. Die schwere Variante enthält nicht immer zehnstellige Wörter, was die Raterei dahingehend erschwert, dass bei so manchem Lesevorgang statt eines Buchstabens ein *-Symbol zu lesen ist, also eine Art Blindgänger, der irgendwo im Wort eingeschoben sind.

Fazit

Dies vorweg: Ich werde mir sämtliche Vergleiche zur eingangs erwähnten Luxusedition verkneifen, denn die Spielweise ist zum einen nicht 100 % kompatibel, zum anderen wäre dies zum Beispiel in Bezug auf das Spielmaterial nicht fair.

Das ist nämlich bei diesen Spiel sehr nett gestaltet und das meine ich auch im Wortsinn (und nicht als kleine Schwester von ...). Sowohl der Spielplan mit den einzelnen Räumen der Abtei, in die es stets hineinregnet (damit die Räumlichkeiten gut zu erkennen und unterscheiden sind, wurde auf eine Darstellung der Dächer verzichtet) als auch die Figuren und selbst das in Plastik gegossene Bücherregal erregen sofortige Aufmerksamkeit. Also rasch auf die Regeln gestürzt.

Die Spielregel ist einseitig. Nämlich auf genau einer Seite. Ok, diese entspricht der Schachtelgröße (ist also größer als DIN A4), aber sie ist lückenlos und gut strukturiert. Auf Ihrer Rückseite gibt es eine Übersicht über den Spielplan mit den Bezeichnungen der einzelnen Räumlichkeiten der Abtei. Ich denke, aus optischen Gründen wurde darauf verzichtet, die Namen direkt auf den Spielplan zu drucken. Umrahmt wird dieses grafische Element von einem einführenden Text, der zunächst ein wenig Verwirrung stiftet, weil er irrtümlich für die Regel gehalten wird. Komplettiert wird das Ganze noch um ein Beispielheft, in dem verschiedene Spielsituationen mit wenig Text und reichlicher Bebilderung erklärt werden. Auf der letzten Seite befindet sich ebenfalls eine Abbildung des Spielplans mit Bezeichnung der einzelnen Bereiche, wobei hier auch die möglichen Zugrichtungen zwischen den Feldern eingezeichnet sind. Das macht die Seite mit dem Einführungstext noch ein wenig überflüssiger, vielleicht aber hat der Verlag in der Testphase einen Bedarf für diesen erkannt und entsprechend gehandelt.

Im Spiel selbst ist man in nullkommanix, die möglichen Mechanismen sind schnell verinnerlicht und angewendet, die Konzentration gilt quasi von Anfang an einzig dem Spielziel, nämlich als Erster das gesuchte Wort zu erraten. Meint man dieses Ziel erreicht zu haben, ist es ungeheuer wichtig, der Regelanweisung zu folgen und das (vermeintliche) Lösungswort nicht einfach quer durch die Abtei zu brüllen (Silencium!), da man auf diese Weise im Falle des Danebenliegens den Mitspielern wichtige Hinweise auf Buchstaben verrät, über die ihnen eigentlich noch nichts bekannt ist.

Natürlich ist es schade, dass man bei nur einem Fehlversuch gleich außen vor ist. Es gilt jedoch zu bedenken, dass die restliche Spielzeit der in den Klostermauern Verbliebenen normalerweise nicht mehr allzu lang ist, da der Fortschritt bei der Ermittlung der einzelnen Buchstaben im Großen und Ganzen auf dem gleichen Level liegt. Wer also lange warten muss, bis die Partie tatächlich beendet ist, sollte sich fragen, ob er nicht etwas zu riskant an die Sache herangegangen ist und bei nur drei bekannten Buchstaben vielleicht erst noch hätte weitere sammeln sollen ...

Das Spiel funktioniert in jeder der möglichen Besetzungen gleich gut. Natürlich ist es bei einer Partie zu zweit ein wenig witzlos, wenn einer der Kontrahenten einen Fehlversuch bei des Rätsels Lösung tätigt. Der andere Spieler spielt dann die Runde alleine zu Ende, kann aber letztlich nicht daran gehindert werden, in aller Ruhe alle Buchstaben zu lesen und damit das Lösungswort sicher zu wissen. Ich empfehle für ein solches Spiel die vor Beginn zu treffende Verabredung einer maximalen Anzahl von 2 Zügen für den verbliebenen Spieler, sollte der Fall eintreffen. Danach muss auch er (oder sie) einen Lösungsversuch unternehmen. Gleiches ist natürlich anwendbar, wenn im Spiel zu dritt oder viert ebenfalls ein Spieler übrigbleiben sollte, da alle anderen bei ihrem Siegversuch nicht erfolgreich waren.

Die angegebene Spieldauer von einer dreiviertel Stunde ist eigentlich ein Maximum. Es müssen schon ausschließlich ausgewiesene Schnarchnasen zusammenfinden, sollte dieser Zeitrahmen gesprengt werden. Bei der Angabe des Mindestalters ist man eher auf Nummer Sicher gegangen. Zumindest unter Anleitung und Aufsicht eines Erwachsenen können auch Drittklässler das Spiel mit Spannung und Freude spielen. Vielleicht ist man beim Wortschatz zu unsicher geworden. Oder aber es wird nur in minimal 2-Jahres-Stufen gedacht, und achtjährige Teilnehmer wären dann doch etwas im Hintertreffen, weil sie noch nicht genügend Wörter gesammelt haben, um diese aus einigen bekannten Buchstaben heraus erraten zu können.

Die Anzahl der Lösungsworte ist groß genug gewählt, um selbst häufig spielenden Fans des Machwerks reichlich unterschiedliche Partien bzw. Spielziele zu bieten, die definitiv noch nicht bekannt sind. Und selbst bei sich wiederholenden Karten ist es fraglich, ob man wirklich bei einem zweiten Rateversuch schneller auf die Lösung kommt. In der Zwischenzeit sind dann vermutlich so viele andere Wörter zu erraten gewesen, dass es nur Ausnahmekönnern auf dem Gebiet des Trivialgedächtnisses vergönnt sein wird, sich rasch an ähnliche Buchstabenkombinationen zu erinnern. Was nützt dazu das "ei", wenn bereits bekannt ist, dass diese Kombination in mehreren Wörtern vorkommt?

Ein kleines bisschen Glück gehört natürlich schon dazu, so rasch wie es eben geht an die begehrten Einzelteile der Lösung heranzukommen. Hat man Pech, blockt man sich selbst mit dem schwarzen Abt immer an den unpassendsten Stellen, während der liebe Nebenmönch selbigen immer nur auf Bücher würfelt, die er schon längst durchstöbert hat. Na toll! Dazu kommt, dass man unter Umständen von Transporten der Bücher durch die Mitspieler in die Nähe des eigenen Mönchs profitieren kann, weil man mit deutlich weniger Bewegungen als zuvor in den Lesegenuss gelangt. Durch die überschaubare Maximaldauer einer Partie und natürlich dank der Bücher in der sicheren Bibliothek, an die man definitiv ohne Blockade gelangen kann, wird diese Komponente aber nicht als zerstörerisch empfunden. Wohl aber von den Betroffenen als störend.

Das Spiel ist eine schöne und empfehlenswerte Bereicherung für alle und jeden. Familien, die mit Sicherheit als Zielgruppe identifizierbar sind, aber auch echte Spielejunkies können damit einen Zeitvertreib durchführen, bei dem Langeweile nur dann aufkommen kann, sollte es als gesuchtes Lösungswort im Spiel enthalten sein. Was ich mir nur schwer vorstellen kann, ich bin aber auch noch längst nicht alle Karten durch. Das Gesamtfazit lautet ergo: Mönch Meier, ein schönes Spiel!

Rezension André Beautemps

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Abtei der Rätsel: 3,6 3,6, 7 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 20.07.12 von André Beautemps
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 11.04.11 von Jochen Traub
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.05.11 von Andreas Molter
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 22.08.12 von Sandra Lemberger - Ein schönes Familien-Wortsuchspiel!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.10.12 von Steffen Wallraff
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.10.12 von Frank Solnitzky
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.10.12 von Michael Kahrmann

Leserbewertungen

Leserwertung Abtei der Rätsel: 3,3 3.3, 6 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 10.04.11 von Wolfram Dübler-Zaeske - Kurz und gut!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.04.11 von Gregor Eschenbacher - Gelungene Umsetzung der edlen Vorlage - schön zu spielen.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.04.11 von Brasty X - Langweiliges und unnötiges Deduktionsspiel.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.04.11 von Volker Nattermann - Unterhaltsames Spiel
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 19.04.11 von Andrea Krone - Tolle Aufmachung, aber eine elendige Würfelei und grottenlangweilig.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.10.12 von Dany Kemmler - Auf den ersten Blick sehr nett aufgemacht und scheinbar eine nette Idee. Teilweise gab es aber bei der Interpretation der Regeln immer wieder Diskussionen, was das Spielen dann ziemlich erschwerte, da einige Dinge nicht ganz klar aus den Regeln hervor gehen. Als nettes Familienspiel ab und an ganz nett, aber zu oft wird es nicht auf den Tisch kommen.

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