Rezension/Kritik - Online seit 14.12.2015. Dieser Artikel wurde 9108 mal aufgerufen.

Arkwright

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Autor: Stefan Risthaus
Illustration: Harald Lieske
Verlag: Spielworxx
Rezension: Michael Timpe
Spieler: 2 - 4
Dauer: 120 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2014
Bewertung: 4,5 4,5 H@LL9000
4,7 4,7 Leser
Ranking: Platz 2013
Arkwright

Spielziel

Zum Glück gibt es Wikipedia, so kann ich diese Einleitung mit der geschichtlichen Einbettung beginnen, dass Richard Arkwright ein (nicht ganz unumstrittener) englischer Industrieller war, der eine Spinnmaschine mit automatischer Garnzuführung patentieren ließ, die ebenfalls fürs Spiel namensgebende Waterframe. 1771 errichtete er die erste Baumwollfabrik der Welt, die den Grundstein seines Textilimperiums bildete und ihn zu einem sehr wohlhabenden Mann machte (ziemlich viele „handwerkliche-Spinner“ mussten sich in der Folge zu Hilfsarbeitern umschulen lassen, was sie etwas weniger wohlhabend werden ließ, aber es können ja nicht immer alle gewinnen).

Thematisch ist das Spiel damit schon gut umrissen: Wir spielen Industrielle, die versuchen, mit Investitionen in verschiedene Fabriken im Laufe des Spiels möglichst viel Geld zu verdienen - und gewinnen kann wie im echten Leben am Ende nur eine(r).

Ablauf

Um Arkwright spielen zu können, braucht man zunächst mal rechte Geduld, da insbesondere in der Vollversion eine größere Menge Marker sortiert, gemischt, passend ausgelegt und verteilt werden müssen.
Gespielt wird dann die Vorbereitungsrunde, die auf 1760 datiert ist, sowie die drauf folgenden Jahrzehnte 1770 bis 1810. Wer nach dieser Zeit das meiste Kapital ansammeln konnte (Aktienwert mal Anzahl eigener Aktien), gewinnt das Spiel.

Eine Runde im Überblick:
Eine Runde besteht immer aus vier Phasen, in denen zunächst alle Spieler eine Aktion haben, bevor dann in fester Reihenfolge jeweils genau eine Produktionsstraße aktiviert wird. Jeder Spieler mit der entsprechenden Fabrik produziert dann gemäß dem Ausbaustand seiner Fabrik Waren, die direkt anschließend verkauft werden. Dabei ist die Kombination aus Qualität der Waren sowie Preis entscheidend, wer wieviel und vor allem in welcher Reihenfolge Waren verkaufen darf.
Die Anzahl der insgesamt zu verkaufenden Waren richtet sich nach der aktuellen Nachfrage, die wiederum durch die Arbeiter beeinflusst wird, die die Spieler zur Produktion der Waren auf ihren Fabriken einsetzen. Anschließend müssen die Lohnkosten der aktiven Fabrik bezahlt werden, die sich ebenfalls nach dem Stand des Arbeitsmarktes richten: Je weniger Arbeiter verfügbar sind, desto teurer.
Wer nach der Verkaufsrunde noch Waren übrig hat, kann diese entweder einlagern oder - so er denn einen aktiven Handelsvertrag sowie ein Schiff besitzt - verschiffen.
Während das Verkaufen von Waren den eigenen Aktienwert steigen lässt, sinkt dieser beim Verschiffen, dafür erzielt man aber meist deutlich mehr Gewinn als beim direkten Verkauf.

Die Aktionen im Überblick
Auf dem Spielplan platzieren die Spieler Aktionsmarker auf einer „Gebührenleiste“, die festlegt, was die gewählte Aktion kostet. Mit diesem selbst gewählten Preis wird bei einigen Aktionen gleichzeitig festgelegt, wie oft die gewählte Aktion ausgeführt werden darf.
Zur Auswahl stehen Aktionen wie: Fabriken bauen bzw. renovieren, Arbeiter einstellen bzw. entlassen, Arbeiter durch Maschinen ersetzen, Aktien handeln, Qualität der eigenen Waren steigern oder Werbung machen.
Mit jeder dieser Hauptaktionen ist eine von zwei Zusatzaktionen verbunden: Entweder darf man sich einen fortgeschrittenen Aktionsmarker bzw. ein Entwicklungsplättchen nehmen oder man darf den Verkaufspreis der gerade aktiven Warensorte anpassen.

Die fortgeschrittenen Aktionsmarker und Entwicklungsplättchen sind schließlich das Salz in der Suppe. Hier haben die Spieler die Möglichkeit, Standardaktionen zu verbessern, also den Einsatz effektiver zu machen, oder aber über Entwicklungsplättchen bestimmte Spielvorteile zu erhalten. Vier verschiedene Entwicklungsplättchen darf man ansammeln, mit dem fünften muss man dann eins wieder zurückgeben, so dass hier ein gewisser Austausch im Verlauf des Spiels stattfindet. Der Wettbewerb um die besten Plättchen und Kombinationen macht ein wesentliches Element des Spiels aus.

Fazit

35 Seiten Spielregeln, ca. 3 Stunden Spieldauer: Nicht nur beim Gewicht, auch spielerisch macht Arkwright den Eindruck eines schweren Brockens. Um uns den Einstieg etwas zu vereinfachen, bietet uns das Spiel zwei Spielvarianten an, die Einsteigervariante Spinning Jenny und die Vollversion Waterframe.

Bei Spinning Jenny spielen wir weniger Runden, die Entwicklungen bleiben außen vor und von den fortgeschrittenen Aktionsmarkern gibt es nur einige wenige im Spiel. Das reicht zum Kennenlernen der grundlegenden Mechanismen aus und erleichtert den Eintritt in die Vollversion erheblich. Spielerisch ist Spinning Jenny für meinen Geschmack allerdings nur mäßig spannend. Nach der ersten Partie würde ich diese Variante nicht nochmal spielen, da die Partien sehr ähnlich verlaufen und mir die Spieldauer im Verhältnis zum Anspruch zu lang ist.

Die Wateframe genannte Vollversion hat da schon einiges mehr zu bieten, insbesondere die Entwicklungsplättchen sorgen dafür, dass die Spiele unterschiedlicher werden und die Spieler mehr Entscheidungen treffen können, die zu unterschiedlichen Strategien führen. Da man von den Entwicklungsplättchen immer maximal vier unterschiedliche besitzen darf und in jeder Partie auch immer eine etwas andere Kombination dieser Plättchen ins Spiel kommt, ist hier für Abwechslung gesorgt.
Auch die längere Spieldauer, in denen die Fabriken veralten und erneuert werden müssen, passt sehr gut zum Spielgefühl und ermöglicht, auch mal eine längerfristige Spielstrategie auszuprobieren. Da die Spielrunden aber immer gleich ablaufen, lässt der Spannungsbogen gegen Ende deutlich nach, so dass sich die fünfte Runde manchmal etwas lang anfühlt.

Die Spielregeln für beide Varianten sind inhaltlich gut, mit der Waterframe-Version hatte ich erst etwas Mühe, da viele wichtige Details im separaten Begleitheft erklärt werden, das mit „Erläuterungen zum Spielmaterial und strategische Hinweise“ überschrieben ist. Wenn man beide Anleitungen gelesen hat, bleibt aber kaum eine Frage ungeklärt, und auch die Übersichtlichkeit fand ich in Ordnung.
Das Spielmaterial besteht vornehmlich aus stabiler Pappe und ist ziemlich in Brauntönen gehalten; was die Übersichtlichkeit angeht, wäre mit etwas Farbe mehr möglich gewesen.

Die Spieldauer, mit 150+ Minuten angegebe, erscheint mir eher sportlich, hängt aber wesentlich von der Spielerzahl, Spielgeschwindigkeit und natürlich von der Spielversion ab. Eine 4-Spieler-Runde, die das Spiel zum ersten Mal in der Vollversion spielt, tendiert eher zu 4 Stunden, was mir dann doch zu lang ist. Mit drei Spielern und schon zweimal gespielt kommt man schon eher auf die 150 - 180 Minuten, was immer noch lang, aber o. k. ist.

Mein Fazit: Arkwright ist spielerisch weit weniger komplex, als es zunächst den Eindruck macht. Insbesondere die Hauptaktionen sind thematisch und mechanisch so logisch und „selbstverständlich“, dass sie eigentlich keine Verständnisprobleme bereiten. Schwieriger ist es eher, im Voraus zu berechnen, wie viele Waren zu welchem Preis und in welcher Reihenfolge man verkaufen können wird. Hierbei ist man immer sehr abhängig von der aktuellen Spielreihenfolge, aber ein wesentliches Handikap besteht zusätzlich auch darin, dass alle Spieler ihre Marker ständig aktuell halten müssen, damit man richtig voraus rechnen kann.
Diesen Umstand sehe ich ziemlich kritisch, da das viele Handling-Fehler begünstigt und die Übersicht sehr schlecht ist (leider auch vom Material nicht gut unterstützt). Zu wissen, wer wie viel produzieren kann, welche anderen Interessen hat und wie viel verkauft werden wird, ist für ein optimales Spiel notwendig, geht aber stark zu Lasten der Spieldauer und ist nicht komplex (was ich spannend fände), sondern nur kompliziert (was ich mühsam finde).

Spaß wiederum machen der Ausbau und die Entwicklung der Fabriken sowie das Auf und Ab am Arbeitsmarkt, das für einen gewissen Unsicherheitsfaktor sorgt und einen abhängig vom Spiel der Mitspieler macht. Arkwrigt ist kein Solitärspiel.
Durch die Menge der Entwicklungs- und Aktionsmarker ist Abwechslung gegeben, und durch die feste Kombination von Haupt- und Nebenaktion steckt man in einem ständigen Dilemma, welche Aktion als nächstes optimal wäre, um auch die Zusatzaktion gut nutzen zu können.

Was ich noch nicht ganz beurteilen kann: Das Verschiffen von Waren ist eine interessante Gegenstrategie zu den „normalen“ Spielstrategien. Nach einigen Partien drängt sich inzwischen allerdings stark der Verdacht auf, dass diese nicht ganz ausbalanciert ist. Die Verkaufspreise sind so viel besser, dass man viel schneller zu Geld kommt als die Mitspieler. In einer Partie ist es gelungen, bereits in der vierten Runde alle Aktien aufgekauft zu haben. Dieser Aktienvorsprung reichte am Ende des Spiels dann deutlich, um den etwas schlechteren Schlusskurs auszugleichen, da die Aktien weiter hinten auf der Leiste ja auch nur noch langsamer im Wert steigen.

Rezension Michael Timpe

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Arkwright: 4,5 4,5, 2 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.11.15 von Michael Timpe - Ein gutes Vielspielerspiel mit leider nicht optimalem Material und etwas aufwendigem Händling. Das sorgt dafür das ich inzwischen doch lieber zu anderen Spielen greife, die ähnlich komplex, aber zugänglicher sind.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 21.09.15 von Michael Dombrowski - Einige Herstellmängel in meiner Ausgabe bei den Spielertableaus. Die Arbeiterpöppel wirken ziemlich billig Nf es ist auch etwas fummelig, mit diesen umzugehen. Komplexes Regelwerk, welches den Spielfluss anfänglich hemmt. Mangel der Spielertableaus auch nach 1 Jahr noch nicht gelöst. Spielworxx-typisch?? Das Spiel bringt mir aber sehr viel Spaß! Lupenreines Wirtschaftsspiel!!

Leserbewertungen

Leserwertung Arkwright: 4,7 4.7, 3 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 15.09.15 von Hans Huehnchen - Arkwright ist das Spiel, welches in einer festen Runde (3 Spieler) im letzten Jahr am häufigsten von uns gespielt wurde. Trotz des tabellarischen aussehens ist Arkwright sehr thematisch. Es ist spannend und fordernd und hat uns enormen Spaß bereitet. Ich kann allerdings auch jeden verstehen, der es als Arbeit und nicht als Spiel empfindet. Die größten Mankos: Die Materialqualität trotz des hohen Preises und die extrem hohe Einstiegshürde.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 15.09.15 von Andreas Freye - Exceltabellen als Brettspiel sind wahrlich nicht mein Fall, und Rechnen ohne Ende muss ich in einem Spiel schon gar nicht. Ich hatte weder das Gefühl gehabt zu Spielen, noch zu arbeiten, der Einstig in das Spiel war auch nicht übermäßig schwer. Die Spielertableaus sind zudem falsch bedruckt.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 24.09.15 von FrankHH - Ein super Vielspielerspiel. Ok, der Aufbau ist etwas zäh (zig Pöppel im Mensch-Ärger-Dich- Design müssen vor Beginn auf dem Spielbrett plaziert werden), aber der Aufwand lohnt allemal! Auch zu Zweit sehr gut zu spielen. Aber nichts für Leute, die lange Spiele nicht so mögen. Mein Highlight des letzten Jahres.

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