Rezension/Kritik - Online seit 19.07.2016. Dieser Artikel wurde 11188 mal aufgerufen.

Helden der Normandie

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Autor: Yann and Clem
Illustration: Alexandre Bonvalot
Verlag: Schwerkraft-Verlag
Rezension: Christoph Schlewinski
Spieler: 2
Dauer: 60 - 90 Minuten
Alter: ab 14 Jahren
Jahr: 2014
Bewertung: 6,0 6,0 H@LL9000
5,5 5,5 Leser
Ranking: Platz 742
Helden der Normandie
Auszeichnungen:2014, Golden Geek Bestes Wargame Nominierung

Spielziel

Und wieder einmal befinden wir uns mitten im Zweiten Weltkrieg. Deutsche und Amerikaner treffen aufeinander und müssen ihre Mission erfüllen, bevor ihnen der Feind zuvorkommt. Und wie es sich für ein echtes Schlachtfeld gehört, bewegt man sich nicht einfach wahllos hin und her. Nein, hier muss man Wälder, Brücken, Häuser, Rüstungswerte und noch vieles mehr beachten.

Ablauf

Nachdem sich beide Seiten auf eine Mission geeinigt, das Spielfeld dementsprechend aufgebaut und die Truppen für diese Mission ausgesucht haben, möge die Schlacht beginnen. Helden der Normandie geht bei allem einen sehr übersichtlichen Weg: Alle relevanten Informationen sind auf den jeweiligen Plättchen aufgedruckt.

Reichweite, Angriffs- und Verteidigungsstärke, welche Einheiten überhaupt angegriffen werden können (eine normale Infanterie ohne Panzerfaust ist gegen einen Panzer einfach nutzlos) und welche eventuellen Spezialangriffe eine Einheit hat.

Dazu gibt es natürlich noch die Umgebung zu beachten. Büsche und Mauern können Schutz bieten, ebenso Häuser (solange nicht jemand plötzlich eine Granate reinwirft). Verschiedene Gelände sind schwerer oder leichter zu betreten, für manche Einheiten sind sie gesperrt (ein Panzer passt nun mal nicht in einen Wald). Große Fahrzeuge können sich auch nicht einfach mal eben um 180 Grad drehen. Sie brauchen Platz und können bei unsachgemäßer Planung auch schon mal die eigenen Leute unsanft zur Seite stoßen.

Das alles muss man bedenken, wenn man seine Runde plant. Dazu hat jeder Spieler Kommandosteine auf der Hand, die er verdeckt auf die Einheiten legt, mit denen er etwas machen möchte (immer einen Stein pro Einheit). Hat man besonders starke Einheiten in Form von Generälen in seinem Verband, bekommt man noch extra Steine zum Verteilen.

Dann deckt der Startspieler seine Nummer 1 auf und macht mit dieser Einheit eine Aktion. Danach deckt der anderen Spieler seine 1 auf, dann beide nacheinander die 2, die 3 usw. Sind alle Steine und Einheiten abgehandelt, geht die Planung in die nächste Runde.

Dazu hat jeder Spieler noch Aktionskarten auf der Hand, die die festgelegten Regeln brechen können. Zusätzliche Bewegungen sind möglich, plötzliche Luftangriffe, bessere Waffen ... die Möglichkeiten dieser Karten sind groß. Und jeder Spieler hat sein eigenes Deck mit ein paar besonderen Karten darin.

Angriffe werden ganz klassisch mit Würfeln ausgeführt. Kann eine Einheit eine andere angreifen, wird ein normaler Würfel benutzt. Dazu kommen noch Boni der Einheit und eventuelle Spezialausrüstung. Übersteigt dieser Wert aus Würfel und Boni den Verteidigungswert, ist der Gegner entweder sofort vernichtet oder beschädigt (im Falle von Panzern oder LKWs). Beschädigte Einheiten können immer noch angegriffen werden, um sie endgültig zu zerstören.

Sobald jemand das Ziel der Mission erreicht hat, hat er gewonnen ... und zwar damit nicht gerade die Geschichte neu geschrieben, aber immerhin ... gewonnen.

Fazit

Spiele über den Zweiten Weltkrieg kann man ja eigentlich nicht mehr zählen. Es sind bestimmt mittlerweile gefühlte Tausend. Bei manchen fragt man sich, wieso sie überhaupt herausgebracht werden. Bei Helden der Normandie fragt man sich das aber Gott sei Dank nicht.

Das Genre der Kriegssimulationen mit Plättchen, auf denen alle Werte einer Einheit aufgedruckt sind, ist zwar überhaupt nichts Neues, aber die Art und Weise, in der Helden der Normandie in dieses Genre stößt, ist es dann doch.

Da ist zuerst die Grafik. Ein sehr individueller Comicstil, nicht beschönigend, nicht kindlich, aber auch nicht überrealistisch. Er ist einfach genau richtig und schafft ein gutes Flair. Dann ist da die Materialqualität. Alles ist extrem gut produziert. Die Plättchen sind schön dick und groß, alle Werte sind gut zu erkennen. Das ist natürlich ungemein wichtig, erinnern sich manche doch voller Schrecken an alte Titel der Firma Avalon Hill, wo man standardmäßig eine Lupe zum Spielen brauchte.

Man merkt, dass hier Leute wirklich mitgedacht haben und richtige Hardcorespieler bei der Entwicklung am Tisch saßen. Hat man sich erstmal an die Ikonografie gewöhnt, ist Helden der Normandie ein - für dieses Genre - unglaublich übersichtliches Spiel. Gerade auch, weil es dabei sehr logisch vorgeht. Panzer können nicht in einen Wald, LKWs nicht einfach durch dicke Hecken, Soldaten von Bäumen oder Mauern umgeben sind schwer zu treffen, eine Granate in einem geschlossenen Raum gezündet hat verheerende Folgen usw. usw.

Helden der Normandie weckt den General in einem. Man bekommt während dieses Spiels automatisch eine Befehlshaberpose, schaut angestrengt über die Landschaft, erteilt Befehle an die Truppen und versucht herauszufinden, was der hundsgemeine Gegner so alles vorhat.

Und man hat lange etwas davon. Bis endlich alle Missionen durchgespielt sind, vergeht schon einiges an Zeit. Und die Missionen sind abwechslungsreich. Nicht nur das typische "Gebäude X zerstören", sondern auch mal Geheimpapiere einsammeln ... oder Menschen retten bzw. abfangen. Und selbst nach allen Missionen muss man nicht sofort zu einer Erweiterung greifen. Hier zeigt sich wieder, dass man ein Herz für Spieler hat, denn Helden der Normandie bietet eine Art Baukastenfunktion für eigene Missionen. Beide Spieler können sich darauf einigen, was für einen Wert die eigene Armee haben darf und mit diesem Wert "kauft" man ein und stellt sich seine Truppen inklusive Ausrüstung zusammen.

Da zeigt Helden der Normandie dann auch seine volle Stärke. Hier ist alles frei, hier kann man sehr stark kombinieren, verschiedene Truppenkonstellationen ausprobieren. Vom kleinen Scharmützel bis hin zur epischen Schlacht ist dann alles drin. Und selbst nach Letzterer hat man immer noch nicht das Gefühl, alles ausprobiert zu haben.

Schließlich gibt es auch noch die Aktionskarten, die ebenso frei ins Spiel eingebunden werden können. Man kann sogar ganz auf sie verzichten, nur bestimmte reinnehmen ... alles ist drin. Alles fordert zum Ausprobieren und Experimentieren aus.

Trotz der Lobeshymnen gibt es natürlich auch Kritik. Was also an Helden der Normandie nicht so gefällt:

Die Regeln: Die hätten zum einen entschlackt werden können. Manchmal muss man sich doch sehr reinlesen, nur, um dann hinterher festzustellen, dass es gar nicht so schwer war, wie man vermutet hat. Zum anderen sind sie schlecht aufgebaut. Liest man sie da erste Mal durch, ist man erstmal völlig verwirrt, denn sie erklären zuerst die Regeln für das freie Spiel. Und da schweben dann zunächst lauter Fragezeichen über dem Kopf. Man wird aufgefordert, etwas zu planen, hat aber noch keine Ahnung, was das alles eigentlich bedeutet. Irgendwann begreift man: Man kann dieses Kapitel einfach überspringen und mit den normalen Regeln anfangen. Was man auch dringend tun sollte. DRINGEND!!!

Leute, die sich für ein Spiel wie Helden der Normandie interessieren, wird dieser Kritikpunkt nicht abschrecken. Und er fällt auch nicht wirklich weiter in Gewicht, sondern dient lediglich als kleiner Hinweis für ein frustfreies Lesen der Regeln.

Helden der Normandie bietet richtig viel für sein Geld und wartet darüber hinaus auch noch mit etlichen Erweiterungen auf. Der Schwerkraft Verlag hat sich tatsächlich die Mühe gemacht, diese Erweiterungen - soweit es geht - auf Deutsch herauszubringen.

Und wenn man mit dem Grundspiel schon lange zu tun hat, mit den Erweiterungen wird Helden der Normandie über Jahre frisch und abwechslungsreich. Das ist ein Spiel, das sowohl Harcore-Wargamer als auch Neueinsteiger gleichermaßen begeistern und herausfordern kann und unbedingt einmal angeschaut und ausprobiert werden sollte.

Also: ab an die Front!!!

Rezension Christoph Schlewinski

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Helden der Normandie: 6,0 6,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 13.03.16 von Christoph Schlewinski - Für Fans des Genres ein Highlight!

Leserbewertungen

Leserwertung Helden der Normandie: 5,5 5.5, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 26.02.16 von Stefan H. - Einfach ein grandioses Spiel. Thema, Spielemechanik, Spielablauf alles bestens verzahnt und die Würfel bringen genau die richtige Prise Glück ins Spiel.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 23.07.16 von Dietrich

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