Spielziel
Bisher hatten Öko-Spiele für mich noch so den klassischen Strickpulli-Charme: Meist sehr aufgesetztes Thema und anstrengend, nicht wirklich gut zu spielen. Mit R-Öko ist das Öko-Thema im Spiel jetzt aber auch endlich auf dem aktuellen Stand der Zeit angekommen: Ein Thema wie jedes andere, und dabei ein Qualitätsprodukt. Wer weiterliest, dem stelle ich hier ein nettes, einfaches Kartenspiel vor, das mit einem ungewöhnlichen „Nachziehmechanismus“ für unterhaltsame 30 Minuten sorgt.
Ablauf
R-Öko spielt sich sehr einfach: In der Mitte liegen vier Stapel, welche die Recycling-Fabriken darstellen. Zu jeder Fabrik gehört eine Müll-Auslage über und unter der Fabrik. In meinem Zug darf ich aus meiner Hand beliebig viele Karten einer Sorte in die Auslage über der gleichfarbigen Fabrik spielen. Anschließend muss ich alle Karten, die unter der Fabrik liegen, auf die Hand nehmen. Danach wird die Auslage unter der Fabrik wieder durch zufällige Karten vom Stapel aufgefüllt, und zwar immer mit einer Karte mehr, als aktuell über der Fabrik liegen. Hat sich durch mein Anlegen über der Fabrik mindestens die Menge vier an Müll angesammelt, erhalte ich die oberste Fabrikkarte und der Müll wird abgeräumt. Die Fabrikkarten sind die Siegpunkte im Spiel, allerdings zählen für mich am Ende nur jene Farben, von denen ich mindestens zwei Karten besitze. Soweit - so einfach.
Spannend wird R-Öko dann im Detail: Beim Auffüllen einer Auslage, um die Fabrikkarte zu bekommen, erhalte ich oft mehr Müllkarten auf die Hand zurück, als ich auslegen konnte. Das Handkartenlimit beträgt aber nur fünf Karten. Bekomme ich mehr auf die Hand, muss ich die überzähligen sofort „illegal entsorgen“, heißt ablegen. Diese Karten zählen am Schluss je einen Minuspunkt. Außerdem befindet sich noch eine -2 Fabrikkarte in jedem Stapel. Die will natürlich niemand haben, aber unaufhaltsam sammelt sich der Müll über den Fabriken, und irgendwann muss man dann doch eine dieser Karte nehmen. Besonders blöd, wenn man dabei dann auch noch zu viele Handkarten mitgeliefert bekommt.
Der Wert der Fabrikkarten steigt von null bis fünf immer weiter an. Sobald von einer Fabrik die letzte Karte genommen wurde, endet das Spiel.
Fazit
R-Öko ist einfach und dabei doch spannend. Der Spielmechanismus arbeitet genau entgegengesetzt zu den Wünschen der Spieler. Ich will gleichfarbige Karten, am besten nur ein oder zwei Farben, stattdessen bekomme ich ständig unterschiedliche Karten von allen Farben.
Schnell baut sich das Dilemma auf, dass man die Karten, die man spielen möchte, nicht spielen kann, da man sonst auf zu viele Handkarten kommen würde. Jene, die man spielen kann, bringen einem aber nur noch mehr Karten von einer Farbe, die man nicht will, und ehe man es sich versieht, liegen dann auch noch alle -2 Fabriken obenauf und man kann nur noch zwischen Regen und Traufe wählen. Wenn es ganz dumm läuft, bekommt man gleich Regen und Traufe zusammen geliefert, -2 Fabrik und auch noch zu viele Handkarten. Von den lieben Mitspielern wird das natürlich mit besonderer Schadenfreude quittiert.
Etwas Frustresistenz ist also nicht verkehrt in diesem Spiel, am besten noch gepaart mit einer ordentlichen Portion Glückstoleranz. Wann man welche Karten bekommt und ob man damit dann auch zu den gewünschten Fabriken kommt, ist kaum steuerbar. Wenn die fast vollen Fabriken immer genau vor einem abgeräumt werden, kann man nichts dagegen tun und liefert mit seinen Karten schon gleich wieder den Aufschlag für den nächsten Spieler.
In unseren Runden war es tatsächlich oft so, dass es für einen Spieler besonders gut lief, während ein anderer kaum zum Zug kam. Besonders negativ fiel dies in Spielrunden zu dritt auf, bei vier Spielern verteilt es sich schon deutlich besser, bei fünf Spieler scheint es am ausgeglichensten. Dies stellt für mich ein kleines Manko dieses Spiels dar, was ich aber auf Grund der kurzen Spieldauer von ca. 30 Minuten akzeptabel finde. R-Öko macht Spaß und ist endlich mal wieder ein nettes kleines Kartenspiel für zwischendurch. Die Regeln sind einfach, die Grafik humorvoll, lustig und stimmig. Spielerherz, was willst du mehr?
Rezension Michael Timpe
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.