Rezension/Kritik - Online seit 26.08.2020. Dieser Artikel wurde 5984 mal aufgerufen.

The King´s Dilemma

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Autor: Lorenzo Silva
Hjalmar Hach
Verlag: Horrible Games
HeidelBÄR Games
Rezension: Lotte Schüler
Spieler: 3 - 5
Dauer: 45 - 60 Minuten
Alter: ab 14 Jahren
Jahr: 2019
Bewertung: 5,0 5,0 H@LL9000
4,3 4,3 Leser
Ranking: Platz 2233
The King´s Dilemma
Auszeichnungen:2019, Golden Geek innovativstes Spiel Nominierung2020, Spiel des Jahres Kennerspiel des Jahres Nominierung

Spielerei-Rezension

Begeben wir uns in das Königreich Ankist, wo drei bis fünf Adlige, die Spieler nämlich, das bestimmen, was ihr König umsetzen muss. Als „interaktives Erzählerlebnis“ bezeichnet der Verlag das Spiel mit vielen Legacy-Elementen und ein paar schein-kooperativen. Motiviert werden die Adligen einzig und allein durch ihr Streben nach privaten Siegpunkten. So versuchen sie, die Geschichte von Ankist in ihrem Sinne zu lenken.

Kern von The King’s Dilemma ist ein schmuckloser Plan mit dem aktuellen Stand von fünf Ressourcen: Einfluss, Vermögen, Moral, Wohlergehen, Wissen und einem Stabilitätsmarker als Gesamteindruck zum Zustand im Königreich. Jeder Mitspieler erhält eins der zwölf Adeligen-Häuser und kennt damit seine speziellen Möglichkeiten, Siegpunkte zu erlangen.

Vorhang auf – was hier bedeutet, der erste Umschlag wird geöffnet und die Geschichte beginnt. Wie man sich das vorstellen kann, das habe ich anhand eines Blicks auf das Probespiel und damit spoilerfrei in einem gesonderten Artikel erklärt. Im kompletten und weit komplexeren Spiel gibt es 70 Umschläge. In der Regel steckt darin eine neue Geschichtskarte und neue Probleme in Form der Dilemmakarten. Geöffnet werden neue Umschlage immer nach Aufforderung. Und der Fortgang der Geschichte baut immer auf der Entscheidung bei der vorangegangenen Abstimmung auf. Es werden nie alle Umschläge geöffnet werden, da sich die Geschichte nie in eine vorhersehbare Richtung entwickelt. Trotzdem wird deren Fortgang immer plausibel, was für eine gut durchdachte Entwicklung spricht.

Die Geschichtenkarten bleiben bis zum Ende der Kampagne erhalten, also bis endgültig ein siegreicher Adliger ermittelt wurde. Bis dahin werden die Adligen viele Runden lang damit beschäftigt sein, auf die Vorgaben der Dilemmakarten durch Abstimmungen in ihrem Sinn zu reagieren.

Eine Partie – spieltechnisch die Amtszeit des Königs – kann auf zwei Arten enden. Ein meist schnelleres Ende kann durch das Abdanken des Königs ausgelöst werden. Der König muss seinen Thron verlassen, wenn sein Reich außer Kontrolle gerät, weil der Stabilitätsmarker am Ende einer Runde am oberen oder unteren Anschlag landet.

Oder das Ende einer Partie wird durch den Tod des aktuellen Königs ausgelöst. Jede abgehandelte Dilemmakarte wird an die Zeitleiste gelegt, das passiert mindestens fünf Mal. Beim sechsten Mal könnte der König sterben, sofern die Dilemmakarte ein Totenkopfsymbol zeigt. Ohne dieses Symbol gibt es noch maximal fünf weitere Runden. Das wäre dann ein sehr zäher König.

Vor Beginn der nächsten Partie erhalten Königreich und Mitspieler das Erbe der vorangegangenen Partie, Legacy halt. Es werden neue, geheime Ziele verteilt, die Ziele und Errungenschaften der verschiedenen Adligen-Häuser bleiben dagegen erhalten.

Das will ich mal genauer erklären: Der Markgraf von Dualak möchte gerne ein instabiles Königreich; denn nachdem der Stabilitätsmarker vier Mal am unteren Ende angekommen ist, erhält er zwei Machtmarker bei jeder verlorenen Abstimmung. Also wird er gerne das Königreich in den Zustand maximaler Instabilität stürzen.

So erlangen die Spieler auf unterschiedlichen Wegen eigene Vorteile und bereiten ihre privaten Siegpunkte für das große Finale vor. Siegpunkte in jeder Partie („Amtszeit des Königs“) gibt es durch die geheimen Agenda-Karten. Zwei Kategorien gibt es auf jeder: Stand der Ressourcen-Marker in bestimmten Bereichen des Spielplans und die Rangliste beim Geld.

Unser Beispiel-Markgraf von Dualak wird sich zu Beginn jeder Partie möglichst jene geheimen Agenda-Karten aussuchen, auf denen Ressourcenmarker in den Extrem-Bereichen mit Punkten belohnt werden, zum Beispiel „rebellisch“. Dann kann er bei den Abstimmungen darauf hin agieren und zusätzlich sein Haus-Ziel erreichen. Wenn er Glück hat, dann hat sich ein weiterer Adliger die Agenda-Karte mit gleichem Ziel genommen, und die zwei arbeiten fast schon kooperativ. Außerdem bringen die geheimen Agenda-Karten zusätzliche Ansehens- oder Ambitionspunkte in unterschiedlicher Menge, die bei der Schlussabrechnung eine wichtige Rolle spielen werden. Unser Beispiel-Markgraf erhält für jede geheime Agenda-Karte „rebellisch“ drei Ambitionspunkte, für „angepasst“ nur einen. Klar, wo seine Prioritäten liegen. Noch nicht klar ist die Bedeutung dieser Ambitions- und Ansehenspunktepunkte, die erst beim großen Finale (Umschläge 70 bis 75) enthüllt wird.

Es gibt viel zu tun im Königreich Ankist, stimmen wir ab. Ich möchte hier nicht näher auf den raffinierten Abstimmungsmechanismus eingehen. Immer wird die Konsequenz darin liegen, dass sich die Ressourcen des Königreiches verändern. Eventuell werden neue Umschläge geöffnet und der Stand der Ressourcen in der nächsten Partie wird durch das Kleben von Stickern beeinflusst.

Und schon ahnen wir, wie die Adligen am Spieltisch beginnen zu intrigieren, zu verhandeln und auch mal eine Gefälligkeit zu erkaufen.

Ohne weitere Details anzusprechen – die beim Spiel übrigens eingängiger sind als es hier den Anschein hat – lasse ich euch einen Blick auf das Ende der Kampagne werfen. Das wird nach mindestens 15 Runden eingeleitet. Dann beginnt mit dem Öffnen von Umschlag 70 das große Finale. Die Spielregel betont, die Bedeutung aller Endspielpunkte dürfe erst während des großen Finales enthüllt werden. Da halte ich mich mal dran und verrate nur so viel: Leider kann es passieren, dass diejenigen, die sich jetzt zur falschen Fraktion schlagen – loyale oder verräterische – diesen Kampf nicht überleben. Vorsichtige können neutral wählen, erhalten dann aber keinen Bonus und möglicherweise auch keinen Sieg, es sei denn sie haben während des Spiels so viele Siegpunkte – sie heißen übrigens Agendapunkte – eingefahren, dass sie darauf gar nicht mehr angewiesen sind.

Fazit: Das Spiel bietet ein Erlebnis der besonderen Art, auf das man sich einlassen muss. Was zunächst so erscheint, als sei es mehr Geschichte als Spiel, wird im Laufe der Partien beträchtliches spielerisches Potential entfalten, obwohl bekannte Mechanismen wie das Sammeln von privaten Ressourcen fehlen, niemand irgendwelche Plätze besetzt oder Aktionen klaut. Nur Macht und Geld werden privat gesammelt und helfen vor allem bei den essentiellen Abstimmungen.

Des Königs Dilemma wird jetzt zu des Rezensenten Dilemma, wie bewerte ich solch ein Spiel? Zunächst einmal Hochachtung für die Entwicklung der Welt von Ankist. Wenn man sich auf das Spiel einlässt, sollten die Partien möglichst zeitnah gespielt werden. Lange Abstände tun dem Spielerlebnis nicht gut. Es ist möglich, zwischendurch auch Neulinge einsteigen zu lassen mit einem bis dahin nicht vergebenen Haus. Das ist aber nur bedingt empfehlenswert. Man kann übrigens das Spiel mehrmals spielen, wenn man das Problem der aufgeklebten Sticker und Unterschriften technisch löst. Da die Geschichte jedes Mal anders verlaufen wird, ist der Spoiler-Effekt zu verkraften.

Mein Dilemma bleibt. Als Note: für Grafik und die raffiniert verwobenen Erzählstränge gebe ich eine eins. Der nicht ganz leichte Einstieg und mögliche Probleme bei Spielfehlern führen zu Punktabzügen.

Rezension Lotte Schüler

In Kooperation mit der Spielezeitschrift

Spielerei

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung The King´s Dilemma: 5,0 5,0, 1 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.08.20 von Lotte Schüler

Leserbewertungen

Leserwertung The King´s Dilemma: 4,3 4.3, 3 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 30.08.20 von Dietrich - Man muss sich auf die Geschichten einlassen, dann ist das Spiel ein großes Erlebnis. Obwohl es möglich ist, entgegen seine thematisch zugewiesenen oder gewählten Rolle Entscheidungen zu treffen, bringt es mehr Spaß, in seiner "Rolle" mit ihren entsprechenden Eigenschaften zu entscheiden und zu handeln.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.04.21 von Martin - Dieses Spiel war für uns eine Wundertüte, da man wegen der Spoilergefahr kaum was vorab über das Spielgeschehen in Erfahrung bringen konnte. Jetzt, wo wir es durchgespielt haben, kann ich es nur jedem weiterempfehlen, der innovative, aber nicht überfrachtete Spielideen, die ein oder andere Überraschung, ein packendes Finale und ggf. sogar einen Plottwist mag.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 31.07.23 von HoshiMueller - Das Spiel ist ein Dilemma an sich. Die Story ist eigentlich toll, die Welt sehr gut aufgebaut und die Häuser stimmungsvoll beschrieben. Leider funktioniert das Spielprinzip überhaupt nicht. Man muss sich im Grunde entscheiden, ob man das Spiel auf Sieg spielen will, was dann aber extreme Nachteile in der Spielerfahrung mit sich bringt. Denn die Ausrichtung des gewählten Hauses verkommt vollkommen zur Nebensache, da man seine Entscheidungen nur noch danach trifft, ob die Marker hoch oder runter gehen. Das führt dazu, dass es kaum wirklich spannende Diskussionen und Abstimmungen gibt (die Interessen sind eben allzu klar). Die Entscheidungen widersprechen dann auch sehr häufig der eigentlichen Ausrichtung der Häuser. Der rollenspielerische Faktor wird somit komplett abgewürgt. Setzt man hingegen Letzteren in den Vordergrund (oder entscheidet man rein nach Interesse an der Story), wird man halt häufig keine Punkte machen. Die werden ohnehin allzu willkürlich verteilt (der Letzte kriegt zT mehr Punkte als der 2. und der 3. einer Partie), und die Anleitung verrät einem noch nicht einmal, wie die Endabrechnung funktionieren wird, angeblich, um Spoiler zu vermeiden, was allerdings ziemlicher Unsinn ist, da man dafür so gut wie nichts hätte spoilern müssen. Wie soll man dann zielgerichtet spielen? Daher hinterlässt das Spiel bei mir insgesamt ein frustrierendes Spielgefühl und ist im Übrigen für das Gebotene auch viel zu teuer.

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