Rezension/Kritik - Online seit 24.12.2006. Dieser Artikel wurde 37538 mal aufgerufen.

Tod im London-Express (Mörderische Dinnerparty)

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Autor: Christiane Fux
Verlag: Blaubart Verlag
Rezension: Frank Gartner
Spieler: 6 - 8
Dauer: 480 Minuten
Alter: ab 16 Jahren
Jahr: 2006
Bewertung: 4,6 4,6 H@LL9000
5,0 5,0 Leser
Ranking: Platz 1503
Tod im London-Express (Mörderische Dinnerparty)

Spielziel

Wir befinden uns in Großbritanien im Jahr 1936. Es ist Januar und der gesamte Commonwealth ist in heller Aufregung. Edward VIII soll den britischen Thron besteigen und ich befinde mich gemeinsam mit einigen anderen Gästen per Nachtexpress auf dem Weg nach Edinburgh. Als der Zug durch einen umgestürzten Baum zum Stehen gebracht wird, entdecken wir die Leiche des Schaffners, der mit einer Kugel im Schädel in seinem Abteil liegt. Nun ist es unsere gemeinsame Aufgabe, den Mörder ausfindig zu machen, denn er ist unter uns!

Ablauf

Das Kriminalrollenspiel bietet 6 bis 8 Spielern die Möglichkeit, in eine frühere Zeit und eine fremde Rolle zu schlüpfen. Der Spielleiter nutzt den „Party Planer", um das Event entsprechend vorzubereiten. Er verschickt die 8 Einladungen an die Teilnehmer und bereitet das Geschehnis entsprechend vor. Vier Damen und vier Herren gehören zu den Verdächtigen:

  • Gräfin Zobel – eine Exil-Russin vom alten Adel, die kein Blatt vor den Mund nimmt
  • Chantal du Chambe – die Zofe der Gräfin, Französin, charmant und kokett
  • Richard Pulpwriter – ein amerikanischer Journalist der übelsten Sorte
  • Pater McBrown – ein anglikanischer Prister
  • Marlene Dillrich – eine deutsche und glamouröse Schauspielerin
  • Oberst Archibald McPomm – alter schottischer Adel und Mitglied des Oberhauses
  • Lady Margaret McPomm – die Gattin von Oberst McPomm, Typ „englische Rose"
  • Lord George Winterbottom – Diplomat, ein Mann von Welt und sehr kultiviert

Jeder Spieler erhält ein Rollenbuch, aus welchem er über die allgemeinen Informationen hinaus noch einiges mehr über sich erfährt, als die übrigen Teilnehmer über ihn wissen. So kommt es, dass jeder Charakter mit einem unterschiedlichen Wissensstand ins Rennen geht. Während des Spiels werden die Teilnehmer noch öfter einen Blick in dieses Buch werfen, um mehr Indizien über sich selbst oder andere zu erfahren.

Die beiliegende CD informiert die Reisenden in Form der Detektivin Madame Herculette Poiret über die aktuellen Geschehnisse. Zu Spielbeginn informiert sie über den Tod des Schaffners und zwischendrin kommt sie immer wieder zum Einsatz, um das Geschehen zusammenzufassen, aber auch neue Informationen in die Runde zu streuen.

Der Krimi-Abend besteht im Wesentlichen aus einer Vorstellungsrunde, 3 Spielrunden sowie einer Schlussrunde. Jede der Spielrunden besteht aus einem CD-Beitrag, zusätzlichen Informationen aus dem Rollenheft, die in Form eines fest vorgegebenen Dialogs von den Teilnehmern verlesen werden, einigen Indizien, die von den Spielern an die Gruppe übergeben werden, und einer mehr oder weniger ausgedehnten freien Diskussionsrunde, um die zusätzlichen Informationen der einzelnen Charakter in das Spiel einzustreuen.

Es bleibt jedoch nicht nur beim Austausch von Informationen, denn die Mörderische Dinnerparty heißt nicht nur so, sondern ist auch eine! Das Spiel-Event findet im Rahmen eines 3-Gänge-Menüs statt. Entsprechende Rezeptvorschläge liegen dem Spiel bei.

Zum Spielende hält jeder Spieler noch sein Schlussplädoyer und äußert einen Verdacht. Am Ende gibt der Schlusstrack die Auflösung des Mordfalls bekannt. Nach ca. 3 bis 4 Stunden endet der Abend mit hoffentlich gesättigten und spielerisch zufriedenen Reisegästen.

Fazit

Kriminalrollenspiele erleben seit einiger Zeit wieder viel Beachtung und es sprießen (aus meiner Sicht zum Glück) einige neue Verlage aus dem Boden und bieten Kriminalfälle an. So stellt auch die „Mörderische Krimiparty" eines dieser Konzepte vor.

In einer recht geräumigen Spielpackung befinden sich ein Party-Planer sowie für jeden Charakter ein Rollenbuch, eine Einladung, eine Tischkarte und in Summe 8 geheime Hinweise, die zusätzlich in das Spielgeschehen eingebunden werden. Außerdem eine CD für die Mörderjagd. Für die Packung ist das zwar nicht viel, aber sehr professionell gestaltetes Material.

Das „Mörderische Krimidinner" setzt bei seinem Konzept vor allem auf Ambiente! Wer einen gelungenen Krimiabend erleben möchte, sollte sich die Mühe machen und die Vorschläge und Tipps des Party-Planers beherzigen. Das 3-Gänge-Menü, bestehend aus einer Maronensuppe, Rehragout und einer Vanillecreme zum Dessert, eine passende Dekoration der Lokalität und etwas Musik der 30er Jahre im Hintergrund betten das Spielgeschehen in eine ansprechende Atmosphäre – vorausgesetzt, die Gäste nehmen ihre Rollen ernst. Denn nicht nur der Gastgeber bekommt Tipps für die Ausrichtung des Abends, sondern auch die Teilnehmer erhalten Empfehlungen für ihre Abendgarderobe. Diesbezüglich wurde an alles gedacht!

Die beigefügte CD mit der Rolle der Detektivin ist ebenfalls eine sehr gelungene Idee, konnte letztendlich jedoch nicht die von uns gestellten Erwartungen vollends erfüllen. Hier hätte ich mir mehr Nutzung der heutigen technischen Möglichkeiten gewünscht: Ein Hörspiel mit spannender Musik und Toneffekten hätte hier zum Beispiel den Abend viel eindrucksvoller einleiten können, als die teilweise etwas stockende Erzählung der französischen Detektivin. So wirkt die CD sehr trocken und zum Teil etwas langatmig. Aber vielleicht legt der Verlag bei den Folge-Krimis ein Schippchen drauf!

Einige der Dialoge sind durch das Rollenheft fest vorgegeben. Dies hilft vor allem unerfahrenen Spielern, ihren Rollen gerecht zu werden. Auf etwas erfahrenere Spieler kann diese feste Form jedoch schon etwas zu einschränkend wirken. Hier hätten wir uns etwas mehr Handlungsfreiheit gewünscht, weil durch diese Vorgaben ein Großteil des Rollenspiel-Reizes wegfällt.

Kaum zu glauben, dass der Mörder die eigene Tat erst ganz zum Schluss erfährt. In anderen Kriminal-Rollenspiel-Konzepten erfährt der Mörder bereits zu Beginn, was er getan hat, was ihm die Möglichkeit bietet, eigene Geschichten einzustreuen und damit nach eigenem Gusto Verwirrung in die Spielrunde zu bringen. Dies ist in "Mörderisches Krimidinner" nicht möglich. Mal davon abgesehen, dass es nicht gestattet ist zu lügen: Durch die Zusammenfassung der Informationen nach jeder Spielrunde auf der CD würden Falschinformationen sofort aufgedeckt und der Mörder vorab entlarvt werden.

Das Spiel lässt sich mit 6 bis 8 Rollen besetzen. Durch diese durchaus sinnvolle Variabilität kommt jedoch auch etwas Transparenz ins Spiel, denn einerseits weiß der Spielleiter, welche 2 Charaktere nicht der Mörder sein können, andererseits gibt es auch bei einigen Mitspielern einen Hinweis, dass sie eine Aufgabe übernehmen müssen, wenn ein bestimmter anderer Charakter nicht am Spiel teilnimmt. Diese Tatsache lässt sich wahrscheinlich jedoch nur schwer abstellen, wenn man die Spielerzahl etwas variabel gestalten und 2 Zusatzcharaktere ins Geschehen einbinden möchte.

Wir kommen zur Auflösung: Die zur Auflösung präsentierten Fakten sind nachvollziehbar, wenn auch nicht für alle Teilnehmer offensichtlich. Trotz gut inszenierter Story wirken einige Herleitungen nicht auf Anhieb 100%ig schlüssig.

Zusammengefasst: Alles in allem setzt „Tod im London-Express" vor allem auf Atmosphäre und das mit Erfolg! Der spielerische Ablauf wirkt im Vergleich zu anderen Systemen zwar etwas starr, ermöglicht jedoch Anfängern dieses Genres einen leichteren Einstieg. Wir hatten, trotz des Wunschs nach mehr spielerischer Freiheit, Spaß am Lösen der Aufgabe. Dies war zweifelsohne auch der Verdienst unserer Gastgeber, die sich viel Mühe gaben, die Tipps und Anweisungen zum Essen und Ambiente umzusetzen!!

Kleine Anekdote zum Schluss: Bei unserer Spielerunde hatten wir bei der Auswahl der Teilnehmer nicht auf die 4:4 Geschlechtertrennung geachtet, so dass eine Person (in diesem Fall der Rezensent dieses Artikels) die Rolle einer Frau übernehmen musste. Eine echte Herausforderung, wenn man bedenkt, dass er als Frau verkleidet versuchen musste, unbemerkt bis zur Wohnung der Gastgeber zu gelangen. Aber das ist eine andere, durchaus spannende Geschichte … J

Rezension Frank Gartner

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Tod im London-Express (Mörderische Dinnerparty): 4,6 4,6, 5 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 13.12.06 von Frank Gartner - Die 5 auf der Wertungsskala vergebe ich aufgrund der tollen Atmosphäre.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 26.11.06 von Uta Weinkauf
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.12.06 von Kathrin Nos - Ich bewerte dieses Krimispiel als insgesamt schwächer als Krimi Total, da den Spielern weniger Freiheitsgrade gelassen werden. Einsteigern in diesem Spiele-Genre, oder auch Rollenspiel-Neulingen mag dies allerdings entgegen kommen. In dieser Krimiserie erfährt der Mörder jedoch erst während des Spiels von seiner Schuld - dieser Aspekt hat mir nicht so gut gefallen. Immerhin kann es passieren, dass die entsprechende Person sich selbst belastet, ohne es zu wissen. Weiss sie hingegen über ihre Schuld Bescheid, würde sie einige Details wohl so lange nicht gerade betonen, wie niemand genauer nachfragt.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 13.12.06 von Christine Hauer - Der Abend hat mir sehr viel Spaß gemacht. Nur schade, dass selbst der Mörder erst gegen kurz vor Schluss erfährt, dass er der Mörder ist und deswegen vielleicht nicht optimal in manchen Dialogen agieren kann. Zum Drumherum: Es werden viele Tipps zur Rahmengestaltung des Abends vorgeschlagen. Die Rezepte sind gut beschrieben. Man kann sie auch sehr gut vorbereiten, so dass am Abend nicht allzuviel zu tun ist. Nur eins noch...das Rehragout würde ich nicht nochmal zwei Stunden in dem Ofen lassen, das war eindeutig zu lange.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 18.12.06 von Peter Nos

Leserbewertungen

Leserwertung Tod im London-Express (Mörderische Dinnerparty): 5,0 5.0, 1 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 05.01.07 von Albert Antonelli - Ich fand es gerade sehr gut, dass der Mörder auch erst am Ende von seiner Schuld erfährt. Dadurch kann er/sie sich auch nicht verplappern. Und verdächtig war jeder, bis zum Schluss. Wir haben einen klasse Abend verbracht. Spitze.

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