Rezension/Kritik - Online seit 27.03.2021. Dieser Artikel wurde 4800 mal aufgerufen.

Glasgow

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Autor: Mandela Fernandez-Grandon
Illustration: Klemens Franz
Verlag: Lookout Games
Rezension: Renate Gerling-Halbach
Spieler: 2
Dauer: 30 Minuten
Alter: ab 10 Jahren
Jahr: 2020
Bewertung: 5,0 5,0 H@LL9000
5,0 5,0 Leser
Ranking: Platz 910
Glasgow
Auszeichnungen:2020, Golden Geek Bestes 2-Spieler Spiel Nominierung

Spielziel

Glasgow, die größte Stadt Schottlands im 18. Jahrhundert. Auf dem Fluss Clyde kann die Stadt mit dem Schiff erreicht werden, der Grundstein für den Industrie- und Werftbau ist gelegt, eine der ersten Planstädte wird geschaffen und als Kaufleute seid ihr mittendrin. Arbeitsmaterial muss besorgt und Architekten beauftragt werden. Wer baut die meisten Wohnhäuser in der Straße, wer eröffnet Läden an strategisch wichtigen Orten, wem gelingt es, ein Wahrzeichen zu bauen oder wer kann durch Fabriken profitabel wirtschaften? Auch an Parks und Bahnhöfe muss gedacht werden. Nicht nur die Anzahl und Art der Gebäue bringt Siegpunkte, auch müssen bestimmte Gebäude an der richtige Stelle errichtet werden, damit sie sich lohnen.

Ablauf

Zuerst wird aus Auftrags- und Architektenplättchen ein Kreis gelegt, der den Fluss Clyde symbolisieren soll. Hier bewegen sich die Kaufleute mit ihren Spielfiguren längs. Die Reihenfolge ist festgelegt, die Auswahl zufällig: 1 Architektenplättchen und 4 Auftragsplättchen wechseln sich ab, zum Schluss noch ein Architektenplättchen. Hinter jedem Architekten liegen zwei zufällige Gebäudekarten. In der Mitte wird die Stadt gebaut, und zwar aus genau 20 Gebäudeplättchen.

Jeder Spieler erhält ein Spielertableau, das sein Lager darstellt, sowie 1 Stein und 1 Stahl als Startmaterial.

Gestartet wird beim zuerst gelegten Architektenplättchen, die Spielfiguren stehen hintereinander. Immer der an letzter Position stehende Spieler ist an der Reihe. Die Bewegung erfolgt stets im Uhrzeigersinn entlang des Flusses. Man kann Material beschaffen, bestimmte Aktionen auslösen oder auch zum nächsten Architekten ziehen und ein ausliegendes Gebäude entrichten, wenn man über die entsprechenden Materialien verfügt. Die Reihenfolge der Materialplättchen ändert sich dabei nicht.

Bei der Materialbeschaffung muss bedacht werden, dass das Lager begrenzt ist, nicht mehr als 5 Steine, 4 Stahl, 3 Gold oder 1 Fass Whisky können bevorratet werden. Das Whiskyfass ist in diesem Spiel der Joker, man kann es für jedes Baumaterial einsetzen. Aber Vorsicht, es gibt im gesamten Spiel nur 1 Fass. Wenn man es nicht zügig nutzt, kann der Mitspieler es aus dem Lager nehmen, wenn er auf das entsprechende Warenfeld zieht.

Soll ein Gebäude errichtet werden, wird auf ein Architektenplättchen gezogen und man wählt eines der dort ausliegenden Gebäude, bezahlt die Kosten und platziert es. Das erste Gebäude wird einfach in der Kreismitte platziert, die weiteren werden Kante an Kante an ein bestehendes gelegt. Ob die Gebäude im Raster 5 x 4 oder 4 x 5 ausgelegt werden, ergibt sich durch das Legeverhalten der Spieler im Verlauf des Spiels. Damit jeder weiß, welche Gebäude von ihm gebaut wurden, werden sie so gelegt, dass der kleine Pfeil am unteren Ende des Plättchens auf einen selbst zeigt. Wenn ein Gebäude gebaut wurde, wird direkt ein neues aus dem Nachziehstapel gezogen und bereit gelegt. Ein zweites Gebäude, das man in diesem Zug bauen möchte, kostet zusätzlich 1 Gold, ein drittes 2 Gold usw.

Fabriken sind besondere Gebäude. Mit ihnen können Waren oder Aktionen ausgelöst werden. Diese werden immer dannn aktiviert, wenn ein Gebäude in der gleichen Spalte oder Zeile wie die Fabrik errichtet wird. Das Spiel endet nach dem Platzieren des 20. Gebäudes.

Am Ende zählen nicht nur die auf den Gebäudeplättchen angegebenen Siegpunkte, sondern es gibt Sonderpunkte, die sich aus Gebäudeart und Position im Raster ergeben.

Fazit

Das Spielmaterial von Glasgow ist ansprechend illustriert und von guter Qualität. Die Waren und Spielfiguren sind aus Holz, die Plättchen und die Tableaus sind aus festem, stabilem Karton. Die Piktogramme sind fast immer eindeutig und selbsterklärend. Bei den Auftrags- und Architektenplättchen sind auch Frauencharaktere berücksichtigt, selbst bei der Lagerhalle wird gegendert: Vorder- und Rückseite sind illustriert, auf einer Seite steht eine Frau im Lager, auf der anderen ein Mann, so dass man wählen kann - das nenne ich top!

Auffallend detailreich und schön bebildert sind die Rückseiten der Gebäudeplättchen. Auch die Idee, wem welches Gebäude gehört durch Minipfeile kenntlich zu machen, finde ich super gelöst. Da ist es sogar egal, ob man sich gegenüber sitzt oder über Eck. Lediglich ein Wertungsblock zum Addieren der verschiedenen Siegpunkte wäre noch schön gewesen - so muss man immer ein Stück Papier verwenden, da Kopfrechnen bei den verschiedenen Gebäudewertungen etwas kompliziert ist.

Die Spielregeln sind gut erklärt und mit Beispielen illustriert, die keine Fragen offen lassen. Die Regelung der Spielerreihenfolge mag manchen aus Patchwork oder Nova Luna bekannt sein, allerdings gibt es keine Einschränkung, wie weit man nach vorne ziehen möchte. Das bedeutet, dass man gleich am Anfang ein Gebäude errichten kann, wenn die Start-Ressourcen passen, allerdings hat der Mitspieler dann die Möglichkeit in Ruhe erst einmal bis zu vier Ressourcen einzusammeln, bis man selbst wieder an der Reihe ist.

Das Spiel ist schnell aufgebaut und los geht's. Und wer jetzt denkt, es handele sich um so ein Spiel, bei dem man die Mechaniken kennt, Spielfigur setzen, Ressourcen sammeln, bauen und der mit den meisten Siegpunkten gewinnt, der hat nicht genau hingesehen. Die Feinheiten stecken hier im Detail.

Zunächst einmal die Auftragsplättchen. Es gibt insgesamt 14 Plättchen, mit 10 davon kann man Ressourcen generieren, aber die restlichen 4 Plättchen lösen Aktionen aus, die es in sich haben können. Hat man wunderschön geplant, alles Material zusammen und will nun endlich den dritten Park bauen, da nutzt der Spielpartner die Aktion, mit der er alle Gebäude eines Architektenplättchens, also auch den von einem selbst geplanten Park, abräumen und durch zwei neue Gebäudeplättchen ersetzen kann.

Oder man sieht, dass man das gewünschte Gebäudeplättchen nicht bauen können wird, weil der Spielpartner eher dort sein wird, da kann man doch sein Glück versuchen und nutzt das Auftragsplättchen, das es einem erlaubt, vom Nachziehstapel ein Gebäude aufzudecken und zu bauen, wenn man die Baukosten zahlen kann. Vielleicht ist einem das Glück hold, alternativ darf man sich eine der abgebildeten Ressourcen nehmen, besser als gar nichts.

Interessant wirkt sich auch das Auftragsplättchen mit der Verdopplungsaktion aus: Zunächst passiert nichts, aber das nächste Plättchen, das man von diesem aus erreicht, wird hingegen zweimal ausgeführt; d. h. man erhält die doppelte Menge an Baumaterial, man kann einen Effekt zweimal nutzen oder man kann auch zweimal bauen, ohne zusätzliches Gold zu bezahlen.

Von den 14 Plättchen sind in einer Runde allerdings nur 12 verfügbar, so dass es eventuell passieren kann, dass es überhaupt keinen Whisky gibt, also der Joker entfällt. Auch Gold ist immer rar. Wenn die zwei Plättchen, mit denen man diese Ressource generieren kann, durch Zufall ausfallen, bleibt einem nichts anderes übrig, als andere Ressourcen in Gold zu tauschen. Die Menge der Ressourcen, die zur Verfügung steht, ist immer so, dass kein zu großer Mangel aufkommt. Wenn doch, können - falls vorhanden - mit einer Sonderaktion Fabriken aktiviert werden, ohne dass ein Gebäude in der Reihe oder Spalte angelegt wird. Die Auslage ist bei jeder Spielrunde anders - das macht Spaß!

Auch die Anzahl der zur Verfügung stehenden Gebäude variiert in jeder Runde. Insgesamt stehen 37 Gebäude zur Verfügung, aber nur 20 können insgesamt verbaut werden. Angenehmerweise steht auf dem Spielertableau auch, wie viele Gebäude von jeder Sorte vorhanden sind, so dass man gut nachhalten kann, was sich eventuell noch unter dem Nachziehstapel verbirgt.

Um Sonderpunkte bei der Endwertung zu erzielen, müssen die Gebäude mit Überlegung platziert werden. Hier kommt auch Interaktion auf, da man im Blick haben muss, was der Spielpartner so plant und wie sich das Raster im Rahmen der Möglichkeiten weiter ausbauen lässt. Auch kann man sich die Gebäude des Spielpartners zunutze machen.

Zur Veranschaulichung hier ein paar taktische Überlegungen: Liegt in der nächsten Gebäudeauslage ein Wohnhaus und der Mitspieler hat schon eines, so wird er darauf abzielen, ein neues daneben zu setzen, denn ein Wohnhaus bringt Zusatzpunkte, wenn es an andere Wohnhäuser angrenzt. Die Lagerhäuser eines jeden sind offen einsehbar, so kann man vorausahnen, was der Spielpartner als Nächstes tut. Will man selbst das Wohnhaus bauen, sollte man es ebenfalls an das bestehende Wohnhaus bauen, so erhalten beide die Sonderpunkte.

Oder man baut einen Bahnhof, dann ist dieser erst Punkte wert, wenn man ein Set aus Wohnhaus, Fabrik, Park und Monument errichtet hat. Also macht dies meist erst dann Sinn, wenn man mindestens schon zwei der Gebäude besitzt.

Fabriken lohnen sich vor allem am Anfang zu bauen, da sie aktiviert werden, wenn in der gleichen Spalte oder Reihe ein Gebäude errichtet wird. Dumm nur, wenn keines im Angebot liegt. Vielleicht in der nächsten Partie.

Einen Laden ganz zu Beginn zu bauen, wird nicht mit Erfolg gekrönt sein, da der Mitspieler vermutlich weitere Gebäude so anlegt, dass sich dieser nicht an einer Ecke befinden wird, doch nur dort generiert er Sonderpunkte.

Es gibt vieles zu beachten bei Glasgow, und es ist kein simples Legespiel, sondern entwickelt eine taktische Tiefe. Man muss etwas vorausschauend planen und vor allem den Gegner im Auge halten. Das Spiel bietet viel Interaktion, und je öfter man es spielt, desto mehr Spaß macht es. Gelegenheitspieler und auch Vielspieler werden hier auf ihre Kosten kommen. Selbst mit Grübelei dauert es nicht länger als 30 Minuten, so dass auch immer eine Revanche drin ist. Für mich ist es ein ideales 2-Personen-Spiel.

Rezension Renate Gerling-Halbach

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Glasgow: 5,0 5,0, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 24.01.21 von Renate Gerling-Halbach - Für uns ein Super 2 Personen-Spiel. Schnell aufgebaut, mit taktischer Tiefe. Prima für zwischendurch, und oft reicht die Zeit für eine Revanche. Auch super zum Mitnehmen in den Urlaub.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 04.03.22 von Monika Harke - Sehr gutes Zweierspiel, nichts Neues, aber trotzdem hoher Wiederspielreiz. Die Plättchen hätten etwas größer sein können, damit es übersichtlicher wird, und ein Wertungsblock wäre auch sinnvoll gewesen.

Leserbewertungen

Leserwertung Glasgow: 5,0 5.0, 4 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.03.21 von Tim - Sehr schönes 2-Personen-Spiel. Schnell erklärt, mit angenehmer taktischer Tiefe, hohem Grad an Interaktion und schneller Matchdauer. Einziger Wermutstropfen sind die kleinen und etwas überfrachteten Bauplättchen.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 12.05.21 von Koeppquist - Meines Erachtens eines der besten 2 Personenspiele der letzten Jahre. Allein an den kleinen und in den ersten Partien etwas unübersichtlichen Symbolen der Gebäudegruppen Bank/Bahnhof/Wohnhäuser/Denkmal muß man sich erst gewöhnen. Dieser kleine Wehmutstropfen fällt aber mit zunehmender Erfahrung immer weniger ins Gewicht.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.02.22 von Christian
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 30.10.22 von sutrebuh - Patchwork interaktiv? Wer im Kreisverkehr hinten liegt, ist dran, und legt ins Raster, wovon es nur eins gibt, so dass man es gemeinsam befüllt. Was sich nach einer tollen Belebung anhört, gaukelt eher etwas vor, denn letztlich hopst man in der Regel nur aufs nächste Feld, weil die:der Gegner:in sonst zu viel einsammeln kann. Das schränkt die sinnvollen Züge schon erheblich ein. Zusätzlich ist man dem Glück beim Nachziehen der Gebäudeplättchen ausgeliefert, das eine ganz erhebliche Rolle bei der Verfolgung der eigenen Ziele spielt, insbesondere wenn man dedurch zwei Gebäude hintereinander bauen kann. Thematisch ist die Mechanik zwar schlau gelöst, haucht dem eher abstrakten Spiel aber keine Atmosphäre ein.

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