Interview mit Spieleautor und Grafiker Michael Menzel

Einleitung

So! Und nun Helm auf und Schwert in die Hand liebe Leser! Denn jetzt geht es auf die Burg und zwar nicht zu einem zünftigen Rittermahl, sondern es geht um die Verteidigung der Burg. Bringt alle Eure Freunde mit, denn das schaffen wir nur zusammen!

Wir sind im Gespräch mit Michael Menzel, der Euch bislang nur als Grafiker von vielen Spielen bekannt ist und aus dessen Feder auch ich, Euer H@LLbert, stamme!

Im Herbst 2012 wird sein erstes Spiel erscheinen. Es nennt sich "Die Legenden von Andor" und entführt uns in eine andere Welt. Worum es genau geht und was das Besondere dieses Spiels ist, erfahrt Ihr in diesem Interview!

Das Interview

Erzähle uns zum Einstieg einmal kurz, worum es in dem Spiel "Die Legenden von Andor" geht?

Michael: "Die Legenden von Andor" ist ein kooperatives Brettspiel für 2 - 4 Helden. Zusammen beschützen sie das Land Andor vor bösen Kreaturen. Diese bewegen sich über den Spielplan auf die Burg des Königs zu. Wenn zu viele Kreaturen in die Burg eingedrungen sind, haben die Helden verloren. Das Spiel besteht aus 5 Legenden und in jeder Legende müssen die Helden neben der Burgverteidigung weitere Legendenziele erfüllen.
 
Was war zuerst da? Die Idee des Themas oder die Idee des Mechanismus?

Michael: Das Thema. Als Spieler mag ich es besonders gern, wenn sich die Regeln aus dem Thema heraus ableiten lassen. Solche Regeln bleiben viel besser im Gedächtnis - finde ich.

Was reizte Dich besonders an einem Kooperations-Fantasyspiel?

Michael: Auch hier war es das Thema. Das Land Andor steht kurz vor der Auslöschung durch böse Kreaturen und einem Drachen. In einer so bedrohlichen Situation stehen die Helden selbstverständlich Seite an Seite.

Wie unterscheidet sich dieses Kooperationsspiel von anderen dieser Art?

Michael: Andor lässt den Spielern sehr viel Freiraum. Jeder steuert seine eigene Figur über den Spielplan und ist nur insofern limitiert, dass jedem Helden max. 10 Stunden pro Tag zur Verfügung stehen. Es ist also durchaus möglich auf eigene Faust in den Wald zu gehen und ein paar Nebelplättchen aufzudecken, Heilkräuter zu sammeln oder Kreaturen zu besiegen. In dieser Freiheit liegt der große Reiz und gleichzeitig die große Gefahr für die Gruppe, denn viele Aufgaben lassen sich natürlich nur gemeinsam erfüllen. Weil die Aktionen der anderen Helden einen ebenso relevant sind, gibt es praktisch keine Downtime.

Was ist das Besondere des Spielsystems?

Michael: Die Legendenleiste: Sie besteht aus Buchstabenfeldern auf denen eine Erzählerfigur entlang läuft. Für jede Legende gibt es ein Set aus etwa 10 Legendenkarten. Wenn der Erzähler ein Buchstabenfeld erreicht, für das es eine Legendenkarte gibt, wird diese vorgelesen. Auf diesen Karten wird die Geschichte erzählt, aber es kommen auch neue Kreaturen oder Hilfsmittel ins Spiel. Auch die jeweiligen Legendenziele werden hier genannt. Die Geschichte wird also nicht durch zufällige Ereigniskarten, sondern wie in einem Buch - von Anfang bis Ende - erzählt und erlebt. Wenn der Erzähler das Ende der Legendenleiste erreicht, endet auch das Spiel und alle Legendenziele müssen erfüllt sein.
Der Erzähler schreitet sowohl am Ende eines Tages (also wenn alle Helden ihre Stunden verbraucht haben) ein Feld auf der Legendenleiste voran, als auch durch das Besiegen der Kreaturen. Er ist damit an die Erfolge der Helden gekoppelt. Wenn es also mal besonders gut läuft und eine Kreatur nach der nächsten besiegt wird, kommt auch ständig Nachschub an Kreaturen und Aufgaben.

Wie hoch ist die Einstiegshürde?

Michael: Das Spiel besteht aus 5 Abenteuern, "Legenden" genannt.  Daher hatten wir hier die Möglichkeit, einen sehr leichten Einstieg zu schaffen und die Komplexitätsschraube erst nach und nach mit jeder neuen Legende anzuziehen. Der Vorteil an diesem neuen Regelsystem ist, dass die Anleitung tatsächlich nur 4 Seiten hat, wobei wir als Helden bereits nach 2 Seiten unsere ersten Spielzüge unternehmen. Das geht zum Glück nicht auf Kosten der Spieltiefe, denn jede weitere Regel wird einfach im Spiel auf den Legendenkarten erklärt.
Ein Beispiel sind die mächtigen Runensteine, welche die Helden einsammeln können. Sie stehen den Helden erst im Verlauf von Legende 2 zur Verfügung und gerade in dem Moment, wenn sie in der Story auftauchen, wird ihre Wirkung kurz erklärt.

Was war bei der Spiele-Entwicklung die größte Herausforderung für Dich?

Michael: Das Ausbalancieren der einzelnen Legenden war sicher die größte Herausforderung. Jede Legende musste für sich spannend sein. Wiederkehrende Spiel-Elemente, wie z.B. die Stärke der Kreaturen, mussten dabei für alle Legenden gleich gut funktionieren.

In wie weit bauen die Legenden aufeinander auf bzw. in wie weit unterscheiden sich die Legenden voneinander?

Michael: Alle fünf Legenden erzählen eine große Geschichte, sind aber für sich abgeschlossene Abenteuer.
Wir haben versucht jeder Legende ihr eigenes Gesicht zu geben.

  • Legende 1 steht für den leichten Einstieg,
  • Legende 2 ist sehr filmisch mit einem großen Showdown.
  • Legende 3 ist sehr variabel, mit zufälligen persönlichen Aufträgen und einem von vier zufällig ermittelten Endgegner.
  • Legende 4 spielt auf der Spielplanrückseite mit völlig anderer Siegbedingung (hier sind wir in der Mine der Schildzwerge). Hier gilt es möglichst lange unbemerkt Schätze aus der Mine zu bergen ehe die Kreaturen Alarm schlagen. Damit erzeugt Legende 4 ein völlig anderes Spielgefühl und ist wie ein Spiel im Spiel.
  • Legende 5: "Der Zorn des Drachens" ist das große Finale in dem die Helden dem alten Feind Andors die Stirn bieten müssen. 

Welche Tipps möchtest Du den Spielern für die ersten Partien geben?

Michael: Es ist sehr gut die Legenden in der richtigen Reihenfolge zu spielen, weil mit jeder Legende neue Regeln ins Spiel kommen, die man dann nach und nach erfährt. Legende 1 dient vor allem dem Kennenlernen der wichtigsten Spielabläufe. Sie ist so angelegt, dass alle das Spiel gleichzeitig und gemeinsam erlernen.

Was kannst Du uns zu den Helden des Spiels erzählen?

Michael: Die Heldentafeln, auf denen wir unsere Ausrüstung ablegen und auf denen unsere Stärke angezeigt wird, zeigen einen Helden und eine Heldin auf der anderen Seite (also Zwerg und Zwergin). Das war dem Verlag und mir wichtig, damit man sich wirklich mit dem Helden oder der Heldin identifizieren kann. Jeder Held verfügt über eine Sonderfähigkeit, die seinen Charakter schön unterstützt. Der Zwerg z.B. kann mit Gold mehr anfangen als alle anderen Helden. Daher neigen Zwergen-Spieler häufig zu der Meinung, dass sie auch auf das Gold der Mitspieler einen gewissen Anspruch haben :-)
Der Zauberer hingegen ist ein echter Teamplayer und kann seine Sonderfähigkeit sogar auf die Mitspieler anwenden.
Die Sonderfähigkeiten sind bewusst überschaubar gehalten, damit man auch immer im Blick hat, was die Mitstreiter können.

Welche Informationen zum Spiel "Legenden von Andor" gibt es im Internet?

Michael: Auf www.legenden-von-andor.de findet ihr neben Artworks und Hintergrundinfos die  Bonus-Legende "Die Befreiung der Mine" und eine Solovariante für Legende 3 zum kostenlosen download. Außerdem einen wichtigen Hinweis für Legende 4 und eine einfache Möglichkeit den Schwierigkeitsgrad der Legenden 3 und 5 noch weiter zu erhöhen.

Du bist Grafiker, nun bist Du auch Spieleautor. Die Geschichten, welche Du mit Andor erzählst, lassen hoffen, dass Du es vielleicht auch einmal mit Romanen versuchst? Hast Du weitere Pläne?

Michael: Ja. Es ist vor allen Dingen das Entwickeln dieser Welt was mir Freude macht. Ich habe mir bereits Gedanken gemacht wie sich Andor weiterentwickeln könnte. Meine Frau hat schon angefangen die Vorgeschichte zu Andor schreiben und löst darin auf, warum es der Drache überhaupt auf die Burg des Königs abgesehen hat. Aber was daraus wird, steht und fällt natürlich mit dem Erfolg des Spiels. 

Wir alle sind gespannt, freuen uns auf die ersten Partien und wünschen Dir viel Erfolg mit dem "Legenden von Andor".