Rezension/Kritik - Online seit 08.07.2018. Dieser Artikel wurde 2811 mal aufgerufen.
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Ich habe leider keinen Dachboden, sonst wäre ich bestimmt schon mal hochgegangen, um zu gucken, ob sich da auch hungrige Monster rumtreiben. Auch wenn ich dazu den ganzen Krempel permanent rumschieben müsste. Egal, ich hätte die gerne mal gesehen. Und auch gefüttert. Obwohl man das laut Spielname ja nicht soll. Aber wenn man die nicht füttert, passiert nichts. Man darf sie nicht füttern ... aber man darf sie auch nicht NICHT füttern ... jetzt wird's philosophisch!
Zwanzig Felder ist der Dachboden groß und wird von 19 Krempelplättchen bedeckt. Ein Feld bleibt also frei, und das muss auch sein, denn hier werden die Plättchen geschoben. Ist man an der Reihe, sucht man sich ein Plättchen aus und schiebt es in Richtung des freien Feldes (und schiebt eventuell noch andere Plättchen der freien Reihe mit). Unter dem neuen freien Feld taucht ein Monster auf, das man jetzt füttern muss. Man nimmt den Buntstift seiner Farbe und kritzelt etwas ins offene Monstermaul. Damit ist das Vieh erstmal satt.
Dann schiebt und füttert der Nächste, dann der Nächste usw. Irgendwann kommt man an den Punkt, an dem man ein Monster freilegt, das bereits gefüttert worden ist. Und das lässt jetzt einen gewaltigen Rülpser von sich. Oder mehrere, je nachdem, wie oft es schon gefüttert wurde. Für jedes Kritzelsymbol im Monstermaul muss man dann die eigene Figur am Spielplanrand ein Feld weiterbewegen. Danach hat das Monster natürlich immer noch Hunger und man muss es wieder per Kritzel füttern.
Hat man die Laufstrecke einmal umrundet, muss man den Wachhund beruhigen und ihm einen Knochen geben. Kommt man allerdings erneut am Wachhund vorbei, scheidet man aus. Dieses kritzelige Füttern und Schieben geht solange, bis nur noch ein Spieler übrig ist - quasi der Meistermonsterfütterer.
Monster auf einem Dachboden per Buntstift zu füttern, das ist mal eine Idee! Und sie funktioniert auch sehr gut, wenn man eine Sache macht. Die muss man machen, sonst klappt hier leider nichts. Deshalb jetzt sofort:
Was gefällt an Bitte nicht füttern! nicht so gut:
Das Material: Und damit sind die im Spiel enthaltenen Buntstifte gemeint. Schon nach zwei Spielzügen in meiner allerersten Testpartie wurde klar: Mit denen kann man dieses Spiel nicht spielen. Die Farben sind viel zu schwach und in den Monstermäulern kann man z. B. Blau und Grün kaum unterscheiden. Bei ungünstigem Licht ist Gelb gar nicht zu erkennen. Es herrscht also ständige Verwirrung, wie oft ein Monster im Laufe des Spieles genau gefüttert wurde. Was ganz schlimm ist, denn die Häufigkeit ist ja einer der zentralen Punkte im Spiel. Außerdem sind die Stifte selbst für Kinderhände zu dünn und brechen schnell. Mein Rat: Sobald man dieses Spiel kauft, sollte man die Stifte rausnehmen und durch kräftigere Farben ersetzen.
Eigentlich ein doofer Rat, denn man gibt sein Geld eigentlich nur für Spiele aus, die man nicht selber noch verbessern muss. Bei Bitte nicht füttern! sollte man diese Verbesserung aber machen, denn ist es ein wirklich gutes und ungewöhnliches Spiel, das Kinder begeistern kann. Sie merken am Anfang gar nicht, dass sie wieder mal ein Merkspiel spielen. Sie schieben, sie kritzeln und schieben und kritzeln - bis das erste Monster rülpst und man seine Figur vorziehen muss. Da wird sich vielleicht noch über einen oder zwei Schritte geärgert, aber das ändert sich im Laufe des Spieles. Irgendwann kommt der Punkt, an dem die Kinder automatisch überlegen, welches Monster noch wenig bis gar nichts im Maul hat und da freut man sich über ein oder zwei Schritte, denn irgendwann muss man vier, fünf, sechs oder noch mehr weiter.
Das schafft einen sehr gelungenen Spannungsbogen, der gemächlich und lustig anfängt und dann, ganz langsam, die Aufmerksamkeit steigert und immer spannender wird. Und das kommt dann ganz nebenbei und automatisch, die Kinder strengen sich immer mehr an, ohne dass man es ihnen groß erklären muss. Außerdem kann man die Mitspieler durch den Schiebemechanismus wunderschön ärgern, weil man fiese Vorlagen schaffen kann. Was bei den Kindern auch sehr gut ankam: Wenn man nach dem Spiel den Dachboden freigeräumt hat, um zu gucken, welche Monster wie oft gefüttert wurden. Da gab es oft Überraschungen, denn so manchem Monster hatte niemand etwas ins Maul gekritzelt.
Die Geschichte um den Dachboden, die Monster und den Hund ist zwar alles in allem etwas an den Haaren herbeigezogen (was in meinen Runden besonders die Kinder so empfanden), aber das stört nicht. Die Aufmachung lenkt davon ab, denn die grafische Gestaltung ist hier erste Liga. Überall gibt es Sachen zu entdecken, die Monster sind lustig und fantasievoll, und selbst die Spielfiguren sehen gut aus und hängen stabil am Schachtelrand (viele Spiele mit dieser Art von Punkteleiste haben das nicht geschafft). Die Regeln sind gut, sie sind schnell erklärt, eigentlich ein Highlight des Jahrgangs - wenn da nicht diese Stifte wären. Deshalb: Bloß weg damit und welche reinlegen, deren Farben man wirklich erkennen kann. Dann hat man ein schönes und spannendes Kinderspiel, an dem die Zielgruppe lange Spaß haben wird.
Also: Füttern und kritzeln!
Rezension Christoph Schlewinski
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Bitte nicht füttern!: 5,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
28.04.18 von Christoph Schlewinski - Fünf Punkte, wenn man die Stifte im Spiel gegen Bessere ersetzt. Sonst gäbe es eher zwei bis drei Punkte. |
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