Rezension/Kritik - Online seit 16.08.2005. Dieser Artikel wurde 8422 mal aufgerufen.

Bootleggers

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Autor: Steve Gross
Don Beyer
Ray Eifler
Illustration: Paul Niemeyer
Pennie Barbel
Jacoby O´Connor
Verlag: Eagle Games
Rezension: Ferdinand Köther
Spieler: 3 - 6
Jahr: 2004
Bewertung: 4,0 4,0 H@LL9000
4,0 4,0 Leser
Ranking: Platz 4322
Download: Kurzspielregel [PDF]
Bootleggers

Spielerei-Rezension

Spielerei-Preview September 2005:

Auf der Spiel 2004 gab es eine Überraschung am Stand von Eagle Games - und zwar ein Spiel, das zur Abwechslung mal keinen überdimensionierten, sondern eher normalgroßen Spielplan hat und auch nicht den Globus im Großen und Ganzen zeigt. Auch die Menge der Plastikfiguren hält sich in Grenzen, obwohl noch reichlich vorhanden, natürlich in gewohnter Qualität.

Bootleggers heißt es, und wer dabei an illegale Musik-Raubkopien denkt, ist auf dem Holzweg. Hier geht's zurück zum Ursprung der Bootleggers, nämlich in die Zeit der Prohibition in den USA. Damals wurde der Schnaps u. a. im Stiefelschaft an den Kontrollen vorbei geschmuggelt, daher der Name, und die Mafia und andere Gangster machten mit ihren "blends" blendende Geschäfte.

Genau darum geht's in diesem Spiel - das Thema ist nicht neu, aber ansprechend umgesetzt, soviel schon mal vorweg. Der Spielplan dient praktisch nur als Ablage und Anzeige, jeder Spieler erhält eine kleine Tafel mit Spielübersicht und Ablageplätzen für seine Würfel und Einflussmarker, das ist die jeweilige "Familiendestillerie".

Die Spielregel wirkt etwas überladen und erweckt zunächst den Eindruck großer Komplexität, was tatsächlich nicht der Fall ist, ganz im Gegenteil. Der Vorteil solch einer Regel besteht allerdings darin, dass keine Fragen offen bleiben - und da es leider oft genug, zu oft sogar, mangelhafte Regeln gibt, wollen wir uns nicht über zu große Ausführlichkeit beklagen.

Das Spiel geht über maximal zwölf Runden. Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler deshalb auch genau zwölf Muscle-Karten (Muskel-Karten) und einen niedlichen kleinen Plastik-Lkw. Die Karten gibt es in vier Farben, mit immer gleichen Rückseiten, und entsprechend vier Zahlengruppen, insgesamt durchnummeriert von 1 bis 72. So besteht z. B. die rote Gruppe aus den Zahlen 1 bis 18, die Werte 19 bis 36 sind grün usw. Jeder Spieler erhält von jeder Gruppe drei Stück, so dass sich die Streuung in Grenzen hält. Mit Hilfe dieser Karten legen die Spieler, indem sie gleichzeitig verdeckt jeweils eine ausspielen, in jeder Runde die Reihenfolge fest und bestimmen ihre Ausgaben, denn jede Karte nennt außer der Zahl auch noch einen Geldbetrag, den der Spieler entrichten muss. Außerdem muss er für den/die Fahrer seines Fuhrparks zahlen.

Die Reihenfolge ist in zweifacher Hinsicht wichtig, denn sie bestimmt, wer zuerst eine der in jeder Runde neu ausliegenden Karten nehmen darf, wer als zweiter etc. Außerdem verteilen die Spieler in gleicher Reihenfolge ihre Einflussmarker (nette kleine Plastikgangster) auf fünf von insgesamt sechs Etablissements. Die ausliegenden Karten bieten unter anderem Verbesserungen (mehr Würfel) für die eigene Destillerie, eine zusätzliche Destillerie, neue Gangmitglieder (Einflussmarker), oder Sonderaktionen, um ins Spielgeschehen eingreifen und manch böse Überraschung bereiten zu können. Zudem liegt immer (nur!) eine Lkw-Karte aus, so dass pro Runde höchstens ein Spieler einen zusätzlichen Lkw ergattern kann, die es übrigens in verschiedenen (Lade)Größen gibt, ein wichtiger Faktor. Da insgesamt immer eine Karte mehr ausliegt als Spieler teilnehmen, ist sichergestellt, dass jeder etwas abkriegt, nur schränkt sich die Auswahl natürlich immer weiter ein.

Einflussmarker bedeuten Mehrheiten, das vermutet der spielerfahrene Leser schon ganz richtig. Die Mehrheiten in den Kneipen entscheiden nämlich darüber, wer dort seine Produktion überhaupt verkaufen darf. Die Herrschaftsansprüche sind feinstens in vier Kategorien eingeteilt, von Kontrolle über Mehrheit und Minderheit bis zu Einflusslose.

Entsprechend gibt es verschiedene Lieferanteneingänge, vor welche die Spieler später ihre beladenen Lkw stellen. Wer z. B. die Kontrolle über eine Kneipe ausübt, hat dort nicht nur das Vorverkaufsrecht, sondern erhält noch einen zusätzlichen Profit und bestimmt, ob Lieferanten ohne Einfluss dort überhaupt verkaufen dürfen. Die Mächtigkeit der Einflusskategorien nimmt logischerweise immer weiter ab, alle Einzelheiten brauchen hier nicht aufgeführt zu werden.

Jede Phase wird übrigens erst von allen Spielern durchlaufen, bevor die nächste an die Reihe kommt - wird sind jetzt schon bei der dritten angelangt, nämlich der Produktion. Alle Spieler würfeln mit ihrem bzw. ihren Würfeln, wie viele Fässer Whiskey ihre Brennerei abwirft - diese Fässer sind, ein Stilbruch, kleine Holzquader, die sich formbedingt aber bestens auf den Lkw verstauen lassen. Kleine Gemeinheit am Rande: Ab Spielrunde fünf patrouilliert ein Polizist und geht immer zu der Familienbrennerei (nicht einer eventuellen zweiten eines Spielers) mit der höchsten Produktion und verhindert diese völlig, falls der unglückliche Spieler auch nur eine einzige "5" dafür würfelt.

Auf Produktion folgt konsequenterweise der Transport, die Spieler beladen ihre Lkw (je nach Größe nehmen diese unterschiedlich viele Fässer auf) und stellen sie an die entsprechenden Lieferanteneingänge. Es kann beliebig verhandelt werden, Fässer können an andere Spieler verkauft werden, Ladefläche kann vermietet werden - und wer Pech hat, dessen Lkw wird samt Ladung geklaut, um mal eine der weiter oben erwähnten Spezialaktionen zu nennen. Die Kneipen zahlen unterschiedlich viel pro Fass, das kann im Laufe des Spiels durch Kneipenverbesserungen (Karten aus der ersten Phase) noch gesteigert werden.

In der nun folgenden Verkaufsphase wird für jede Kneipe gewürfelt, wie viel sie überhaupt kauft. Wer nun mit seiner Ladung vor einer besser bezahlenden Kneipe steht, die aber nur wenig kauft, schaut in die Röhre - die Ladung ist verloren, genau wie übrigens auch jedes zuvor produzierte, aber nicht verladene Fass. Hier gilt leider nicht, dass der Whiskey umso besser wird, je länger er lagert.

Eine der sechs Kneipen kauft allerdings immer - ohne Mengenbegrenzung, niemand hat Einfluss, aber sie zahlt auch schlecht - wer hier anliefert, wird seinen Fusel zwar garantiert los, kann damit aber kaum der Reichste werden. Und das ist schließlich das Spielziel nach 12 Runden - oder früher, falls jemand 100 $ erwirtschaftet hat. Endlich mal ein Spiel, das nicht gleich mit Millionenbeträgen um sich wirft.

Anders als die eingangs erwähnte Stand-Überraschung verursacht Bootleggers selbst kein großes Erstaunen, sondern bietet handfeste Spielkost mit gut aufeinander abgestimmten Spielelementen und Mechanismen, lässt kaum Leerlauf aufkommen und ist schnell zu lernen.

Glück spielt eine große Rolle, aber Taktik und Überlegung haben durchaus ihren Platz. Gute Planung und Übersicht zahlen sich aus, so nützt es z. B. wenig, viele Würfel für seine Produktion zu haben ohne den nötigen Ladeplatz auf ausreichend großen Lkw, die allerdings auch Runde für Runde bezahlt werden müssen. Es stellt sich die Frage, überall dabei sein zu wollen oder lieber zu versuchen, in einer möglichst teuren Kneipe die Kontrolle zu übernehmen, was dort aber entsprechend viele Gangmitglieder (Einflussmarker) bindet. Denn je teurer die Kaschemme, desto mehr Plätze im Aufsichtsrat sozusagen. Und immer wieder die Frage, wo man anliefern soll, dabei spielen die Machtverhältnisse eine Rolle, aber auch der Bedarf, der ja dummerweise erst anschließend ermittelt wird. Entscheidungen sind gefragt, bei mancher hilft die Knarre im Anschlag (Spezialaktionen), aber auch die nötige Portion Glück gehört dazu.

Ein sehr solides Spiel, trotz des unsoliden Themas. Wer ein wenig zwischen den Zeilen liest, ahnt vielleicht schon, wohin der Whiskey fließt. Es stimmt alles, Regel, Material, Spielzeit. Trotzdem will die große Begeisterung nicht aufkommen, trotz manch netter Details überwiegt das Gefühl "irgendwie alles schon mal da gewesen". Und von dieser Sorte Spiele gibt es reichlich, wobei der vorliegende Kandidat sicher zum "besseren Durchschnitt" gehört. Will heißen, es macht durchaus Spaß, sich mal als illegal Whiskey brennender Bootlegger zu versuchen. Dieses Spiel ist weder ein "Muss" noch ein "Flop", sondern, eine grundsolide Angelegenheit. Mindestens einer der Spieler sollte Englisch können, nicht nur wegen der Regel, sondern um die Spezialkarten zu erklären.

Rezension Ferdinand Köther

In Kooperation mit der Spielezeitschrift

Spielerei

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Bootleggers: 4,0 4,0, 3 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 15.08.05 von Ferdinand Köther
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 11.05.05 von Jochen Traub
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 20.07.11 von Michael Timpe - Da will ich doch mal eine Lanze brechen für dieses Spiel, ich finde es Atmosphärisch sehr gelungen, man muss sich allerdings etwas drauf einlassen. In unseren Runden wird immer viel erpresst, gedroht und auch mal intrigiert, dann macht es viel Spaß. Wer sich beim spielen nur auf den Mechanismus stürzt, wird wohl enttäuscht werden. Kleiner Tipp: Den Aktionskartenstapel an die Spielerzahl anpassen, dann ist eine bessere Durchmischung der verschiedenen Kartentypen gewährleistet. Sonst kann es z.B. schon mal passieren, dass zu wenig Einfluss ins Spiel kommt, oder zu wenig Terror, dann kann es auch mal öde werden.

Leserbewertungen

Leserwertung Bootleggers: 4,0 4.0, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 13.09.07 von Detlef Vanis
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 19.09.11 von Kevrell - Knowledge wants to be free, just like these arictles!

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