Rezension/Kritik - Online seit 23.11.2013. Dieser Artikel wurde 4647 mal aufgerufen.
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Spielerei Herbst 2013:
Die Konservendose ist aus Pappe. Das Spiel darin nicht: Der Zoch-Verlag steckt das Wortspiel Brautkraut in eine Verpackung, die auf den ersten Blick signalisiert: sehr ungewöhnlich! Und das ist es auch für den Normalverbraucher, der sonst vielleicht keine Spiele kauft, aber das Sprichwort „Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid“ kennt. Er ist die Zielgruppe.
Natürlich geht es um Versprecher, und die 66 Spielkarten leisten dabei ganze Arbeit. Sie kombinieren die vier Begriffe „Braut“, „Kleid“, „blau“ und „Kraut“ immer wieder neu. Je zwei davon sind als Zeichnung auf einer Karte zu sehen. Ein kleiner Pfeil zwischen beiden zeigt, welcher Begriff zuerst genannt werden muss. Das kann „Braut-Kraut“ sein, die nächste Karte fordert vielleicht „Kleid-blau“. Wir Spieler sollen stets einen ganzen Satz bilden, der hier korrekt hieße „Braut-Kraut wird Kleid-blau“.
Damit die anderen am Tisch nicht einschlafen, soll das ganze möglichst flüssig gehen und natürlich ohne Versprecher. Bei gefühlter Zeitüberschreitung oder Sprachunfällen droht Strafe: Alle ausliegenden Karten in der Mitte wandern in die eigene Hand. Aus Halli Galli und Anverwandten wissen wir, dass gewinnt, wer zuerst alle Handkarten los ist. Womit wir schon einen passenden Vergleich hätten.
Am Zug sehen wir nur den Kartenpacken in der Tischmitte. Mit der obersten Karte kennen wir schon mal die erste Hälfte des richtigen Satzes. Merken! Darauf legt unser rechter Nachbar (!) eine Handkarte. Jetzt müssen wir sprechen: Die Symbole erkennen, die Pfeile auf den Karten beachten – tückischerweise zeigen sie auch mal von unten nach oben – und hoffen, dass es passt: „Blau-Braut wird Kleid-Braut“.
Natürlich wird das umso lustiger, je zügiger gespielt wird und die Promillegrenze vielleicht bereits gerissen wurde. Und wenn ein armer Tropf die Situation erwischt, dass er durch die Umkehrungspfeile zwei identische Begriffe nennen muss, dann heißt es nicht „Blau-Braut wird Blau-Braut“, sondern vielmehr „Blau-Braut bleibt Blau-Braut“. Im Fehlerfalle gehört ihm der Kartenpacken in der Mitte.
Hier steigen bereits viele aus. Andere kommen erst so richtig auf Touren. Für sie haben die Autoren Anja Wrede und Christoph Cantzler noch drei kleine Bildkärtchen in die Gemüsedose geschmissen. Sie zeigen die Verbformen „traut“, „klaut“ und „braut“. Sie spielen in der Variante für „Schortgefrittene“ (Quelle: Rielspegel) mit. Wer eines vor sich liegen hat, muss das Verb in der Mitte des Satzes durch das auf dem Kärtchen ersetzen. Gelingt die Sprachübung, wandert das Kärtchen nach rechts und dieser Nachbar hat nachher das Problem. Profis lassen alle drei Kärtchen gleichzeitig wandern.
Das ist für den Normalverbraucher fast schon zu viel. Der ist mit der Auge-Kopf-Zunge-Koordination bestens ausgelastet und freut sich über die vergleichsweise wenigen Spielregeln. Aber natürlich wollen die zwei Spielautoren auch uns Vielspieler locken. Unter denen ist aber die Gruppe, die einen solchen Quatsch freudig mitmacht, auch zu meinem Leidwesen verschwindend gering. Nur selten schwingen wir uns so zur Vollversion auf.
Das macht aber nichts: Mit Brautkraut erscheint ein weiteres Sportwiel in der Tradition anderer Knechspraller wie zum Beispiel das bei mir hochgeschätzte Kakerlakensalat. Ich mag diesen Unfug, aber nach einer Viertelstunde reicht es dann auch. Die attraktive Verpackung von Brautkraut könnte auch Nichtspieler an diese Zockerei heranführen. Sie werden aber damit leben müssen, dass einige sehr schnell sagen: Das ist nicht mein Spiel.
Rezension Stefan Ducksch
In Kooperation mit der Spielezeitschrift
H@LL9000 Wertung Brautkraut: 3,7, 3 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
03.11.13 von Stefan Ducksch |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
29.04.13 von Steffen Wallraff |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
29.04.13 von Frank Solnitzky |
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