Rezension/Kritik - Online seit 01.02.2016. Dieser Artikel wurde 5994 mal aufgerufen.
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Große Helden haben auch mal klein angefangen und sich durch Junior-Dungeons gequält. Aber die Gefahren waren nicht minder schlimm. Hexen, Zombies, Trolle und Drachen ... all das wollte den Nachwuchsrecken ans Leder und Leben. Wie gut, dass man in so einem Junior-Dungeon haufenweise nützliches Zeug finden kann. Wieso aber bei einem Drachen unbedingt Gummistiefel helfen... na ja, wir wundern uns mal nicht. Ist ja schließlich Fantasy.
Von der großen Höhle in der Mitte ausgehend starten die Nachwuchsabenteurer ihren Beutezug. Dazu würfelt man und setzt seinen kleinen Helden um entsprechend viele Felder vor. Das Zielfeld kann entweder einen Würfel zeigen (dann würfelt man noch einmal) oder eine Schatztruhe (dann zieht man die oberste Schatzkarte). Erreicht man in seinem Zug eine der Monsterhöhlen, bleibt man sofort stehen und muss gegen das Ungetüm kämpfen.
Alle Monster haben eine Grundstärke. Außerdem werden noch ein bis zwei Monsterkarten aufgedeckt. Diese geben dem Monster nicht nur Attribute wie "stachelig" oder "stinkend", sondern vor allem auch (oft) einen Bonus auf ihre Stärke. Die muss der Held nun mit einem Würfelwurf überbieten. Das ist natürlich schwierig, wenn die höchste Zahl die 6 ist und ein Drache schon mal locker 18 Stärke aufweisen kann. Also kann der Held nach seinem Wurf beliebig viele Schatzkarten aus seiner Hand auf den Ablagestapel spielen. Diese geben ihm entweder auch einen Bonus auf seinen Wurf oder eine besondere Fähigkeit, wie z. B. "nochmal würfeln".
Ist allerdings ein anderer Held nicht weiter als sechs Felder von einem entfernt, darf man ihn um Hilfe bitten. Dann darf er ebenfalls Karten ausspielen und so das Ergebnis verbessern.
Schafft man es, das Ungeheuer zu besiegen, zieht man 1 bis 5 Schatzkarten dafür. Hat man es allein geschafft, behält man alle. Hat man Hilfe bekommen, muss man seinem Helfer eine Karte überlassen (er hat die erste Wahl bei den Karten).
Schätze können aber nicht nur ein einmaliger Bonus oder eine einmalige Fähigkeit sein. Es gibt auch permanente Karte, die man vor sich auslegen kann und die einen ständigen Kampfbonus gewährleisten. Maximal zwei dieser Karten darf man vor sich ausliegen haben und behält sie auch ... es sei denn, man verliert einen Kampf. Dann muss man eventuell eine davon abgeben.
Die Schatzkarten weisen aber noch eine viel wichtigere Funktion auf: Sie haben unten rechts in der Ecke einen Goldwert. Zieht ein Held die letzte Schatzkarte vom Stapel, ist das Spiel vorbei. Jetzt zählen alle Abenteurer die Goldwerte ihrer Karten zusammen, die sie noch auf der Hand haben (permanente Karten, die vor einem liegen, zählen nichts).
Wer jetzt das meiste Gold besitzt, darf sich zum Held der Helden aufschwingen und sich zur Belohnung erstmal ein Nutellabrötchen schmieren.
Ein Dungeon-Crawler-Spiel für Kinder, da reiben sich bestimmt viele Väter schon die Hände. Besonders Väter, die Munchkin - Das Kartenspiel schon kennen und/oder Rollenspielfans sind/waren. Endlich mal ein Spiel, bei dem auch Papa seinen Spaß hat, und mit dem er sich freiwillig (und - hier zumindest - zum Erstaunen einiger Ehefrauen) mit seinen Kindern an einen Tisch setzt. Oder sie sogar zu einer Partie überredet.
Das klingt alles sehr schön und wünschenswert, führt aber auch schon zur Rubrik:
Was an Munckin - Jäger des Schatzes nicht so gefällt:
Das wäre eigentlich alles nicht so schlimm, wenn nicht der satirische Aspekt in der Munchkin-Reihe das Alleinstellungsmerkmal wäre. Zieht man nämlich die Satire ab, hat man Kartenspiele, die ... irgendwie... ganz okay sind, aber mehr auch nicht.
Und wenn man jetzt ein Kinderspiel hat, bei dem diese Ebene in der Zielgruppe nicht wirklich funktioniert, hat man bei Munchkin - Jäger des Schatzes eben ein Spiel, das außer Würfeln, Laufen und Karten sammeln nichts zu bieten hat. Da wird der eigentliche Hingucker - einen Dungeon-Crawler für Kinder zu machen - zur Nebensache, das Thema irrelevant. Da hätte es irgendein Thema sein können. Zusammen Obst einkaufen ... oder Omma zum Geburtstag einen Kuchen backen ... egal was.
Munchkin - Jäger des Schatzes ist zwar ein Kinderspiel, aber es ist nicht für Kinder gemacht. Sondern eben für deren Väter (und manchmal auch Mütter). Das wirkliche Amüsieren über die unsinnigen Schatzkarten, die man im Kampf gegen einen Drachen einsetzen kann, kommt nur bei Erwachsenen richtig auf. Kinder schauen lediglich auf den Geldwert der Karte und auf den Bonus, den sie gibt. Das war's dann auch schon.
Spannend ist das für Kinder dennoch. Zumindest eine Zeit lang. Aber da es nur wenige Partien braucht, um die Karten kennenzulernen, haben auch die Kinder bald das Gefühl, hier alles irgendwie schon gesehen zu haben und winken Papas Anfrage nach noch einer Partie ab. Und selbst der Papa ist dann nur bedingt traurig darüber.
Das ist wirklich schade, denn ein Dungeon-Spiel für Kinder fehlt irgendwie. Auch die Kleinen wollen Helden sein. Das können sie zwar bei Munckin - Jäger des Schatzes, aber eben nicht so lange. Und mit fallender Begeisterung.
Gut funktioniert es in Ganztagsschulen oder Jugendheimen, weil es dort eine Fluktuation an Kindern gibt und das Spiel immer wieder neu entdeckt werden kann. Als Familie sollte man sich die Anschaffung von Munckin - Jäger des Schatzes allerdings gut überlegen.
Rezension Christoph Schlewinski
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Munchkin: Jäger des Schatzes: 3,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
24.01.16 von Christoph Schlewinski - Da haben sich Eltern und Zielgruppe hier mehr von versprochen. Schade eigentlich. |
Leserwertung Munchkin: Jäger des Schatzes: 4.0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
18.07.19 von Andreas Freye - Jäger des Schatzes wurde vor allem zum lesen und rechnen üben erworben. Das klappt hier spielerisch ziemlich gut und ist daher für Eltern mit Erstklässlern zu empfehlen. Das Spiel ist relativ witzig, einfach gehalten und dauert nicht allzu lang. |