Rezension/Kritik - Online seit 18.04.2003. Dieser Artikel wurde 6230 mal aufgerufen.

Schwimmende Inseln

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Autor: Martin Kastenholz
Verlag: Hans im Glück
Rezension: Wieland Herold
Spieler: 2 - 4
Dauer: 120 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2002
Bewertung: 3,0 3,0 H@LL9000
Ranking: Platz 4580
Schwimmende Inseln

Spielerei-Rezension

Haben Sie auch so einige alte Spiele auf Ihrer Wunschliste? Ich meine nicht Jati oder Crude, sondern durchaus Erreichbares, wie die Schwimmende(n) Inseln, die Edgar Forschbach euphorisch vor über 20 Jahren in der spielbox (4/1982, S. 30/31) besprochen hat. Für ihn war es ein dynamisches Spielerlebnis, das „dem Idealtyp von Spiel außerordentlich nahe“ kommt. Mit 5 Punkten (entspricht der Note 2 der Spielerei-Wertung) war das Spiel auch gut bewertet. Nicht nur die Besprechung, auch das beschriebene Spielmaterial machten Lust auf dieses Spiel. Keramiksteine, das hat was. Das hatten wir zuletzt bei der Erstausgabe von Schülings Zatre.

Den Lagerbeständen von Martin Kastenholz ist es zu verdanken, dass seine beweglichen Inseln seit der Spiel 2002 wieder erhältlich sind. Anfang der 80er Jahre hatten er und zwei Kommilitonen, allesamt Mathematiker, mühsam in Handarbeit 200 Exemplare produziert und für preiswerte 28 DM verkauft. Fünf Kartons mit quadratischen Fliesen haben die letzten 20 Jahre im Kastenholzschen Keller überlebt. Da er sein Badezimmer nicht unbedingt kleinkariert fliesen wollte, kam die Idee mit der Neuauflage.

„Schwimmende Inseln ist ein Spiel für alle, die Spiele mit langen Spannungsbögen mögen; die Spaß daran haben, wenn ein Spiel mit einfachen Regeln knifflige Situationen erzeugt; die bereit sind, sich auf ein Spiel einzulassen, es oft zu spielen und zu erforschen; und die nichts gegen eine Spieldauer von 1,5 bis 2 Stunden haben.“ So beschreibt Kastenholz seine Spielidee auf seiner Homepage (www.schwimmende-inseln.de). Man weiß also, worauf man sich einlässt oder einlassen muss. Das, was er „einfache Regeln“ nennt, sind immerhin 12 grafisch aufgelockerte DIN A5-Regelseiten, die durch 12 weitere Seiten mit „Tipps & Tricks“ ergänzt werden. Es ist schon schwer verdauliche Kost, die Kastenholz bietet, da sich in seinem „organischen Strategiespiel“ leider nichts organisch aus dem Spielthema ergibt, sondern alles nur abstraktes Konstrukt bleibt.

Da gibt es ein 400 Felder großes quadratisches Spielfeld, in diesem blauen Meer schwimmen beim Spiel zu viert 13 Inseln mit mindestens vier Inselsteinen. Zu Beginn besitzt jeder zwei Viererinseln, auf jeder Insel steht ein so genannter „Läufer“, eine Insel besitzt mit einem runden Keramikstein einen „Motor“. Weitere Motoren liegen auf acht „Kraftfeldern“ aus, denen „Ladefelder“ zugeordnet sind. Spielziel ist, als erster mit seinen Läufern alle Kraftfelder zu erreichen. Dabei sind drei „Grundgesetze“ zu berücksichtigen:

Grundgesetz 1: Eine Insel ist eine Gruppe aus mindestens vier aneinander angrenzenden Inselsteinen. 2er- oder 3er-Inseln oder Inseln gibt es nicht. Allerdings kann eine Insel beliebig groß werden.

Grundgesetz 2: Auf einem Inselstein befinden sich höchstens ein Motor und/oder höchstens ein Läufer.

Grundgesetz 3: Auf einer Insel hat ein Spieler höchstens drei Motoren. Da sich aber auf einer Insel Motoren mehrerer Spieler befinden können, kann eine Insel deutlich mehr als drei Motoren tragen.

Schwimmende Inseln ist letztlich ein Wettrennen, bei dem die Voraussetzungen für alle Spieler gleich sind. Hier kann sich niemand durch Würfeln oder Kartenziehen einen besonderen Vorteil verschaffen, sondern allein durch geschickte taktische Planung beim Zusammentreffen von Inseln. Zu Beginn spielt jeder für sich und steht vor der Entscheidung, in welche Richtung er sich bewegt, um Motoren zu gewinnen, die den Läufer beschleunigen, aber auch die Insel schneller voranbringen. Denn der Läufer bewegt sich nach der Anzahl der eigenen Motoren, genauso wie mit jedem Motor ein Inselstein verrückt werden darf. Positionsgewinne erreicht man dadurch, dass man es schafft, gegnerische Läufer zu blockieren. Deshalb wird das Spiel immer dann interessant, wenn sich Inseln verbinden. Durch Abschneiden der Wege oder Trennung von Läufer und Motoren kann man versuchen den Gegner zu ärgern. Besonders tragisch kann eine Inselverbindung sein, wenn man wegen des 3. Grundgesetzes Motoren verliert. Die Möglichkeiten sind vielschichtig. Martin Kastenholz geht ausführlich in seinen „Tipps“ darauf ein und ergänzt diese zusätzlich auf seiner Website. Dort beschäftigt er sich u. a. mit den Vor- und Nachteilen unterschiedlicher Eröffnungsstrategien.

Das Spiel funktioniert, aber es dauert und dauert und dauert. Bei gleichstarken Spielern mag auch nach zwei Stunden die Spielspannung noch anhalten. Sind die Voraussetzungen nicht gleich, wird es für schwächere Spieler schnell langweilig. Abstrakte Spiele haben es immer schon schwer gehabt. Je kompakter sie daher kommen, desto größer sind ihre Chancen auf Akzeptanz. Kris Burm hat zum Beispiel mit seiner Gipf-Serie Maßstäbe gesetzt. Roland Siegers Uisge aus der Zeit der Schwimmende(n) Inseln ist ein weiteres vorzeigbares Beispiel. Kastenholz wird es schwer haben, seine Neuauflage an den interessierten Spieler zu bringen. Es gibt inzwischen reizvollere Alternativen. Das Innovative, das 1982 galt, ist verpufft. Den „Idealtyp von Spiel“ sehe ich wahrlich nicht. Da rettet auch das exotische Material nichts mehr. Das Spiel Trias hätte vielleicht berechtigter den Namen Schwimmende Inseln verdient. Das, was dort durch Karten in Bewegung gesetzt wird, passt thematisch gut in die Erdentwicklung hinein; das, was Martin Kastenholz bewegt, sind Mosaikfliesen mit runden Mosaiksteinchen als Motoren in einem Irgendwo oder Nirgendwo.

Soviel zu den Sehnsüchten, die manchmal mit alten Spielen verbunden sind.

Rezension Wieland Herold

In Kooperation mit der Spielezeitschrift

Spielerei

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Schwimmende Inseln: 3,0 3,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.04.04 von Wieland Herold

Leserbewertungen

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