Rezension/Kritik - Online seit 24.12.2023. Dieser Artikel wurde 2120 mal aufgerufen.
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Tonfigurenplatzierungswahnsinn.
Das Mausoleum Qín Shǐhuángdìs ist eine frühchristliche Grabanlage, in der man in über 30 Jahren Arbeit die Terrakotta-Armee als Grabbeilage hineingestellt hat. 1974 wurde sie durch einen Zufall im schon seit etlichen Jahrzehnten bekannten Mausoleum entdeckt und seitdem wird sie erforscht. Die Lage der Figuren, die unterschiedlichen Typen, die Waffen, die sie tragen, alles hat eine größere Bedeutung.
Das versucht Terrakotta-Armee einzufangen. Alle Spieler sind Kunsthandwerker, die versuchen, Figuren zu erschaffen und diese strategisch und punkteträchtig im Mausoleum aufzustellen.
Dafür gibt es einen ganz klassischen Worker-Placement Mechanismus, bei dem man seinen Arbeiter auf ein Segment der runden Aktionsscheibe stellt. Dann führt man alle Aktionen dieses Segments von innen nach außen der Reihe nach durch und so weiter, bis alle ihre Arbeiter eingesetzt haben.
Natürlich dient so etwas der Rohstoffanschaffung und hier gibt es zwei davon: Lehm und Geld. Lehm natürlich für die Figuren und Geld auch teilweise für Figuren, aber besonders, um Meister zu bezahlen, deren Fähigkeiten bestimmte Aktionen auf dem Rad verbessern. Der erste Meister kostet ein Geld, der Zweite zwei, der Dritte drei und so weiter.
Mit genug Lehm und dem richtigen Segment setzt man Figuren ins Mausoleum, die erst mal Siegpunkte aber auch eine besondere Fähigkeit mitbringen, wenn man die zur Figur passende Waffe in seinem Vorrat aktiviert hat.
Dazu kann man sich mit Geld und passender aktivierter Waffe auf dem richtigen Segment auch eine Spezialfigur kaufen, die entweder sofort eine besondere Fähigkeit mitbringt oder zur Rundenwertung Punkte abwirft oder zum Spielende.
Punkte sind hier natürlich das, was alle wollen und wie mannigfaltig die hier gemacht werden, lässt einem am Anfang den Kopf schwirren. Fast jede Figur gibt Punkte, wenn sie ins Mausoleum gesetzt wird, manche Fähigkeiten der Figuren geben Punkte und am Ende jeder Runde gibt’s eine Wertung für ein bei Spielbeginn zufällig ausgewähltes Kriterium und dann sind da auch noch die beiden kaiserlichen Inspekteure, die auf zwei Seiten des Mausoleums auf und ab marschieren und der Reihe oder Spalte, auf die sie schauen, Mehrheitenpunkte geben. Und dann kommt das Spielende, wo es noch mal Punkte gibt … aber jetzt für ganz andere Sachen, nämlich für große Gruppen derselben Figurenart und auch da geht es dann wieder um Mehrheiten.
Man muss bei jeder Platzierung einer Figur also mehrere Sachen beachten: Will man mit ihr bei den Rundenwertungen mitmachen? Oder will man fürs Spielende vorsorgen? Oder will man sofort Punkte machen? Oder schafft man eventuell sogar alles zusammen? Denken, denken, denken, denken, denken. Was im Zweifelsfall genauso anstrengend ist, wie die verdammten Dinger ins echte Mausoleum zu schleppen.
Ob man Terrakotta-Armee mag oder nicht hängt also davon ab, ob man sich in diese ganzen Punktekonstrukte reindenken kann. Bin ich der Erklärbär, versuche ich bei solchen Spielen, meine Mitspieler sachte an die Hand zu nehmen und ihnen ganz in Ruhe, Schritt für Schritt, alles zu erklären. Inklusive „Das braucht ihr noch nicht zu wissen. Das kommt noch.“ Aber es gibt natürlich auch Menschen, die sofort alles erklären oder die alles wissen wollen. Für Letztere ist Terrakotta-Armee sowieso was, denn sie wollen von der ersten Lehmfigur an das Optimale schaffen. Aber wie gesagt: Denken, denken, denken, denken, denken. Alles ist offen, alle Infos zu den Punkten können alle immer sehen und da braucht es manchmal gutes Sitzfleisch, hat man Leute am Tisch, die das gnadenlos durchrechnen.
Die gute Nachricht ist: Man kann Terrakotta-Armee auch ein bisschen aus dem Bauch raus spielen, denn da man eh so gut wie nie die perfekte Position für eine Figur findet, um wirklich überall mitmischen zu können, konzentriert man sich halt auf bestimmte Punktebereiche. Sobald man das macht, nimmt man sich viel Stress aus diesem Spiel und kann anfangen, es zu genießen.
So erschließen sich von Partie zu Partie die Möglichkeiten, die Terrakotta-Armee bietet. Das sind, wie gesagt, einige, aber alles ist so toll verzahnt und stimmig gemacht, dass man beim Spielen ein bisschen beeindruckt ist, wie das hier alles zusammenhängt.
Terrakotta-Armee ist echt kein Spiel für jeden oder jede. Aber es ist ein Spiel für mich und da kann ich gleich mal sagen: Normalerweise sind solche Klopper nicht meins. Aber hier ist alles irgendwie logisch aufgebaut, spannend und nachvollziehbar und ich steige total gerne ins Mausoleum runter, um die Figuren zu formen und aufzustellen. Eben weil es hier immer wieder was zu entdecken gibt und man andere Wege einschlagen kann.
Dazu die Ausstattung mit tollen Figuren und einer super praktischen Lagerbox, die nicht nur die Figuren sicher verstaut, sondern die auch noch deren Fähigkeiten auf den Seiten zeigt. So will man das haben.
Terrakotta Armee kann ich also nur wärmstens ans Herz legen. Es sei denn, man hasst es, dass Mitspieler lange nachdenken können. Dann vielleicht eher nicht. Aber ausprobieren sollte man es.
Rezension Christoph Schlewinski
In Kooperation mit der Spielezeitschrift
H@LL9000 Wertung Terracotta Army:
5,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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03.10.23 von Christoph Schlewinski |
Leserwertung Terracotta Army:
3.7, 3 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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31.12.23 von Epmal - Kann mich nur anschließen, 2 Partien gespielt, wirklich gutes Spiel 👍 Hab’s selber nicht getestet, aber es soll auch Solo sehr gut sein🤷♂️ |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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01.01.24 von Chrizlutz - Es ist sehr schön, jedoch auch recht unzugänglich und unübersichtlich. Gerade zu zweit machen manche Wertungen gefühlt nicht so viel Sinn. Spielspaß wollte in meinen drei Partien leider nicht recht aufkommen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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17.06.24 von schwenkbraten - Ein nettes Spiel, das mir Spaß gemacht hat, am Ende aber zu mathematisch und komplex bei der Berechnung der Platzierungen ist. Insbesondere die Endwertung stört. Downtime ist teilweise hoch; Da das Rad gedreht wird, kann nicht oder nur schwer im Voraus geplant werden, was man machen möchte. Die Materialqualität ist sehr ansprechend. |