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Das Zeitalter Napoleons 1805-1815

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Autor: Renaud Verlaque
Verlag: Phalanx Games B.V.
Rezension: Frank Schwarz
Spieler: 2
Dauer: 60 - 180 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2003
Bewertung: 2,5 2,5 H@LL9000
5,3 5,3 Leser
Ranking: Platz 3423
Das Zeitalter Napoleons 1805-1815

Spielziel

Ein geschichtliches Strategie-Spiel, in dem ein Spieler die Rolle Napoleons und ein Spieler Großbritannien und seine Alliierten übernimmt. Beide Spieler versuchen, die jeweiligen Großmächte und Kleinstaaten des damaligen Europas zu erobern, um das Spiel entweder durch einen geringfügigen oder entscheidenden Sieg zu gewinnen, wobei ersterer selbstredend leichter zu erlangen ist. Gelingt es keinem der beiden Spieler, den anderen zu besiegen, so geht Frankreich als moralischer Sieger aus dem Spiel heraus, was vor allem bei einem der Szenarien für Napoleon auch nicht ganz leicht zu erreichen ist.

Ablauf

Der Spielplan zeigt Europa zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Weiteres einen Platz für gefangene Spielsteine und jeweils eine Box, in der alle Spielsteine, die an einer Schlacht teilnehmen bzw. in einer solchen verloren gehen, gesammelt werden. Außerdem gibt es darauf eine Jahresübersichtstabelle und einen Rundenanzeiger für die Feldzüge. Gespielt wird mit Karten, die entsprechend ihres Aufdrucks in allen Spielphasen eingesetzt werden können, und mit Markern aus Karton, die die jeweiligen Truppen symbolisieren bzw. anzeigen, wie die diplomatische Ausrichtung eines Landes im Moment aussieht.

Das Spiel gliedert sich in acht Phasen, deren zeitaufwendigste die Feldzugs-Phase ist, und die immer wieder von vorne durchgespielt werden. Die einzelnen Phasen sind:

1. Diplomatie-Phase

2. Aufruhr-Phase

3. Strategie-Phase

4. Verstärkungs-Phase

5. Feldzugs-Phase

6. Kapitulations-Phase

7. Winter-Verlust-Phase

8. Sieg-Phase

Die einzelnen Phasen in Kürze, wobei während aller Phasen grundsätzlich zu beachten ist, dass es immer vom Spieljahr abhängig ist, welcher Spieler entscheiden darf, ob er beginnen möchte oder nicht:

1. Diplomatie-Phase

In diesem Teil des Spiels können die Spieler abwechseln Karten ausspielen, um die diplomatische Ausrichtung eines Landes zu beeinflussen. Dabei müssen sie beachten, dass sich Frankreich und Großbritannien natürlich niemals gegenseitig durch Verhandlungen beeinflussen könnten und auch neutrale Länder, die besetzt oder in Aufruhr sind, nicht durch Diplomatie umgepolt werden können.

2. Aufruhr-Phase

Es wird kontrolliert, ob ein bestehender Aufruhr fehlschlug. Ist dies der Fall, wird dieses Land jetzt zur französischen Herrschaft. War der Aufruhr erfolgreich, wird ein Koalitions-Spielstein auf das Land gesetzt. In beiden Fällen bleiben die Aufruhr-Steine auf den Ländern, um anzuzeigen, dass diese sich schon einmal in Aufruhr befanden, was für diplomatische Beeinflussungsversuche von Wichtigkeit ist. In dieser Phase können jetzt natürlich auch neue Länder in Aufruhr versetzt werden, wenn man entsprechende Karten ausspielt.

3. Strategie-Phase

Hier werfen die Spieler ihre restlichen Handkarten ab und erhalten neue. Je nachdem, wie viele Länder sie kontrollieren, gibt es gemäß einer Tabelle mehr oder weniger neue Spielkarten, maximal jedoch 10. Gegebenenfalls wird der Ablagestapel neu gemischt. Neu gezogene Karten dürfen ab sofort gleich wieder eingesetzt werden.

4. Verstärkungs-Phase

Entsprechend einer Tabelle erhalten die Spieler nun Truppen als Verstärkung. Es gibt für alle kontrollierten Länder Verstärkung und der Koalitionsspieler erhält auch Verstärkung für Länder, die in Aufruhr sind. Die Spielsteine, die als Verstärkung ins Spiel kommen, starten immer in heimatlichen Gebieten, die nicht vom Feind besetzt sind. Es muss außerdem sofort bestimmt werden, wer ihr Armeebefehlshaber ist. Wurde bereits die Sonderkarte „Nelson“ gespielt, die dem Alliierten-Spieler einige wichtige Zugeständnisse macht, darf dieser in der Verstärkungsphase immer einen Spielstein auf ein von ihm kontrolliertes Küstenland stellen. Außerdem dürfen die Spieler in dieser Phase ihre abgekämpften Truppen wieder stärken und die Gefangenen in ihre Reserve überführen.

5. Feldzugs-Phase

Ein Feldzug besteht aus 6 Runden, wobei die letzten beiden im Winter gespielt werden. Diese Phase kann evtl. durch das Ausspielen bestimmter Sonderkarten verkürzt werden. Jetzt können die Spieler pro Runde grundsätzlich (auch hier gibt es Sonderkarten, die diese Regel modifizieren) eine Truppe bewegen. Dabei können beliebig Truppen zurückgelassen bzw. welche aufgenommen werden. Allerdings müssen dafür jetzt die auf den Spielsteinen aufgedruckten Werte beachtet werden. Diese sagen aus, wie weit sich eine Truppe bewegen darf (nämlich soweit, wie dies der Bewegungswert ihres Befehlshabers zulässt) und wie viele Truppen ein Befehlshaber maximal mit sich nehmen darf. Für jede Bewegung (außer der ersten eines Feldzugs) müssen die Spieler Karten abwerfen. Hier sieht man, dass nicht nur der Kartentext für einen glücklichen Spielverlauf sorgen kann, sondern auch die Anzahl der Karten, die man in der Verstärkungs-Phase aufnehmen darf. Es gibt Bewegung zu Land und zu Wasser, man muss beim Marschieren Verluste hinnehmen (im Winter natürlich mehr als im Sommer), man kann sich vor einer angreifenden Armee zurückziehen, kann angreifende Armeen vor deren eigentlichen Ziel abfangen usw.

Die Truppenbewegungen haben natürlich meistens Angriffe oder Verstärkung schwächerer Truppen zum Ziel. Für das Austragen einer Schlacht gibt es nun ebenfalls viele Punkte, die beachtet werden müssen. Kämpft die Truppe auf heimatlichem Territorium, greift sie nach See-Bewegung an usw. Auch hier können natürlich wieder Karten zum Einsatz kommen. Jetzt kommen aber erstmals die Würfel ins Spiel, welche dann mit den Ausschlag geben, welche Seite die Schlacht gewinnt. Es wird grundsätzlich nur einmal gewürfelt; die Seite, die der anderen mehr Verluste zufügt, gewinnt automatisch die gesamte Schlacht. Nur bei Gleichstand muss noch einmal gewürfelt und zu den Ergebnissen gewisse Sonderwerte, die ein ewiges Hin- und Herwürfeln vermeiden sollen, addiert werden. Von den Würfelergebnissen hängt auch ab, ob die Verluste aus einer Schlacht permanent (die Truppen kommen ganz aus dem Spiel) oder nur temporär (sie kommen in Gefangenschaft und können in der Verstärkungs-Phase wieder der Reserve zugeführt werden) sind. Der Verlierer muss sich nach einer Schlacht in ein angrenzendes feindfreies Gebiet zurück ziehen. Kann er dies nicht, muss er die Spielsteine in die Gefangenen-Box legen. Die Sieger-Truppen sind nach der Schlacht natürlich geschwächt und können nun evtl. durch das Ausspielen einer Karte wieder gestärkt werden.

6. Kapitulations-Phase

Nun wird überprüft, ob Staaten kapitulieren. Dabei ist die Unterscheidung zwischen Kleinstaaten und Großmächten von Bedeutung. Erstere kapitulieren automatisch gegenüber dem Besetzer und treten an seiner Seite wieder in den Krieg ein. Eine Großmacht kapituliert erst dann, wenn das Gebiet mit der Hauptstadt vom Feind besetzt ist und die Anzahl der feindlichen Truppen höher ist als die der eigenen. Eine Großmacht, die kapituliert, wird neutral und alle darauf befindlichen Besetzer-Truppen kommen in die Reserve. Der Kapitulierende darf seine Truppen zurückziehen, wenn er dies kann, ansonsten kommen sie in die Gefangenen-Box. Die Neutralität der Großmacht wird durch eine entsprechende Fahne gekennzeichnet.

7. Winter-Verlust-Phase

Alle Armeen, die aus 3 oder mehr Truppen bestehen, müssen nun überprüfen, ob sie Winter-Verluste erlitten haben. Dies wird wieder anhand einer Tabelle festgestellt. Dabei spielen wieder viele Faktoren eine Rolle: Sonderkarten, ist das Gebiet, auf dem die Truppen stehen, freundlich, feindlich, eine Hauptstadt, in Aufruhr, neutral usw.

8. Sieg-Phase

Hier wird überprüft, ob Frankreich oder die Koalition gewonnen hat. Es gibt jeweils einen entscheidenden oder geringfügigen Sieg, wobei Frankreich für den entscheidenden Sieg praktisch alle Gebiete entweder besetzen muss oder dafür sorgen, dass sie neutral sind. Für einen entscheidenden Sieg der Alliierten muss entweder Frankreich kapitulieren oder der Napoleon-Spielstein muss bei einer Schlacht als permanenter Verlust aus dem Spiel kommen.

Für das Spiel „Das Zeitalter Napoleons“ stehen insgesamt drei verschiedene Szenarien zur Verfügung. Diese werden in einem Extraheft namens „Szenarien und mehr“ genau beschrieben. Das längste Szenario beginnt im Jahre 1805, eines beginnt 1809 und das kürzeste im Jahre 1813. Theoretisch können alle bis zum Jahre 1815 andauern. Für alle drei Szenarien wird genau beschrieben, wie die jeweilige Startaufstellung aussieht und welche Truppenspielsteine als Reserve zur Verfügung stehen bzw. ganz aus dem Spiel genommen werden. Außerdem werden in diesem Sonderheft noch einige Zusatzregeln zum Spiel vorgestellt und ein Beispiel-Spiel teilweise beschrieben. Am Ende des Heftes werden die Spielkarten aufgelistet und deren Funktionen genau beschrieben.

Fazit

Das Spielmaterial ist grafisch einwandfrei gestaltet. Die Grenzen der einzelnen Kleinstaaten und Großmächte sind auf den ersten Blick sehr gut unterscheidbar. Die Handhabung der Truppenspielsteine ist sehr gut und alle Informationen sind gut lesbar aufgedruckt. Soweit mir die Napoleon-Feldzüge und deren wichtigste Feldherren bekannt sind, ist die geschichtsgetreue Umsetzung, betreffend Namen, Jahreszahlen, Szenarien-Darstellung usw., sehr gut gelungen.

Für Anfänger (und dazu zähle ich Vielspieler, die sich mit solcherart Spielen noch nicht beschäftigt haben) ist es äußerst schwierig, in das Spiel zu finden. Gegen den Aufbau der Spielregel lässt sich zwar nichts Negatives sagen, aber die Regeln sind einfach sehr, sehr umfangreich und jede Phase weist noch ihre eigenen kleinen Besonderheiten und auf. Beispielsweise kann man in der Diplomatie-Phase die Ausrichtung von Ländern mit Karten beeinflussen. Der französische Spieler kann niemals Großbritannien; Länder, die in Aufruhr sind oder waren oder Länder, die von Koalitionstruppen besetzt sind, beeinflussen. Der britische Spieler kann niemals Frankreich, Länder unter französischer Herrschaft oder Länder, die von französischen Truppen besetzt sind, beeinflussen. Solche Einschränkungen ziehen sich durch alle 8 Phasen des Spiels. Die Spielerhilfsblätter sind hier nur eine bedingte Hilfe, denn auf ihnen sind die Phasen eigentlich nur aufgelistet und ansonsten nur die Tabellen nachzulesen, die man in einigen Phasen benötigt. Außerdem ist auch nur jeweils ein Exemplar dieser Hilfsblätter für beide Spieler zusammen vorhanden.

Die Spieldauer für das kürzeste Szenario mit geübten Spielern wurde mit 45 Minuten angegeben. Für das aller erste Spiel sollte man mindestens die dreifache Zeit einplanen (wir benötigten dafür OHNE Regellesen 3 Stunden, weil wir immer wieder nachlesen mussten, denn die Regeln kann man beim erstenmal unmöglich im Kopf behalten). Meiner Meinung nach ist auch die Zeitangabe auf der Spielebox sehr irreführend, die mit 60 Minuten angegeben ist. Außer dem kürzesten Szenario ist keines der Szenarien in dieser Zeit spielbar, und dieses eine auch nur dann, wenn man das Spiel schon einige Male gespielt hat. Als Mindestalter wurde auf der Schachtel auch 12 Jahre angegeben. Für Zwölfjährige halte ich dieses Spiel eher ungeeignet, denn „Das Zeitalter Napoleons“ ist ziemlich eindeutig ein Erwachsenenspiel. Wenn man das Szenario 1813 spielt, sind die Siegesbedingungen für den französischen Spieler fast unmöglich zu erreichen. „Durch-und-durch-Strategen“, die das Spiel öfters spielen und außerdem den geschichtlichen Hintergrund interessant finden, werden mit Sicherheit ihren Spaß daran finden. Alle anderen sollten wohl eher die Finger davon lassen.

Abschließend noch mein persönlicher Vergleich mit dem Spiel Waterloo aus demselben Verlag, das mir persönlich gut gefallen hat: Die grafische Gestaltung von Waterloo und Napoleon ist relativ ähnlich und spricht mich persönlich sehr an. Die Truppenspielsteine haben dasselbe Format und enthalten auch ähnliche Informationen. Die Regeln von Waterloo sind allerdings weitaus weniger kompliziert. Außerdem ist der Glücksfaktor bei Napoleon meines Erachtens doch relativ hoch, was mir nicht besonders zusagt. Vor allem das Würfeln auf der Marsch- und Wintertabelle ist mehr oder weniger reine Glückssache. Waterloo dagegen ist kaum glücksabhängig. Des weiteren ist das Spielziel bei Waterloo auch eher ausgeglichen und für beide Seiten gleichermaßen leicht/schwer zu erreichen.

Rezension Frank Schwarz

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Das Zeitalter Napoleons 1805-1815: 2,5 2,5, 2 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.04.04 von Frank Schwarz
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.04.04 von Sandra Lemberger

Leserbewertungen

Leserwertung Das Zeitalter Napoleons 1805-1815: 5,3 5.3, 3 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.04.04 von Philipp Klarmann - Es ist in der Tat nichts für jedermann, Erfahrene Cosimspieler finden es einen Klacks, für Wenigspieler ist es etwas anspruchsvoll. Das Spiel selbst ist sehr gut und kann die historischen Ereignisse gut abbilden. Dennoch haben auch mich die einfach falschen Angaben auf der Box gestört.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 12.11.04 von Frank - gut, daß es im netz hilfen für di emiese regel gibt, denn dadurch ist ein praktisch unspielbares spiel zu einem augesprochen gelungenem gewordem
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.07.06 von Sven Schneider - Die Regeln sind etwas kompliziert, aber nach mehrmaligen Durchlesen und Ausprobieren macht es einfach nur Laune. Durch den Würfeleinfluss bleibt gewährleistet, dass auch mal kleinere Armeen Sieger auf dem Schlachtfeld bleiben. Besonders freut mich, dass durch Einfluss der Diplomatie das der Spielausgang immer nochmal gedreht werden kann.

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