Rezension/Kritik - Online seit 04.10.2014. Dieser Artikel wurde 5652 mal aufgerufen.

1911 Amundsen vs Scott

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Autor: Perepau Llistosella
Illustration: Pedro Soto
Verlag: Kokorin Games
Rezension: Hardy Jackson
Spieler: 2
Dauer: 20 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2013
Bewertung: 3,0 3,0 H@LL9000
Ranking: Platz 4590
1911 Amundsen vs Scott

Spielziel

Wir schreiben das Jahr 1911. Zwei Forscher – der Engländer Scott und der Norweger Amundsen – machen sich auf, um als erster Mensch den Südpol zu erreichen. Der eine setzt dabei auf die Unterstützung seiner Ponys, der andere auf Schlittenhunde. Wer wird das Wettrennen gegen die Zeit und die eisigen Temperaturen gewinnen? Oder werden womöglich beide dem ewigen Eis zum Opfer fallen?

Ablauf

Auf dem kleinen Spielplan befinden sich für beide Spieler je eine Route zum Südpol, beide Routen sind dabei gleich lang und unterscheiden sich nur durch die Farbfolge der Felder. Die Farbe ist für das Vorankommen wichtig: Spielt man eine Karte in der Farbe des nächsten freien Feldes, darf man auf dieses vorrücken. Man darf auch mehrere Felder auf einmal vorrücken, muss dann aber für jedes weitere Feld zwei passende Karten abgeben. So kann man maximal vier Felder (durch Abgabe von sieben Karten) vorwärts laufen.

Alternativ zum Bewegen kann man in seinem Zug auch Karten nachziehen. Drei Karten liegen immer offen aus. Man darf sich nun entweder die vorderste nehmen, oder die vordersten zwei und dafür eine von der Hand abschmeißen. Oder man nimmt gleich alle drei, gibt dafür aber auch drei ab. Dabei muss das Handkartenlimit von sieben Karten beachtet werden.

Dritte und letzte Option ist, eine Aktionskarte zu spielen. Manche Aktionskarten werden allerdings durch das Abwerfen beim Nachziehen aktiviert. So kann man etwa mit der Karte „Drop of Supplies“ eine Karte von der Hand des Gegners stibitzen, mit „Good Weather“ eine zusätzliche Karte ziehen, oder mit zwei Karten „Blizzard“ einen Eissturm auslösen, der den anderen Spieler von der Strecke wirft – er muss dann erst mit einer passenden Karte auf ein Feld zurückziehen, auf dem er schon einmal war, bevor er weiterreisen kann. Der Engländer kann die Ponykarten als Farbjoker verwenden, dem Norweger steht diese Möglichkeit bei den Hundekarten offen.

Gewonnen hat derjenige, der zuerst den Südpol erreicht. Ist der Kartenstapel zweimal durchgespielt bevor einer der Spieler das Ziel erreicht, erfrieren beide im ewigen Eis und haben verloren.

Fazit

Amundsen vs Scott kommt in einer ansprechend gestalteten kleinen Schachtel daher. Auch die kleinformatigen Karten sehen ganz nett und passend zum Thema aus, der Spielplan ist etwas klein (aber funktional) geraten.

Das Spiel gibt es derzeit nur in einer zweisprachigen Ausgabe (Spanisch/Englisch). Im Spiel selbst sind aber kaum Sprachkenntnisse nötig, da die Aktionskarten auch mit Symbolen versehen sind und deren Anzahl überschaubar ist. Die Spielregeln liegen ebenfalls nur auf Spanisch und Englisch bei.

Das historische Thema ist durchaus reizvoll. Der Verlag verspricht ein asynchrones Zweipersonenspiel. Damit kommen wir auch schon zum ersten Kritikpunkt: Das Spiel ist nicht wirklich asynchron. Zwar haben die beiden Spieler getrennte Routen, die aber im Grunde doch so gut wie identisch sind, nur dass die Farbreihenfolge anders ist. Für den Engländer gibt es Ponys als Joker, für den Norweger die Hunde - funktional gibt es hier keinen Unterschied. Dasselbe gilt für die Sturmkarten, die „Blizzard“ bzw. „Crevasse“ heißen. Unterm Strich spielen sich beide Seiten vollkommen gleich, ein wirklicher Rollenunterschied ist hier nicht zu spüren.

Der Fortbewegungsmechanismus ist nicht sehr originell oder spannend, auch die Aktionskarten bieten nur wenig strategische Möglichkeiten. Immerhin sind die Eisstürme thematisch stimmig. Interessant und frisch ist spielmechanisch lediglich der Nachziehmechanismus, bei dem man auch Karten wieder abwerfen kann, um mehr neue zu bekommen. Als besondere Innovation kommt hier hinzu, dass es drei Aktionskarten gibt, die durch diesen Abwurfvorgang aktiviert werden.

Was die Mechanismen des Kartenausspielens und Vorwärtsziehens angeht, wirkt das Spiel aber doch recht uninspiriert. Vor allem, da alle Standardzüge rechnerisch exakt gleich gut sind – außer man zieht drei Karten auf einmal nach oder muss Karten abwerfen, weil man nicht aufs Handkartenlimit geachtet hat. Einen Vorteil gegenüber seinem Konkurrenten kann man aktiv eigentlich nur durch die drei Abwurf-Aktionskarten erlangen, die einem Extrakarten genehmigen oder den Gegner welche verlieren lassen, und somit ein oder zwei Züge Vorsprung bescheren. Da die drei verfügbaren Nachziehkarten immer offen ausliegen, muss man beim Nachziehen (auch bei den Zügen des Gegners) genau aufpassen, um sich Vorteile verschaffen zu können.

Die Sturmkarten bescheren dem Ausspieler hingegen rechnerisch keinen Vorteil, da ihn das Einsammeln und Ausspielen der Karten genau soviel Zeit kostet, wie den Gegner das Verlieren der Route. Allerdings kann man durch die Stürme dazu beitragen, dass beide Spieler nicht bis zum Südpol kommen. Wer hinten liegt, kann so gezielt auf Stürme spielen, um den anderen wenigstens noch mit in den Tod zu reißen.

Erst gegen Ende wird es dann wirklich wichtig, auch gezielt die noch benötigten Farbkombinationen zu sammeln, um möglichst früh den Schritt ins Ziel machen zu können.

Anders als bei anderen Rennspielen geht es also bei Amundsen vs Scott weniger darum, welche Karten man spielt (und wann). Vielmehr ist für den Sieg entscheidend, wer sich beim Nachziehen mehr der vorteilsbringenden Abwurf-Aktionskarten sichert und zugleich aufpasst, nicht Karten unnötigerweise abwerfen zu müssen oder bei Aktionen des Gegner zu verlieren.

Amundsen vs Scott spielt sich recht flott und war in den ersten Partien auch kurzweilig, solange man nicht anfängt zu rechnen, welche Züge eigentlich genau welchen Vorteil bringen. Allerdings merkt man auch schnell, dass keine große spielerische Tiefe vorhanden ist. Zugleich lässt sich durch die offene Kartennahme exakt ausrechnen, welcher Zug wie viel Vorteil bringt. Dadurch wir das Spiel etwas anspruchsvoller, wenn man es gut spielen will, aber wirklich spannend ist das leider nicht.

Lobend ist zu erwähnen, dass drei Mini-Erweiterungen schon in der Schachtel beiliegen. Die Wettererweiterung bringt Zufallselemente ins Spiel, mit „the way back“ wird das Spiel etwas länger und komplexer, und bei den „Patrons“ wird jedem Spieler eine Persönlichkeit zugelost, die ihm einen speziellen Vorteil bringt. Leider sind diese Vorteile sehr uninspiriert und derart gestaltet, dass sie auch keine nennenswerten Auswirkungen auf Strategie und Asynchronität haben. Die Vorteile bestehen z. B. daraus, dass man ein Feld weiter vorne startet oder zu Beginn drei statt einer Handkarte hat.

Amundsen vs Scott lädt durch die schöne kleine Schachtel und das thematische Flair zum Ausprobieren ein und weist einen netten Nachziehmechanismus auf, die zentralen Mechanismen des Fortbewegens sind aber leider zu uninteressant ausgefallen, die strategischen und taktischen Möglichkeiten zu limitiert, um auf Dauer überzeugen zu können.

Rezension Hardy Jackson

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung 1911 Amundsen vs Scott: 3,0 3,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 25.08.14 von Hardy Jackson - Ein netter Nachzieh-Mechanismus, ein stimmiges Thema, aber letztendlich doch zu wenig Substanz. Auch die Asynchronität der beiden Rollen wird leider nicht transportiert. Für zwischendurch mal ganz nett, mehr leider nicht.

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