Rezension/Kritik - Online seit 11.08.2020. Dieser Artikel wurde 3506 mal aufgerufen.
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Die Spieler flüchten vor dem Höllenhund Cerberus. Gewinnen können Sie dabei auf zwei Arten: Entweder, indem sie ihm entkommen oder indem sie sich ihm anschließen und verhindern, dass keiner der anderen flüchten kann.
Jeder Spieler erhält vier Karten, die zwei Seiten zeigen: eine Abenteurer-Seite und eine Cerberus-Seite. Zu Beginn spielt jeder mit der Abenteurer-Seite. Immer wenn man am Zug ist, spielt man eine Aktionskarte von der Hand und führt eine der beiden Effekte aus, welche die Karte zeigt. Die Optionen sind immer eine einfache Aktion, die nichts kostet, oder eine starke Aktion, für die man bezahlen muss. Ausgespielte Karten bleiben offen liegen und dürfen erst wieder aufgenommen werden, wenn eine gespielte Karte diesen Effekt auslöst.
Am Ende seines Zuges überprüft ein Spieler immer, ob Cerberus auf die Jagd geht. Dies ist dann der Fall, wenn Cerberus auf der Zornesleiste ganz rechts landet. Dorthin gelangt er nach und nach durch das Ausspielen der starken Aktionskarten. Markiert wird dies durch einen Würfel, der nicht nur durch seine Position Cerberus' Jagd auslöst, sondern auch anzeigt, wie weit Cerberus sich bewegt. Auch die Zahl auf dem Würfel verändert sich durch das Ausspielen bestimmter Karten.
Geht der Höllenhund auf die Jagd und erreicht dabei ein Feld, auf dem sich Abenteurer befinden, so werden diese gefangen und landen auf der Zornesleiste. Dies bewirkt zum einen, dass Cerberus nach seiner Jagd nicht mehr so weit zurückgesetzt werden kann, weil einige Felder der Zornesleiste blockiert sind; dadurch kommt es schneller dazu, dass Cerberus wieder auf die Jagd geht. Zum anderen werden diese Abenteurer jetzt Anhänger von Cerberus. Damit ändert sich ihr Ziel, denn sie versuchen nun nicht mehr zu flüchten, sondern unterstützen Cerberus in seinem Bestreben, die restlichen Abenteurer an der Flucht zu hindern. Dazu benutzen sie ab sofort die Cerberus-Seiten der Karten. Wer sich Cerberus allerdings zu spät anschließt und keinen Platz mehr auf den entsprechenden Feldern der Zornesleiste findet, verliert das Spiel sofort.
Sobald ein Spieler den letzten Teil des Spielplans erreicht, deckt er das vorderste Schiff auf (es gibt insgesamt drei Schiffe mit 1, 2 oder 3 Fluchtplätzen). Ab diesem Zeitpunkt ist klar, wie viele Spieler überhaupt fliehen und damit das Spiel auf diese Weise gewinnen können. Schaffen es nicht genügend Spieler in die Barke, gewinnt Cerberus mit seinen Anhängern.
Bei Cerberus handelt es sich eigentlich um ein einfaches Laufspiel. Jeder Zug geht schnell vonstatten: Karte spielen - Figur(en) bewegen – fertig. Was die Sache dann doch nicht so einfach macht, sind die Überlegungen, welche Karten man am besten spielt und was das für Auswirkungen haben kann – und zwar nicht nur auf einen selbst, sondern auch auf die Gruppe.
So gibt es nämlich immer egoistische und weniger egoistische Züge. Entscheidet man sich für Letzteres, so muss man darauf vertrauen, dass die Mitspieler genauso handeln, sonst kann es passieren, dass man recht schnell zu Hundefutter wird – oder erst einmal zu einem Anhänger Cerberus', denn erst im späteren Verlauf werden Spieler, die vom Hüllenhund erwischt werden, direkt aus dem Spiel gekickt.
Leute, die zum ersten Mal Cerberus spielen, sind meist sehr erpicht darauf, die ganze Gruppe vorwärts zu bringen, um die Entscheidung, wer zum Schluss keinen Platz im Boot findet und sich letztendlich doch dem drohenden Unheil stellen muss, so lange wie möglich hinauszuschieben. Gemein ist diesbezüglich, dass die Anzahl der verfügbaren Bootsplätze erst sehr spät im Spiel offenbart wird, nämlich dann, wenn der erste Spieler den letzten Teil des Spielplans erreicht. So hoffen eben viele, dass es vielleicht doch das 3er-Boot sein wird und wenigstens drei Leute flüchten können. Ebenso gemein erscheint es auf den ersten Blick, dass die Maximalzahl der erfolgreich Flüchtenden immer nur 3 sein kann, auch wenn in Vollbesetzung mit 7 Leuten gespielt wird. Mit ein wenig Spielerfahrung ist man über diesen Umstand aber gar nicht mehr so unglücklich, denn die rettende Barke darf das schreckliche Gestade leider erst verlassen, wenn sie voll besetzt ist – da könnte ein vierter Spieler, den kurz vor dem Einstieg ins Boot doch noch der Hund erwischt, für die anderen zum ärgerlichen Klotz am Bein werden.
Der Leser merkt hier vielleicht schon, dass man in diesem Spiel seine Drecksau-Seite so richtig zeigen kann – oder sich als anständiger Spieler furchtbar über das unfaire Gebaren der anderen aufregen kann. Und genau das macht den Reiz des Spiels aus: das Aufeinanderprallen der Guten und jener, die hauptsächlich auf ihr eigenes Wohl erpicht sind, egal zu welchem Preis. Das sorgte in meinen Testspielen immer für sehr lebhafte und diskussionsfreudige Runden und hat so richtig Spaß gemacht.
Spielt man Cerberus mit Leuten, die schon mehr als eine Partie hinter sich haben, dann wandelt sich das manchmal mit der Zeit. So gibt es jene Spieler, die irgendwann merken, dass ein Sieg – vor allem in großer Besetzung – viel wahrscheinlicher wird, wenn man sich recht früh zum Anhänger Cerberus' machen lässt. Eine Gruppe kann das natürlich zu verhindern versuchen, indem sie einen solchen Spieler immer wieder mit nach vorne zieht. Entscheiden sich aber mehrere Spieler sehr früh für eine solche Vorgehensweise, macht dies das Spiel kaputt, denn je mehr Cerberus-Anhänger es gibt, desto weniger Chancen haben jene Spieler, die das Boot erreichen wollen – es kann dann passieren, dass man schon in der Mitte des Spiels merkt, dass die Sache aussichtslos ist.
Gruppen, die nicht zu einer solchen Vorgehensweise neigen, können an Cerberus viel Spaß haben, sofern sie nicht mit zu wenigen Teilnehmern spielen. Vier sollten es schon sein, besser noch mehr. Dann ist der Nervenkitzel, ob man die Gruppe erfolgreich vor dem geifernden Ungeheuer retten kann, groß und ständig präsent. Zu diesem Spielgefühl steuert auch das schöne Material seinen Teil bei.
Lobenswert sind einige Dinge zu erwähnen, zum Beispiel, dass die Ikonographie leicht verständlich und auf ausreichend Übersichtskarten für jeden Spieler zusammengefasst ist. Oder dass die Zwischen-Spielplanteile zwei Seiten haben, jeweils eine leichtere und eine schwierigere. Dort findet man auch diverse Wege-Besonderheiten wie eine Gondel, eine Seilbahn oder den Höllenschlund. Am besten gefällt mir die Hängebrücke. Sie steht so lange zur Verfügung, bis der Erste darüber läuft. Sobald das geschehen ist, bricht sie zusammen und alle nachfolgenden Spieler müssen den Umweg nehmen. Da gibt's immer besonders empörtes Aufstöhnen, wenn es einer der vorderen Spieler wagt, sie zu benutzen.
Rezension Sandra Lemberger
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Cerberus: 4,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
23.03.20 von Sandra Lemberger |
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