Rezension/Kritik - Online seit 19.10.2012. Dieser Artikel wurde 4119 mal aufgerufen.

Dreck am Stecken

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Autor: Stefan Breuer
Illustration: Lutz Eberle
Verlag: Gmeiner-Verlag
Rezension: André Beautemps
Spieler: 3 - 6
Dauer: 50 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2011
Bewertung: 4,0 4,0 H@LL9000
Ranking: Platz 4025
Dreck am Stecken

Spielziel

Das ist ja wirlich eine ehrenwerte Gesellschaft, in die man sich hier begibt. Umringt von Mördern, Einbrechern, Bankräubern und noch schlimmeren Zeitgenossen ist man allerdings keineswegs Außenseiter: In diesem Spiel schlüpfen eben alle in Ganovenrollen und haben eine Menge auf dem Kerbholz. Wessen Spezialität allerdings was ist, gilt es herauszufinden. Dazu nutzen wir Fragen, notieren die Antworten und kombinieren alles idealerweise zur sinnvollen und richtigen Lösung.

Ablauf

Nenn mich nicht André! Ich bin Silvio, jedenfalls behauptet das die Ganovenkarte, die vor mir platziert wird. Außerdem habe ich eine Verbrechenskategorie zugeschustert bekommen, die im Gegensatz zu meinem Namen tatsächlich noch kein anderer kennt. Weitere drei Karten verpflichten mich dazu, in der anschließenden Befragung mit der Wahrheit rauszurücken, eine einzige Karte gestattet mir zu lügen und wiederum eine weitere, jemand anderes zu bedrohen. Ein Notizzettel hilft mir, die gleich zu hörenden Antworten in Kurzform den einzelnen Personen zuzuordnen. Ich habe noch (als wüsste ich das alles nicht mehr) eine Übersicht über die Geschehnisse der letzten Nacht, versehen mit Uhrzeiten und Angaben, welcher Verbrecher was mit wem getan hat. So erfahre ich zum Beispiel, dass sich irgendwann zwei Zwielichter auf der Toilette gestritten haben. Ich kann zwar lesen, welche Verbrechen sie begangen haben, leider stehen keine Namen dabei.

Es bleibt mir also gar nichts anderes übrig, als darauf zu warten, an die Reihe zu kommen und endlich selber eine Frage an einen anderen Gauner stellen zu können. Diese muss eindeutig mit Ja oder Nein beantwortbar sein und sollte idealerweise Bezug auf die beschriebenen Ereignisse nehmen.

So kann ich zum Beispiel diesen fiesen Typen namens Kalle fragen, ob er sich vielleicht auf besagtem Lokus an einer verbalen Auseinandersetzung beteiligt hat. Als er dies verneint, bin ich natürlich sofort misstrauisch und drohe ihm sofort, indem ich meine entsprechende Karte ausspiele. Das kann ich dann zwar später im Spiel nicht wiederholen, aber egal! Dafür darf ich mir anschauen, welche Karte der Kerl bei seiner Antwort beiseite gelegt hat, um dadurch kenntlich zu machen, ob er gelogen oder tatsächlich die Wahrheit gesagt hat. Dachte ich es mir doch! Dieser Wicht lügt doch schon, wenn er den Mund aufmacht. Damit ist mir aber auch klar, dass er ab jetzt alle Fragen wahrheitsgemäß beantworten muss und wird, denn ich habe ja bereits die Lüge-Karte bei ihm einsehen können. Gott sei Dank wissen die anderen halbseidenen Gestalten nicht sicher, ob er gelogen hat. Muss ich mir gleich notieren, und später werde ich dann genau wissen, mit wem ich es hier zu tun habe.

Spätestens wenn sowohl ich als auch alle anderen viermal befragt worden sind, müssen wir uns für eine Zuordnung entscheiden. Auf unserem Notizzettel befindet sich eine Zeile "Verdacht"; hier trage ich spätestens jetzt die Verbrechen ein, die ich den einzelnen als Spaltenüberschrift fungierenden Namen zuordnen kann. Im Zweifel wird geraten, schließlich ist dies das einfache Erfolgsgeheimnis so mancher polizeikriminologischer Arbeit. Jetzt wollen wir mal schauen, wer sich wirklich hinter den einzelnen Charakteren verbirgt.

Zu blöd, dass die meisten richtig gefolgert haben, dass ich der Mörder bin. Nur einer liegt mit dem Verdacht "Einbrecher" aber mal so richtig daneben, was mir immerhin einen Bonuspunkt einbringt. Dafür war ich selber schlau genug, die anderen ebenfalls der richtigen Verbrechen (die sie also tatsächlich begangen haben) zu bezichtigen, was mir pro korrektem Verdacht noch zwei weitere Punkte einbringt. Leider war Kalle etwas schlauer oder doch eher die anderen noch etwas dümmer, so dass er ebenso viele Punkte durch richtige Verdächtigungen hat, aber mehr Bonuspunkte einheimsen konnte, da er doch tatsächlich von gleich zwei Torfnasen nicht als der miese kleine Heiratsschwindler ertappt wird, der er ist. Diese Runde geht an dich, Kalle, aber ich komme wieder! Warte nur, vielleicht bin ich ja beim nächsten Mal der Drogendealer, dann werde ich dich mit kleinen Gratisproben schon gefügig machen ...

Fazit

Deduktion, Deduktion, Deduktion! Ein bisschen Logik und Kombinatorik, aber hauptsächlich: Ausschluss von Unmöglichkeiten.

Dieses Kernelement des vorliegenden Kartenkrimis ist bei diesbezüglich themenbezogenen Spielen bereits bekannt, wird hier jedoch in einer Art und Weise ausgelebt, die sehr schnell hirntrainierte und entsprechend affine Artgenossen in den Bann zieht. Spürnasen lassen sich bereitwillig auf das kriminalistische Puzzle des Frage-Antwort-Spiels ein, wer sich ungern geistig anstrengen mag oder allein schon zum Thema keinen rechten Zugang hat, wird sich eher schwer tun, hier in feinster Ganoventradition mitzumischen.

Die Ausgestaltung des Materials ist insgesamt gut gelungen, die Karten groß und stabil. Lediglich die Ablaufübersicht ist ob der grafischen Einheitlichkeit der Gestaltung nicht schwarz auf weiß sondern genau umgekehrt abgebildet. Die Schriftgröße ist bei getrübtem Augenlicht nicht optimal, aber generell noch als vertretbar und durch den guten Kontrast auch als normal lesbar einzustufen. Schummeriges Hinterzimmerlicht ist damit aber leider ausgeschlossen, die richtige Stimmung gilt es anders herzustellen.

Die übersichtliche und kurze Regel erläutert alle relevanten Details. Erläuternde Beispiele zur optimierten Vorgehensweise helfen, bereits in der ersten Runde hilfreiche Fragen mit hoffentlich noch hilfreicheren Antworten zu stellen. Ein Einstieg in das Geschehen wird ab einem Alter von 12 Jahren empfohlen, vielleicht nicht unbedingt themengerecht (bitte keine minderjährigen Verbrecher, die erwachsenen sind schon schlimm genug), aber von den Ansprüchen an die Schlussfolgerungsfähigkeiten sicher nicht zu hoch angesetzt.

Der zur Verfügung gestellte Notizblock zum Notieren gehörter Hinweise ist schachtelbedingt sehr komprimiert geraten. Als Spiel im Spiel mag empfunden werden, sich z. B. mit selbst erdachter Symbolik über den knapp bemessenen Raum für die eigenen Aufzeichnungen hinwegzuhelfen. Da der herausgebende Buchverlag (Schwerpunkt Kriminalromane, da sieh mal einer an!) aber diesen Zettel als PDF-Download kostenlos anbietet, kann man zumindest auf diesem Wege durch einen selbsterstellten DIN A4 Ausdruck größeren Platz für Eintragungen schaffen.

Beschäftigt ist man ungefähr eine Stunde, also etwas länger als die angegebenen 50 Minuten. Die Nettospielzeit entspricht der Bruttospielzeit, denn sich mal kurz ausklinken, wenn andere am Frage-Antwort-Drücker sind, ist nicht drin. Jedenfalls nicht ohne das Risiko, entscheidende Informationen zu verpassen, um die befragte Person endlich dingfest machen zu können und somit neben der eigenen verbrecherischen Tätigkeit auch eine weitere für die anderen Gesetzesbeuger als nicht in Frage kommend festzuhalten.

Eigentlich ist dieses Spiel frei von jeglichen Zufallskomponenten, aber bei weniger als den maximal möglichen sechs Teilnehmern kommt der Zufall doch noch zu einem unverhofften Gastauftritt (siehe dazu Abschnitt Regel-Variante). Dieser steigt auch noch linear entgegengesetzt zur Abnahme mitspielbereiter Personen an. Die Vollbesetzung des Teilnehmerfeldes ist demzufolge die einzig logische Empfehlung, will man Glück nur durch eigene Leistung erzwingen.

Als kleiner Wermutstropfen in thematischer Hinsicht mag noch die Frage gelten, welcher Kommissar sich wirklich Erfolg davon versprechen würde, sechs Verbrecher sich gegenseitig befragen zu lassen, um hinterher einen als Kronzeugen identifizieren zu können, der dann alle anderen verpfeift. Das packt einen dann doch an der Ganovenehre, und die Körperpflege in der Gefängisgemeinschaftsdusche könnte einen nicht sonderlich überraschenden, aber nichtsdestotrotz unangenehmen Verlauf nehmen. Sei es drum, wer gerne neugierige Fragen stellt und Antworten nicht sofort wieder vergisst, kann sich gerne einem solchen Selbstversuch unterziehen. Und duschen sollte man auch dann gehen, wenn man wie hier Dreck am Stecken hat.

Rezension André Beautemps

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

Regelvarianten

Bei weniger als sechs Spielern ändert sich Folgendes:

Alle Verbrecher, die nicht von einer menschlichen Person gespielt werden, bekommen ebenfalls ein Verbrechen zugeordnet und auch drei Wahrheits- sowie eine Lügenkarte. Diese werden gemischt als verdeckter Stapel neben die Personenkarte gelegt, und statt eine Frage an einen realen Mitspieler zu richten, kann das eigene Handeln auch im Aufdecken der obersten Karte eines solchen Stapels bestehen. Ist es die Lüge-Karte, darf man sich das Verbrechen ansehen und hat somit einen sicheren Treffer. Ist es eine Wahrheitskarte, darf man dies nicht tun. In beiden Fällen wird die Karte wieder umgedreht, der Stapel erneut gemischt und eine Karte unbesehen zurück in die Schachtel gelegt. Es könnte also sein, dass niemand das Verbrechen sehen kann, wenn z. B. der erste Spieler eine Wahrheitskarte aufdeckt, aber nach dem Mischen die Lüge-Karte entfernt wird.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Dreck am Stecken: 4,0 4,0, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.07.12 von André Beautemps - Die Einflussnote gilt nur für die Vollbesetzung mit sechs Personen. Sind Rollen unbesetzt, ist deren Verbrechenszuordnung zufallsbedingt und daher würde bei weniger Mitspielern der Einfluss ziwschen 4 und 5 liegen.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 10.08.12 von Sandra Lemberger

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