Rezension/Kritik - Online seit 25.01.2017. Dieser Artikel wurde 6266 mal aufgerufen.

IÄÄ! Cthulhu! Fhtagn!

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Autor: Henning Poehl
Illustration: Stephan Baumgarten
Verlag: Sphinx Spieleverlag
Rezension: André Beautemps
Spieler: 2 - 3
Dauer: 10 - 30 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2016
Bewertung: 2,5 2,5 H@LL9000
3,5 3,5 Leser
Ranking: Platz 5833
IÄÄ! Cthulhu! Fhtagn!

Spielziel

Fhtagn! Fhtagn!! Ich benötige noch unbedingt ein älteres Zeichen, um das heraufbeschworene Monster zu kontrollieren. Und vor allem, um Punkte zu machen. Denn seien wir ehrlich: Monster heraufbeschwören und immer mächtiger werden lassen ist eine Sache, mal eben mehr als 30 Punkte zu machen bei einem Spiel, bei dem ich die meisten davon haben muss, ein völlig andere. Doch hier überschneiden sich Thema und Spielziel: Nur wer wirklich etwas wagt und ein wirklich GROSSES Monster beschwört, wird am Ende den Sieg davontragen. Und seine Haut. In einem Stück.

Ablauf

Wir beschwören Monster aus dem guten alten Lovecraft-Universum Cthulhu. Wie das gehen soll?

Sechs Würfel stehen in der Regel zur Verfügung, ein paar weitere in der Tischmitte als freie Würfel. Darauf befinden sich die Beschwörungsrufe (IÄÄ!), die wir als Erstes rauslegen müssen, um die Beschwörungszeremonie zu beginnen. Wie viele dieser Symbole wir herauslegen, so wir sie erwürfelt haben, bleibt uns überlassen.

Es folgen die Cthulhu-Würfel. Nachdem mindestens ein IÄÄ-Würfel in unserer Auslage liegt (das kann im gleichen Würfelwurf der Fall sein), dürfen wir uns ebenso frei entscheiden, wie viele Tentakel-Symbole dazugelegt werden. Diese beiden Würfelsymbole ergeben miteinander multipliziert unseren Beschwörungserfolg, sprich unsere erwürfelte Punktzahl.

Aber nur, wenn als Letztes noch mindestens ein älteres Zeichen (Fhtagn!) ebenfalls erwürfelt wird. Misslingt dies, gerät die Beschwörung außer Kontrolle und wir sterben den qualvollen Tod einer Runde mit Minuspunkten.

Nach jedem Würfelversuch muss mindestens ein Würfel in die eigene Auslage gelegt werden. Ist dies nicht möglich (weil z. B. noch kein IÄÄ-Symbol ausliegt und keines erwürfelt wurde), hat man vielleicht die Chance, dass alle Würfel das ältere Zeichen zeigen. In diesem Fall darf man sich zwei zusätzliche Würfel entweder aus einem allgemeinen Vorrat oder von den Mitspielern holen. Hat man in seinem Wurf noch ein älteres Zeichen, das man nicht verwenden kann oder will, bringt dies immerhin einen Fremdwürfel.

Gelingt einem die Beschwörung mit einem einzigen Würfelwurf (alle drei Symbole erwürfelt), darf man sich einen Verdoppelungsstein nehmen, der die errungenen Punkte verdoppelt. Welche Überraschung!

Nach dem Herauslegen eines älteren Zeichens endet der eigene Beschwörungsversuch. Die Punkte werden aufgeschrieben, und der nächste Wahnsinnsverehrer darf sein Glück versuchen. Wer eine von der Spielerzahl abhängige Gesamtpunktzahl erringt, wird neuer Zeremonienmeister und darf sich fürderhin hauptamtlich um künftige Beschwörungen kümmern. Oder es gelingt einem ungeschickten Pechvogel, so viele Minuspunkte anzuhäufen, dass der Limes zum Wahnsinn passiert wird und alle Widersacher sich deswegen als Sieger fühlen dürfen, weil sie diese Grenzüberschreitung nicht mitmachen und die eigene geistige Stabilität in ruhigen Fahrwassern segelt ...

Fazit

Die Beschwörung des großen Cthulhu kann Probleme mit sich bringen. Gilt das auch für dieses Spiel?

Das Thema ist nicht ungewöhnlich in der Spielewelt und schon häufig verwendet worden. Nach meinem Kenntnisstand ist dies das erste reine Würfelspiel, welches sich den fiktiven Hintergrund des bekanntesten Werkes von H.P. Lovecraft überstülpt.

Reine Würfelspiele sind selten absolute Topacts im Vielspieler-Varieté. Andere Zielgruppen wie Familien oder Kinder passen besser in das Beuteschema. Lovecraft hingegen mit seiner sehr düsteren Horrorfantasy zieht nur einen ganz bestimmten Teil der Erdbevölkerung in seinen Bann. Die Schnittmenge mit dem Bereich Familie und Kinder ist da eher ... gering.

Gottseidank hat sich Herr Poehl völlig zu Recht über die Jahre eine Fangemeinde aufgebaut, die seine limitierten Auflagen durchaus in den Ausverkaufsbereich treibt. Gerade die Wahl mindestens schräger thematischer Hintergründe ist fester Bestandteil der Brand Identity von Sphinx. Doch wie glücklich wird ein Käufer mit dem Werk?

Normalerweise wird zunächst die Regel konsultiert. Sie ist unvollständig, in zu kleiner Schriftgröße gesetzt und mit einer haarsträubend verwirrenden Tabelle ausgestattet, welche die bis dahin textlich nachvollziehbare Erläuterung über den Haufen wirft. Hat man zuvor gelernt, dass der Ausruf "Fhtagn!" nur gestattet ist, wenn das Symbol des älteren Zeichen der eigenen Auslage hinzugefügt wird, vermisst man in der tabellarischen Übersicht bei fast allen Anrufungsbeispielen mit diesem Wort die Angabe in der Spalte "sonstige Mindestvoraussetzungen". Was gilt denn nun?

Dafür ist die Tabelle die einzige Quelle, die erläutert, wie man überhaupt an einen Dopplerstein herankommt. Hierzu fehlt das verbale Kapitel. Der Hinweis, dass nach Abschluss einer Anrufung übriggebliebene Würfel in die Tischmitte kommen, wodurch sich die Anzahl der für die nächste Runde verfügbaren Würfel ändert, ist eher lapidar und hätte meines Erachtens nach deutlicher herausgestellt werden sollen. Ergänzt um die klare Angabe der Konsequenz.

Testrunden, die auf sich allein gestellt waren, haben oft den Fehler begangen, übriggebliebene Würfel NICHT in die Tischmitte zu geben, sondern bei den jeweiligen Spielern abseits deren Auslage zu belassen. Und auch dieser hier muss eingestehen, den Hinweis zu Beginn überlesen zu haben und als Erklärer eine Gruppe auf die falsche Spielfährte geschickt zu haben.

Nun stellen wir uns folgendes Setup vor: Eine grundsätzlich dem Thema Spiel aufgeschlossene Gruppe steht gespannt vor der ersten Partie IÄÄ!Cthulhu!Fhtagn!. Keiner kennt das Spiel, es wird die Regel von einem entsprechend kundigen Mitglied der Gruppe studiert. Nach einigem Stutzen versuchen weitere Mitglieder der Gruppe, die Vorgaben für das kommende Tun gemeinschaftlich herauszubekommen. Und scheitern. Oft.

Ergebnis: Es kommt überhaupt nicht zu der ersten Partie. Das Werk wird beiseitegelegt. Was schade ist, denn wenn man einmal drin ist, stellt man fest, dass es deutlich mehr beinhaltet, als es durch die beschriebenen Einstiegsschwierigkeiten scheint. Es ist schon verlockend, sich eine Wertverdopplung zu sichern, wenn man gleich im ersten Wurf 2 IÄÄ!, 2 dreiarmige Tentakelsymbole und 2 ältere Zeichen wirft. Dafür wandert jedoch eines der Zeichen in die Tischmitte und wird somit höchstwahrscheinlich dem Pool eines anderen Spielers einverleibt. Der in den Folgerunden erstmal entsprechend mehr Würfel zur Verfügung hat.

Der Glücksfaktor ist und bleibt zentral: Unabhängig von der Würfelzahl kann ein Spieler, dem offensichtlich Tentakel aus dem Allerwertesten scheinen, jedes Mal eine erfolgreiche Anrufung mit mal mehr, mal weniger Punkten notieren lassen. Anderen sind die älteren Zeichen dermaßen ungewogen, dass sie sich bei auch nur einem der Versuche partout nicht an der Oberfläche wenigstens eines Würfels zeigen. Als sei das Würfelpech nicht Strafe genug, gibt es in Form von Minuspunkten noch eins mehr auf den Deckel.

Somit kann als mögliches Endergebnis herauskommen, dass ein Spieler, dessen Spielspaß durch andauerndes Ablosen beim Würfeln sich in gewiss engeren Grenzen als bei seinen erfolgreicheren Mitspielern hält, noch die Dornenkrone aufgesetzt bekommt, indem er durch sein Debakel alle anderen zu Gewinnern macht. Das erscheint auch für hartgesottene Kultisten sehr streng. Ist aber letztendlich eine logische Verflechtung mit dem gewählten Thema: Wer dem Wahnsinn des Cthulhu verfällt, ist nicht mehr zu retten und geht gnadenlos unter.

Wem all dies nichts ausmacht und wer trotzdem sein Glück beim großen Alten versuchen will, kann durchaus bis zu einer halben Stunde Spieldauer zünftigen Würfelspaß genießen. Wer das Glück hat, mit dem Autor persönlich eine Partie zu zocken, wird sich bestens unterhalten fühlen: Zum einen ist Regelsicherheit mindestens eines Mitspielers garantiert und zum anderen springt der Funke der Begeisterung erst im Dreieck und dann mit einem lauten "Fhtagn!" über.

Rezension André Beautemps

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung IÄÄ! Cthulhu! Fhtagn!: 2,5 2,5, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 08.01.17 von André Beautemps - Hohe Einstiegshürde durch unklare Regel und leider nicht genügend Spielspaß im Vergleich zu anderen Würfelspielen vom Autor wie Shark Attacks! oder Rolling Bones
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 04.02.17 von Michael Kahrmann

Leserbewertungen

Leserwertung IÄÄ! Cthulhu! Fhtagn!: 3,5 3.5, 2 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 27.01.17 von Jürgen - Die Regeln sind wirklich nicht gut. Das Spiel selbst hat meiner Spielerunde viel Spass gemacht. Das Thema sollte man mögen.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 04.02.17 von Dario - Ein Würfelspiel. Kaum aufregender als Kniffel. Ein Paar schwarze Flecken auf den häßlichen Würfeln sollen wohl Tentakel darstellen. Da kann man dem ganzen wohl auch einen Cthulhu überstülpen. Als Alibi für ein komplett abstraktes Spiel sozusagen. Das laute Aussprechen des Unaussprechlichen ist dann das witzigste an dem Ganzen, nur dass der Witz nach spätestens 3 Runden keiner mehr ist.

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