Rezension/Kritik - Online seit 11.12.2004. Dieser Artikel wurde 12038 mal aufgerufen.

Abalone (PC-Spiel)

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Autor: keine Angabe
Verlag: Arc Dream Publishing
Rezension: Steffen Stroh
Spieler: 1
Jahr: 2004
Bewertung: 2,0 2,0 H@LL9000
1,0 1,0 Leser
Ranking: Platz 6303
Abalone (PC-Spiel)

Spielziel

Mit Abalone wurde nun ein weiterer Klassiker des 2-Personen-Brettspiels nach zahlreichen Share- und Freeware-Umsetzungen professionell durch Goto Games / WalkOn Media auf den PC umgesetzt. Zur Beschreibung des Grundspiels sei auf Rezensionen des Brettspiels verwiesen.

Ablauf

Nach einer kurzen Installationsroutine kann das Spiel gestartet werden. Allerdings muss sich hierbei die Original-CD im Laufwerk befinden. Diese wird durch den Kopierschutz überprüft, was mit einer Orgie aus Zirp- und Kratzgeräuschen, die jeder Zahnarztpraxis zur Abschreckung gereichen würde, quittiert wird. Nach 30-60 Sekunden hat das Spiel bei mir noch immer seinen Anfang gefunden, es ist aber denkbar, dass einige der auf dem Markt befindlichen CD-Laufwerke ob des radikalen Kopierschutzes ihren Dienst versagen werden.

Einmal im Spiel, dürfen vor dem Start diverse Grundeinstellungen vorgenommen werden. Die Wahl von Spielername und –farbe ist dabei Routine, interessanter die Beschränkung der Zeit für Spielzug und Gesamtspiel, vergleichbar einer Schachuhr. Auch die Spielstärke des Computergegners kann in stolzen 10 Stufen eingestellt werden, gleiches gilt für das Niveau der Spielhilfe. Als letztes kann aus einem großen Fundus von Startaufstellungs-Varianten für die Spielkugeln gewählt werden (dazu später mehr).

Das eigentliche Spielgeschehen findet in überaus schlichter Umgebung statt. Die grafische Darstellung des Spielbretts ist auf die einfache, aber übersichtliche Draufsicht beschränkt, die nur in einer Auflösung von 800*600 verfügbar ist. Bei größerer Bildschirmauflösung muss auf den Fenstermodus zurückgegriffen oder eine etwas verpixelte Volldarstellung in Kauf genommen werden. Zwei Konsolenfelder am linken Rand stellen den Status von menschlichem Spieler und PC-Gegner (2 Menschen können nicht gegeneinander spielen!) dar, wobei Spielstärke, Zahl der vom Brett geschubsten Kugeln und die Zeiten für Spielzug und Gesamtspiel sauber wiedergegeben werden.

Eine zusätzliche Bedienkonsole rechts unten erlaubt es zudem, Spielzüge rückgängig zu machen bzw. wiederherzustellen (Replay-Funktion), oder sich der eingangs erwähnten Spielhilfe (Tipp für den besten nächsten Zug) zu bedienen. Außerdem können das Spielbrett gedreht und die schwarzen und weißen Kugeln vertauscht werden – angesichts der schlichten Draufsicht zwei reichlich überflüssige Optionen.

Weitere Auswahlmöglichkeiten finden sich in der oberen Bildleiste: Dort können z.B. das aktuelle Spiel gespeichert/geladen, die Sprache eingestellt, oder eine Hilfe aufgerufen werden, die recht bieder in Schrift und Bild die Spielregeln kapitelweise wiedergibt.

Interessant klingt die Möglichkeit, das Aussehen des Spielbretts zu verändern. Allerdings kann hier außer der Grundfarbe und Textur des Spielbretts gar nichts abgeändert werden – erneut eine eher sinnentleerte Option.

Große Erwartungen weckt der anwählbare Spielvarianten-Editor. Hier kann die Ausgangskonstellation der Spielkugeln frei gewählt werden, ebenso die Spielendbedingung (Zahl der zu entfernenden Kugeln). Das war´s allerdings auch schon wieder, die in der Abalone-Gemeinde mittlerweile recht weit verbreiteten Varianten mit bunten Kugeln, nicht betretbaren Feldern oder Team- bzw. Mehrpersonenspiel sind nicht in die Umsetzung eingegangen.

Die Steuerung der Spielzüge erfolgt, indem man mit dem Mauszeiger die gewünschten Kugeln bei gedrückter Maustaste „abfährt“, und nach der so getroffenen Auswahl die Richtung des Zuges durch seitliches Abweichen des Zeigers vorgibt, und die Maustaste dann loslässt. Hört sich hakelig an? Ist es auch. Wer das Spiel einmal bei bewegtem Untergrund (z.B. auf dem Notebook im Zug) ausprobiert, wird nach kürzester Zeit vor Wut ins Display beißen. Eine Steuerung über Touchpad sollte gar nicht erst erwogen werden.

Bei Spielende wird das Ergebnis in eine ausführliche Statistik eingetragen, die die Erfolgsquote des betreffenden menschlichen Spielers relativ zur gewählten Gegnerstärke (und der Tatsache, ob Tipps in Anspruch genommen wurden) wiedergibt. Eine nette Option, den eigenen Spielfortschritt nachzuvollziehen, auch wenn die Darstellung – wie eigentlich das gesamte Spiel – den Charme einer Excel-Tabelle nie überschreitet.

Fazit

Der erste Blick auf die Umsetzung erinnert etwas an das berühmte Schachprogramm „Fritz“: Viele Tabellen und Zahlen, kombiniert mit einer puritanischen Darstellung in Graustufen. Den Eindruck scheinbarer Professionalität unterstreichen die zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten, die sich bei genauerem Blick jedoch fast durch die Bank als Rohrkrepierer entpuppen. Auf der Haben-Seite steht dabei sicher die statistische Komponente und die 10-stufige Einstellung des starken PC-Gegners.

Aber genau hier fangen auch die Probleme an: Der PC agiert zwar in den oberen Stufen stark, aber durch die Bank sehr monoton. Im Grunde verfolgt er immer die selbe Taktik, nur eben mit wachsender Perfektion: In die Mitte drängen und auf den entscheidenden Fehler des Menschen warten. Das ist zwar erfolgreich, aber derart passiv, dass manche Niederlage eher aus der Ungeduld des Menschen denn aus minderer Spielfertigkeit resultiert. Statt nur die Spielstärke einzustellen, wäre es auch wichtig gewesen, die Spielweise justieren zu können – zwischen defensiv und aggressiv.

Das Ärgernis der hakeligen Steuerung wurde bereits geschildert, in Kombination mit dem PC-Gegner höherer Stufe wird es richtig bitter. Denn der PC grübelt gerne bis zu 1 Minute (!) über seinen Spielzug nach. Das ist richtig zäh, und wenn ich einen falschen Zug berichtigen möchte, kann ich das auch erst nach Abwarten des nächsten PC-Zuges tun – fröhliches Herumsitzen…

So weit, so nicht perfekt, jedoch verschmerzbar. Die richtigen Hammer warten aber noch. Da ist zum einen der Spielvarianten-Editor. Nachdem die Gestaltung des Spielbrettes (von wegen „beliebig anpassbar“, wie auf der Packung beworben wird!) schon eine Lachnummer war, ist der Varianten-Editor eine weitere. Es ist ja durchaus nett, dass ich neue Konstellationen erstellen kann. Aber da reichen mir die 14 vorhandenen eigentlich aus. Wo hingegen sind die farbigen Kugeln geblieben, die seit Jahren längst Einzug in die wirklich innovativen Varianten des Spiels gefunden haben? Auf der Abalone-Homepage, die im Spiel sogar verlinkt ist (s. Internetspiel…), werden diese ausführlich dargelegt – aber nachbasteln kann ich sie nicht. Auch ein Mehrspieler- oder Teamspiel ist so nicht möglich, noch nicht einmal das Spiel zweier menschlicher Gegner gegeneinander ist in der Umsetzung enthalten!

Moment, wird jetzt ein Kritiker nach dem ersten Blick auf die Bildschirmleiste sagen, da steht doch aber „Internetspiel“? Eine Mogelpackung, denn die Auswahl der Option „Internetspiel“ führt lediglich dazu, dass sich im Hintergrund der Internet Explorer öffnet, und in diesem die Seite „Abalonegames“. Diese ist eine frei und für jedermann VÖLLIG UNABHÄNGIG von der hier vorliegenden Software zugängliche Webseite, auf der Abalone gespielt werden kann. Die Umsetzung beinhaltet also, entgegen dem ersten Eindruck, KEIN Internetspiel, sondern linkt lediglich auf eine Seite, wo derartiges Spiel möglich ist. Man möge mir verzeihen, wenn ich ob so viel Dreistigkeit sage: Da komme ich mir wirklich für dumm verkauft vor.

Was bleibt, ist eine Umsetzung, die eine Menge schuldig bleibt. Der PC-Gegner stark, aber monoton und langsam, die zahlreichen guten Ansätze bestenfalls halbgar ausgeführt, Mehrspielermöglichkeiten gänzlich Fehlanzeige. Wäre das Spiel die erste Umsetzung des Klassikers, würde ich Fans vielleicht noch einen Blick empfehlen. Allerdings gibt es auf dem Markt längst dutzende Shareware- und Freeware-Umsetzungen, die solide PC-Gegner nebst innovativen Varianten (mit farbigen Kugeln) bieten – und das für wenig oder gar kein Geld, und ohne nervtötenden Kopierschutz. Die Goto-Umsetzung kostet im Laden stolze (um nicht zu sagen „freche“) 25 Euro – und ist damit die teuerste bisher bei HALL9000 getestete Brettspiel-Umsetzung. Für diesen Preis derartig unfertig hingeschluderte Editoren zu bieten und LAN, Internet und Hotseat-Modi komplett zu ignorieren, ist völlig inakzeptabel. Deshalb: Finger weg!

Rezension Steffen Stroh

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Abalone (PC-Spiel): 2,0 2,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.12.04 von Steffen Stroh

Leserbewertungen

Leserwertung Abalone (PC-Spiel): 1,0 1.0, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 15.09.07 von Ruprecht Knölle - eINFACH NUR DUMM
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 28.09.07 von Joschi der Bär - das Spiel erinnert an die "guten-alten-C64-Zeiten"... Pfui bäh!