Rezension/Kritik - Online seit 10.01.2019. Dieser Artikel wurde 3405 mal aufgerufen.

Nyctophobia

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Autor: Catherine Stippell
Illustration: Peter Wocken
Verlag: Asmodee
Pandasaurus Games
Rezension: André Beautemps
Spieler: 3 - 5
Dauer: 30 - 45 Minuten
Jahr: 2018
Bewertung: 4,0 4,0 H@LL9000
Ranking: Platz 3508
Nyctophobia
Auszeichnungen:2018, Golden Geek innovativstes Spiel Nominierung

Spielziel

"Bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen!" Ein echter Klassiker für Krimi-Stereotype. Nur: Hier gibt es wirklich nichts zu sehen! Zumindest für die Mitspieler, die als Gruppe versuchen, gegen einen einzelnen Jäger zu überleben. Wird nicht ganz einfach, wenn man sich den Weg dorthin erst einmal im Dunkeln ertasten muss ...

Ablauf

Das Wichtigste zuerst: Vor der Spielerklärung sollte noch niemand die blickdichte Brille aufsetzen, es könnte sonst schwierig werden, der Erläuterung zu folgen. Erst recht, muss man sich selbst die Regeln noch erarbeiten.

Die gesamte Spielgruppe wird aufgeteilt in 2 Lager: die des Jägers (1 Person) und die der Gejagten (alle anderen). Nach der Zuteilung einer Spielfigur und dem Aussuchen eines Charakters durch die Gejagten erhalten diese zusätzlich einen Stein zu Beginn.

Der Jäger muss sich noch für eine von zwei möglichen Rollen entscheiden, empfohlen wird zu Beginn der Typ "Irrer Axtmörder", denn er stellt die harmlosere Variante dar. Hui.

Vor dem Spielbeginn setzen dann alle Gejagten ihre Brillen auf, bei Brillenträgern funktioniert das auch inklusive Auflassen des eigenen Nasenfahrrads, ist aber nicht nötig, denn man sieht höchstens an den seitlichen Rändern etwas.

Der Jäger präpariert nun den Spielplan, dabei kann er entweder auf die Vorschläge der Spielanleitung eingehen oder selbst ein Szenario entwerfen. Der Spielplan wird mit den Spielfiguren, zig Begrenzungen der Wege und dem Fluchtauto bestückt.

Nach dem Aufbau wird der erste Gejagte aufgefordert, dem Jäger seine Hand zu geben, damit diese zu der zugehörigen Spielfigur geleitet werden kann. Dann beginnt der Zug des Gejagten.

Pro Zug muss sich mindestens zwei Felder weit bewegt werden, wobei vor jedem einzelnen Schritt die unmittelbare Umgebung der eigenen Position auf dem Spielbrett ertastet werden darf.

Stellt sich dabei heraus, dass in ein oder mehrere Richtungen Hindernisse vorhanden sind wie Baumreihen, der Spielfeldrand oder andere Figuren, kann die eigene Figur nicht in diese Richtung weitergezogen werden. Die Ausnahme ist hier natürlich das Fluchtauto.

Anschließend kann man sich entscheiden, entweder noch einen weiteren Schritt ohne vorheriges Tasten in eine Richtung zu gehen (wird auch ausgeführt, sofern möglich) oder sich zu verstecken bzw. einen Stein zu werfen, so man noch einen besitzt.

Trifft man mit einem Stein eine andere Figur (idealerweise der Jäger), erleidet diese eine Verletzung und muss zurückweichen. Der Stein bleibt auf dem Spielplan liegen, kann aber später durch Betreten des entsprechenden Feldes wieder eingesammelt werden, auch von anderen Spielern.

Der Jäger schlägt immer dann zu, wenn er durch eigene Bewegung oder die Bewegung eines Gejagten direkt neben seine Position sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Figur eines Gejagten befindet. Er klaut automatisch einen Lebenspunkt. Verliert ein Spieler seinen zweiten Lebenspunkt haben die Gejagten das Spiel verloren.

Wird ein Gejagter vom Jäger angegriffen, kann er selbst sich anschließend wegbewegen und -sofern vorhanden- einen Stein nach dem Jäger werfen, dadurch wird dieser in der Folgerunde im Bewegungsradius eingeschränkt und muss ebenfalls in die entgegengesetzte Richtung zurückweichen.

Spielfiguren, die sich am Ende ihres Zuges für die Option "verstecken" entschieden haben, können, solange sie versteckt sind, nicht vom Jäger angegriffen werden. Hat eine Spielfigur der Gejagten das Fluchtauto gefunden und erreicht, müssen alle anderen Spieler noch genau eine Runde überleben, dann sind die Gejagten allesamt entkommen und der Jäger ist der Gelackmeierte.

Fazit

Endlich ein Spiel, bei dem es unnütz ist zu sagen: Muss man gesehen haben. Durch das hiesige Alleinstellungsmerkmal der temporären Blindheit der meisten Beteiligten sieht man dem Spiel gar nicht auf den ersten Blick an, wo es Stärken und wo es Schwächen hat. Aber wenn man die beigefügte Brille absetzt, kann man schon ein genaueres Auge riskieren.

Das Öffnen der Schachtel zeigt uns eine Spielfläche aus schwarzem Plastik (das ist gar kein Tiefziehteil wie in anderen Kartons), die schachbrettartig Felder zum Bewegen der Figuren und Platzieren des Fluchtautos als Vertiefungen bereithält. Neben diesen gibt es noch kleinere Einstecklöcher, in die zum Aufbau des Szenarios die Kunststoff-Trennungen in Form kleiner weißer Baumreihen gesteckt werden. Wo und wie, weiß nur der Jäger.

Ist dieses Basismaterial eher schlicht gehalten, aber zweckmäßig zu benutzen, wurde sich bei der Gestaltung von Spielkarten für den Jäger, Charakterkarten der Spieler und insbesondere den Pappcountern für die Steine und die Lebenspunkte grafisch sehr viel Mühe gegeben, der Stimmung gerecht zu werden. Die Lebenspunkte sind in anatomisch detaillierter Darstellung als Herzen geprägt, weit weg davon, geeignet für die Verzierung von Valentinskarten zu sein.

Ist Moderatorenvolk anwesend? Sehr gut, denn ohne kommt man mit diesem Spiel nicht klar. Nur wenn mindestens eine Person am Spielgeschehen teilnimmt, die sowohl die Rolle des Jägers als auch die des Spielmoderators einnimmt und beides getrennt voneinander klar spielt, gibt es die Möglichkeit, das Spiel zu genießen.

Dies wird auf den ersten Seiten der Spielanleitung eindeutig kommuniziert. Es wird mehrfach und mit Beispielen versehen darauf hingewiesen, was es bedeutet, die Doppelrolle des Jägers und des Spielmoderators einzunehmen, da durch die bewusst herbeigeführte Blindheit der anderen Spieler ansonsten gar kein Spielfluss denkbar wäre.

Bisher unversucht, aber müsste auch klappen: Eine nicht am Spiel beteiligte Person nimmt die Moderatorenrolle ein. Der Jäger kann sich ganz auf sein Spiel konzentrieren, und es wäre garantiert, dass den Gejagten wertneutral Informationen und Führhilfen zuteilwerden.

Für Einsteiger gibt es die Variante, dass der Jäger ohne ein Kartenset spielt und einfach 2 Felder weit zieht, entweder Richtung Geräusch (sofern auf dem Spielfeld) oder Richtung nächstem Gejagten.

In voller Besetzung kann das Spiel insbesondere bei den Gejagten zu einer unangenehm hohen Downtime im Spiel führen. Es wird zwar versucht, durch die Kommunikation der Gejagten die Aufmerksamkeit aller Spieler während der gesamten Spielzeit hoch und aktiv zu halten.

Das gelingt jedoch nicht immer, je nach Zeitbedarf der Mitspieler für die Durchführung eines eigenen Zugs bleibt der erwünschte Schauer und Nervenkitzel auf der Strecke.

In kleiner besetzten Runden tritt das nicht auf, da es dort einfacher ist, sich die Angaben der Mitspieler zu merken und seine eigene Bewegung entsprechend zu planen und dann auszuführen.

Neugierig macht das Spiel erst einmal alle, einigen allerdings ist die temporäre Blindheit dann nicht geheuer genug.

Wer sich traut, wird in der korrekt angegebenen Spielzeit von 30-45 Minuten seine Finger- und Merkfähigkeit schulen können oder als Jäger die Anwendung unheilvoller Drohungen und Umsetzung gelungener Verhöhnung testen. Könnte ein neuer Trend werden: Dark Wellness! Motto: sich mal wieder richtig schön verhöhnen lassen.

Rezension André Beautemps

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Nyctophobia: 4,0 4,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.01.19 von André Beautemps - Bei der Interaktion lange überlegt: Es findet immer eine zwischen dem Jäger und einem Gejagten statt, aber der Zug selber ist dann wieder solitär. Und der Rest reine Kommunikation. Daher die Note.

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