Rezension/Kritik - Online seit 23.02.2006. Dieser Artikel wurde 14713 mal aufgerufen.
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In diesem Spiel führen die Spieler die Armeen, die um Europas Schicksal ringen. Sie platzieren ihre Truppen auf einem Spielplan Europas, der von Konstantinopel bis zum Ärmelkanal reicht.
In Der Erste Weltkrieg wird -ja, genau!- der Erste Weltkrieg nachgespielt. Soweit ist das Ganze noch wenig überraschend. Interessanter wird dies jedoch bei einem Blick auf die Karte: Diese ist nämlich in drei verschiedene Aufmarschgebiete unterteilt und zeigt somit keinen zusammenhängenden Plan, sondern drei verschiedene Szenarien, die gleichzeitig gespielt werden.
Auf diesen drei Szenarien (Belgien, Südfrankreich und Osteuropa) sorgen nun insgesamt 11 verschiedene Frontlinien für Bewegung, denn an jeder einzelnen Front kämpfen die Achsenmächte (Deutsches Reich, Österreich-Ungarn/"kleine Verbündete") gegen die Entente (Frankreich/Belgien/England/USA, Rußland/"kleine Verbündete"). Diese 4 Parteien werden immer gespielt und bei weniger als 4 Spielern entsprechend aufgeteilt.
Die einzelnen Fronten sind durch Linien voneinander getrennt, Truppen können jedoch zwischen benachbarten Frontlinien verschoben werden. In jeder Front befinden sich Städte ("normale" Städte und Versorgungszentren), die am Spielanfang den Nationen zugeordnet sind und erobert werden können. Begrenzt wird jede Front durch zwei "Depots", die den beiden Parteien zugeordnet sind und nicht erobert werden können. Wer an einer Front eine Schlacht gewinnt, erobert automatisch die nächste Stadt; gibt es nur noch das Depot des Gegners, so erhält dieser einen Kapitulationsmarker.
Am Ende einer Runde gibt es zunächst Nachschub, abhängig von der Anzahl der verlorenen Einheiten sowie der noch zur Verfügung stehenden Anzahl Versorgungszentren. Wer Kapitulationsmarker besitzt, muss anschließend würfeln: Schafft er es nicht, mehr zu würfeln als er Marker besitzt, hat er verloren, das Spiel endet sofort. "Er" heißt hier: Der Spieler selbst sowie evtl. Mitspieler seines Bündnisses. "Gewonnen" hat dann derjenige Spieler der Siegerpartei, der mehr Siegpunkte als sein Verbündeter erhalten hat. Siegpunkte gibt es für gewonnene Schlachten, der aktuelle Stand wird am Rand des Spielplans markiert.
Wie kommt es nun zum Kampf? Nun, relativ simpel: Alle Spieler verfügen über ein entsprechendes Kontingent von Armeen (große Pappmarker) mit Kampfwerten von 0 bis 3. Bei den "Nullen" handelt es sich um Dummys, die nur zum Bluffen eingesetzt werden können und keinen echten Kampfwert besitzen. Die Armeen werden stets verdeckt auf die einzelnen Fronten verteilt und können in jeder Runde, die aus je 4 Zügen der 4 Parteien besteht, entweder zum Angriff oder zur Bewegung eingesetzt werden.
Kommt es zum Kampf, muss der Verteidiger seine Plättchen umdrehen, erst danach entscheidet der Angreifer, mit wie vielen seiner Einheiten er angreift, die dann ebenfalls offengelegt werden müssen. Beide Spieler entscheiden nun, mit welcher Einheit sie kämpfen wollen und addieren ggf. noch einen Bonus hinzu (+1 für die stärkere Einheit, +1 für die Armee mit mehr Einheiten). Zu guter Letzt dürfen beide Seiten noch würfeln und das Ergebnis ihrer Kampfstärke hinzufügen. Der Verlierer wird dann vom Spielbrett entfernt. Bei Gleichstand trifft es beide Einheiten.
Der Erste Weltkrieg hinterläßt ein zwiespältiges Bild. Das Material ist mit seinen ordentlichen Pappcountern durchaus angemessen und ansprechend - auch wenn sicherlich nicht jeder große Freude an diesem graphisch etwas gewöhnungsbedürftigem Spielplan haben dürfte - und in seiner Menge überschaubar, das Regelheft dagegen etwas umständlich in seinen Ausführungen.
Der Ablauf dieses Kriegsspiels basiert nicht auf einer Materialschlacht oder tiefgehenden strategischen Planungen, sondern vor allem auf geschicktem Bluffen mit den Kampfwerten der eigenen (verdeckten) Einheiten. Es gilt stets abzuwägen, an welcher Frontlinie kampfstarke Einheiten eingesetzt werden müssen, und wo das Risiko eingegangen wird, vom Feind zurückgedrängt zu werden.
Der Zufallseinfluß des Würfels ist nicht so groß, wie es auf den ersten Blick vielleicht erscheinen mag, da die Würfelwerte durch die Kampfwerte der Einheiten modifiziert werden. Allerdings kann es sehr ärgerlich sein, wenn das Spiel durch einen mißlungenen Kapitulationsmarker-Wurf am Ende entschieden wird.
Doch auch wenn man sich mit dem Spielmechanismus angefreundet hat, will sich kein rechter Spielspaß einstellen. Der Erste Weltkrieg ist halt ein Strategiespiel, und so etwas passt einfach nicht zu diesem dominierenden Bluff-Mechanismus. Der Erste Weltkrieg bleibt damit ein Spiel für Liebhaber dieses Genres, allerdings auch kein wirklich schlechtes.
Weshalb bei solch einem Spiel allerdings nur ein Spieler gewinnen soll, und nicht das Team, habe ich bis heute nicht verstanden... :)
Rezension Carsten Pinnow
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Der Erste Weltkrieg: 3,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
29.08.05 von Carsten Pinnow |
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