Spielerei-Rezension

Wer wird Tipp-Weltmeister?

Bis 2018 erschien jährlich der „Fischer Weltalmanach“ mit Daten und Fakten zu den Staaten der Welt. Da konnte man dann beispielsweise nachschlagen, welche Amtssprache in Liechtenstein gesprochen wird, wie hoch das Bruttoinlandsprodukt in Ägypten ist oder wie viele Einwohner Kasachstan hat. Inzwischen sind solche Angaben problemlos auch im Internet zu finden.

Mit Schätz die Welt ist bei KOSMOS nun ein Spiel erschienen, bei dem es um Informationen dieser Art geht. Es enthält 142 Länderkarten, auf denen (neben dem Namen des Landes und der Hauptstadt) neun Zahlen angegeben sind: von der Einwohnerzahl und der Bevölkerungsdichte über die Landes- und Waldfläche bis hin zu Jahrestemperatur und Niederschlagsmenge.

Jeder Spieler hat drei Länderkarten und versucht, diese möglichst passend den drei ausliegenden Kategoriekarten zuzuordnen. Beispiel: Es liegen die Karten „Kleinste Landesfläche“, „Längstes Straßennetz“ und „Größte Einwohnerzahl in der Hauptstadt“ aus, und ein Spieler hat die Karten „Bangladesch“, „Slowenien“ und „Peru“ auf der Hand. Nun versucht er, seine Länderkarten diesen Kategorien so zuzuordnen, dass sie die Bedingungen so gut wie möglich erfüllen. Hat Bangladeschs Hauptstadt mehr Einwohner als die peruanische Hauptstadt? Und könnte man mit der Karte „Slowenien“ vielleicht in der Kategorie „Kleinste Landesfläche“ punkten?

Jeder versucht also, möglichst gut zu schätzen. Haben alle Spieler ihre Karten zugeordnet, wird ausgewertet, welche Karten in den aktuellen Kategorien punkten konnten. Und wer nach sechs solchen Schätzrunden die meisten Punkte hat, ist „Tipp-Weltmeister“.

Leider kommt es immer wieder vor, dass man Länderkarten bekommt, mit denen man bei keiner der Kategorien eine Chance zum Punkten hat. Oder man hat einfach überhaupt keine Ahnung, wie man ein bestimmtes Land in Bezug auf eine Kategorie einschätzen soll. Hinzu kommt: Wenn es darum geht, ob die prozentuale Waldfläche in Portugal oder in Polen größer ist, kann man das noch halbwegs interessant finden – aber ob das Straßennetz in Sambia oder im Tschad länger ist, dürfte den meisten Spielern tatsächlich vollkommen egal sein.

Das Prinzip hinter Schätz die Welt ist schlicht und in der Tat auch ein bisschen zu dünn. Selbst wenn man es ganz spannend findet, wie Länder im Vergleich miteinander in bestimmten Kategorien abschneiden, fehlt hier doch die Inspiration. Die Idee kann mal für ein paar Minuten unterhalten, trägt aber nicht über das ganze Spiel. Günter Burkhardt hat schon mehrere wirklich gute Spiele veröffentlicht, bei denen geografisches Wissen im Mittelpunkt steht – Finden Sie Minden? zum Beispiel. Schätz die Welt ist spielerisch allerdings nicht überzeugend.

Die Auswahl aus nur drei Länderkarten ist zu gering, es gibt zu wenige gute Entscheidungsmöglichkeiten, und auch die Fakten sind nicht alle interessant. Schätz die Welt funktioniert, aber es ist sehr trocken, und beim Spielen will einfach kein Spaß aufkommen. Selbst Geografen fanden die Partie ziemlich reizlos. Und obwohl ich durchaus gerne im „Fischer Weltalmanach“ blättere, sprang bei dieser spröden Umsetzung auch bei mir der Funke leider nicht über.

Rezension Birgit Irgang

In Kooperation mit der Spielezeitschrift