Rezension/Kritik - Online seit 18.10.2008. Dieser Artikel wurde 6133 mal aufgerufen.
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Spielerei-Kritik Herbst 2008:
Nach dem beeindruckenden Auftritt von Czech Board Games auf der Spiel vor zwei Jahren, vor allem mit Through the Ages und Graenaland, präsentierten sich auf der Spiel '07 nach internen Querelen gleich zwei tschechische Verlage, von denen die Splitterfraktion Czech Games Edition mit Galaxy Trucker und League of Six (Sechsstädtebund) im Vordergrund des Interesses stand, während die Stammfraktion unter dem altem Namen Czech Board Games mit Laborigins und Jantaris einen schwereren Stand hatte.
Alle genannten Spiele wurden schon in der Spielerei vorgestellt, nun ist Jantaris an der Reihe. Zwar kann keins dieser Spiele an die Qualität des fulminanten Startjahrgangs heran reichen, allenfalls noch League of Six, aber verstecken muss sich keiner der Kandidaten. Vor allem und zu Unrecht wurde allerdings Jantaris öfter gescholten und abwegigerweise manchmal mit League of Six verglichen. Die Handelsthematik, grob gesagt, ist beiden Spielen gemein, mehr auch nicht - es handelt sich um zwei völlig verschiedene Spiele, die keinerlei weitere Gemeinsamkeiten aufweisen und deshalb hier weder verglichen werden sollen und können.
Der wunderschön gestaltete kleine Spielplan zeigt die Stadt Jantaris, aufgeteilt in 8 "Tortenstücke" (einer quadratischen "Torte") mit einem runden Tortenstück in der Mitte, darum herum verläuft eine Kramerleiste mit nur 15 Feldern. Darauf werden die Prestigepunkte der Spieler notiert, schon wenn nur ein Spieler mindestens 12 hat, ist das Spiel zu Beginn des Spielzuges des Startspielers beendet und der Spieler mit den meisten Prestigepunkten ist Sieger. Schon 12 … leicht gesagt, doch gar nicht so einfach zu erreichen.
Gehandelt wird eigentlich nicht viel, im Sinne des Wortes eigentlich gar nicht, um genau zu sein. Es gibt zwei Gilden, rot und schwarz, je mit einem runden Holzmarker vertreten, entsprechend zwei Sorten Holzquader als Handelsgüter oder Waren. Gegenstandskarten, Stadtteilkontrollkarten, Marktkarten, 15 Holzpöppel pro Spieler und sozusagen als wichtigstes Instrument vier Stimmkarten für jeden Spieler mit dazugehöriger Übersicht vervollständigen das solide Material.
Das Spiel verläuft reihum, jeder Spielzug besteht theoretisch aus vier, praktisch aber meist nur aus zwei Phasen, die schnell abgehandelt werden, was vorwiegend sehr geringe Wartezeit bedeutet.
Im Schnelldurchgang: In der ersten Phase kann der aktive Spieler entweder zwei gleichfarbige Waren nehmen, wobei man maximal 6 Waren von jeder der nur zwei Farben besitzen darf. Oder er setzt zwei seiner Spielfiguren auf einen beliebigen Stadtteil (die Tortenstücke, wir erinnern uns), oder zwei, dort darf kein Gildenmarker sein. Letztere dürfen sich nie zusammen in einem Stadtteil befinden, das runde Stadtzentrum ist für sie tabu. Oder er nimmt zwei seiner Spielfiguren aus einem beliebigem Stadtteil, oder zwei, dort darf kein Gildenmarker sein, zurück. Oder er versteigert eine von zwei offen liegenden Gegenstandskarten. Der Grundpreis in roten und/oder schwarzen Waren ist aufgedruckt, der Spieler mit dem höchsten Gebot erhält die Karte, damit meist schon ein oder zwei Prestigepunkte und einen bestimmten Vorteil, der einmalig oder öfter zu nutzen ist und manchmal auch andere Spieler betrifft. Der aktive Spieler hat den Vorteil, daß er den Zuschlag auch dann erhält, wenn er mit dem höchsten Gebot nur gleichzieht und niemand sonst mehr höher bietet. Falls er die erste Karte nicht selbst ersteigert, kann er anschließend auch die zweite versteigern, anschließend wird auf zwei Karten aufgefüllt.
In der dritten Phase wird zunächst nur geprüft, ob im runden Stadtzentrum mindestens 5 Figuren stehen, was häufig nicht der Fall ist mit der Folge, daß diese Phase eher selten stattfindet. Falls jedoch, wird die oberste Große Marktkarte aufgedeckt und für jede seiner Figuren im Zentrum muss nun jeder Spieler die auf der Karte angegebenen Waren zahlen, solange er kann, um dafür die genannten Prestigepunkte zu erhalten. Jede Figur, für die gezahlt wurde, wird aus dem Zentrum heraus gezogen.
Auch die vierte Phase entfällt häufiger als dass sie stattfindet. Drei Karten mit unterschiedlichen Kombinationen aus jeweils drei Stadtteilen liegen immer offen aus und es wird geprüft, ob ein Spieler bzw., ganz selten, mehrere, in allen drei (!) auf einer Karte genannten Stadtteilen die Mehrheit hat. Mehrheit heißt, mindestens zwei eigene Figuren und mehr als jeder andere dort.
Wer solch eine Bedingung erfüllt, erhält dafür … Prestigepunkte, richtig geraten, und eine neue Karte wird aufgedeckt.
Phasen eins, drei, vier - wo ist denn die zwei geblieben? Die kommt jetzt, denn sie ist das Herzstück des Spiels, hier geht die "Äktschen" ab! Wie schon gesagt, hat jeder Spieler vier sog. Stimmkarten, man könnte genau so gut Aktionskarten sagen, und zwar Handel, Schwarzmarkt, Einflußstärkung und Anwerbung. Der aktive Spieler versetzt zunächst einen der beiden Gildenmarker in einen neuen, damit aktiven Stadtteil, nie ins Zentrum. Alle Spieler spielen nun verdeckt eine ihrer Aktionskarten, alle decken gleichzeitig auf und das ist der Clou des Spiels, an dem sich vielleicht die Geister scheiden: Je nachdem, wie oft eine Karte gespielt wurde, ändert sich ihre Bedeutung, alles schön auf der Übersichtskarte aufgelistet! Also hilft keine großartige Planung, sondern Ein- und Abschätzung der Mitspieler in bester Zockermanier ist angesagt! In dieser Phase finden die entscheidenden Aktionen statt, Warengewinn, Figuren ein- oder versetzen, andere verjagen usw. Beispiel gefällig? Nur ein Spieler hat Handel gespielt: Er bekommt zwei Waren der Farbe des Gildenmarkers im aktiven Stadtteil. Zwei Spieler haben Handel gespielt: Jeder der beiden Spieler bekommt so viele Waren der Farbe des Gildenmarkers im aktiven Stadtteil, wie er dort eigene Figuren hat. Drei oder vier Spieler haben Handel gespielt: Jeder der betroffenen Spieler bekommt so viele Waren der Farbe des Gildenmarkers im aktiven Stadtteil, wie er eigene Figuren im Stadtzentrum hat, und das sind oft genug Null! So kehrt sich manchmal ein positiver Effekt ins Negative, wenn zu viele Spieler dieselbe Aktion wählen. Hübsch gemein kann auch der Schwarzmarkt sein, um noch ein Beispiel zu nennen - ein Spieler klaut eine Ware eines beliebigen Mitspielers, zwei Spieler erhalten je zwei Waren aus dem Vorrat und mehr als zwei Spieler verlieren alle ihre Waren und müssen den aktiven Stadtteil verlassen! Solche Unwägbarkeiten lassen natürlich jeden Strategen verzweifeln und wer unter diesem Gesichtspunkt an Jantaris heran geht, wird enttäuscht sein. Unplanbar! Genau, und gerade deshalb macht es so viel Spaß, denn es handelt sich um ein Spiel im wahrsten Sinne des Wortes. Ich bin sicher, Jantaris will kein anspruchsvolles Strategie- und Taktikspiel sein, sondern genau das, als was es sich präsentiert: Ein flottes, lockeres und allzeit spannendes Zockervergnügen! Regel, auch auf Deutsch, und Material lassen nichts zu wünschen übrig, die Kartentexte sind zwar englisch, aber ein Blatt mit den deutschen Texten liegt bei, zu allem Überfluss auch noch deutschsprachige Label zum Aufkleben in exakt gleicher Grafik auf die Originalkarten! Aktions- und Spielübersichten sind per se zweisprachig.
Nachdem ich, möglicherweise wegen der hier und da geäußerten Schelte, mit eher geringen Erwartungen an Jantaris heran gegangen war, wurden diese sehr angenehm enttäuscht. Einfach, schön, spaßig, schnell zu spielen, ein wenig Taktik hier und da und vor allem immer wieder Überraschungen und Gemeinheiten - Zockerherz, was willst du mehr?
Rezension Ferdinand Köther
In Kooperation mit der Spielezeitschrift
H@LL9000 Wertung Jantaris: 2,5, 4 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
12.10.08 von Ferdinand Köther |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
07.11.07 von Bernd Eisenstein - Ziemlicher Flopp. Nicht beeinflussbar, da Aktionen von den Mitspielern abhängig sind. Viel zu lange und zu zäh. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
03.12.07 von Michael Andersch - Gaukelt Strategie und Planung vor, ist aber ziemlich unsteuerbar. Und dauert viel zu lang. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
07.01.08 von Jochen Traub |
Leserwertung Jantaris: 4.0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.11.08 von Oliver Lach - Ich find's ok, nicht die Welt, aber ok :-). |