Rezension/Kritik - Online seit 13.01.2011. Dieser Artikel wurde 4571 mal aufgerufen.

Trollland

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Autor: Bruno Cathala
Illustration: Olivier Fagnère
Verlag: LudoCortex
Rezension: Monika Harke
Spieler: 2 - 5
Dauer: 30 - 45 Minuten
Alter: ab 14 Jahren
Jahr: 2010
Bewertung: 4,8 4,8 H@LL9000
Ranking: Platz 1762
Trollland

Spielziel

Dass es sich im Land der Trolle gut leben lässt, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich dort immer mehr Nachbarvölker niederlassen, die mit ihren Sitten und Bräuchen langsam aber stetig den Unmut der Trolle hervorrufen. Der oberste Troll Ocho Kohla sieht die nationale Identität in Gefahr und ruft daher seine Stammesführer auf, die fremden Völker des Landes zu verweisen. Dem Fleißigsten winkt als Belohnung sogar ein Ministerpöstchen ...

Ablauf

Zunächst sind in Trollland ein paar Vorbereitungen zu treffen, damit die Ausweisung der ungeliebten Einwanderer problemlos vonstatten gehen kann. Der Transport erfolgt mittels Raupen, Drachen und Trollkarren, welche an einem zentralen Ort auf ihren Einsatz warten. Für die Beförderung wurden diese Gefährte extra mit ein bis drei unterschiedlich großen Käfigen ausgestattet, die jeweils bis zu vier Verbannte aufnehmen können. Um Auseinandersetzungen unter den verschiedenen Völkern zu vermeiden, hat die Beförderung - gemäß Anweisung des obersten Trolls - streng getrennt zu erfolgen: In jedem Käfig dürfen nur Angehörige gleicher Herkunft befördert werden und pro Gefährt müssen die Käfige immer mit unterschiedlichen Völkern besetzt werden. Zudem setzt der Obertroll eine Belohnung für die Stammesführer aus, denen es gelingt, von zwei besonders lästigen Völkern möglichst viele Individuen außer Landes zu bringen. Außerdem haben auf einem Holzsteg fünf Personen Aufstellung zu nehmen und sich für den Transport bereit zu halten, falls sie im Austausch für andere hochrangige Personen den Heimweg antreten müssen.

Das Verladen kann nun zügig erfolgen. Alle Stammesführer entscheiden sich gleichzeitig für zwei von fünf Verbannten, die sich in ihrer Obhut befinden, halten ihre Auswahl aber vorerst geheim. Anschließend werden die Völker gemäß Verladeordnung nacheinander in exakt bestimmter Reihenfolge einzeln aufgerufen und deren Leute von den Stammesführern in die Käfige verfrachtet. Auch alles wieder schön der Reihe nach, Rangniedrigste zuerst. Wurde die maximale Ladekapazität eines Gefährtes ausgeschöpft, so begibt es sich sofort auf die Reise. Der Stammesführer, der den letzten freien Platz belegt hat, erhält als Dokumentation dieser Leistung das komplett bestückte Gefährt und stapelt die Karten, getrennt nach Völkern, in aufsteigender Reihenfolge vor sich. Alle, die in dieser Runde keinen Platz in den Käfigen gefunden haben, werden ins Flüchtlingslager des jeweiligen Stammesführers gebracht, was sich zum Schluss negativ auf sein Fleißpunktekonto auswirkt. Nun wird, falls die Anzahl der Transportmittel knapp geworden ist, für Nachschub gesorgt. Zudem erhält jeder Stammesführer wieder zwei neue Ausreisekandidaten zugeteilt, so dass das fröhliche Verladen fortgeführt werden kann.

Da Trolle nun mal von Natur aus keine korrekten Bürokraten sind, verläuft die arg strukturierte Verbannungsaktion oftmals anders als geplant. Heimlich, still und leise mischen sie sich unter das Ausreisevolk und bescheren hinterhältig und gemein nichts als Chaos. So verbannen sie einfach jemanden vom Holzsteg und geben vor, diesen bereits ausgewiesen zu haben, nehmen andere Trolle gefangen, lassen unvollständig beladene Fuhrwerke abfahren, bestehlen die Konkurrenz und ergaunern sich somit Fleißpunkte oder schicken Flüchtlinge in fremde Flüchtlingslager.

Das ganze Treiben hat ein Ende, wenn alle Verbannten außer Landes gebracht wurden oder nicht mehr ausreichend Transportmittel zur Verfügung stehen. Jeder Stammesführer zählt nun seine Fleißpunkte. Diese entsprechen den Koffern, die auf den obersten Karten der Völkerstapel abgebildet sind. Hinzu kommt die vom Obertroll ausgesetzte Belohnung sowie die Medaillen auf Fuhrwerken und gefangenen Trollen. Flüchtlinge schmälern natürlich den Verdienst. Der fleißigste aller Trolle erhält nun zur Belohnung den ersehnten Ministerposten.

Fazit

Wer nach der Spielbeschreibung ein wenig nach Luft schnappt, der möge doch wieder ganz entspannt durch die Nase atmen. Trollland ist eine Politsatire, in welcher der Autor das Spiel als Kulturgut einsetzt, um auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen und die Menschen dazu bringen will, über aktuelle Themen nachzudenken - in diesem konkreten Fall über die französische Abschiebepolitik. Die Eingliederung in die Fantasywelt ist dabei ausgesprochen gelungen, da sich die ernste Thematik nur in dieser Art humorvoll und herrlich überzogen darstellen lässt. Trolle, selbst am unteren Ende der Beliebtheitsskala, verbannen Völker aus nichtigen und absurden Gründen und transportieren diese in Käfigen ab. Zur Verteidigung der Trolle sollte vielleicht noch gesagt werden, dass sie zwar ein wenig naiv, aber keineswegs böse sind und die Völker nur des Landes verwiesen werden. Niemandem wird ein Härchen gekrümmt!

Überhaupt ist Trollland ein satirisches Gesamtpaket. In der trollgrünen Spieleschachtel verbergen sich 110 qualitativ hochwertige Karten mit mehr oder weniger ansprechenden trollesken Grafiken und einer Spielanleitung, welche die satirische Darstellung mit Wortwitz unterstützt. Leider ist bei der Übersetzung aus dem Französischen ein Fauxpas passiert, indem "Völker" mit "Rassen" übersetzt wurden. Dies hinterlässt einen bitteren Beigeschmack und führt dazu, dass das Spiel bei einigen Spielwilligen nach der ersten Regellektüre selbst schnell den Weg in die Verbannung findet. Ansonsten ist die Anleitung sehr gelungen. Die Regeln sind einfach, gut erklärt und mit bebilderten Beispielen versehen. Fragende Gesichter dürfte es eigentlich keine geben.

Einem schnellen Spieleinstieg steht somit nichts im Wege, zumal der grundsätzliche Spielmechanismus durch 6 nimmt! hinreichend bekannt sein dürfte. Allerdings hat Bruno Cathala das bewährte Spielprinzip komplett umgekrempelt und modifiziert. So wurde zwar das von Ärgern und Schadenfreude geprägte Spielgefühl beibehalten, jedoch der Entscheidungsspielraum durch die Anlegemöglichkeiten und insbesondere der interaktive Part durch die Trollkarten erhöht. Man erhält auf diese Weise einerseits mehr Planungsmöglichkeiten, die aber andererseits durch trollsche Gemeinheiten schnell wieder zunichte gemacht werden können. Große taktische Erwartungen sollte man daher nicht an Trollland stellen. Außerdem kommt es, sei es nun gewollt oder nicht, sehr oft anders als man denkt. Trotzdem oder gerade deshalb tut dies dem Spielspaß aber keinen Abbruch. Gerade diese Unwägbarkeiten verleihen dem Spiel einen deutlichen Mehrwert an Unterhaltung.

Der Spielablauf ist zwar repetitiv, aber keineswegs langweilig. Solange noch genügend Anlegemöglichkeiten vorhanden sind, läuft alles in geregelten Bahnen und das gleichzeitige Auslegen der Handkarten geschieht recht flott. Die einzige Überlegung bei der Kartenauswahl besteht darin, welche der Handkarten man für spätere Runden zurückhält und zu einem geeigneteren Zeitpunkt ausspielt. Dies sind in der Regel Völker, die der Reihenfolge nach zuerst verladen werden, oder rangniedrige Verbannte, da diese zuerst einen Platz in den Käfigen finden. Sobald jedoch weniger Transportmittel zur Abfahrt bereitstehen, wird es kniffliger. Schließlich möchte man seine Leute unbedingt in Käfige verfrachten, gleichzeitig aber auch mit dem Anlegen der letzten Karte das Gefährt abfahren lassen und am besten noch die Mitspieler ärgern, indem sie geplante Anlegemöglichkeiten nicht nutzen können und somit ihre Flüchtlingslager füllen müssen. Da dies aber gleich drei Dinge auf einmal sind, handelt es sich eher um Wunschdenken und ist selten von Erfolg gekrönt.

Trollland ist in jeder Besetzung gut spielbar. Zu zweit ist es planbarer, mehr Spaß macht es aber ganz klar mit steigender Spielerzahl, da so die kleinen und großen Gemeinheiten erst richtig ihr Potenzial entwickeln. Als Familienkartenspiel ist es aufgrund der Thematik vielleicht weniger geeignet, obwohl die Abschiebeproblematik im Spiel eher untergeht. Man hätte als Thema natürlich auch den bretonischen Gemüseexport wählen können, aber dies wäre um ein Vielfaches uninteressanter und ließe die Laaangweilig-Rufer schnell auf den Plan treten. Wer sich also am Thema nicht stört und auch mit direkter Interaktion keine Probleme hat, findet in Trollland ein lockeres, kurzweiliges Kartenspiel, das 30 Minuten sehr gute Unterhaltung bietet.

Rezension Monika Harke

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Trollland: 4,8 4,8, 4 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 15.12.10 von Monika Harke
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 09.01.11 von Andreas Molter
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 09.01.11 von Regina Molter
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 10.01.11 von Rainer Harke

Leserbewertungen

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