Rezension/Kritik - Online seit 27.03.2025. Dieser Artikel wurde 600 mal aufgerufen.
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Papaver und Digitalis Purpurea kennen Sie nicht? Dann aber hoffentlich Carbo vegetabilis oder Strychnus nus-Vomica. Auch nicht? Keine Angst, eine Ausbildung als Apotheker brauchen Sie für dieses Spiel nicht. Es reicht, wenn man weiß, Papaver (roter Mohn) ist gut, will ich haben, Strychnus nux-vomica (Brechnuss) eher nicht. So schwierig ist das nicht, und sonst kann man auch immer kurz in der Packungsbeilage nachlesen. Also einfach losspielen!
Was machen wir? Wir sammeln Karten. Ähnlich wie bei 6 nimmt! spielen wir Karten von unserer Hand wahlweise in eine von drei Kartenreihen auf dem Tisch. Pro Zug dürfen wir auch mehrere Karten ausspielen, aber immer nur Karten von einer Farbe und nur in eine Spalte. Dabei werden die Karten immer abwechselnd offen und verdeckt abgelegt. Die Karten haben Werte von +4 bis -4.
Spielt jemand die siebte Karte in eine Reihe, kann (oder muss) er sich diese Reihe nehmen. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, stellt sich nach dem Umdrehen der verdeckten Karten heraus, ob die Zahlen sich auf eine positive oder negative Summe summieren.
Wenn der Nachziehstapel aufgebraucht ist, endet das Spiel und der Spieler mit der insgesamt höchsten Punktzahl aus all seinen Arzneien wird zur Apothekerin der Herzen erklärt und muss einen Arztroman lesen (zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Buchhändlerin oder Buchhändler).
Mich hat Belladone Bluff über die Optik abgeholt - das hat der Grafiker gut gemacht. Das Inlay, die Gestaltung der Karten und sogar der thematisch gehaltene Beipackzettel (Anleitung) sind einfach schön, und während ich das hier schreibe, liegt das Spiel vor mir und ich habe Freude daran.
Spielerisch sind die in der Spielbeschreibung erwähnten Anleihen an 6 nimmt! unverkennbar, ohne aber eine simple Kopie davon zu sein. Die Kartenreihen, die man sammelt, deren Wert dann gut oder schlecht (oder auch mal katastrophal) sein können, das fühlt sich ähnlich an, spielt sich aber anders.
Entscheidend ist vor allem die Regel, dass die siebte Karte einer Reihe die gleiche Farbe haben muss, wie die Karte vorher (ich musste 3x die Regel lesen, bis ich verstanden hab, wie das gemeint ist). Da man die Farben der Handkarten bei den Mitspielern sehen kann, kann man so etwas steuern, ob und wer eine Reihe nehmen kann, und es kommt nicht zwangsweise zu der Situation, dass man den Mitspielern eine Vorlage machen muss, weil es die Reihenfolge zufällig so vorgibt. Und so manch vermeintlich gute Vorlage hat sich beim Aufdecken der verdeckten Karte auch schon zu einer giftigen Suppe gewandelt. Da lacht dann die Schadenfreude, wenn die gierigen Mitspieler wieder auf den namensgebenden Bluff hereingefallen sind.
Weiter gibt es noch einige Aktionskarten die, offen in einer Reihe abgelegt, zusätzliche Optionen bieten. So kann es sein, dass der Gewinner einer Reihe diese an einen Mitspieler verschenken muss. Oder dass die Punktezahl einer Reihe umgekehrt wird, aus viel Minus wird dann viel Plus, und umgekehrt. Als sehr mächtig hat sich die Aktion herausgestellt, dass man sich die verdeckten Karten anschauen und sogar eine austauschen darf. Vor allem als letzte Aktion ist das sehr stark, da man so den Wert einer Reihe noch sehr stark beeinflussen kann. So erhält das relativ simple Kartenablegen noch einen leichten Twist, um nicht zu zufällig zu sein. Letztlich wird damit aber aus Glück noch etwas mehr Glück – oder Unglück.
Spielbar ist Belladone Bluff von zwei bis vier Spielern, wobei mich das Spiel zu zweit gar nicht überzeugt hat, das lief doch sehr eintönig und bot wenig Überraschungen. Drei Spieler scheinen mir optimal, vier Spieler (jeder einzeln) gegeneinander fand ich dann schon wieder zuviel. Da kommt man einfach zu selten an die Reihe und es ist völlig zufällig, wann man mal eine Reihe einsammeln kann oder muss.
Alternativ schlägt die Anleitung für vier Spieler eine Teamvariante vor, zu der ich wiederum sehr raten würde. In dieser Konstellation kann man versuchen, die guten Reihen so vorzubereiten, dass der Mitspieler diese einsammeln kann, bzw. auch versuchen Zeichen zu geben, indem man als sechste Karte eine Farbe spielt, die der Mitspieler gerade nicht auf der Hand hat. Der betroffene Mitspieler muss dann halt nur etwas aufpassen.
Insgesamt find ich Belladone Bluff ein sehr hübsches, aber auch etwas seichtes Kartenspiel, das einen ein paar Mal nett unterhält, aber nicht besonders lange in Erinnerung bleibt. Ich würde es wieder mitspielen, aber wohl nur noch selten vorschlagen. Die Entscheidungen im Spiel sind sehr simpel und der Spannungsbogen eher flach. Für sich ok, aber zumindest bei mir stehen genug Spiele, die noch etwas mehr zu bieten haben.
Rezension Michael Timpe
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Unsere Hausregel für das Teamspiel: Wenn eine Reihe verschenkt werden muss, haben wir uns im Teamspiel darauf geeinigt, dass der Schenkende erst entscheiden muss, ob er die Reihe seinem Teampartner oder der Gegenpartei gibt, bevor die verdeckten Karten aufgedeckt werden. Das erhöht zwar noch den Zufall, sorgt aber auch für etwas Spannung.
H@LL9000 Wertung Belladone Bluff:
4,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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09.11.24 von Michael Timpe - Thematisch und Optisch gefällt es mir super, spielerisch leider etwas beliebig. Nicht schlecht, aber auch nicht so, dass man es immer wieder spielen will. |
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