Rezension/Kritik - Online seit 05.12.2013. Dieser Artikel wurde 4813 mal aufgerufen.

Omertà

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Autor: Sebastian Marwecki
Verlag: Bom Basta Spiele
Rezension: André Beautemps
Spieler: 4 - 9
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2013
Bewertung: 3,7 3,7 H@LL9000
5,0 5,0 Leser
Ranking: Platz 3422
Omertà

Spielziel

Ein neuer Verlag machte uns ein Angebot, das wir einfach nicht abschlagen konnten... allein um das Leben des Lieblingsschaukelpferdchen unseres Dons nicht zu gefährden. Also haben wir uns hingesetzt, die Karten und das Regelwerk gezückt und alsbald zu spielen begonnen. Die vom Spieletitel vorgegebene Schweigepflicht haben wir nur bedingt erfüllt: Zwar verriet keiner freiwillig seine Rolle oder seine Familienzugehörigkeit, aber gehässige Kommentare entfleuchten den Mündern, noch bevor das Großhirn irgendwelchen Schließmuskeln im Oralbereich auch nur einen Reflexbefehl erteilen konnte.

Ablauf

Jeder bekommt eine geheime Charakterkarte, die ihn entweder als Don oder Consigliere einer Familie oder auch als nicht familienabhängigen Handlanger ausweist. Letztere sind nur bei bestimmten Teilnehmerzahlen zugegen, Don und Consigliere je einer Familie sind minimal immer dabei. Die Familie kennt gemeinsam nur ein Ziel: Ihr Don muss der letzte Überlebende seiner Art sein. Dumm nur, dass auch die eigenen Familienmitglieder zu Spielbeginn völlig unbekannt sind. Die Handlanger haben es da besser: Sie verfolgen immer nur das Ziel, ihren rechten Nachbarn zu beschützen, völlig unabhängig von dessen Identität.

Zusätzlich bekommt jeder Startkapital und ein Startset von Handkarten, bestehend aus zwei Sorten: schwarzen und weißen Aktionskarten. Während die schwarzen strikt der Ablagepflicht auf dem eigenen Kartenplatz unterliegen, gilt für weiß genau das Gegenteil: Diese Karten dürfen ausschließlich auf Plätzen vor Mitspielern abgelegt werden. Für alle gilt: Die Ablage ist jederzeit möglich und muss immer verdeckt erfolgen. Einzig davon ausgenommen ist ein Spieler, der seinen aktiven Zug begonnen hat.

Diesem dürfen keine Karten auf seinen Platz gelegt werden, denn nun wird dessen Stapel in umgekehrter Reihenfolge zur Ablage aufgedeckt und die jeweilige Aktion auf der Vorderseite der Karte ausgeführt. Dies kann positive oder negative Auswirkungen haben. Negative Folgen sind zumeist monetär, also mit Geld zu bezahlen. Als Nebeneffekt können aber auch inaktive Spieler von Kartentexten betroffen sein, meist ebenfalls in Form von Geld, welches sie an den aktiven Spieler abgeben müssen oder aber von diesem erhalten. Ab und zu müssen als Nebeneffekt aber auch Identitäten preisgegeben werden. Dies ist eine von überhaupt nur zwei Möglichkeiten, diese von anderen Spielern spitz zu kriegen.

Die andere Möglichkeit, eine Identität zu erfahren, ist ein Bestechungsversuch im Anschluss an die Abarbeitung des eigenen Kartenstapels. Mit einer frei bestimmbaren Summe an Geld kann einmal pro Zug der Versuch unternommen werden, einen Spieler genauer kennen zu lernen. Nimmt dieser das Geld an, muss er dem edlen Spender seine Charakterkarte offenbaren. Wird verweigert, bleiben zum versöhnlichen Abschluss des eigenen Zugs immer noch Möglichkeiten offen. Entweder können gegen Bezahlung bis zu drei weiße Aktionskarten aus dem Vorrat erworben werden oder deren zwei für umsonst, sofern diese schwarz sind. Eine Mixtur ist nicht erlaubt. Anschließend wird der im Uhrzeigersinn nächste Spieler die Gelegenheit bekommen, seinen aktiven Zug deutlich anzukündigen (zwecks Einhalt der Kartenablage bei ihm) und diesen unmittelbar auszuführen.

Gerät ein Spieler in die missliche Lage, während des Abarbeitens seines Kartenstapels eine geforderte Geldsumme nicht mehr zahlen zu können, scheidet er unverzüglich aus dem Spiel aus und muss seine Identität offenlegen. Handelt es sich um einen Consigliere oder Handlanger, geht das Spiel weiter ohne ihn. Ist er ein Don und ist die dadurch verbliebene Anzahl an Dons, die noch am Spiel beteiligt sind, auf einen reduziert worden, ist das Spiel beendet. Gewonnen haben alle Familienmitglieder des überlebenden Dons, auch ausgeschiedene. Handlanger gewinnen oder verlieren mit ihrem rechten Nachbarn.

Fazit

Viele verschiedene Aktionskarten mit Anweisungstexten, die jederzeit gespielt werden dürfen? Ja, die Einstiegshürde scheint auf den ersten Blick recht hoch zu liegen. Hier hilft ein einfacher Trick, den ich auch als grundsätzlichen Tipp für sämtliche Erstspielrunden verstanden wissen möchte: Geht's raus und spuit's! Einfach mal strikt dem Mechanismus folgend Karten gerne auch ungelesen bei irgendwem nach reinem Zufalls- oder meinetwegen auch gezieltem Prinzip ablegen. Wenn die ersten Spieler dann ihren aktiven Zug beginnen und die Karten eine nach der anderen vorlesen und befolgen, wird rasch allen einiges und einigen alles klar.

Doch womit genau werden wir hier von diesen jungen aufstrebenden Bremern beglückt? Zunächst mit einer gerade noch handgepäckverträglichen Kleinschachtel, die innen großzügigen Stauraum für Karten, Spielgeld und Regelheft lässt. Offen gestanden so großzügigen Spielraum, dass die Karten gerne etwas größer hätten ausfallen dürfen. Insbesondere der entscheidende Anweisungstext, was genau durch diese Karte ausgelöst wird, lässt die Hoffnung auf ein gedimmtes Mafiaambiente schon vor Spielbeginn sterben. Nun bedeuten größere Karten vermutlich höhere Produktionskosten, was das Verständnis für den diesbezüglich regressiven Stil erhöhen sollte. Zumindest, wenn es sich beim Herausgeber um ein Kleinunternehmen und Neuling handelt. Vielleicht dann doch noch der Hinweis, beim nächsten Mal ggf. der Kartengrafik einen geringeren Raum oder eine Hintergrundrolle zuzuweisen und dafür derart kriegsentscheidende Worte entsprechend größer abzubilden. Dann können auch in Ehren ergraute große Dons noch unbeschwert mitspielen.

Apropos ergraut: Die nach oben offene Altersangabe wird nach unten mit einem Minimum von 12 Lenzen abgegrenzt. Dies kann man in Bezug auf die Mechanismen und vor allem auf das gewählte Thema gutheißen. Letztlich geht es ja darum, Gegenspieler auszuschalten, allerdings ist hier im Unterschied zu manch anderem Gangsterspiel das Ausscheiden nicht durch Mord und Totschlag gesteuert, sondern ausschließlich über finanzielle Mittel. Wie ja auch in der Realität so manchem Bösewicht nur ein Bein auf exakt diese Weise gestellt werden konnte.

Ob der eingangs erwähnten Empfehlung einer nicht siegausgerichteten Einstiegsrunde sollte man meinen, dass erprobte Spielrunden die Möglichkeit des ständigen Ausspielens von Handkarten fleißig nutzen. Weit gefehlt: Nur wenigen gelingt es, Karten zu spielen, während ein Spieler seinen Kartenstapel abarbeitet. Das liegt vorrangig an der grundsätzlich schwelenden Schadenfreude, wenn der liebe Mitspieler eine Zahlung nach der anderen leisten muss. Hinzu kommt die Möglichkeit, dass Aktionskarten Wirkungen auf einen selbst entfalten können, von Geldgewinn oder -verlust bis zu Identitätsaufdeckungen. Und jetzt kommt noch der Profifaktor on top: Sich gemerkt zu haben, welcher andere Spieler welche weiße Aktionskarte bei dem armen Teufel abgelegt hat. Am besten funktioniert das beim eigenen Kartenstapel, wenn ein Mitspieler unmittelbar vor einer Kartenablage die Identität des betroffenen Spielers erfahren hat.

Während die schwarzen Karten eindeutig zuzuordnen sind und in der Regel Schutzfunktionen bieten, liegt der Fall bei den weißen Karten differenzierter. Einige davon bringen dem aktiven Spieler nicht unerhebliche Geldgewinne und dies sind auch die interessantesten Karten. Während ganz zu Beginn alle Karten nur zufällig verteilt werden können, solange noch niemand irgendeinen anderen Charakter kennt, kann die Zuschusterung von positiven Karten mit zunehmender Spieldauer immer wahrscheinlicher deutliche Aufschlüsse über Familienzusammengehörigkeiten geben. Zum Spielende wird sich auch selten die Blöße gegeben, auch nur irgendetwas unauffällig hinlegen zu wollen.

Diese Ablenkungen sorgen dafür, dass es im Spielverlauf ein Wechselspiel zwischen der gegenseitigen Kartenablage und der Abarbeitung eines Spielzuges gibt. Eine positive Sache. Die von einigen anfangs befürchtete Hektik durch die gleichzeitig erlaubte Ablage von Karten bei allen Spielern tritt so nicht ein. Nur ein kurzes Aufflackern, wenn einige unmittelbar vor Beginn des nächsten aktiven Zuges eines Spielers schnell noch ein paar Kärtchen bei diesem postieren wollen. Aber ansonsten: gepflegte Ruhe während der meisten Kartenablagen.

Eher laut dagegen die Kommentierung der aufgedeckten Karten. Man fiebert jedes Mal mit, wenn es eng wird für einen Kameraden am Spieltisch. Weiß man, wer er ist, ist dieses Fieber negativ oder positiv besetzt, ansonsten einfach nur ein neugierdebehaftetes, ob da gleich jemand Hops geht und wenn ja, ob das gut oder schlecht für einen selbst ist. Die anschließende Kartenablage ist dann schon eher eine entspannende Tätigkeit und wird daher weitgehend hanseatisch durchgeführt. Nämlich sehr gefasst.

Diese Gesamtkombination trägt über die korrekterweise variabel angegebene Spieldauer von immer unter einer Stunde. Wobei im Extremfall eine Partie schon nach einer Runde beendet sein kann, wenn nur 2 Familienoberhäupter im Spiel sind und einer davon bereits durch seinen ersten Aktionskartenstapel in den Bankrott getrieben wird. Um dies zu erreichen, müssten aber ausschließlich negative Karten in den Startsets vorliegen und alle anderen Spieler einem Zeitgenossen alle ihre weißen Karten zuschustern.

Allen Testrunden in den verschiedensten Zusammensetzungen vom Gelegenheitsspieler bis zum Spielenerd war der hohe Wiederspielreiz nach der Einstiegspartie gemein. Das allein darf schon als Erfolg gewertet werden. Darüber hinaus wurde das Element des Ausscheidens wunderbar aufgefangen. Die Tatsache, dass zumindest die ausgeschiedenen Consigliere immer noch den Spielsieg miterringen können, hält die entsprechend betroffenen Spieler weiterhin bei der Spielgeschehensstange.

Auf alle Fälle ist den Eltern dieses Bambino kein Pferdekopf unter die Bettdecke zu stecken, um weiteren Spielenachwuchs zu verhindern. In diesem Sinne breche ich dann auch mit der titelverordneten Schweigepflicht und rufe allen Mafiosi dieser Welt zu: Es lebe der Don!

Rezension André Beautemps

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

Regelvarianten

Für erfahrene Spieler gibt es weitere Familienkarten, die anstelle der drei Grundvarianten ins Spiel gebracht werden können. Alle drei weiteren Charaktere spielen alleine und haben unterschiedliche Spielziele. Mal gilt es, das meiste Geld zu besitzen, mal als Erster auszuscheiden und mal bis zum Ende zu überleben. Die letztgenannte Variante ("Der Spitzel") ist die fieseste, müssen doch die Familien vor der Eliminierung der feindlichen Dons zunächst den Spitzel ausfindig und unschädlich machen.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Omertà: 3,7 3,7, 3 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 11.11.13 von André Beautemps - Schönes Teamspiel, bei dem erst während des Spielverlaufs die Teamzugehörigkeit klar wird.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 31.10.13 von Michael Andersch - Grundsätzlich kann das Spiel witzig sein, aber ich behaupte, dass das Team, das sich als erstes findet, in 90% der Fälle gewinnen wird. Zusammen mit "zu Spielbeginn total unplanbar" springt hier leider punktemäßig nicht besonders viel raus...
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 05.12.13 von Andreas Molter - Nicht wirklich planbar, aber das ist aufgrund der kurzen Spieldauer nicht schlimm. Macht in der richtigen Runde echt Spaß. Böses Kartenspiel!

Leserbewertungen

Leserwertung Omertà: 5,0 5.0, 2 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.12.13 von Björn Kalies - In vielen verschiedenen Runden ist dieses Spiel super angekommen. Die Partien verlaufen auch recht unterschiedlich, was das ganze sehr spannend macht. Je mehr die Karten bekannt sind, desto flüssiger läuft das Spiel an.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 31.01.17 von Paul - Sehr schönes Teamspiel, hat uns mehrere Tage in Folge hervorragend unterhalten. Leider sehr schwer zu bekommen, wird zur Zeit nicht mehr aufgelegt.

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