Rezension/Kritik - Online seit 06.05.2024. Dieser Artikel wurde 3584 mal aufgerufen.
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Sprintversion für Grübler
Maracaibo? Da war doch was! Stimmt: 2019 brachte Alexander Pfister bei Game´s Up sein Expertenspiel auf den Markt. Bei dem wir mit unserem Schiff in ganz eigenem Tempo Runden durch die Karibik drehten und nebenbei mit sehr vielen sehr verschiedenen Karten zahllose Dinge taten. Viele meiner Mitspieler waren von Material und Regelmenge erschlagen, andere freuten sich über den mitgelieferten Kampagnenmodus und kauften auch gleich die Erweiterung The Uprising.
Spätestens bei denen setzte Ende 2023 Schnappatmung ein, als Vertriebspartner dlp games Pirates of Maracaibo ankündigte. Verbunden mit zwei Informationen: zum einen, dass es sich dabei um ein eigenständiges Spiel handelt, das auch Ryan Hendrickson und Ralph Bienert als Autoren ausweist. Und zweitens, vermutlich zur Beruhigung der in Teil eins Abgehängten, dass dies Spiel kürzer und leichtgängiger sei.
Was man halt so schreibt. Natürlich ist es kürzer und leichtgängiger, aber es ist anfangs immer noch ein ganz schöner Brocken. Denn vor uns liegt die See, bestehend aus 25 tiefblauen Karten und drei Pappinseln. Daneben dann im Anschluss eine Landkarte mit einem Hafen, Maracaibo und einem Rundwanderweg. Und dazu: Material, viel Material. Wir fahren mit unserem Schiffchen nun nicht mehr im Kreis, sondern über die Kartenauslage hinweg. Geblieben ist die Idee, dass derjenige, der richtig Tempo macht, die Länge einer Spielrunde bestimmt.
Sind wir an der Reihe, dürfen wir mit unserem Schiff ein bis drei Felder weit ziehen. Dabei müssen wir uns mindestens eine Spalte weiter Richtung Maracaibo bewegen. Landen wir auf einem Feld mit einem anderen Piraten, bekommt dieser von uns eine Dublone. Danach nutzen wir das Spielfeld, genauer: die Karte, auf der wir stehen. Meist können wir sie kaufen und vor uns ablegen. Sie bringt uns am Rundenende Geld oder ein paar Pünktchen, vor allem aber am Spielende Punkte. Und die Karte verändert die Spielregeln für uns, indem sie künftige Einkäufe günstiger macht oder uns beim Würfeln Vorteile verschafft.
Würfeln? Es sind drei W6 in den Farben Weiß, Gelb und Grün im Spiel. Landen wir auf einer der karibischen Inseln im Meer, so können wir dort unser Glück versuchen. Je nachdem, wie hoch die Augenzahl ist und wie viele Boni wir beisteuern können, umso höher ist unser Ertrag. Unter anderem buddeln wir so nach Schätzen, die wir auf unserem eigenen Tableau ablegen. Sie bringen am Spielende Zählbares, je nachdem, wie viele gleichfarbige Steine alle Piraten eingesackt haben. Und wenn wir unsere Schätze auf unserer eigenen Insel wieder vergraben, gibt es auch noch etwas oben drauf. Damit wir unterscheiden können, ob wir sie bereits vergraben haben oder nicht, gibt es auf dem Tableau eine „Schaufellinie“. Das Wort kannte ich noch nicht.
Alternativ können wir unterwegs auf Karten Residenzen gründen. Das ist ziemlich teuer, bringt aber am Spielende auch reichlich Punkte. Denn wir legen damit ein persönliches Spielziel fest. Und haben wir dann entsprechende Karten gesammelt oder Fortschritte gemacht, zählen diese Extras. Schließlich können wir noch unser Schiff ausbauen: Das liegt mit ausgestanzten Luken für die Kanonen vor uns, die wir mit grauen Würfelchen füllen. Für jedes gibt es eine weitere Belohnung oder dauerhafte Verbesserung. Hübsch ist, dass diese Effekte in vier Kategorien eingeteilt sind, und erst, wenn wir genügend Ausbauten haben, dürfen wir auch in der nächsthöheren Kategorie Würfel ablegen.
Wie beim Namensvetter Maracaibo endet eine Runde, wenn der erste Spieler den Zielhafen erreicht. Alle anderen haben dann noch einen Zug, und wer nicht im Hafen ankommt, verschenkt so einige Boni. Danach werden wieder alle Boote auf den Startplatz auf der anderen Meeresseite zurückgebeamt, und es geht von vorn los. Das spielen wir drei Mal, allerdings verändert sich das Meer, dank immer wieder neu ins Spiel kommender Karten, erheblich. So entsteht tatsächlich eine Abenteuerfahrt. Das ist schön ausgedacht.
Das Spielbrett mit dem Hafen von Maracaibo hat gleich mehrere Funktionen. Es dient nicht nur als Zielort, sondern bietet auch einen Fußweg für unsere „Entdecker“ genannte Spielfigur, die mit Schritt und Tritt Brauchbares einsammelt. Je weiter sie kommt, umso mehr Punkte gibt es am Ende. Belegte Plätze werden übersprungen, auch das erinnert an den thematischen Vorgänger. Nicht so gelungen ist, dass das Brett auch die Zählleiste zeigt. Die ist leider so gestaltet, dass wir in Vertiefungen außen unseren Punktemarker anlegen sollen. Das klappt gar nicht gut, dauernd verrutscht etwas. Hier hätte ich mir eine optisch simplere, dafür funktionalere Lösung gewünscht.
Weiterer Kritikpunkt sind die winzigen Spielmarker, die wir auf den Residenzen ablegen oder bei der Schlussabrechnung für die vielen Umrundungen der Punkteleiste als Anzeiger nutzen. Sie sind so klein geraten, dass man befürchten muss, sie bei zu starkem Einatmen in die Lunge zu befördern. Vorsicht also! Ansonsten gefällt mir das Material sehr gut, denn es ist stimmungsvoll. So können wir unser Schiff mit einer Gallionsfigur nebst weiteren Sondereffekten aufhübschen.
Unterm Strich ist Pirates of Maracaibo eine gelungene Neuheit, die die Referenz auf den Vorgänger nicht zwingend gebraucht hätte. Das Spiel ist eigenständig, funktioniert prima und ist tatsächlich kompakter als der große Brummer von 2019. Ich spiele es deshalb sogar lieber als das Namens-Flaggschiff. Vielleicht zielte man bei der Namensgebung auf die Besitzer von Maracaibo, aber wollen die wirklich kürzer spielen? Diejenigen, denen der Vorgänger zu viel war, musste ich jedenfalls zum Mitmachen überreden, hier war die Namensgebung sogar kontraproduktiv. Ein eigener, anderer Titel wäre vielleicht besser gewesen. Denn den hat diese Spielidee definitiv verdient.
Rezension Stefan Ducksch
In Kooperation mit der Spielezeitschrift
H@LL9000 Wertung Pirates of Maracaibo:
5,0, 2 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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02.05.24 von Stefan Ducksch |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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09.11.24 von Michael Timpe - Kann die Rezension nur bestätigen, super Spiel dass den \"grossen Bruder\" ziemlich in den Schatten stellt. Ich mag beides, aber für die Piraten bekommt man leichter Mitspieler, da nicht ganz so lang und aufwendig. Bei uns sehr gut angekommen - sehr gute 5 Punkte. |
Leserwertung Pirates of Maracaibo:
5.7, 3 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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06.05.24 von Dieter Schmitz - Gefällt uns sehr gut. In unseren Augen besser als Maracaibo. Abwechslungsreicher und schneller gespielt. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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08.05.24 von Hans Huehnchen - Die kritisierten kleinen Marker stören mich wenig, da sie fast nur am Spielende eingesetzt werden. Der Spielablauf ist nicht kompliziert, aber an den vielen Symbolen erklärt man sich einen Wolf und teilweise sind sie recht klein und führen zu Fehlinterpretationen - zumindest habe ich diese Erfahrung in mehreren Runden mit Neulingen gemacht. Trotzdem ist Pirates of Maracaibo mein meistgespieltes Spiel seit der Spiel 23 . Parallelen zum großen Bruder sind erkennbar, aber Pirates ist fluffiger und weniger expertig. Trotz Abzügen in der B-Note die volle Punktzahl beim Spielspaß. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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07.01.25 von CW3000 - Das Spieldesign ist nicht perfekt. Es rumpelt hier und da mal im Getriebe: Die Symbolik ist nicht immer eindeutig, es treten Regelfragen auf, auf die die Regel keine eindeutige Antworten gibt. Es muss generell viel nachgeschlagen werden. Die separat erhältliche Spielmatte ist eigentlich ein Muss. Warum es für die Punkteauswertung keinen Block gibt und stattdessen die Punkteleiste 6 mal umrundet werden muss, was bei dem Punktesalat auch irgendwann fehleranfällig wird, erschließt sich mir nicht. Zum Glück gibt es auf Board Game Geek auf die Fragen Antworten und die Möglichkeit zum Download eines Punkteblocks. Trotz der ausführlichen Kritik macht es uns viel Spass, uns auf diesen atmosphärischen Engine Builder einzulassen. Dass das Spiel öfter auf den Tisch kommt liegt neben dem Thema und der schönen Optik (insbesondere mit der den Aufbau vereinfachenden Spielmatte) auch an der überschaubaren Spielzeit und Komplexität. Hatte ein Kennerspiel auf Burgen von Burgund-Niveau und angenehmer Spielzeit gesucht und bin insgesamt nicht enttäuscht worden. |