Rezension/Kritik - Online seit 18.04.2012. Dieser Artikel wurde 3731 mal aufgerufen.

Speed Dating

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Autor: Marcel-André Casasola Merkle
Verlag: KOSMOS
Rezension: André Beautemps
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2011
Bewertung: 3,3 3,3 H@LL9000
2,0 2,0 Leser
Ranking: Platz 6310
Speed Dating

Spielziel

"Hallo, ich bin der Carlos!"

Eine harmlose Eröffnung, jedoch wird es sofort etwas hektischer. Schließlich hat man nur 45 Sekunden Zeit, sich mit einem potenziellen Slow-Date-Partner über Alter, Beruf und Hobbies auszutauschen. Ach ja, und den Namen des Gegenüber sollte man sich auch unbedingt merken. Denn diese dreiviertel Minute wird man gleich ein paar Mal hintereinander mit unterschiedlichen Partnern durchleben. Um dann anschließend die Entscheidung für den einen Partner zu treffen, der gerade bei den Hobbies doch einige Gemeinsamkeiten aufzuweisen scheint. Wenn einem nur der verdammte Vorname wieder einfiele.

Ablauf

Wir erhalten einen Satz Symbolchips und eine farbige Ablagebank. In der Mitte liegen verdeckte Plättchen, die entweder einen Vornamen, eine Altersangabe oder einen Beruf bestimmen. Jeder Speed-Dater nimmt sich eine entsprechende Dreierkombination. Dies sind die Grundeigenschaften für die aktuelle Runde. D.h. ich bin jetzt gerade nicht mehr André, 42 und IT-Berater, sondern Carlos, 33 und Polizist. Dazu ziehe ich mir noch aus einem Stoffbeutel 5 Hobbyplättchen, die ich auf meiner Bank ablege, so dass ich die mir bestimmten Hobbies lesen kann, die Mitspieler aber nicht.

Einmal im Spiel bin ich wie jeder andere Mitspieler der Hauptakteur. In meiner aktuellen Rolle habe ich mit jedem Mit-Dater eine 45-sekündige Zeitspanne, um möglichst viele Informationen auszutauschen. Diese betreffen mit höchster Priorität meine Grunddaten (Name, Alter und Beruf) sowie die Hobbies. Ich selbst habe natürlich großes Interesse daran, diese Daten von meinem Gegenüber zu erfahren. Eine elektronische Stoppuhr wacht streng über die Einhaltung der gesetzten zeitlichen Grenze.

Nachdem diese Speed-Dates mit allen anderen vorbei sind, entscheide ich mich für einen von ihnen, indem ich verdeckt einen der Symbolchips von den anderen separiere. Dieses Symbol befindet sich für mich sichtbar auf der Ablagebank meines erwählten Partners. Während ich dies tue, versuchen die Mitspieler, meine Wahl zu erraten und geben hierzu einen Tipp ab, in dem auch sie einen Chip von den anderen trennen. Meine Entscheidung und alle Tipps werden gleichzeitig aufgedeckt. Richtige Tipper bekommen einen Punkt.

Der von mir erwählte Partner und ich haben nun die Aufgabe, uns an uns zu erinnern. Grundvoraussetzung ist die beiderseitige Nennung der Grunddaten. Ist uns dies korrekt gelungen, dürfen wir abwechselnd Hobbies, an die wir uns vom jeweils anderen erinnern, aufsagen. Wir haben insgesamt nur 2 Fehlversuche, bei dem dritten Fehler ist das Wiedersehen auch schon vorbei. Oder früher, falls sich keiner mehr an irgendetwas vom anderen erinnert.

Die Hobbies selbst sind einzelnen Kategorien wie Reisen, Sport usw. zugeordnet. Je Übereinstimmung bei den Kategorien der Hobbies, an die wir uns gegenseitig erinnern, erhalten sowohl mein Wahlpartner als auch ich einen Punkt. Es hätte sich also für mich gelohnt, in der Speed-Date-Runde aufzupassen, wer Hobbies in möglichst übereinstimmenden Kategorien mit meinen eigenen Hobbies hat.

Wenn der letzte meiner Mitspieler mit seiner Runde durch ist, steht ein Endergebnis über die zwischenzeitlich erlangten Punkte fest.

Fazit

Der Titel ist hier äußerst verräterisch: Speed Dating findet tatsächlich statt. Allerdings immer in einer gespielten Rolle, also nicht zu verwechseln mit privaten Interessen der Teilnehmer. Das allerdings erscheint nicht ganz einfach. Die Tatsache, dass dem Spiel Gutscheine für ein reales Date-Portal beigelegt sind, hilft in dieser Beziehung überhaupt nicht. Dies suggeriert, dass das vorliegende Werk tatsächlich speziell an die Zielgruppe gerichtet ist, die sich nicht unbedingt in eine Rolle begibt, um solche Verabredungen durchzuführen, und seien sie auch nur virtuell. Da dies schon auf dem Titelbild durch ein entsprechendes Logo kenntlich gemacht wird, ist die Suggestion "Nur für Singles, die es nicht bleiben wollen" perfekt.

Letzteres führte wiederum dazu, dass ich tatsächlich deutlich mehr Mühe hatte, überhaupt Testspieler für Speed Dating zu gewinnen. Insbesonders Paare hatten zumindest vor dem Spiel ein eher mulmiges Gefühl. Einmal mitten im Geschehen, fällt es dann allen Mitwirkenden auch im Punkt Partnerwahl leicht, sich nicht zwanghaft für den eigenen realen Lebensgefährten zu entscheiden. Schließlich hat der sich in der Regel völlig anders vorgestellt, als man ihn bzw. sie sonst kennt.

Abgesehen von diesen Abschreckungswirkungen des Titels ist die grundsätzliche Gestaltung des Spiels sowie des Materials gelungen. Die Farbgebung ist wie in vielen solcher Fälle Geschmackssache, immerhin sind die Farben deutlich voneinander zu unterscheiden und auch die hinzugesetzte Symbolik ist klar abgrenzend. Das Regelwerk ist vollständig, mit ganzen Beispielsequenzen für Date-Verläufe versehen und verständlich geschrieben. Vielleicht ein Wermutstropfen: Die Plättchen mit den Angaben zu Name, Beruf und Alter sind zwar auf der Rückseite ebenfalls mit unterschiedlichen Symbolen und der Kategorie gekennzeichnet, da dies alles in einem frischen Betongrau gehalten ist, wird oft daneben gegriffen und man hat zwei Namen, aber keinen Beruf ergattert. Eine klare Trennung der einzelnen Kategorien bei der Vorbereitung hilft über diesen Makel hinweg.

Die nicht wirklich überraschende Ausrichtung des Spiels ist die Kommunikation. Da diese in Kombination mit dem künstlich erzeugten Zeitdruck das Kernelement des Spiels darstellt, steht und fällt der Spielspaß mit der entsprechenden Fähigkeit der Teilnehmer. Geübte Rhetoriker und Plappertaschen bringen einfach mehr Schwung in die Runde als zaudernde Stotterer oder heruntergebetete Auflistungen. Auch dies ist in manchen Fällen ein Aspekt, der von vornherein so offenbar wird, dass die mundfauleren Zeitgenossen an dem Werk vorbeiziehen. Natürlich kommentarlos.

Das sollten sie nicht unbedingt tun, denn es ist doch immer wieder erstaunlich, zu welchen Leistungen auch eher ruhigere Vertreter unserer Rasse fähig sind, werden sie durch entsprechende Mitspieler und deren Verhalten motiviert. Kaum begibt man sich in die aktuell zugeloste Rolle, fängt man automatisch an, z. B. über die Namen den Charakter auch in Stimmlage, Gestik und Mimik zu stereotypisieren. In allen Runden, in denen von einer Person der Name "Bratze" gezogen wurde, wurde der Tonfall der spielenden Person ... nun ja, gewöhnlicher. Oder auch gerne mal ein bisschen esoterisch-müsliesk verklärt, wenn du verstehst, was ich meine, ne? Ich bin übrigens die Birte-Dörthe, du.

Der Zeitrahmen für eine Partie erscheint immer angemessen, denn die Spieldauer hängt von der Anzahl der Mitspieler ab. Wie bei vielen Kommunikationsspielen üblich gilt auch hier: Je mehr, desto besser. Es macht schlichtweg mehr Spaß, mit fünf oder sechs Datern an einem Tisch zu hocken und sich verzweifelt an die ganzen Namen, Berufe, Hobbies und dieses verdammte Alter zu erinnern. Auch wenn dies eine größere Herausforderung darstellt, als wenn man nur die Daten von zwei anderen Personen auf die Reihe kriegen muss. Gruppen, welche die hiermit verbrachte Spielzeit als amüsant erlebten, haben ohnehin der Endwertung wenig bis keine Beachtung geschenkt. Vermutlich ist das Wertungssystem hier einzig der Tatsache geschuldet, dass man am Ende irgendwie einen Spielstand haben muss und dadurch auch Sieger und Besiegte.

Als Gewinner dürfen sich aber am ehesten diejenigen fühlen, die trotz Vorbehalte über den eigenen Schatten gesprungen und eine Probepartie gewagt haben. Niemand aus diesem Kreis hatte im Nachgang echte und nachvollziehbare Kritik am Produkt vorzubringen. Diesem Eindruck kann ich mich nur anschließen und würde außer taubstummen oder sehbehinderten Mitmenschen sowie zwanghaften Strategiespielern allen empfehlen, auch bei glücklichster Zweisamkeit mal eine halbe bis dreiviertel Stunde lang diverse Rollen auszuprobieren, aus denen man schon nach kürzester Zeit wieder heraus darf und muss. Denn dann kann man dort sehr viel hereinlegen und hat hinterher auch noch was zu erzählen. Ich jedenfalls kann nun stolz und wahrheitsgemäß behaupten, schon 22jähriger Bundeskanzler, 84jähriger Stripper und 19jähriger Rentner gewesen zu sein.

Rezension André Beautemps

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Speed Dating: 3,3 3,3, 3 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 27.01.12 von André Beautemps
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.04.12 von Steffen Wallraff
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.04.12 von Frank Gartner - Eine kurzzeitig unterhaltsame Abwechslung für Menschen, die gerne quasseln. Mehr ist es aber auch nicht.

Leserbewertungen

Leserwertung Speed Dating: 2,0 2.0, 4 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 18.04.12 von Jochen - Hektisches Merkspiel welches dem ein oder anderen sicher für ein paar Partien Spaß machen wird. Danach wandert es in den Schrank und wird dort bleiben. Dann lieber Times Up, Freeze oder Nobodys Perfekt.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 19.04.12 von docholz - Sorry, gibt zuviele Spiele (besser) dieser Art. Ist evtl. was für einen Kauf vom Ramschtisch in einem halben Jahr.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 20.04.12 von Dirk Grundmann - Beim ersten Mal noch einigermaßen witzig gefunden, aber schon beim zweiten Spiel nur noch gelangweilt.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 23.04.12 von Stefan

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