Rezension/Kritik - Online seit 04.05.2025. Dieser Artikel wurde 801 mal aufgerufen.

Stephens

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Autor: Costa
Rôla
Verlag: Capstone Games
Pile Up Games
Rezension: Ferdinand Köther
Spieler: 1 - 4
Dauer: 60 - 120 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2024
Bewertung: 5,0 5,0 H@LL9000
5,0 5,0 Leser
Ranking: Platz 2044
Stephens

Spielerei-Rezension

Glasfabrik in Portugal

Vermutlich können sich viele Spieler zunächst unter dem Namen Stephens nichts vorstellen, es sei denn, sie sind sehr in portugiesischer Geschichte bewandert. Der Namensgeber aus Großbritannien investierte nach dem schweren Erdbeben 1755 in Lissabon in die Glasindustrie Portugals, die Nachfrage war aufgrund des Bebens gewaltig. Die Einleitung zu diesem Spiel gibt noch einige weitere Einblicke und einmal mehr heißt es „Spielen bildet“.

Das Spielmaterial ist reichhaltig, aber in seinen Funktionen auch durchaus relativ übersichtlich. Man muss wissen, dass das längliche Spielbrett eine eindeutige Ausrichtung hat: unten und oben, links und rechts, das ist wichtig für einige Funktionen. Vier Glasfabriken von Stephens sind zu Beginn mit hübschen farbigen „Glassteinen“ gefüllt, vier weitere kleine Fabriken sind noch leer. Neben den beiden oberen Stephens-Fabriken liegen zu Beginn je zwei Handwerk-Karten.

Wer an der Reihe ist, hat 2 Möglichkeiten, jeweils mit 2 Optionen. Das hört sich einfach an, will aber in jedem Fall gut überlegt sein.

Man kann einen Glasstein oder eine Ressource aus einer Fabrik nehmen, wohlgemerkt zunächst nur Glassteine aus denen von Stephens, und erhält für Geld entweder eine Auftragskarte oder für Einfluss vom eigenen Spielertableau eine Investitionskarte oder aktiviert alle daneben liegenden Handwerke, je nachdem von welcher Fabrik man das Glas genommen hat. Später kann man auch Ressourcen (in den Fällen Holzmarker) aus den kleinen Fabriken nehmen, wodurch dann die daneben liegenden Handwerke aktiviert werden. Auf den Handwerken liegen immer eine oder zwei Scheiben der Spieler („Meister“ und „Lehrling“). Durch Aktivierung erhalten alle Spieler, die in dieser Reihe vertreten sind, den Ertrag der Karte(n) mit eigener Scheibe – ich mag solche kooperativen Elemente in einem grundsätzlich sehr kompetitiven Spiel.

Das war eine Möglichkeit, bei der anderen geht es um die Handwerke. Man kann ein neues schaffen, indem man die Kosten (Geld oder Einfluss) dafür bezahlt und eine neue Handwerk-Karte anlegt, dabei, sehr tricky, muss eine Fabrik immer weniger Handwerke haben als die darunter („oben“ und „unten“). Wer das tut, legt eine seiner Scheiben als Meister darauf, wodurch er entweder dauerhafte Fähigkeiten auf seinem Tableau freischaltet oder weitere Bereiche seiner Einflussleiste, die zu Beginn sehr begrenzt ist. Oder man verstärkt ein Handwerk mit einer eigenen Scheibe, freischalten siehe oben, als Lehrling. Als Lehrling erhält man denselben Ertrag wie der Meister, aber dieser bekommt dafür am Spielende 1 Siegpunkt – wieder solch ein kooperatives Element. Man will ja an die Erträge rankommen, z. B. Geld oder Ressourcen, also gönnt man den anderen auch mal 1 Siegpunkt … oder doch nicht? Aber man will ja auch was freischalten, Qual der Wahl.

Sobald 2 von Stephens’ Fabriken leer sind, folgt die Ruhephase, in der einiges passiert, das hier nicht alles genannt werden soll. Sehr wichtig sind dabei die eigenen Investitionen, die man aktivieren kann oder nicht, sehr clever geregelt. Dafür erhält man Ressourcen, die dann in die kleinen Fabriken gelegt werden, wofür man auch Belohnungen erhalten kann. Allerdings haben manche Investitionen neben positiven auch negative Auswirkungen und man kann auf der Dünen- oder Waldleiste abwärts rutschen. Holz wird für die Öfen gebraucht, Sand für das Glas, die Ausbeutung der Natur rächt sich.

„Für und wider“ ist bei Stephens ein durchgängiges Prinzip und eine spannende Herausforderung. Schließlich kam man in der Ruhephase eigene Aufträge erfüllen, was natürlich diese oder jene Erträge bringt.

Was einfach zu sein scheint, ist im Detail meist diffizil, aber nicht zu schwierig geregelt, vor allem, was die Investitionen und Aufträge betrifft; für manche der letzteren braucht man u. a. bestimmtes Zubehör, das man z. B. durch bestimmte Handwerke erhält. Die Regel ist gut und übersichtlich, die Symbolik ebenso und man findet recht schnell ins Spiel, was bei komplexen Spielen dieser Art nicht unbedingt der Fall ist. Man braucht natürlich alles – Geld, Ressourcen, Siegpunkte nicht zuletzt, Einfluss, Fähigkeiten usw., und oft hilft man den anderen mehr oder weniger freiwillig, aber immer mit knirschenden Zähnen … Glas lässt sich schlecht beißen.

Napoleons Armee rückt auf der Siegpunktleiste immer näher und sobald sie auf einen Spielermarker trifft, wird das Spielende eingeläutet, und ganz zum Schluss erfolgt noch eine Wertung für weitere Siegpunkte zusätzlich zu den während des Spiels gewonnenen, wobei u. a. auch der Dünen- und Waldpfad eine Rolle spielen oder erfüllte Aufträge.

Einfach, wenn man so will, aber komplex, und ein gefundenes Fressen für Vielspieler. Gut, aber nicht übermäßig verzahnt und garniert mit schöner Verquickung mit kooperativen Elementen hält Stephens das, was der Name des hochgeschätzten portugiesischen Autorenteams Rôla & Costa (z. B. Yinzi oder 6 Castelos) verspricht.

Es ist sehr erfreulich, dass der trotz des englischen Namens deutsche Verlag diese (Glas-)Perle hierzulande auf den Markt bringt. Wenn der alte Herr Stephens gewusst hätte, dass seine Investitionen solch ein hervorragendes Spiel inspirieren würden, hätte er sich sicher einen Toast ganz besonderer Art gegönnt. Warum er allerdings im Gegensatz zum Regelheft auf der beiliegenden, umfangreichen und interessanten Chronik so dümmlich-naiv abgebildet ist, bleibt das Geheimnis der Grafiker, schert ihn nicht und ist auch unwichtig. Lasst die Schmelzöfen nicht kalt werden, das ist wichtig, wir brauchen Glas!

Rezension Ferdinand Köther

In Kooperation mit der Spielezeitschrift

Spielerei

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Stephens: 5,0 5,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.04.25 von Ferdinand Köther

Leserbewertungen

Leserwertung Stephens: 5,0 5.0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 13.05.25 von Dietrich - Zuerst war ich skeptisch, da Spiele, die man zu höchstens 4 Personen spielen kann, selten anspruchsvoll und eher solitär zu spielen sind. Da mich aber das historische Thema reizte, das adäquat in die Regelmechanik übersetzt sein soll (Luzyfer), besorgte ich mir das Spiel sofort. Ja, es hat mich voll überzeugt! Vor allem die Mechanik, dass jede individuelle Aktion nur optional ist, Aktionen, die mehrere Spieler betreffen, aber obligatorisch, macht das Spiel sehr variabel und interaktiv. Mit anderen Worten, obwohl die Abarbeitung der Handwerker-Reihe einer gewählten Fabrik verpflichtend ist, ist es den Spielern, die diese Handwerker eingesetzt haben und kontrollieren, möglich, sie ganz oder gar nicht oder nur teilweise arbeiten zu lassen. Ein sehr flexibles Spielsystem. Danke, Ferdinand, für diesen Tipp!

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