Rezension/Kritik - Online seit 29.04.2013. Dieser Artikel wurde 5558 mal aufgerufen.
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Der Doge war mehr als tausend Jahre lang Oberhaupt und Anführer von Venedig. Um den Ruhm der Stadt gebührend zu feiern, befahl der Doge im 16. Jahrhundert den Bau eines Staatsschiffes. Jeder Spieler fungiert als Schiffsbauer und muss in Zusammenarbeit mit den Mitspielern das Bauvorhaben durchführen. Der Beste wird am Ende das Spiel gewinnen.
Der Bau der großen Galeere geht über mehrere Runden zu je drei Phasen.
Zunächst würfelt der Startspieler mit einer der Spielerzahl angepassten Anzahl an farbigen Würfeln und setzt sie entsprechend der jeweiligen Augenzahl auf das farblich passende Feld des Spielplans. Dort sind Setzbereiche in sechs Farben mit je sechs Aktionsfeldern aufgedruckt, die jeweils für eine Augenzahl und die damit verbundenen Aktionen stehen. Es wird ein Dogen-Plättchen aufgedeckt, das für die Runde vorläufig angibt, ob es zum Rundenende Hochwasser oder eine Inspektion durch den Dogen geben wird oder ob das Bauen in bestimmten Galeerenabschnitten einen Bonus einbringt.
Sodann folgen die Aktionen. In Spielereihenfolge führt jeder Spieler immer genau eine Aktion aus, bis alle seine max. fünf Aktionsmarker platziert sind. Jede Aktion wird mit einem solchen Aktionsmarker auf einem freien Aktionsfeld markiert. Je nach Augenzahl der Aktion fallen Kosten in Dublonen an. Liegt das Aktionsfeld unter oder links vom anfangs eingesetzten Würfel, zahlt man nichts. Je weiter jedoch das Aktionsfeld rechts vom Würfel liegt, umso teurer wird es. Die möglichen Optionen dort sind entweder wahlweise oder ermöglichen teilweise zwei Handlungen.
Als Aktion kauft man z. B. Material für den Galeerenbau/für eine Gondel/für eine Hochwasserbarriere oder stellt eben solche Dinge fertig. Des Weiteren kann man Intrigen spielen, aus Schatzkisten Münzen nehmen oder einfach nichts tun, was auch einen Dukaten einbringt. Die Fertigstellung von Gondeln bringt meistens Münzen ein, eine gebaute Barriere schützt besser vor Hochwasser und hat noch einen Spezialvorteil, der die Aktionen des Spieles aufwertet.
Das wichtigste Vorhaben im Spiel ist der Bau eines Galeerenteils, der Punkte bringt in Abhängigkeit vom ausliegenden Dogen-Plättchen und ggf. einen Abnahmemarker als Bonus. Jedes Dogen-Plättchen zeigt für vier verschiedene farbige Ausstattungsmerkmale (z. B.: Gewicht) der Galeere Punktwerte, auch null oder negativ. Mit jedem neuen Dogen-Plättchen ändern sich die Werte. Fertig gestellte Galeerenteile zeigen zwei bis vier dieser Farben und punkten mit den entsprechenden Werten des Dogen-Plättchens in diesen Farben.
Intrigen ermöglichen den Austausch des aktuellen Dogen-Plättchens oder bringen Abnahmemarker ein.
Mit dem Rundenende ergibt sich eine neue Spielerreihenfolge, die anhand einer Prioritätskennzahl auf den aktuell gebauten Barrieren ermittelt wird. Je nach Vorgabe tritt nun ein Ereignis ein. Ist es Hochwasser, verlieren die Spieler ggf. bis zu zwei Aktionsmarker für die Folgerunde, wenn ihre Barrieren nicht hoch genug sind. Sollte eine Inspektion anstehen, können die Spieler mit ihren gewonnenen Abnahmemarkern um Ruhm (also Punkte) bieten.
Das Spielende ist erreicht, wenn der letzte Galeerenteil fertiggestellt wurde. Nun können die Spieler noch restliche Abnahmemarker zu Punkten ummünzen. Es gewinnt, wer die meisten Siegpunkte erreicht hat.
Es ist schon ein echter Blickfang, das komplett aufgebaute Dogenschiff. Die unterschiedlich - je nach Schiffsbereich im Rumpf oder auf dem Deck - aufgemachten Schiffsteile gefallen als Gesamteindruck wie auch in ihrer individuellen Gestaltung. Auch der Spielplan kann mit seinen farbig markierten Aktionsbereichen und mit gut verständlicher Symbolik der Aktionen punkten. Alle weiteren Plättchen, nämlich die Gondeln, Barrieren und Dogenplättchen, sind ansprechend aufgemacht und mit ihrem für das Spiel erforderlichen Informationsgehalt sinnvoll und übersichtlich gestaltet. Man muss im Spielablauf allerdings schon etwas aufpassen, wenn es um die auf den Dogenplättchen farblich hervorgehobenen Bereiche geht, die doch etwas klein geraten sind.
Die knapp fünfeinhalbseitige Spielregel unterstützt mit vielen Bildern und Beispielen. Ihr Aufbau ist gut strukturiert und lässt fast keine Fragen offen. Kleine Ungenauigkeiten kann man durch Logik selbst klären. Einzige vielleicht offene Frage wäre: Was passiert mit Galeerenteilen, die man nicht mehr einbauen konnte? Es ist wohl anzunehmen, dass man dann Pech gehabt hat.
Nun zum Spielgeschehen: Es dauert lange, eigentlich zu lange. Mit den neunzig Minuten auf der Schachtel ist es nicht getan in einer üblichen Viererrunde aus erfahrenen Spielern. Was gilt dann erst für unerfahrene Spieler? Es erlahmt die anfängliche Spielfreude nach und nach, und fast jedem Teilnehmer ist dann doch das Erreichen des Spielzieles gefühlt deutlich zu lang. Der eigentliche Spielablauf stellt sich dabei durchaus nicht als kompliziert dar, man muss nur häufig schauen und prüfen, wer von der Tischrunde gerade "im Bau" befindliche Galeerenteile vor sich liegen hat und in welchem Bereich der Galeere diese gebaut werden dürfen. Da es mehr Teile gibt, als tatsächlich je Bereich benötigt werden, kann man zu spät sein mit der Fertigstellung und dann im günstigen Fall nur noch mit der Aktion "Galeerenteil ersetzen" zum Zuge kommen. Auch das Dogen-Plättchen der aktuellen Runde wandert immer wieder von Hand zu Hand, damit jeder sehen kann, was die vor einem liegenden Galeerenteile an Punkten bei einer Fertigstellung in der laufenden Runde bringen können.
Daher kommt es sehr darauf an, dass der Zeitpunkt des Einbaus richtig gewählt wird, weil die vier Punktevorgaben des Dogen-Plättchens nicht immer für jedes Galeerenteil günstig sind. Ganz dumm kann es kommen, wenn ein Mitspieler eine Intrige spielt und damit das aktuelle Dogen-Plättchen ausgetauscht wird. Oft wird man dann ein Teil einbauen, damit es überhaupt noch eingebaut wird, ohne dass man Rücksicht auf die zu erzielenden Punkte nehmen kann. Die Punktebilanz kann sogar ins Minus gehen, da immer mal einige der Vorgaben Minuswerte zeigen. Viel Vortrieb für die eigene Position auf der Punkteleiste kann man gelegentlich einheimsen, wenn man die als Bonus oder per Intrige erhaltenen Abnahmemarker in Punkte umwandeln kann. Das passiert immer, wenn das Ereignis "Inspektion" vorkommt und zum Spielende.
Interessant gelöst ist das System der Aktionswahl. Die anfangs eingesetzten Würfel - je einer pro Farbbereich - entscheiden über Kosten der sechs Aktionen ihres Bereichs, also für jede mögliche Augenzahl. Wenn allerdings extreme Konstellationen beim Würfeln auftreten (dass zum Beispiel nur Einsen und Zweien fallen) kosten eben die meisten Aktionen Geld, da sie rechts von den Würfeln liegen. So hängt auch der Grad der Grübelei in der jeweiligen Runde von den Möglichkeiten der Spieler ab. Wer kein finanzielles Problem bei der Aktionswahl hat, muss allerdings auch nicht lange herumkalkulieren und abwägen.
The Doge Ship ist nicht strategisch spielbar, man spielt eher angepasst an die aktuelle Situation und versucht, das Beste daraus zu machen. Oft erlauben die zur Verfügung bleibenden Aktionsfelder nicht, eigene Vorhaben zum gewünschten Zeitpunkt durchzuführen. Der Zeitpunkt der Aktionswahl ist also wichtig, vor allem, wenn eine Aktionsart nur auf einem bzw. wenigen freien Feldern durchführbar ist. Mittels der auf den Barrieren aufgedruckten Prioritätsziffern kann man sich immerhin noch in günstige Position bei der Spielerreihenfolge für die Folgerunde bringen, wenn dort eine frühe Aktionswahl gewünscht ist.
Überhaupt sind die Barrieren nicht zu unterschätzen, einmal wegen ihrer Vorteile bei Aktionen und Spielerreihenfolge, und zum anderen sind sie unverzichtbar, wenn höhere Hochwasserwerte drohen und den einzelnen Spieler bis zu zwei seiner max. fünf Aktionen kosten können.
Die vorliegende Rezension stützt sich nur auf Partien zu viert. The Doge Ship macht trotz der erwähnten Unwägbarkeiten und benannten Schwächen des Spiels immer noch genügend Spaß, um alles in allem ein "Kann man gern mal wieder spielen" für den Spielreiz zu vergeben. Damit siedelt es sich allerdings in der breiten Masse der nicht auffallend guten und aber auch nicht schlechten Spiele an, die dann letztlich wegen der vielen besseren Konkurrenten wohl doch nicht mehr auf den Tisch kommen. Meine anfangs höheren Erwartungen konnten leider nicht erfüllt werden.
Rezension Roland Winner
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung The Doge Ship: 3,5, 4 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
23.02.13 von Roland Winner |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
28.11.12 von Michael Andersch - Eigentlich hat das Spiel alles, was man so braucht: Workerplacement (sogar mit einem neuen Mechanismus, der Verfügbarkeiten bzw. Preise einzelner Aktionen regelt), ein paar nett zusammenhängende Mechanismen, die im Grunde gut durchkomponiert sind. sowie kurze Wartezeiten. Dennoch plätschert es so lala vor sich hin. Die Farben auf den Dogenkarten passen irgendwie nie zum gerade gebauten Schiffsteil, das Hochwasser - wenn es denn kommt - trifft alle in nahezu ähnlichem Maße, irgendwie geht für alle immer in ähnlichem Maße irgendwas. Bisweilen ist es zwar sogar ein wenig spannend, unter dem Strich ist das Spiel aber allerhöchstens Durchschnitt und somit kein heisser Kandidat für viele weitere Partien. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
10.12.12 von Michael Dombrowski |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
23.02.13 von Barbara Winner |
Leserwertung The Doge Ship: 4.0, 3 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
13.12.12 von Knudde |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
15.12.12 von Ernst-Jürgen Ridder - Ganz nett, mehr aber auch nicht. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
06.05.13 von Thommy |