Rezension/Kritik - Online seit 15.04.2023. Dieser Artikel wurde 2004 mal aufgerufen.

Swindler

Direktlinks zu den Rezensionsblöcken
Autor: Matthias Cramer
Verlag: Pegasus Spiele
Edition Spielwiese
Rezension: Ralf Sandfuchs
Spieler: 2 - 4
Dauer: 45 - 60 Minuten
Alter: ab 10 Jahren
Jahr: 2022
Bewertung: 5,0 5,0 H@LL9000
3,8 3,8 Leser
Ranking: Platz 4352
Swindler

Spielerei-Rezension

Viktorianische Ganoven und „Reiche Säcke“

Ja, ich gebe es zu: Mit Geschichten aus dem viktorianischen London, vor allem solchen, bei denen es um Gauner und Schurken geht, kann man mich immer locken. Darum wurde ich auch hellhörig, als ich von Swindler hörte, einem neuen Produkt der Edition Spielwiese, im Vertrieb von Pegasus Spiele.

Hier kämpfen 2–4 Ganoven darum, Aufträge zu erfüllen, indem sie „Reiche Säcke“ beklauen, und die verbleibenden Beutestücke anschließend an Hehler zu verkaufen. Jede der Spielfiguren wurde dabei so gestaltet, dass es sich je nach benutzter Seite um eine Diebin oder einen Dieb handeln kann; eine schöne Lösung für die Geschlechterproblematik.

Überhaupt ist die ganze Gestaltung des Spiels mehr als gefällig und dabei trotzdem funktional. Am Anfang hat man das Gefühl, es mit sehr vielen sehr unterschiedlichen Elementen zu tun zu haben, und das achtseitige, eng bedruckte Regelheft unterstützt diesen Eindruck noch. Letztendlich merkt man aber nach kurzer Eingewöhnungszeit, dass Swindler sich recht locker runterzocken lässt. Am besten lässt man sich das Spiel von jemandem erklären, der es bereits kennt, um die komplexen Regeltexte ein wenig lockerer zu verkaufen.

Aber worum geht es denn nun genau?

Jeder Swindler beginnt das Spiel mit drei Siegpunkten, die mit einem Pappkameraden auf einer Punkteleiste gekennzeichnet werden, und mit drei Reservierungsmarkern, die das Gesicht der jeweiligen Spielfigur tragen.
Beginnend mit einer Startperson führen die Swindler nacheinander ihre persönlichen Züge aus.
Dieser beginnt damit, dass man sich mit den vorhandenen Markern Aufträge reservieren kann. Sie fordern normalerweise, bestimmte Beutestücke in den eigenen Besitz zu bringen oder abzugeben, möglicherweise aber auch, dass man bestimmte Dinge beim folgenden Ausrauben der „Reichen Säcke“ ziehen muss. Dabei kann man auch bereits ausliegende Reservierungsmarker anderer Swindler, die nicht erfüllt werden konnten, von den Karten entfernen, was die betroffene Person 2 Siegpunkte kostet. Dieser Teil des Zuges ist jedoch gänzlich optional.
Danach muss man jedoch einen „Reichen Sack“ bestehlen. Dabei handelt es sich um farblich gekennzeichnete Stoffbeutel, in denen sich jeweils 8–10 Beuteplättchen befinden (für jeden Sack in einer genau festgelegten Kombination, die man auf dem eigenen Spieltableau nachlesen kann). Der aktive Spieler greift hinein und zieht ein Plättchen hervor. Wenn er möchte, kann er dies beliebig oft tun. Eins der Plättchen im Sack ist jedoch immer ein Totenschädel, und zieht er diesen, muss er nicht nur alle gerade gezogenen Plättchen zurückwerfen, sondern auch eventuell vorher gezogene und noch nicht benutzte Plättchen der gleichen Farbe. Hier ist also Vorsicht geboten.

Nach dem Stehlen kann man vorhandene Beuteplättchen einsetzen, um Aufträge zu erfüllen. Ein erfüllter Auftrag wandert in den eigenen Vorrat und gibt Siegpunkte, manchmal auch Münzen, weitere Beutestücke oder Steckbriefe (wenn man zu auffällige Dinge getan hat). Abgegebene Beuteplättchen werden in die jeweiligen Säcke zurückgelegt und können neu gezogen werden.

Außerdem kann man Beute an einen Hehler verkaufen, um sich weitere Siegpunkte zu sichern. Die verschiedenen Hehlerplättchen verlangen dabei bestimmte Arten von Beute und bieten auch verschiedene Mengen an Siegpunkten. Besonders erfolgversprechend ist das Erfüllen eines Hehlerplättchens, also das Belegen des letzten Feldes, weil dies bedeutet, dass man zwei weitere Siegpunkte erhält und dass wiederum die Beuteplättchen zurück ins Spiel kommen.

Erst nach diesem Teil des Zuges werden Hehler und Aufträge wieder aufgefüllt. Dabei können auch Polizeirazzien aufgedeckt werden, die dazu führen, dass man eventuell Beuteplättchen abgeben muss oder, wenn man zu viele Steckbriefe vor sich liegen hat, in den Kerker kommt und eine Runde aussetzt.

Als letzten Teil des eigenen Zuges kann man mit Münzen noch Komplizen anheuern, die im Spiel helfen, die Regeln ein wenig zu biegen und sogar zu brechen. Manche davon kann man nur einmal einsetzen, manche ärgern die anderen Spielenden aber auch mehrmals.
So spielt man Zug für Zug weiter, bis ein Swindler eine bestimmte Zahl von Aufträgen erfüllt hat (in Abhängigkeit von der Anzahl der Spielenden). Danach geht es weiter, bis die Startperson wieder dran wäre (bis also alle Teilnehmenden die gleiche Anzahl von Zügen hatten).
Anschließend wird abgerechnet. Aufträge und Hehlerkäufe werden bereits im Spiel abgehandelt. Noch vorhandene Münzen geben jeweils 1 zusätzlichen Siegpunkt. Reservierte, aber nicht erfüllte Aufträge kosten die betroffene Person hingegen 2 Siegpunkte. Danach gewinnt der Swindler mit den meisten Siegpunkten.

Die Edition Spielwiese ist normalerweise eher für Kennerspiele bekannt, doch hier hat sie sich der eher leichteren spielerischen Muse hingegeben, ohne sich dabei jedoch in allzu seichte Gewässer zu begeben. Die einzelnen Mechanismen sind logisch aufgebaut und greifen nahtlos ineinander, sodass nach kurzer Zeit das umfängliche Regelwerk nicht mehr gebraucht wird.

Auf eine Sache muss man jedoch eingehen: das Glückselement des Stehlens. Normalerweise kann man das Risiko, einen Totenschädel zu ziehen, recht gut einschätzen. Gerade am Anfang kann jedoch ein unglücklicher Zug die jeweilige Person am Tisch minutenlang aus dem Spiel nehmen, weil es ohne Münzen und vorhandene Beute keine Handlungsalternativen gibt und die anderen Spielenden nun nacheinander ihre Züge durchführen. Bei einer Proberunde hatte eine Spielerin dreimal hintereinander dieses Pech, noch dazu in den ersten drei Zügen, und es wurde wirklich langweilig für sie. Irgendwann war sie kurz davor, das Spiel abzubrechen. Dass sie am Ende das Spiel noch gewonnen hat, zeigt jedoch, wie viele Möglichkeiten zum Aufholen man durch die Regeln noch erhält.

Das Ziehen der Beuteplättchen ist auf jeden Fall der spannendste Teil des Spiels, denn gerade zum Ende hin, wenn sich schon verschiedene Plättchen bei den Spielenden oder auch bei den Hehlern befinden, muss man manchmal das größere Risiko auf sich nehmen, weil sich nur in einem Sack noch die Plättchen befinden, die man jetzt unbedingt braucht, will man noch einen entscheidenden Auftrag erfüllen. Da wird jedes Ziehen zum Abenteuer, und das, obwohl man jederzeit genau weiß, welche Plättchen sich noch in den Beuteln befinden.

Swindler ist also ein Spiel für siegessichere Menschen, die sich auch mal etwas trauen, manchmal wider jede Wahrscheinlichkeit, manchmal mit ihr als Verstärkung. Wem das zu viel Zufall ist, der sollte sich ein anderes Spiel suchen. Wer aber ein wenig Glück oder Pech in seinen Spielen mag, dem lege ich Swindler ans Herz.

Rezension Ralf Sandfuchs

In Kooperation mit der Spielezeitschrift

Spielerei

'Swindler' online bestellen

Kaufen bei Idealo Kaufen bei Spiele-Offensive Kaufen bei Meeple-Box 

H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Swindler: 5,0 5,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 09.04.23 von Ralf Sandfuchs

Leserbewertungen

Leserwertung Swindler: 3,8 3.8, 5 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 08.12.22 von felixs - Leider ziemlich gurkig. Ein Risikomanagement-Spiel ("push your luck") und im Ansatz gut. Aber leider viel zu lang. Zu zweit recht witzlos und schon zu dritt längt es sich gewaltig. Wird nicht besser dadurch, dass man auch noch dem führenden Spieler gezielt schaden kann, was - Überraschung - die Sache weiter zieht. Wirklich schade, denn der Grundmechanismus mit dem Ziehen aus verschiedenen Säcken mit unterschiedlicher Plättchenverteilung, ist sehr reizvoll. Der Rest ist ziemlich beliebig und viel zu zäh. Die Kartentexte (Sonderfähigkeiten) sind teilweise auch noch unklar. Erinnert mich vom Spielgefühl her ein wenig an Bang!, welches ich überhaupt nicht mag.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 19.12.22 von carlo
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 25.12.22 von Andreas K. - Ein locker-leichtes und schnell erklärtes Push-your-luck-Spiel. Jeder spielt einen Dieb und muss wie bei „Quacksalber“ aus Beuteln ziehen, mit der Gefahr, alle Plättchen (gestohlene Beute) der Farbe zu verlieren wenn man erwischt wird. Zudem kann man sich Aufträge reservieren um diese zu erfüllen und Siegpunkte zu erhalten sowie gezogene Beute an ausliegende Hehler zu verkaufen. Zusätzlich ist es noch möglich sogenannte Komplizen zu kaufen die Extra-Fähigkeiten ergeben. Ab einer gewissen Zahl von erledigten Aufträgen schaltet man noch eine individuelle Fähigkeit frei. Bei uns kam das Spiel extrem gut an. Wer allerdings weit hinten liegt und kein Ziehglück hat, schaut schnell in die Röhre, was aber bei solchen Spielen immer so ist. Zudem war eine Auftragskarte zu zweit unklar. Von mir wegen dem Spaßfaktor und der tollen Aufmachung 5 Punkte mit Tendenz zu 6 Punkten.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.04.23 von Dieter Schmitz - Ich stimme felixs bei. Er hat mein Spielgefühl voll getroffen. Eigentlich ein schöner Gedanke mit den unterschiedlichen Säckchen, aber das Spiel war für mich sehr zäh. Ich war froh als ein Mitspieler endlich gewann.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 22.04.23 von Delfao - Siehe Andreas K.

Weitere Informationen zu 'Swindler' auf unseren Partnerseiten