Rezension/Kritik - Online seit 10.09.2024. Dieser Artikel wurde 699 mal aufgerufen.

Tribunal 1920

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Autor: Grégory Grard
Illustration: Luis Francisco
Weberson Santiago
Verlag: Corax Games
Rezension: Renate Gerling-Halbach
Spieler: 2
Dauer: 10 - 30 Minuten
Alter: ab 8 Jahren
Jahr: 2023
Bewertung: 5,0 5,0 H@LL9000
Ranking: Platz 2643
Tribunal 1920

Spielziel

Lust auf Tic-Tac-Toe in neuem Gewand? Dann wäre vielleicht Tribunal 1920 etwas für dich. Hier bestimmen deine Handkarten, welches Feld du belegen kannst - oder auch nicht. Denn du darfst nach Herzenslust bluffen, wenn kein Einspruch erhoben wird. Du schlüpfst in die Rolle eines Anwaltes und kämpfst mit der Gegenseite um die bessere Beweiskette. Wer als erstes drei Plädoyersteine senkrecht, waagerecht oder diagonal gesetzt hat, gewinnt die Anhörung.

Ablauf

Der Gerichtssaal besteht aus einem Spielfeld mit 3x3 Feldern. Auf diesen 9 Feldern gibt es 2 oder mehr Symbole für Fingerabdrücke, Augenzeuge, Tatwaffe und Gesetzbuch. Das Feld im Zentrum, das wichtigste Feld, trägt alle 4 Symbole. Rechts neben dem Spielfeld sind fünf Bezirke abgebildet Manhattan (MT), Brooklyn (BN), Queens (QN), Bronx (BX) und Staten Island (SI). Auf den 20 Handkarten ist jeweils ein Symbol sowie die Abkürzung eines Stadtbezirks zu finden. Jedes Symbol und jeder Bezirk ist fünfmal vertreten.

Zu Beginn erhalten beide Anwälte jeweils Plädoyer- und Anhörungssteine, 2 Ermittler sowie eine Handkarte. Pro Zug kommt dann eine weitere Karte vom Nachziehstapel hinzu. Das Handkartenlimit am Ende eines Zuges beträgt 4 Karten. Darüber hinaus gibt es noch einen Bestechungsstein.

Plädoyersteine können in den Gerichtssaal oder in Bezirke gesetzt werden. Für das Einsetzen in den Gerichtssaal benötigst du Karten mit den entsprechenden Symbolen, für die Bezirke 3 Handkarten des jeweiligen Bezirks.

Plädoyersteine in den Bezirken bringen folgende Vorteile:

  • MT - gewinne die Anhörung bei einem richterlichen Unentschieden;
  • BN - ziehe sofort zwei zusätzliche Karten;
  • QN - blockiere ein Feld im Gerichtssaal mit dem Bestechungsstein;
  • BX - bewege einen Stein im Gerichtssaal auf ein freies Feld;
  • SI - entferne einen gegnerischen Plädoyerstein.

Möchtest du nun einen Plädoyerstein auf ein Feld des Gerichtssaales oder in einen Stadtbezirk setzen, solltest du die erforderlichen Symbole auf der Hand haben. Hast du die Karten allerdings nicht, darfst du bluffen. Der gegnerische Anwalt kann dir glauben oder Einspruch erheben.

Gibt es einen Einspruch, müssen die entsprechenden Karten vorgewiesen werden. Sind die Karten in deinem Besitz, zeigst du diese vor und legst sie auf den Ablagestapel und ziehst gleich viele nach. Darüber hinaus darfst du nun deinen Plädoyerstein auf ein beliebiges freies Feld im Gerichtssaal oder Bezirk stellen. Hast du allerdings geblufft und nicht die entsprechenden Karten auf der Hand, musst du deinen Stein zurück nehmen und der gegnerische Anwalt darf einen seiner Plädoyersteine auf ein beliebiges freies Feld im Gerichtssaal oder Bezirk stellen.

3 Plädoyersteine im Gerichtssaal in einer Reihe, egal ob senkrecht, waagerecht oder diagonal, bringen den Sieg in der Anhörung und einer der persönlichen Anhörungssteine wird in die Anhörungssleiste gesetzt. Hast du die Anhörung verloren, darfst du einen deiner Ermittler in einen Bezirk stellen. Für die Aktivierung der Aktion dieses Bezirkes brauchst du nunmehr nur 2 Handkarten dieses Bezirkes. Auch darfst du die neue Anhörung beginnen.

Ist der Nachziehstapel aufgebraucht bevor 3 Plädoyersteine in Reihe gelegt werden konnten, gewinnt der Anwalt, dessen Plädoyerstein am weitesten oben auf der Bezirksleiste liegt. Wessen drei Steine als erstes auf der Anhörungsleiste liegen, gewinnt den Prozess, respektive das Spiel.

Fazit

Tribunal 1920 ist quasi ein handkartengesteuertes Tic Tac Toe. Dadurch, dass die eigenen Handkarten dem gegnerischen Anwalt nicht bekannt sind, wird daraus ein wunderbares Bluffspiel. Laut Verlag "kämpfen im August 1920 in New York City zwei hochkarätige Anwälte um den Fall ihres Lebens". Nur schade, dass es leider nicht zu recherchieren ist, um was für einen Fall es sich da gehandelt haben soll. Aber das Thema wirkt sowieso ziemlich aufgesetzt. Nun gut, das Spielmaterial versucht die Atmosphäre der 20er Jahre in New York aufzugreifen und ist von guter Qualität.

Die Spielregeln hätten vielleicht etwas klarer formuliert werden können, das ein oder andere Spielbeispiel wäre bestimmt hilfreich gewesen. Die Bezeichnung der Beweise ist nicht ganz logisch. Eindeutig sind "Fingerabdruck", "Tatwaffe" und "Augenzeuge", aber der vierte Beweis mit dem Symbol eines Buches und der Bezeichnung laut Spielregel "Fall" ergibt keinen Sinn. In der englischen Regel ist dort von "Law" (also "Gesetz" bzw. "Recht") die Rede, das geht ja, denn es kann auf Grundlage eines Gesetzes plädiert werden.

Nichtsdestotrotz ist Tribunal 1920 ein herrliches Bluffspiel. Beim Setzen des ersten Plädoyersteins kannst du logischerweise nur auf ein Feld setzen, auf dem 2 Beweise abgebildet sind, du hast ja nur 2 Handkarten auf der Hand. Würdest du dir ein Feld mit mehr Beweisen aussuchen, wäre es ja offensichtlich, dass du bluffst. Der gegnerische Anwalt wird auch vermutlich nicht beim allerersten Plädoyer Einspruch erheben, das kannst du ausnutzen. Du hast beispielsweise die Beweise Fingerabdruck und Tatwaffe auf der Hand und setzt aber deinen Plädoyerstein auf das Feld mit den beiden Augenzeugen, das wird von der Gegenseite akzeptiert. Dann ziehst du einen zweiten Beweis Fingerabdruck und willst deinen Stein auf das Feld mit den 2 Fingerabdrücken und der Tatwaffe setzen. Da wird nun die Gegenseite Einspruch erheben, da das ja der Logik nach nicht sein kann, hattest du ja vorher angeblich 2 Augenzeugen auf der Hand. Genau das wolltest du erreichen! Du zeigst deine Karten, ziehst drei neue Karten nach und setzt deinen Stein auf das strategisch wichtige Zentrumsfeld, wo 4 unterschiedliche Beweise gefordert sind. Coup gelungen.

Die Sonderfunktionen der Stadtbezirke sind auch nicht ohne. Einen Plädoyerstein zu entfernen oder ein Feld mit dem Bestechungsstein zu blockieren sind beides starke Elemente. Wenn du deinen Stein dorthin setzt, solltest du immer mit Einspruch rechnen, umso wichtiger ist es, dann die entsprechenden Karten auf der Hand zu haben.

Schön wäre es, wenn das Glück immer so mitspielen würde. Ums Bluffen kommt man mit nur 4 Handkarten selten herum, besonders gegen Ende der Anhörung. Was willst du denn auch machen, wenn nur noch bestimmte Felder frei sind, du aber nicht die entsprechenden Karten hast. Das Schöne beim Spiel ist allerdings, dass jederzeit die abgeworfenen Handkarten angeschaut werden dürfen. So läßt sich auch schnell aufdecken, wenn die Gegenseite blufft, denn von jedem Beweis oder Stadtbezirk sind nur 5 vorhanden. Liegen also schon 4 Augenzeugen-Karten im Stapel, käme es nicht gut, wenn du nun auf einmal 2 weitere Augenzeugen aus dem Hut zauberst. Wenn die Gegenseite Ähnliches versucht, kannst du direkt erfolgreich Einspruch erheben. Der Glücksfaktor ist und bleibt jedoch hoch. Aber es macht großen Spaß, insbesondere wenn du einen Bluff der Gegenseite aufdeckst.

Gut gelöst finde ich, dass es immer ein Trösterchen für die unterlegene Seite gibt. In dem Fall darfst du ja einen Ermittler in einen Stadtbezirk stellen, der das Setzen eines Plädoyersteins erleichtert und du darfst auch die nächste Anhörung beginnen. Das stellt eine gute Balance dar.

Der Verlag gibt als Altersangabe "ab 8 Jahre" an. Das passt zwar, ist aber die unterste Grenze, da Tribunal 1920 so gar nicht thematisch, sondern eigentlich sehr abstrakt ist. Mit Jüngeren ziehe ich den Bluffspiel-Klassiker Heimlich & Co vor. Auf jeden Fall ist Tribunal 1920 schnell gespielt und eine Revanche ist immer drin. Gelegenheits- und auch Vielspieler*innen werden ihren Spaß haben, wenn ihnen Bluffspiele mit hohem Glücksfaktor liegen.

Rezension Renate Gerling-Halbach

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Tribunal 1920: 5,0 5,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 25.04.24 von Renate Gerling-Halbach - Nettes kleines Bluffspiel. Handkartengesteuertes Tic-Tac-Toe. Das Thema ist zwar aufgesetzt, aber das Spiel macht richtig Spaß, es sei denn die Gegenseite blufft nie und hat immer die passenden Karten - das kommt zum Glück nicht so oft vor.

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