Rezension/Kritik - Online seit 30.10.2025. Dieser Artikel wurde 911 mal aufgerufen.

Astrobienen

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Illustration: Kwanchai Moriya
Verlag: Feuerland Spiele
Stonemaier Games
Albi
Rezension: Franky Bayer
Spieler: 1 - 5
Dauer: 60 - 90 Minuten
Alter: ab 14 Jahren
Jahr: 2023
Bewertung: 4,5 4,5 H@LL9000
5,0 5,0 Leser
Ranking: Platz 2273
Astrobienen
Auszeichnungen:2023, Golden Geek Beste Grafik & Präsentation Nominierung2023, Golden Geek innovativstes Spiel Nominierung

Spielziel

Wenn man schon ein Tier sucht, welches für ein Arbeitereinsatzspiel bestens geeignet ist, sollte man sich unbedingt im Insektenreich umschauen. Besonders die völkerbildenden Insekten, wie Ameisen oder Bienen, sind wie geschaffen dafür, übernehmen bei diesen doch die Arbeiterinnen unterschiedliche Aufgaben.

Während die Wahl von Bienen beim nachfolgend beschriebenen Spiel aus oben genanntem Grund nicht überrascht, so versetzt uns doch das thematische Setting in ungläubiges Erstaunen. Unsere kleine Biene Maja soll nämlich in hoffentlich ferner Zukunft - nach dem selbstverschuldeten Verschwinden der Menschheit - die Herrschaft über den blauen Planeten übernommen haben und nun - dank eines Evolutionsboosts - als die hochentwickelte Spezies "Mellifera" nach den Sternen greifen. "Astrobienen", sozusagen...

Ablauf

Wir kontrollieren in Astrobienen eine von 20 einzigartigen Fraktionen (die Bezeichnung "Völker" wäre meiner Meinung nach treffender). Unsere Fraktion ist anfangs nur mit mageren Vorräten ausgestattet: einem Bienenstock mit einer Andockstation, bloß ein paar Rohstoffen und ein paar Arbeitsbienen. Dies ist insgesamt viel zu wenig, um die Königin von unseren Fähigkeiten zu überzeugen, geschweige denn im Wettbewerb gegen andere raumfahrende Bienenvölker bestehen zu können.

Wir schicken deshalb unsere Arbeitsbienen aus, um den Fortschritt unserer Fraktion zu gewährleisten. Der große Spielplan zeigt zu diesem Zwecke mehrere Einsetzbereiche, die uns alle unterschiedliche Aktionen bieten. Die Aktionen im Überblick:

A) Ausbauen
Wir fügen unserem Bienenstock eine Agrar-, Anwerbungs- oder Entwicklungswabe aus einer offenen Auslage zu, indem wir die aufgedruckten Kosten in Rohstoffen bezahlen. Agrarwaben bringen zusätzliche Lagerfelder, sowie ein Einkommen, das wir bei einem Rückrufzug (mehr dazu später) erhalten. Anwerbungswaben verleihen uns dauerhafte Fähigkeiten, die entweder bei einer bestimmten Aktion oder in einer besonderen Situation ausgelöst werden. Durch Entwicklungswaben erhalten wir wiederum einen einmaligen Vorteil.

B) Erkunden
Damit bewegen wir das Raumschiff der Königin auf dem Erkundungsplan. Ist auf dem Zielfeld eine Erkundungsscheibe, erhalten wir diese zusammen mit dem angegebenen Vorteil und platzieren ein Planetenplättchen auf das Feld. Danach legen wir einen beliebigen Grundrohstoff (Pollen, Fasern oder Wasser) auf ein leeres Quadrat des Plättchens (falls vorhanden) und erhalten alle nun dort verzeichneten Rohstoffe.

C) Wachsen
Gegen Abgabe von Rohstoffen können wir neue Arbeiterbienen und/oder neue Rahmen erhalten. Letzteres benötigen wir, um unseren Bienenstock zu vergrößern, damit er Platz für mehr Waben bietet.

D) Forschen
Durch diese Aktion kommen wir an eine Saatkarte ran, die wir auf zwei Arten nutzen können: Entweder wir werfen die Karte ab, um einen Grundrohstoff zu erhalten, oder wir spielen sie aus, um ihren Einmal-Effekt zu nutzen.

E) Umwandeln
Der Umwandeln-Bereich des Spielplans bietet uns die Gelegenheit, Rohstoffe in andere Rohstoffe umzuwandeln. Dies ist auch eine der wenigen Möglichkeiten, an die wertvolleren Rohstoffe Wachs und Honig zu gelangen.

F) Rühmen
Hier erhalten wir - wenn wir die angegebenen Kosten (ausschließlich teurer Honig!) bezahlen - Ruhmeswaben, welche uns am Spielende recht viele Siegpunkte bescheren können. Allerdings dürfen wir den Bereich "Rühmen" lediglich mit einer Arbeiterbiene der Stärke "4" ansteuern.

Die Stärke von Arbeiterbienen - sie kann zwischen 1 und 4 sein - wird durch die Lage ihres quaderförmigen Körpers dargestellt und wirkt sich bei allen Aktionen aus. Die meisten Aktionen bieten zudem einen speziellen "Stärke-4-Bonus" für unsere stärksten Arbeiterinnen. An die begehrten Ruhmeswaben kommen wir überhaupt nur - wie bereits erwähnt - durch Arbeiterbienen der Stärke "4".

Wie verändert sich nun eigentlich die Stärke unserer Bienen? Jedes Mal, wenn eine unserer Bienen von ihrem Einsatzort durch eine andere Arbeiterin "weggeschubst" wird, oder wenn wir sie in einem "Rückrufzug" wieder zurückholen (eine Art "Passen", vor allem wenn wir keine verfügbaren Arbeiterbienen mehr haben), wird sie stärker und mit dem nun um +1 höheren Wert in unsere Andockstation gelegt.

Unsere "4er"-Bienen kommen nach getaner Arbeit allerdings nicht mehr zurück, sondern werden stattdessen in Tiefschlaf versetzt. Dies bringt uns einen einmaligen Bonus und steuert gleichzeitig das Spielende. Sind nämlich alle Bonusfelder im Tiefschlafabteil des Spielplans belegt, oder hat jemand sein 7. und letztes Tiefschlafplättchen eingesetzt, wird nur mehr eine letzte Runde gespielt.

Danach endet die Partie. In einer Schlusswertung erhalten wir noch Punkte für diverse Sachen (ausgesäte Saatkarten, Ruhmeswaben, für unseren vollständig bebauten Bienenstock, für Mehrheiten im Tiefschlafabteil, und noch einiges mehr). Erzielen wir insgesamt die höchste Punktezahl, gewinnen wir die Partie.

Fazit

Astrobienen lässt sich in Kurzform als "Arbeitereinsatz-, Ressourcenmanagement- und Aufbauspiel" charakterisieren. Aus diesem Grund möchte ich auf diese drei Elemente mal getrennt voneinander eingehen.

Das "worker placement" passt - wie schon eingangs erwähnt - perfekt zu Bienen. Bei diesem staatenbildenden Insekt übernehmen schließlich auch Arbeiterinnen die wichtigsten Aufgaben, um das Überleben des Volkes zu sichern. Spielerisch weist der Arbeitereinsatz hier ein paar Besonderheiten auf. So werden Bienen nach ihrem Einsatz besser, sodass sie bei ihrem nächsten Einsatz eine höhere "Stärke" besitzen. Stärkere Bienen können bessere und/oder mehr Aktionen durchführen als schwächere. So bestimmt etwa die Stärke unserer Biene im Bereich "Umwandeln", wie viele Tauschaktionen wir tätigen dürfen, während sie im Bereich "Ausbauen" festlegt, auf welche Waben wir überhaupt Zugriff haben.

Im Gegensatz zu vielen anderen Spielen dieses Genres halten besetzte Felder unsere Bienen nicht davon ab, dort tätig zu werden. Eine dort bereits stationierte Biene wird einfach "geschubst", das heißt, sie kommt zu ihrem Besitzer zurück, der dann entscheidet, sie entweder mit einer um 1 höheren Stärke in den aktiven Bereich oder sie mit gleicher Stärke in den Landebereich zu legen. Dies blockiert nicht nur keine Felder, sondern macht das Geschehen insgesamt viel interaktiver. Gutes Timing ist erforderlich, um diesen Vorgang zusammen mit möglichen Rückrufaktionen bestmöglich zu unseren Gunsten zu nutzen.

Wir können unsere Arbeiterbienen allerdings nicht unbegrenzt verbessern. Unsere "4er"-Bienen fallen nach getaner Arbeit (soll heißen durch Schubsen oder bei einer Rückrufaktion) in einen Tiefschlaf. Dabei legen wir eines unserer Tiefschlaf-Plättchen in den Tiefschlaf-Abteil des Spielplans, wo es uns noch einen Bonus beschert. Dies erinnert ein wenig an das Spiel Village (Eggert Spiele 2012), bei dem Verstorbene in eine Chronik kamen. Wie bei diesem schreitet eine Partie durch das "Altern" unserer Spielfiguren unaufhaltsam ihrem Ende entgegen. Dass wir auf diese Weise aktive Bienen verlieren, sorgt nebenbei auch für die Notwendigkeit, immer wieder neue Arbeiterbienen zu erschaffen (Aktion "Wachsen").

So viel zum Arbeitereinsatz. Beim Ressourcenmanagement treffen wir hier bei Astrobienen auf alles, was mit diesem Spielmechanismus zusammenhängt: Die Erzeugung, die sinnvolle Verwendung, die Lagerung und sogar den Tausch verschiedener Rohstoffe. Die Ressourcen weisen dabei unterschiedliche Wertigkeiten auf. Für die meisten Aktionen benötigen wir die sogenannten Grundrohstoffe Fasern, Pollen und Wasser. An die wertvolleren Rohstoffe Wachs und Honig kommen wir hingegen fast nur durch Umwandeln. Sie sind aber unbedingt notwendig, um an die punkteträchtigen Ruhmeswaben zu gelangen.

Als Aufbauspiel bietet uns Astrobienen unterschiedliche Wege, Siegpunkte zu sammeln. Wir können versuchen, auf der Leiste "Gunst der Königin" voranzuschreiten, unseren Bienenstock möglichst schnell vollkriegen und mit weiteren (punkteträchtigen) Rahmen zu erweitern, uns auf das Aussäen wertvoller Saatkarten zu verlegen, durch Tausch von Rohstoffen (eventuell mit Hilfe eines "Bienentanzes") Siegpunkte zu generieren, passende Ruhmeswaben zu erwerben, und vieles mehr.

Dass es nicht DEN einzig möglichen Weg zum Sieg gibt, liegt einerseits an der asymmetrischen Ausgangssituation, bei der jede Fraktion mit ihrem individuell gestalteten Bienenstock beginnt und gleichzeitig für jeweils andere Elemente Extrapunkte am Spielende erhält, andererseits auch an den unterschiedlich auftauchenden Waben und an den zufällig gezogenen Saatkarten. Besonders jedoch die für diese Partie zur Verfügung stehenden Ruhmeswaben sollten wir geschickt in unsere Planung einbeziehen.

Ohnehin präsentiert sich uns Astrobienen vor allem als Optimierungsspiel, bei dem wir unsere Aktionen so ausrichten, dass wir möglichst viele Siegpunkte erzielen. Dabei tritt das Spielende oft dann doch recht überraschend ein, weil schneller als erwartet der Tiefschlaf-Abteil des Spielplans gefüllt wurde. Es gilt also, die Aktionen der Mitspieler aufmerksam zu beobachten, den eigenwilligen, ungewohnten Rhythmus beim Einsetzen, Wegschubsen und Rückrufen der Arbeiterbienen zu unserem Vorteil zu nutzen.

Der Weg zum Ziel ist sehr abwechslungsreich, schließlich finden wir 20 unterschiedliche Start-Plättchen (= Fraktionen), 5 jeweils anders gestaltete Bienenstöcke und insgesamt fast 130 unterschiedliche Waben vor, dazu noch 45 Saatkarten und 15 Planeten-Plättchen. Den Wiederspielreiz empfinde ich deshalb als recht hoch, verläuft schließlich jede Partie anders. Es soll auch schon eine Erweiterung erschienen sein, mit einer weiteren Fraktion, zusätzlichen Bienenstöcken und noch viel mehr Waben.

Das Spielmaterial ist reichhaltig, die Schachtel vollgestopft mit soliden, zum Teil hochwertigen Komponenten. Kritik finde ich nur bei den wertvolleren Rohstoffen angebracht, deren Farben sich zu wenig voneinander unterscheiden. Die Spielanleitung ist gut gegliedert, bebildert und mit zahlreichen Beispielen versehen. Sehr praktisch erweisen sich die Kurzregel, bei der die wichtigsten Regeln auf zwei DIN A5-Seiten zusammengefasst sind, sowie die Spielhilfen. Die verwendete Ikonographie ist zudem leicht verständlich. In einem separaten Anhang werden alle Plättchen und Karten nochmals genauer erläutert.

Für die beinhaltete Solo-Variante findet sich sogar eine eigene Spielanleitung. Im Solo-Spiel treten wir gegen einen "Automa" an. Automa-Karten geben dabei vor, welche Aktionen unser neutraler Gegner durchführt. Auch wenn ich eigentlich kein Fan solcher kartengesteuerten "Dummies" bin, ist hier der Automa recht hilfreich, um die Vorzüge und Besonderheiten der verschiedenen Fraktionen kennenzulernen.

Wie eingangs erwähnt, ist das Thema "Bienen" ideal geeignet für ein Arbeitereinsetzspiel. Dementsprechend finden wir in Astrobienen viele Begriffe aus der Bienenwelt: Waben, Königin, Arbeiterinnen, Pollen, Honig, Wachs, ja sogar der berühmte Bienentanz kommt vor. Die Verlagerung ins Weltall und die damit verbundene Story waren vielleicht notwendig, um möglichst viele verschiedene Fraktionen mit unterschiedlichen Fähigkeiten zu rechtfertigen, die wir in der Natur so nicht vorfänden. Die thematische Einbindung wird mit Sicherheit nicht jedem gefallen. Vom Standpunkt des Spielers betrachtet weiß Astrobienen hingegen 100 %-ig zu gefallen, weshalb es von mir für Liebhaber von Kennerspielen eine klare Empfehlung bekommt.

Rezension Franky Bayer

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Astrobienen: 4,5 4,5, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 26.08.25 von Franky Bayer - Schönes Arbeiter(bienen)einsatzspiel mit leichter Asymmetrie, welches unterschiedliche Strategien erlaubt. Für mich knapp an der Grenze zu einer 6.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 09.10.25 von Michael Timpe - Schönes Spiel mit angenehmer Entwicklung und guter Komplexität (nicht zu viel, nicht zu wenig). Nur die Wertung hat mich ratlos zurück gelassen, die hate mir zu wenig Varianz. Völlig begeistert hat es mich dann nicht.

Leserbewertungen

Leserwertung Astrobienen: 5,0 5.0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 06.10.25 von Dominik P. - Ob alleine oder mit mehreren Mitspielern, ein sehr gutes Kennerspiel. Die Interaktion dürfte mehr sein. Gute Regelerklärung. Mit der Erweiterung noch mehr Abwechslung.