Rezension/Kritik - Online seit 31.08.2025. Dieser Artikel wurde 923 mal aufgerufen.
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Auch wenn in den letzten Jahrzehnten die Bedeutung der Frauen gerechterweise immer mehr zunahm, so muss man doch bedenken, dass davor in den allermeisten Kulturen die Männer dominierten, und zwar in fast allen wichtigen Belangen: Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur, etc. Für Spieleverlage ein Dilemma, wenn in neuen Veröffentlichungen mit geschichtlichem Thema das moderne, emanzipatorische Gebot nicht mit historischer Akkuranz in Einklang zu bringen ist. Es ist fast unmöglich, beispielsweise in einem Zivilisationsspiel gleich viele Frauen wie Männer in Herrscherpositionen zu zeigen, da früher fast ausschließlich Männer regierten.
Das folgende Spiel stellt eine löbliche Ausnahme dar, denn die titelgebende polnisch-französische Forscherin ist zweifellos eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Wissenschaft. Wir Spieler begeben uns darin auf die Spuren von Maria Salomea Sklodowska, die als Marie Curie Anfang des 20. Jahrhunderts gleich zwei Nobelpreise in verschiedenen wissenschaftlichen Fachgebieten erhielt.
Der Spielplan zeigt in der unteren Hälfte eine Zeitleiste mit den wichtigsten Stationen in Marie Curies Leben. Der Zeitleisten-Marker wird zu Beginn natürlich auf das erste Feld gestellt - ihre Geburt im Jahre 1863. Auf die obere Hälfte kommen Aktivitätskarten, nämlich der gut gemischte Stapel, von dem 4 Karten offen ausgelegt werden. Zusätzlich noch Experimentplättchen (sortiert nach Becherglas- und Rundkolben-Plättchen) und Thesen-Plättchen (ordentlich getrennt in die Stufen I, II, III und IV). Das Werkstatt-Tableau legen wir schließlich mit der für die Spielerzahl passenden Seite aus, und markieren das Startfeld mit einem Ring ("Werkstatt-Marker").
Das wichtigste Spielmaterial stellen aber die Würfel dar, die die drei für Curies Forschung wesentlichen Rohstoffe darstellen: schwarze "Pechblende"-Würfel, goldene "Uran"-Würfel und silberne "Radium"-Würfel. Sie werden anfangs schön sortiert neben dem Spielplan bereitgelegt und kommen erst mittels eines Würfelturms ins Spiel.
Und dies geschieht folgendermaßen: Sind wir an der Reihe, führen wir folgende vier Schritte der Reihenfolge nach durch:
1. Werkstatt
Wir nehmen jene Würfel (Anzahl und Farbe), die im Ring auf dem Werkstatt-Tableau abgebildet sind und werfen sie in den Würfelturm.
2. Forschung
Nun haben wir die Wahl, ob wir uns von den herausgefallenen Würfeln bedienen, nämlich maximal so viele, wie unser persönliches Labor-Tableau aktuell erlaubt ("Ressourcen sammeln"), oder stattdessen eine "These verfassen", indem wir uns ein Themen-Plättchen nehmen. In letzterem Fall müssen wir die niedrigste Stufe wählen, welche noch nicht in unserem Labor liegt. Jede These bringt uns einen sofortigen Bonus (eine Ressource, ein Experiment-Plättchen, etc.).
3. Aktionen
Anschließend können wir unsere gesammelten Ressourcen auf unterschiedliche Weise einsetzen. Wir können etwa Experimente durchführen, indem wir die auf dem entsprechenden Plättchen angeführten Ressourcen abgeben, wofür wir - je nach Plättchen - andere Ressourcen, Thesen-Plättchen, Siegpunkte, o. ä. erhalten. Das Experiment-Plättchen wird daraufhin umgedreht, was gleichzeitig unser Labor verbessert. Je nach Art erhöht dies nämlich die Anzahl der Ressourcen, die wir sammeln oder lagern können.
Einmal in unserem Zug können wir eine der ausliegenden Aktivitätskarten (in 5 Kategorien) erwerben, was uns ebenfalls Vorteile bringen kann. Schließlich können wir beliebig oft Ressourcen-Umwandlungen durchführen, um beispielsweise 2 Pechblenden-Würfel in 1 Uran-Würfel zu tauschen.
4. Pause
Abschließend überprüfen wir das Limit unserer Ressourcen in unserem Labor. Überschüssige Würfel kommen zurück in den Vorrat. Nachdem wir den Marker auf das nächste Feld des Werkstatt-Tableaus geschoben haben, ist der nächste Spieler im Uhrzeigersinn dran.
Durch verschiedene Aktionen (Experimente, Aktivitätskarten, Thesen, etc.) wird der Zeitleisten-Marker auf der Zeitleiste nach vorne bewegt, wodurch für alle ein Effekt (z.B. Erhalt von Ressourcen) ausgelöst wird. Das Spiel endet nach der Runde, in der der Zeitleisten-Marker das letzte Feld der Zeitleiste (Marie Curies Tod im Jahre 1934) erreicht. Wer dann die meisten Siegpunkte sammeln konnte, gewinnt.
Auf den Wegen von Marie Curie weist nicht nur wegen des Titels Ähnlichkeiten mit dem Spiel Auf den Wegen von Darwin auf. Der Verlag "Sorry We Are French" hat mit David Sitbon (zusammen mit Vaiana Hinault) denselben Illustrator engagiert, sodass auch optisch eine Verwandtschaft festzustellen ist. Außerdem geht es erneut um eine der populärsten Persönlichkeiten der Wissenschaft.
Damit enden aber auch die Gemeinsamkeiten. Während das alte Spiel auf einfache, unkomplizierte Weise Gelegenheitsspielern das Wesen der Legespiele näherbrachte, widmet sich Auf den Wegen von Marie Curie vielmehr dem interessanten Spielmechanismus des Ressourcenmanagements.
Doch auch hier wurde ein etwas einfacherer Zugang gewählt. Es gibt lediglich drei unterschiedliche Ressourcen mit unterschiedlicher Wertigkeit, was durch die Wechselkurse (2 Pechblende = 1 Uran, 2 Uran = 1 Radium) angezeigt wird. In Wirklichkeit benötigte Marie Curie übrigens 3 Tonnen Pechblende, um 1 Gramm Radium zu gewinnen, aber dies lässt sich halt nicht realitätstreu im Spiel darstellen.
Wie bei den meisten Spielen dieses Genres gilt es auch hier, den Erhalt und die Lagerung der Rohstoffe zu beachten. Dass wir die Ressourcen über einen Würfelturm erhalten, mag erfahrene Spieler durch den entstehenden Glücksfaktor vielleicht stören, für die angepeilte Zielgruppe finde ich es aber passend. Zudem stellt der Würfelturm doch ein optisch recht attraktives Gimmick dar.
Die Ressourcen können dann auf vielfältige Weise verwendet werden: Für den Erwerb von Aktivitätskarten, für Experimente, zum Umwandeln in wertvollere Ressourcen bis hin zum Tausch in Siegpunkte (2 Radium + 1 Uran = 1 Siegpunkt). Trotzdem ist Auf den Wegen von Marie Curie kein hochstrategisches Spiel mit taktischer Tiefe, kein trockener Hirnverzwirbler, wofür hauptsächlich der Würfelturm verantwortlich zeichnet.
Sicher kann es einen Unterschied ausmachen, ob gerade viele brauchbare Würfel herausfallen, oder ob man Pech hat, dass viele im Turm hängenbleiben. Dennoch ist entscheidender, was wir mit den Ressourcen im Laufe einer Partie anstellen, welche Aktionen wir durchführen. Der Glücksanteil ist daher angemessen, außerdem gibt es ja stets die Alternative, statt der Ressourcen ein Thesen-Plättchen zu nehmen, was ja auch entsprechend belohnt wird.
Die Konzentration auf nur wenige Siegpunktquellen tut dem Spiel ebenfalls gut. Siegpunkte gibt es nämlich lediglich als Resultat einiger Experimente, für manche Aktivitätskarten, für die bereits beschriebene Abgabe von 2 Radium plus 1 Uran, für einige These-Plättchen der Stufe IV, sowie für zwei durchgeführte, nebeneinander liegende Becherglas- und Rundkolben-Experimente.
Zudem erhalten wir zu Beginn ein individuelles Zielplättchen, für das wir am Spielende die abgebildeten Siegpunkte bekommen, falls wir die entsprechende Vorgabe erfüllt haben. Dies gibt uns von Anfang an bereits etwas Orientierung, einen Fokus auf einen bestimmten Aspekt. Insgesamt brauchen wir für den Spielsieg etwa 10 Siegpunkte. Diese Überschaubarkeit ist eine weitere positive Eigenschaft.
Noch ein paar Bemerkungen zum Spielmaterial: Neben der schönen grafischen Gestaltung gefällt mir auch das solide Material mit stabilen Plättchen und vor allem dem großen, in Gold glänzenden Würfelturm. Nur der spielerische Zweck des beigefügten, sogar bedruckten Stoffbeutels erschließt sich mir nicht, übrigens eine weitere Parallele zu Auf den Wegen von Darwin. Dafür finden wir im tollen Anhangheft viele wissenswerte Informationen über das Leben und Wirken von Marie Curie und über ihr Forschungsgebiet. Sogar eine kindgerechte Beschreibung des schwierigen Themas der Radioaktivität ist enthalten.
Insgesamt ist Auf den Wegen von Marie Curie - aufgrund der leicht verständlichen Mechanismen, des schönen Spielmaterials, der moderaten Spieldauer und des pädagogisch lehrreichen Themas - ganz klar im Segment der Familienspiele positioniert. Und für diese Zielgruppe gibt es von mir auch eine klare, uneingeschränkte Empfehlung.
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Auf den Wegen von Marie Curie:
4,7, 3 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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30.06.25 von Franky Bayer - Schön gestaltetes, etwas glücksabhängiges Ressourcenmanagementspiel der einfacheren Sorte. Für die angepeilte Zielgruppe der Familienspieler eine 5, Vielspieler finden weniger Gefallen daran. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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25.08.25 von Frank Gartner - Wir spielen das Leben der Wissenschaftlerin Marie Curie nach. Die Zeitleiste, an welcher wir uns hierzu entlanghangeln, zeigt uns, auf was wir uns konzentrieren sollten. Dies macht das Spiel recht gut planbar. Weniger planbar sind die Zufallselemente durch das Nachziehen von Plättchen und dem Würfelturm, was einen hohen Glücksfaktor ins Spiel bringt und auch etwas Downtime, wenn man aufgrund der gezogenen Elemente spontan umgeplant werden muss. Solides Familienspiel! |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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03.09.25 von Katrin Husmann |
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