Rezension/Kritik - Online seit 07.11.2025. Dieser Artikel wurde 1145 mal aufgerufen.
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Konnichiwa.
Wie gerne würde ich diesen Gruß (übersetzt "Guten Tag") hören, wenn ich mal am Flughafen von Tokyo - Haneda oder Narita - lande. Von allen asiatischen Ländern interessiert mich Japan nämlich am meisten. Die traditionelle Kultur vermischt mit der Moderne. Eine gewisse Oberflächlichkeit gepaart mit nahezu philosophischem Feingefühl. Ich habe sogar für ein paar Wochen - während der Corona-Pandemie - Japanisch gelernt. Zwar habe ich mittlerweile wieder fast alle Vokabeln vergessen, aber der Wunsch besteht dennoch, die Sprache wieder aufzufrischen und einmal nach Fernost zu reisen.
Jetzt bietet mir ein Brettspiel die Möglichkeit, meinen zukünftigen Japanbesuch perfekt vorzubereiten. Bei Auf nach Japan! schlüpfen wir nämlich in die Rollen von Reisenden, die darum wetteifern, den persönlichsten und traumhaftesten Urlaub in Tokyo und Kyoto zu planen.
Diese beiden Städte - Tokyo und Kyoto - bilden die Ziele unserer Japan-Reise. Und so finden wir auch zwei Kartenstapel vor, die separat gemischt werden: Im Stapel mit den roten Karten finden sich Attraktionen, Sehenswürdigkeiten, Parks, Einkaufsmöglichkeiten, Restaurantempfehlungen und einzigartige Erfahrungen in Kyoto, im Stapel mit den blauen Karten die entsprechenden Tipps für die Hauptstadt.

Unsere Reiseplanung nehmen wir auf unserem persönlichen Spielertableau vor. In der oberen Hälfte finden sich unter anderem eine Stimmungsleiste, auf der wir - zusammen mit den beiden dazugehörigen Stress- bzw. Freudeleisten - unser Befinden festhalten. Darunter bewegen wir auf der Erfahrungsleiste unsere Erfahrungsmarker in den fünf Bereichen "Tempel/Schreine", "Speisen/Getränke", "Natur/Gärten", "Shopping/Güter" und "Einzigartige Erfahrungen".
Der untere Rand schließlich ist in die sechs Reisetage von Montag bis Samstag eingeteilt. Hier werden wir Karten ablegen, um unsere Reise zu planen. Jedem Tag teilen wir zudem einen unserer "Gute-Bedingungen-Marker" zu, wobei die Reihenfolge zwar zufällig, aber bei uns allen ident sein muss. Damit legen wir zu Beginn fest, welche Aktivität wir an welchem Tag bevorzugt unternehmen sollten.
Das Spiel ist in zwei Phasen unterteilt. In der Planungsphase legen wir in 13 Runden an den unteren Rand unseres Tableaus Karten an, um unsere Aktivitäten einzuteilen.
Der Rundenmarker zeigt uns, wie viele Karten wir auf die Hand nehmen, entweder von den beiden Stapeln (Tokyo und Kyoto) oder vom Feld unseres Spielertableaus, auf das unser Nachbar zuvor Karten abgelegt hat. Anschließend legen wir so viele Karten davon beliebig an unser Tableau an, wie der Rundenmarker vorgibt, und legen die verbliebenen Karten auf das Ablagefeld unseres Nachbarn.

Die Aktivitätskarten weisen neben einer Abbildung, einer atmosphärischen Beschreibung der Aktivität und der Stadt, in der sie stattfindet, noch einen Punktewert auf, sowie bis zu fünf "Erfahrung"-Symbole. Der untere Rand jeder Karte stellt den Tageshöhepunkt dar, für den wir Bonuspunkte erhalten, wenn die angeführte Bedingung erfüllt wird. Allerdings gilt der Tageshöhepunkt lediglich für die unterste, vollkommen sichtbare Karte eines Tages, welche diesen Teil aller darunter liegenden Karten verdeckt.
Platzieren wir eine Karte an einen bestimmten Tag, dürfen wir sie beliebig in die bereits vorhandene Spalte einordnen. Es steht uns also frei, bei 2 schon liegenden Karten die neue Karte zuoberst, zwischen die beiden Karten oder zuunterst zu legen. Nachträglich dürfen wir allerdings die Reihenfolge auf keinen Fall verändern.
Sobald wir die dritte Karte an einen Tag anlegen, überprüfen wir, ob wir einen Tagesbonus erhalten. Je mehr Symbole des anfangs platzierten "Gute-Bedingungen-Markers" sich auf unseren angelegten Karten dieser Spalte befinden, umso besser fällt der entsprechende Bonus aus. So können wir etwa bei zwei übereinstimmenden Symbolen einen Jokermarker nehmen.
Nach der 13. Runde sind 18 Karten ausgespielt und somit alle sechs Tage von Montag bis Samstag verplant, und wir gehen auf die Reise. In der Reisephase benötigen wir zuerst für jede Reise von Tokyo nach Kyoto (und umgekehrt) einen Zug, auch tagesübergreifend. Haben wir nicht genug Fahrkarten (Start-Fahrkarte und als Tagesbonus erhaltene Luxus-Fahrkarten) müssen wir vom Vorrat Standard-Fahrkarten nehmen, die uns leider Minuspunkte bringen.
Anschließend werten wir unsere Karten in chronologischer Reihenfolge aus. Von oben nach unten gehen wir - mit dem ersten Wochentag beginnend - die angegebenen Symbole durch und rücken mit den entsprechenden Erfahrungs- und Stimmungsmarkern auf der jeweiligen Leiste vor. Spannend wird es beim Tageshöhepunkt, ob wir die darauf verlangte Bedingung erfüllen oder nicht. Nur im positiven Fall erhalten wir die Belohnung. Die addierten Siegpunkte des Tages notieren wir auf dem Wertungsblock.
Schließlich bekommen wir noch Punkte für unsere Marker auf der Stress-, der Freude- und der Erfahrungsleiste, sowie für unsere eingesetzten Fahrkarten. Können wir schlussendlich die meisten Punkte vorweisen, haben wir unsere persönlichen Ziele am besten erreicht und gewinnen das Spiel.
Auf nach Japan! ist also ein Karten-Draftingspiel. Schließlich ziehen wir Karten von einen gemeinsamen Nachziehstapel, spielen von den Handkarten ein bis zwei aus und geben die verbliebenen Karten an unseren Nachbarn weiter. Dies ist in den ersten Runden der linke Nachbar, aber der Hälfte des Spiels reichen wir die Karten gegen den Uhrzeigersinn weiter.

So weit, so bekannt. Neu ist, dass wir die weitergereichten Karten nicht direkt auf die Hand nehmen. Sie landen stattdessen auf einem eigenen Feld unseres Spielertableaus, von wo wir sie in bestimmten Runden aufnehmen können. Dies sorgt für einen eigenartigen Rhythmus. Glücklicherweise werden wir beim Spielablauf durch die praktische Rundenleiste unterstützt.
Den großen Vorteil des "drafting" finden wir auch hier wieder: zeitgleiches Spiel, dadurch weniger Downtime, aller Spieler sind stets ins Geschehen involviert. Die Interaktion ist hingegen eher reduziert und beschränkt sich darauf, unserem Nachbarn nach Möglichkeit keine Steilvorlage zu liefern. Aber selbst dann ist uns das Hemd näher als die Jacke, soll heißen: Unter Hauptaugenmerk liegt natürlich in der Optimierung unserer eigenen Reiseplanung.
"Optimierung" ist schon das richtige Stichwort. In Auf nach Japan! müssen wir nämlich beim Ausspielen der Karten mehrere Dinge beachten, gleich mehrere Aspekte unter einen Hut bringen. Zum einen müssen wir berücksichtigen, dass wir jedes Mal, wenn wir einen Ortswechsel vornehmen, eine Fahrkarte zwischen den beiden Millionenstädten benötigen.
Wir besitzen anfangs bloß eine Start-Fahrkarte. Für weitere Transfers müssen wir uns entweder Luxus-Fahrkarten durch Tagesboni besorgen, oder gezwungenermaßen mit Standard-Fahrkarten vorlieb nehmen, die uns bei der Wertung allerdings je 2 Minuspunkte bescheren. Dies erlaubt unterschiedliche Strategien. In einer meiner Partien blieb ein Mitspieler die gesamte Woche in einer einzigen Stadt, wofür er jedoch öfters Karten tauschen musste (dazu später). In einer anderen Partie wiederum pendelte jemand nach Belieben hin und her, weil ihm ein spezieller Tageshöhepunkt Extrapunkte für jede eingesetzte Fahrkarte brachte, und ihm die Minuspunkte für Standardfahrkarten dadurch egal waren. Auf jeden Fall müssen wir beim Ausspielen der Karten Zeitpunkt und Ort in Einklang bringen.

Schon in der Planungsphase sind die Tagesboni relevant. Die zu Spielbeginn den Wochentagen zugeteilten "Gute-Bedingungen-Marker" geben vor, welche Symbole sich nach Möglichkeit auf den von uns dort platzierten Karten befinden sollten, um Boni zu beanspruchen. Stimmt 1 Symbol überein, dürfen wir lediglich den Stimmungsmarker auf der Stimmungsleiste um 1 Feld nach rechts rücken. 2 Symbole erlauben den Erhalt eines Jokermarkers oder von 2 Erkundungsmarkern. Und mit drei (oder mehr) passenden Symbolen bekommen wir entweder eine Luxus-Fahrkarte oder können einen Bonus-Spaziergang vornehmen. Das dies bedeutet, darauf werde ich später zurückkommen. Jedenfalls sind die Boni äußerst vorteilhaft, weshalb wir uns natürlich bemühen werden, Karten mit passenden Symbolen anzulegen.
Ein weiterer Aspekt, den wir geschickt einplanen sollten, ist der Tageshöhepunkt. Die unterste Karte eines Tages öffnet uns ja die Gelegenheit zu willkommenen Extrapunkten, wofür wie die darauf angeführten Voraussetzungen erfüllen müssen. In den meisten Fällen bedeutet dies, bis zu diesem Zeitpunkt eine bestimmte Anzahl an Erfahrungen gemacht zu haben. Diese werden durch die Erfahrungsmarker auf der Erfahrungsleiste dargestellt, die durch die entsprechenden Symbole auf den Karten bewegt werden. Logischerweise ist dies an den ersten Tagen der Woche - besonders am Montag - noch schwieriger zu bewerkstelligen, während wir am Ende der Woche meist schon ausreichend Erfahrungen gesammelt haben.
Manche Aktivitäten beeinflussen unsere Stimmungslage. Anstrengende, überfüllte oder anders herausfordernde Aktivitäten verursachen Stress, ebenso teure Aktivitäten, repräsentiert durch rote Pfeile. Entspannte bzw. besonders günstige Aktivitäten bringen uns hingegen Freude, was durch grüne Pfeile veranschaulicht wird. Jede Stimmungsänderung wird auf unserer Stimmungsleiste festgehalten, was bewirken kann, dass unser Stressmarker in den negativen Punktebereich rutscht, bzw. unser Freudemarker in den positiven Bereich.

Wie bei jedem kartengesteuerten Spiel sind wir naturgemäß etwas vom Zufall abhängig, ob wir die gerade dringend benötigten Symbole auch tatsächlich auf die Hand bekommen oder nicht. Glücklicherweise bietet uns Auf nach Japan! zwei Alternativen, um mangelndem Kartenglück etwas entgegenwirken zu können.
Einerseits erlauben die Erkundungsmarker, die wir bei Tagesboni als Belohnung erhalten können, den Tausch von 3 Handkarten gegen Karten von beliebigen Stapeln. Dadurch können wir flexibler auf schlechte Karten reagieren. Andererseits haben wir immer die Möglichkeit, eine Karte verdeckt als "Spaziergang" (statt offen) zu platzieren. Allerdings müssen wir dafür eine Handkarte abwerfen und eine neue Karte eines beliebigen Stapels unbesehen auslegen. Erst bei der Auswertung, wenn wir dann losreisen, erfahren wir, was sich dahinter verbirgt und können daraufhin immer noch entscheiden, ob wir die Vorder- oder die Rückseite nutzen wollen.
Wir sehen schon: Auch wenn es anfangs ziemlich einfach klingt - bloß Karten ausspielen, um abschließend zu werten - steckt wesentlich mehr in Auf nach Japan! als gedacht. Das habe ich auch öfters als Erklärbär feststellen müssen, wenn es sich mühsam gestaltete, meinen Mitspielern den Unterschied zwischen Planungs- und Wertungsphase klarzumachen. Hat man aber mal alles kapiert, offenbart sich uns eine höchst interessante und auch anspruchsvolle Knobelaufgabe, ein herausforderndes Puzzle, bei dem wir auf mehrere Dinge achten müssen.
Dies rechtfertigt meiner Meinung nach allerdings nicht die übertrieben hohe Altersangabe "ab 14 Jahren", denn nach einer ersten Kennenlernpartie ist Auf nach Japan! sicher schon viel früher, sogar schon ab 10 Jahren zu bewältigen. Ich kann abschließend die Neuheit von Josh Wood jedem Liebhaber gehobener Familien- und Kennerspiele empfehlen, auch wenn der Verkaufspreis - wie oft beim "Schwerkraft Verlag" - für das Gebotene zu hoch angesetzt ist.
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Auf nach Japan!:
5,0, 1 Bewertung(en)
| Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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24.08.25 von Franky Bayer - Karten-Draftingspiel, bei dem die Spieler mit Karten ihre Japanreise planen, um möglichst viele Punkte zu erzielen. Interessanter und herausfordernder Knobelaufgabe. |
Leserwertung Auf nach Japan!:
4.5, 2 Bewertung(en)
| Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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04.08.25 von JonTheDon - Ein typisches Josh-Wood-Spiel (wobei ich ansonsten nur Santa Monica von ihm kenne - aber bei diesen beiden gibt es einige Parallelen): thematischer Ansatz mit mechanischen Schwächen. Konkret störte mich an Auf nach Japan! vor allem die Wertungsphase. In dieser müssen noch Entscheidungen getroffen werden, die Wertungen späterer Tage betreffen. Entweder man verzichtet auf das entsprechende Grübeln/Durchrechnen - dann fühlt sich das ganze Spiel obsolet an; oder man rechnet seine Entscheidungen im Einzelnen aus - dann wird es zäh und das trägt das Spiel nicht. Deshalb musste Auf nach Japan! nach wenigen Partien wieder ausziehen, obwohl ich die thematische Einbettung durchaus würdigen kann. Ähnliche Kritikpunkte ließen sich übrigens auch bei Santa Monica finden, das mich thematisch allerdings weitaus mehr abholt und dem ich die mechanischen Schwächen deshalb deutlich lieber verzeihe. |
| Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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05.08.25 von Chrizlutz - Eines meiner diesjährigen Highlights! Es spielt sich schon recht solitär. Aber gerade die Auflösung nach dem ganzen Planen finde ich sehr spannend. Hat jemand anderes sein „Puzzle“ punkteträchtiger gelöst? Das Thema kann man außer Acht lassen, oder ein wenig eintauchen. Gerade das Spazieren wurde finde ich toll umgesetzt. Ebenfalls, dass man die Zugreisen einplanen sollte. |