Rezension/Kritik - Online seit 16.07.2006. Dieser Artikel wurde 24525 mal aufgerufen.
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Auf der Reeperbahn nachts um halb zwei ist die Party im vollen Gange. Auch Schampus-Charly und seine Herzensdame Brilli-Lilli samt ihrer beiden Bodyguards sind unterwegs - noch können sie sich nicht entscheiden, wo sie einkehren und weiterfeiern. Welcher Lokalbesitzer schafft es, sie in ihr Etablissement zu locken?
Mit dem Titel werden Treffpunkt und Uhrzeit des Geschehens als Ausgangsposition vorgegeben - schauen wir uns ein wenig genauer an, wie es vor Ort aussieht: Schampus-Charly und Brilli-Lilli sind bereits eingetroffen und sehen sich um. Um sie herum haben bereits die Rote Lola und der Blonde Hans begonnen, ihr Unterhaltungsprogramm abzuspulen. Die beiden Bodyguards von Brilli-Lilli, deren Namen auf ihren üppigen Brilliantenschmuck zurückzuführen ist, haben die Lage im Griff und stehen um die anderen Personen herum.
Nun treten die beiden Spieler in Aktion - geht es doch darum, entweder Schampus-Charly oder Brilli-Lilli auf ihren Lokaleingang zu bewegen, der 6 Felder von der Spielplanmitte entfernt beginnt und 2 weitere Felder in Beschlag nimmt. Auf wen der Spieler-Einfluss die meiste Wirkung ausübt, ist durch Karten vorgegeben, von denen beiden Spieler zu Beginn ihres Zuges immer 8 zur Verfügung stehen. Abwechselnd dürfen sie entweder Karten einer Sorte spielen, eine Spielfigur zum Blonden Hans setzen oder beliebig viele Karten austauschen.
Jede Einflussnahme durch das Ausspielen von Karten findet auf genau eine Person statt (bei den Bodyguards dürfen auch beide bewegt werden - die Kartenart ist jedoch dieselbe) und führt dazu, dass diese bewegt werden - entsprechend gibt es vier Kartensorten. Nur Schampus-Charly bewegt sich in seinem eigenen Bereich - er wird nur gezogen, falls sich am Ende einer Spieleraktion auf dessen Lokaleingang Personen befinden. Für jede dieser Personen wird Schampus-Charly ein Feld in Richtung dieses Lokals gelockt.
Für die anderen Personen sind einige Sonderregeln zu beachten: Brilli-Lilli wird etwa immer von ihren beiden Bodyguards eingerahmt, muss sich also immer zwischen diesen befinden. Befindet sich die Rote Lola zwischen dem eigenen Lokal und Brilli-Lilli, dürfen die Karten der Roten Lola als Joker eingesetzt werden. Wählt ein Spieler die Sonderfunktion des Blonden Hans, spielt oder tauscht er keine Karten und zieht stattdessen eine der Figuren zum Blonden Hans - nur die Rote Lola muss sich auf ihre eigene Performance konzentrieren und lässt sich von Hans nicht beeinflussen.
Sobald Brilli-Lilli oder Schampus-Charly das Lokal eines Spielers betritt, endet das Spiel mit dessen Sieg. Wogt das Spiel die ganze Zeit ohne einen Spielsieg hin und her, so tritt das Spielende auch ein, wenn der Kartenstapel zum zweiten Mal aufgebraucht wurde - in diesem Fall gewinnt der Spieler, der Brilli-Lilli näher an sein Lokal locken konnte.
Die Beschreibung ist für ein Spiel dieser Spieldauer relativ lang ausgefallen - geschuldet ist dies den nicht sofort eingängigen Bewegungsregeln. Auch wenn man dieses Spiel seinem Gegenüber erklärt, muss dies einigermassen wortreich stattfinden und wird zunächst einige fragende Blicke nach sich ziehen. Leicht zu merken sind die Spielregeln damit nicht, wobei die thematische Einkleidung hier durchaus hilfreich ist und durch die Rollen der einzelnen Figuren anschaulich untermalt wird. Dennoch gelingt es dem Verlag, die Spielregel gut verständlich darzustellen, so dass hier keine zusätzlichen Steine in den Weg gelegt werden - die Aufbereitung der Regeln ist lobenswert.
Zum Lernen der Regeln ist die eher ungewöhnliche, absolut jugendfrei dargestellte Thematik also schonmal gut geeignet. Auch das Material unterstützt nicht nur das Flair der Schickeria als Gäste und der Schausteller rund um die Lokale. Die Figuren sind rollenbezogen so prägnant gestaltet, dass sie intuitiv erkennbar und gut unterscheidbar sind. Die Zuordnung der Karten und deren Funktion ist völlig problemlos. Das Spiel und sein im Grunde abstrakter Mechanismus hätten im Prinzip in tausenderlei anderem Gewand erscheinen können - die Wahl des vorliegenden Schauplatzes setzt nicht nur neue thematische Akzente, sondern kann auch vom Verständnis und der Einprägsamkeit her als gelungen bezeichnet werden.
Bis hierher haben wir also bereits erfahren, dass der Einstieg in dieses Spiel etwas Gewöhnung erfordert. Dies betrifft auch die Taktik. Zunächst erscheint der Spielablauf recht glücksabhängig zu sein. Das Spielende kann recht schnell erreicht werden, weil es nicht gelingen möchte, die Bewegung von Schampus-Charly in Richtung des gegnerischen Ladenlokals effektiv genug zu unterbinden. Erst mit der Erfahrung einiger Partien beginnt man, die vielfältigen Zusatzeigenschaften gezielt einzusetzen. Die Möglichkeit, statt eines Karteneinsatzes eine Figur zum Blonden Hans zu bewegen, bietet hier zum Beispiel einige Optionen.
Einige Sonderregeln sind zu beachten, um die Mächtigkeit solcher Optionen in Grenzen zu halten, so zum Beispiel die Bedingung, dass Brilli-Lilli immer zwischen ihren Bodyguards stehen muss. Es ist unbedingt empfehlenswert, nach den ersten ein, zwei Partien nochmal in der Spielregel zu überprüfen, ob man auch alle Sonderregeln korrekt angewendet hat!
Die Partien können sehr unterschiedlich verlaufen und erfordern nicht nur eine genaue Beobachtung des Gegners, sondern auch eine flexible Reaktion auf dessen Züge - sonst kann man mal recht überraschend vor die Tatsache eines gegnerischen Spielsiegs gestellt werden. Hier merkt man mit steigender Erfahrung, dass viele der Sonderregeln regulierend eingreifen: Zum Beispel ist der Einsatz von Karten der Roten Lola als Joker für andere Figuren nur erlaubt, falls diese dem Spieler näher steht als Brilli-Lilli - wer hier die siegbringende weibliche Protagonistin bereits weit angelockt hat, kommt mit wesentlich geringerer Wahrscheinlichkeit in den Genuss von Lolas Unterstützung. All diese Elemente machen also insgesamt einen fein austarierten Eindruck.
Hieraus entsteht ein hoher Spielreiz bei einer recht flotten Spieldauer - die auf der Schachtel angegeben 20 bis 30 Minuten haben wir nahezu immer deutlich unterschritten. Die Motivation einer erneuten Partie ist dementsprechend hoch, und so bietet Auf der Reeperbahn nachts um halb zwei einen anhaltenden Spielreiz über viele immer wieder unterschiedlich verlaufende Runden hinweg. Die Schachtelreihe Spiele für zwei von Kosmos wird damit um ein empfehlenswertes Spiel mit ungewöhnlicher Thematik bereichert und erhält hiermit von mir eine ganz klare Empfehlung.
Rezension Kathrin Nos
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Auf der Reeperbahn nachts um halb zwei: 4,0, 7 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
11.05.06 von Kathrin Nos - Mit einiger Spielerfahrung kann die Spielbarkeit um mindestens eine Note angehoben werden: Sobald man die Regeln verinnerlicht hat, steigt der Spielfluss merklich an. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
16.05.06 von Ralph Bruhn - Trotz des grauenhaften Themas habe ich mich zu einer Partie überreden lassen - und wurde positiv überrascht. Ein flotter, lockerer Pausenfüller, der zur sofortigen Revanche herausfordert. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
20.05.06 von Ulrich Fonrobert - Hmmm, ganz nett, aber vor allem zu Anfang doch sehr unübersichtlich mit den verschiedenen Spezialaktionen. Auch die Siegbedingungen wollen erst einmal überblickt werden, weil sehr verschieden. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
22.05.06 von Peter Nos - Ein Spiel das mehr Spaß macht, als der erste Eindruck vermuten lässt. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
22.05.06 von Tommy Braun - eine gute 4 für diesen wirklich interessanten Mechanismus - das aufgesetzte Thema is allerdings wirklich bescheuert. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
16.07.06 von Frank Gartner |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
04.03.07 von Michael Reitz |
Leserwertung Auf der Reeperbahn nachts um halb zwei: 3.0, 4 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
16.07.06 von Jürgen Schuckenbrock - Habe es 2mal getestet und es konnte mich nicht überzeugen. Mir kommt das Spiel unfertig vor. Das schlechtestes 2 Personen Spiel aus der Reihe. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
14.10.06 von Ulrich Roth - Das Thema ist Geschmacksache, ebenso wie der eher hohe Glücksfaktor (den man mildern kann, indem man z.B. "best of 7" spielt). Wer sich an beidem nicht stört, hat hier ein sehr unterhaltsames, abwechslungsreiches Spiel. Wichtig: Gründlich mischen! |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
14.11.06 von Rainer - Habe Reeperbahn zum ersten Mal auf der Spielwiesn in München gespielt - ist sehr leicht zu erklären, hat eine kurze Spieldauer und für Nicht-Strategen ist auch der Glücks-Anteil hoch genug. Fazit: sehr gut für ein schnelles Spiel zwischendurch und auch für Seltenspieler gut geeignet. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
05.03.08 von Rughnegg - Das schlechteste Spiel aus der Reihe. Wenn 2 annähernd gleichstarke Spieler gegeneinander antreten, gewinnt (fast) immer der Startspieler - leider ein großes Manko (wir haben 20 Spiele gespielt und 19 mal hat der Startspieler gewonnen) |