Rezension/Kritik - Online seit 24.06.2014. Dieser Artikel wurde 3588 mal aufgerufen.

Schnipp Es!

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Autor: Axel Hennig
Matthias Schmitt
Illustration: Christian Opperer
Verlag: Mücke Spiele
Rezension: André Beautemps
Spieler: 2 - 6
Dauer: 6 Minuten
Alter: ab 20 Jahren
Jahr: 2013
Bewertung: 2,5 2,5 H@LL9000
3,5 3,5 Leser
Ranking: Platz 5819
Schnipp Es!

Spielziel

"Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen, Rahn schießt und ...Toooor! Toooor! Toooooor!!!" (Herbert Zimmermann, Radiolegende)

Zu lange her? OK, wie wäre es mit: "Netzer (lange Pause) zu Overath (lange Pause) gibt ab auf Beckenbauer (noch längere Pause) Müller (kurze Pause) und Tor!" (Ernst Huberty, Fernsehlegende)

Auch nicht aktuell genug? Na gut, dann schalten wir jetzt live hinüber zu unserem Reporter H@llbert ins Harald-Mücke-Stadion auf dem Schnippesberg und hören, was sich dort so tut. Hallo H@llbert, kannst du uns hören?

Ablauf

Ja, danke und herzlich willkommen hier auf dem nigelnagelneuen Spielfeld, das heute mal mit der Rasenseite nach oben gelegt wird, nachdem einige Amateurpartien auf dem umseitigen Aschegeläuf ausgefochten wurden. Die Mannschaften haben bereits ihre Aufstellungen genommen, die Goldveilchen spielen im bewährten 2-1, während sich die Orangegelben in offensiverer 1-2-Aufstellung postiert haben. In der Mitte liegt das Spielgerät, welches in seiner Form einem Spielerkopf sehr ähnelt, aber ganz in Weiß gehalten ist.

Und hier kommt auch der Schiedsrichter: wie immer in diesem schmucken Stadion in traditioneller Würfelform als handelsüblicher W6. Die anstoßende Mannschaft würfelt den Schiedsrichter, doch oh weh, sie hat den Schiedsrichter gleich dabei vom Spielfeld gekegelt. Dies wird sofort mit Ballbesitz für den Gegner geahndet, der seinerseits elegant eine 3 auf das Spielfeld würfelt. Nun können sich die angreifenden Spieler drei Fingerschnippe weit bewegen und dabei versuchen, den Ball weit in die gegnerische Hälfte zu treiben. Beziehungsweise in das dort befindliche Tor, welches, um eine ausgefeiltere Torlinientechnik überflüssig zu machen, keinen direkten Bodenkontakt hat, sondern etwas über den Dingen schwebt, um dem Ball die Chance des Einzugs zu lassen.

Leider stellen sich die Goldveilchen in ihrem Angriffsversuch nicht viel geschickter an und verstolpern schon beim ersten Versuch den Ball. Das heißt, die ausführende Spielfigur fällt beim Schussversuch um. Wiederum wechselt der Ballbesitz. Orangegelb würfelt den Schiedsrichter, so dass dieser jetzt auch auf dem Platz bleibt. Leider zeigt das Ergebnis eine 1. Immerhin darf mit diesem Ergebnis jeder der Spieler je einmal geschnippt werden.

Aber was macht er denn da? Der Stürmer tritt so ungestüm und vehement gegen den Ball, dass er auch gleich zwei in der Nähe befindliche Verteidiger des Gegners umhaut. Richtigerweise wird sofort auf Foul und Freistoß entschieden. Zusätzlich bekommt die foulende Mannschaft eine gelbe Karte. Pro gefoultem Spieler. Macht in der Summe gleich Gelb-Rot. Das ist rigoros, aber auch konsequent, um hier keine überbordende Härte ins Spiel zu bringen. Eine Figur der Orangegelben muss vorzeitig vom Feld. Gottseidank ist diese aus Holz, so dass sie nicht "unter die Dusche" muss. Nun müssen sich die Orangegelben ein wenig vorsehen, denn zwei weitere Fouls bedeuten die Entfernung des nächsten Spielers und die dritte Kombi den sofortigen Verlust der Partie mangels eigener Spieler.

In der hier geschilderten, bisher eher dahinplätschernden Partie wird der Sieger durch das vorher abgesprochene Erreichen einer Mindesttorzahl ermittelt. Wer zuerst die zweite Bude macht, ist durch! Andere Partien wurden und werden über zeitliche Vereinbarungen geregelt, bei denen in den dann z. B. 2 x 5 Minuten Spielzeit aber die Gefahr eines Unentschiedens droht. Womöglich noch eines faden 0:0, so wie der Spielstand hier.

Aber nun hat der Besitzer der Goldveilchen ein goldenes Händchen bewiesen und den Schiedsrichter auf 6 gewürfelt. Ein rasanter Angriff, der Mittelfeldmotor treibt den Ball nach vorne und müsste jetzt mal abspielen. Denn mehr als dreimal darf eine Figur in einem Angriffszug nicht geschnippt werden, bei der Sportart handelt es sich schließlich um einen Mannschaftssport. Pass hinüber auf die linke Seite, der Außenstürmer wird geschnippt und ...uoooh, das war knapp! So gerade eben hat ein Verteidiger noch seinen rundlichen Fuß dazwischen bekommen, und der Ball wurde zur Ecke abgewehrt.

Alle Spieler stellen sich nun in Erwartung der Ecke neu auf. Der Ball wird hineingegeben und ...Tooooor! Tor für die Goldveilchen! Es steht 1:0, was sogleich an der zur Anzeigetafel umfunktionierten Spielschachtel angezeigt wird. Erneut werden alle Spieler neu postiert, und es folgt ein weiterer Anstoß für Orangegelb. Das Tor scheint Wirkung gezeigt zu haben, denn der nächste Ball geht sofort ins Seitenaus.

Einwurf für die Veilchen und wenn sie jetzt wiederum über die linke Seite angreifen, dann besteht die Chance, dass die Partie gleich ganz schnell entschieden ist. Der Winkel ist sehr spitz, Anlauf und ....Tooor! Das Spiel ist aus, die Goldveilchen würden sich jetzt sicher in den Armen liegen, wenn sie welche hätten. Dafür lassen dann aber die Verlierer auch die Köpfe nicht hängen, sondern stehen so aufrecht wie vor und so unbeweglich wie im Spiel herum. Einem Rückspiel oder einer Revanche steht nichts mehr im Wege, und damit gebe ich zurück an die angeschlossenen Rezensionshäuser.

Fazit

Vielen Dank für diesen Eindruck von der mitreißenden Partie, H@llbert. Tja, das Spiel ist gelaufen, aber wie soll man es bewerten? Fragen wir doch mal unseren Experten, Dr. Halbwissen, vom mentalen her Weltmeister von irgendwas. Dr. Halbwissen, wie gefällt Ihnen dieses neue Stadion und das ganze Drumherum?

Tja, wissen Sie, als ich das Ganze zum ersten Mal aus der Ferne erblickte, habe ich gar nicht sofort erkannt, dass es sich um ein Fußballstadion handelt. Als Perspektive wurde die Draufsicht gewählt, und ein Großteil des Spielfelds wird vom Titel verdeckt. Erst an den Flutlichtstrahlen konnte ich bei genauerem Hinsehen erkennen, dass es sich um einen Kickertempel handelt. Warum dort das Flutlicht voll eingeschaltet ist, obwohl weder auf dem Rasen noch auf den Rängen Leben zu entdecken ist, kann ich auch nicht beantworten.

Und wie hat ihnen denn das Innenleben gefallen?

Also das war erstmal ... überraschend. Das im Ruhezustand zusammengeklappte Spielfeld hat in dieser Position ungefähr 75% von dem möglichen Platzvolumen der Schachtel. Das heißt, es kann nicht rutschsicher untergebracht werden. Warum hier die Proportionen nicht besser aufeinander abgestimmt sind, müsste man beim Hersteller erfragen. Oder nehmen Sie die Tore. Diese müssen ja bekanntermaßen schweben, werden also als Karten in je zwei dafür vorgesehene Halterclips geklemmt. Funktioniert auch prima. Leider sind die Markierungen auf dem Spielfeld für den Aufbau der Tore zu weit auseinander. Man kann bei der gewählten Kartengröße keine Konstruktion herstellen, die eine genaue Positionierung auf den Markierungen ermöglicht. Aber da für beide Mannschaften die gleichen Voraussetzungen gelten, werden eben beide Tore etwas enger sein als wohl ursprünglich angedacht.

Waren Sie denn mit den Mannschaften zufrieden?

Wäre ich gerne gewesen. Auf der Schachtelrückseite ist ein Foto einer Partie zwischen Deutschland in nationalem Schwarz-Rot-Gold gegen die Niederlande, ebenfalls in Landesfarben zu sehen. Diese Paarung lockt in der Regel alle Fußballfans der Nationalteams an. In der Schachtel selbst sind dann die beiden Mannschaften enthalten, deren Partie soeben beschrieben wurde. Also von nationaler Zuordnung keine Spur. Offen gestanden kenne ich nicht mal Mannschaften, deren Vereinsfarben aus diesen Kombinationen bestehen. Will man Teams in den Farben der jeweiligen Nationen spielen, muss man entweder selbst umfärben oder einen sogenannten Boosterpack erwerben.

Und dort bekommt man dann eine Mannschaft in den passenden Farben?

Richtig. Drei Spieler und noch einen Ball. Und einen Ersatzschiedsrichter. Und ein Ersatztor. Jede Mannschaft bringt also ihren eigenen Schiedsrichter und ein eigenes Tor mit. Interessanter Gedanke, nicht wahr? Der Grund besteht darin, dass laut Eigenwerbung des Verlags auch ohne Spielfeld gespielt werden kann, wenn zumindest zwei Boosterpacks zusammen genutzt werden. Das Spielfeld wird dann auf einer glatten Unterfläche selbstständig aufgebaut. Tore sind da, Schiedsrichter und Bälle auch, die Mannschaften sowieso.

Funktioniert das denn?

Habe ich offen gestanden noch nicht ausprobiert, müsste aber grundsätzlich gehen. Möglicherweise gibt es kleinere Streitigkeiten, ob ein Ball aus ist oder nicht, aber das sollten die Spieler dann unter sich regeln. Nach Möglichkeit ohne sich dabei Eishockeyteams als Diskussionsvorbild auszuwählen.

Kann man denn den Spielregeln gut folgen?

Die beigelegte Anleitung ist kurz und enthält neben zahlreichen Abbildungen alles wesentlich Wissenswerte. Ein großer Vorteil, um schnell eine Partie beginnen zu können. Es sind viele wesentliche Aspekte berücksichtigt, die das große Original ausmachen wie Anstoß, Einwurf, Ecke und Fouls. Leider sind ein paar Dinge nicht geregelt wie z. B. Abseits oder Elfmeter.
Gerät eine Spielfigur selbst ins Aus, darf diese völlig frei neu positioniert werden. Es wechselt zwar der Ballbesitz, aber wenn es ohnehin die letzte Bewegung des eigenen Zugs ist, ist das nicht von Bedeutung. Dadurch wurden doch einige Partien damit zugebracht, bei nicht optimaler Positionierung der eigenen Figuren den letzten Schnipp bewusst ins Aus zu machen, um die Spielfigur neu positionieren zu können. Keine besonders sehenswerte Spielweise. Ob das so gewollt ist?

Wie sind Ihre eigenen Schnipperfahrungen? Hat das gut geklappt oder kämpfen Ihre Teams eher gegen den Abstieg?

Natürlich konnte ich es mir nicht nehmen lassen, auch mal selbst Hand anzulegen. Ob im Team oder alleine. Nach kurzen Anfangsschwierigkeiten mit der Findungsphase für das passende Momentum beim Schnippen ging es nach einiger Übung immer besser. Allerdings empfiehlt es sich, häufig die Seiten zu wechseln und abwechselnd auf Rasen und auf Asche zu schnippen. Darüber hinaus sollte bei einem Schnippen über die Mittellinie der Plan besser mit der freien Hand heruntergedrückt werden. Bei Anfängern sollte die strenge Foulregel vielleicht in der allerersten Partie ganz weggelassen werden und erst danach eingeführt werden. Sechs Fouls, um die gesamte Partie zu verlieren mangels eigener Spieler auf dem Platz, sind schnell beisammen. Und frustrieren ungemein.

Ok, das leuchtet ein, dass man sich erst einmal an die Platzverhältnisse gewöhnen muss. Aber das Spielen selbst hat schon seinen Reiz?

Ja, das Grundprinzip schon. So eine haptische Sache wie dieses Schnippen hat spätestens bei der aktiven Ausübung großes Lockpotenzial. Die Schnipper waren mal mehr, mal weniger eifrig und konzentriert bei der Sache. Grundsätzliche Funktionsfähigkeit in Bezug auf das Schnippen muss attestiert werden, auch wenn es ein wenig Übung bedarf, bis man die meisten Bewegungen so hinbekommt, wie man sich das auch vorgestellt und gewünscht hat. Dass das nicht immer klappt, entspricht nur dem Vorbild aus der Realität.

Können Sie das Spiel jüngeren Altersgruppen empfehlen? Lohnt sich der Einstieg für F-Jugendliche?

Das Spiel ist eindeutig nichts für Zappelphilippe. Zur Schulung genauerer motorischer Fähigkeiten ließe es sich nutzen, aber hier könnte der Frustrationsfaktor schneller greifen, als es allen Beteiligten lieb ist. Es gilt nun mal, die eigene Schnipperei soweit zu perfektionieren, dass man irgendwann auch mal ins Tor trifft. Und das kann je nach Veranlagung dauern. Lange. Sehr lange.
Ein weiterer Punkt sind die Regeln. Zum einen sehr streng, zum anderen sehr kleinlich, was z. B. die Neupositionierung nach Fouls, bei Einwürfen und Ecken usw. angeht. Man muss Mindestabstände zu Tor, Ball, Schiedsrichter und Gegner beachten und ob das die meisten Sechsjährigen schon einhalten, bezweifele ich. Es sollte also immer ein erwachsener, realer Schiedsrichter den Partien beiwohnen.

Haben Sie ganz herzlichen Dank für ihre Eindrücke, Dr. Halbwissen. Können Sie noch ein abschließendes Gesamtfazit für unsere Leser ziehen?

Sehr gerne. Das Spiel hält insbesondere im Material nicht das, was es verspricht. Hier wäre deutlich mehr drin gewesen. Das Prinzip ist nicht schlecht, aber im Gesamteindruck wirkt es noch unausgereift. Ich habe mich nicht nach der Entwicklungsdauer von der Idee bis zum Produktionsbeginn erkundigt. Vielleicht hat ja das anstehende sommerliche Großereignis auf dem südamerikanischen Kontinent etwas damit zu tun. Sicher macht es Sinn, zum Zeitpunkt des Turniers bereits verkaufsfertig produziert zu haben. Hier hat man leider das Gefühl, das ist zu Lasten der Entwicklungsreife gegangen. Man würde sich Aussagen zu weiteren, nicht berücksichtigten Elementen wie Elfmetern oder Abseits wünschen. Kommt ja vielleicht noch. Vielleicht in einem Regelboosterpack.

Rezension André Beautemps

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

Regelvarianten

Ein Giveaway auf der letztjährigen Spielmesse bestand aus Pfützen- bzw. Matschplättchen, die auf dem Spielfeld als Hindernisse verteilt werden. Diese müssen mit dem Ball umkurvt werden und erhöhen somit den Schwierigkeitsgrad.

Die in der Regel beschriebenen Apps für eine akustische Untermalung ließen sich bis heute nicht auffinden. Weder unter irgendwelchen Einträgen zum Spielenamen noch unter dem Begriff APP konnte ich entsprechende Links und/oder Downloads auf der angegebenen Homepage finden. Auch Google und der Appstore von Apple halfen nicht weiter. Entweder gibt es diese Zusätze noch nicht oder nicht mehr.

Die Regeln für Spiele mit Teams aus Boosterpacks sind identisch, nur das Spielfeld muss virtuell oder mit anderen Hilfsmitteln abgegrenzt werden. Oder man besitzt Boosterpack(s) und Grundspiel, dann wird selbstverständlich auf dem Spielfeld gezockt.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Schnipp Es!: 2,5 2,5, 2 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 11.06.14 von André Beautemps - Guter Ansatz, hätte noch ein bisschen mehr Reife vertragen. Kommt vielleicht noch im Nachhinein. Gerade noch eine Drei beim Spielreiz, mit viel Wohlwollen.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 29.07.14 von Monika Harke - Die Spielidee ist ja ganz nett, die Umsetzung lässt jedoch stark zu wünschen übrig.

Leserbewertungen

Leserwertung Schnipp Es!: 3,5 3.5, 2 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 29.10.14 von lafouge
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 19.06.16 von Hilko Drude - Großartig. Der etwas wackelige Spielplan könnte stabiler sein, und auch die Tore sind nicht optimal, aber wir können gar nicht die Finger davon lassen. Und ja, auch unsere Sechsjährige liebt es, und wenn man die Regeln nicht allzu streng auslegt, passt die Altersangabe allemal. Wir würfeln neben dem Spielfeld, damit ist die größte Fehlerquelle auch schon vom Tisch.

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