Rezension/Kritik - Online seit 09.11.2008. Dieser Artikel wurde 5238 mal aufgerufen.

Demo

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Autor: Eva Maria Tobies
Hendrik Nicola Jenzowsky
Verlag: Jenzowsky Spiele
Rezension: Monika Harke
Spieler: 2 - 4
Dauer: 20 - 40 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2008
Bewertung: 4,0 4,0 H@LL9000
5,0 5,0 Leser
Ranking: Platz 981
Demo

Spielziel

Als Organisator von Demonstrationen gilt es, möglichst viele Sympathiepunkte zu sammeln. Dies gelingt aber nur durch friedliche Veranstaltungen, hohe Besucherzahlen und eine wohlgesonnene Presse. Nicht allzu selten kippt jedoch die Stimmung - Betrunkene und Randalierer lassen den Stressfaktor ansteigen und treiben einem Veranstalter schnell die Schweißperlen auf die Stirn.

Ablauf

Zunächst werden alle zu organisierenden Kundgebungen gleichmäßig unter den Veranstaltern aufgeteilt. Wann ein Event steigt und wie viele Demos gleichzeitig stattfinden, hängt natürlich vom Organisationstalent des jeweiligen Eventmanagers ab. Ob die Veranstaltung allerdings ein Erfolg wird und viele Sympathiepunkte einbringt oder der Stressfaktor zu groß wird und das Ganze in einem Desaster endet, wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst.

Damit eine Demo nicht floppt, braucht man selbstverständlich Besucher und davon nicht zu wenig. Damit diese auch gut unterhalten werden, sind mitreißende Kampfreden oder ein Rockkonzert gern gesehene Events, die einen Sympathiebonus einbringen können. Wohlgemerkt können, denn nicht selten steigt mit zunehmender Demonstrantenzahl und den dargebotenen Aktionen gleichzeitig der Stressfaktor. Daher ist ein bisschen Polizeipräsenz durchaus wünschenswert, zumal die Staatsdiener auch später bei der Auflösung der Kundgebung hilfreich sind. Rückt jedoch gleich ein Sondereinsatzkommando an, könnte es schnell brenzlig werden. Denn sobald ein bestimmter Stressfaktor erreicht ist, schlägt die Stimmung um und macht aus gerade noch friedlichen Besuchern Randalierer. Solche Ausschreitungen sind natürlich für die konträr eingestellte Presse ein gefundenes Fressen. Das kostet Sympathiepunkte, die man nun durch wohlgesonnene Berichterstatter erstmal wieder ausgleichen muss.

Ein zu hoher Stressfaktor? Das kann mir nicht passieren, da ich als geborenes Organisationstalent alles im Griff habe - Demo ausrufen, pro Runde ein bis zwei Events hinzufügen und dann, wenn die Stimmung auf dem Höhepunkt ist, die Veranstaltung auflösen und jede Menge Sympathiepunkte einheimsen. Doch wer so denkt, hat die Rechnung ohne die liebe Konkurrenz gemacht, die einem den Erfolg so gar nicht gönnt und permanent versucht, die gute Stimmung negativ zu beeinflussen, indem sie einem (Pflaster-)Steine in den Weg legt. Kurzerhand wird eine Gegendemo veranstaltet, die den Stressfaktor sofort hochschnellen lässt; aggressive Demonstranten werden vorbei geschickt, die die Stimmung aufheizen, was schnell die Bereitschaftspolizei auf den Platz ruft oder Medienvertreter bestellt, die ausgiebig über die außer Kontrolle geratene Veranstaltung berichten. All dies bringt einen Veranstalter leicht ins Schwitzen, wenn er seine Sympathiepunkte schwinden sieht.

Wem es zu guter Letzt dennoch gelingt, trotz aller Widrigkeiten die meisten Punkte zu sammeln, kann sich glücklich schätzen, denn er hat seinen Job als Veranstalter am besten gemeistert.

Fazit

Spiele mit aktuellen Themen haben es grundsätzlich schwer, einen Verlag zu finden, der das Risiko einer Veröffentlichung eingeht. Diese Erfahrung mussten wohl auch die beiden Autoren von Demo - Provokation in der Fußgängerzone machen und daher ist es nicht verwunderlich, dass sie ihr erstes Kartenspiel nun im Eigenverlag herausgebracht haben.

Bei der Ausstattung hat sich der Verlag wirklich Mühe gegeben. Damit man das Spiel problemlos in die Tasche stecken und zu jeder Demo mitnehmen kann, wurde ein Stoffsäckchen inklusive Block und Bleistift für unterwegs beigelegt. Die Demo- und Eventkarten bekamen extra unterschiedliche Größen, so dass man überall sofort losspielen kann und keine Zeit mit lästigem Sortieren verbringen muss - hier hat jemand mitgedacht! Originell und thematisch sehr passend sind auch die Würfel in Form von Pflastersteinen. Leider sind die rot geprägten Zahlen nur mit viel Wohlwollen zu erkennen. Da die Würfel lediglich zum Auflösen der Demos benötigt werden und man Jenzowsky einen Kleinverlagsbonus einräumen muss, sollte man diesbezüglich jedoch einfach mal ein Auge zudrücken. Gelungen ist auch die Spielanleitung, welche das Spiel sehr ausführlich erklärt und keine Fragen offen lässt.

Die Grafik ist hingegen ungewöhnlich und stark gewöhnungsbedürftig. Als Bilder wurden verfremdete Originalaufnahmen von Demonstrationen gewählt, die spontan nicht gerade ansprechend wirken. So wird dann auch sicher gleich die erste ausgerufene Demo in vielen Spielgruppen unter dem Motto "Gegen schlechte Spielegrafiken!" stattfinden. Zugegeben, man gewöhnt sich an diese authentische Aufmachung und findet sie nach einigen Partien sogar recht passend, mehr aber auch nicht.

Der Spielablauf ist aufgrund der wenigen Regeln einfach, erlaubt aber dennoch genügend taktische Überlegungen. Da man pro Zug zwar beliebig viele Demos, aber nur maximal zwei seiner fünf Handkarten ausspielen darf, sollte man sich gut überlegen, ob dies zugunsten der eigenen Auslage passiert oder ob man lieber den Mitspielern das Leben schwer macht. Das ist der Zeitpunkt, der das Spiel in Schwung bringt, denn Interaktion spielt hier keine unbedeutende Rolle. Möchte man die Konkurrenz mal ein bisschen ärgern, kann daraus allerdings auch schnell ein Eigentor werden, indem sich plötzlich alle verbünden und einer nach dem anderen Betrunkene, Verletzte oder Sondereinsatzkommandos vorbei schickt. Gelingt es einem dann nicht, die Demo rechtzeitig aufzulösen und ist man den Mitspielern erneut eine Runde ausgeliefert, sollte man etwas Frusttoleranz mitbringen, den anderen ihren Spaß und ihre Schadenfreude gönnen und das Ganze nicht so eng sehen. Bei der nächsten Demo läuft es dann wieder besser.

Man darf das Spiel also nicht bitterernst nehmen und nur auf Sieg spielen wollen. Notorischen Grüblern und Strategen ist daher von diesem Kartenspiel eher abzuraten - sie gehören definitiv nicht zur Zielgruppe. Spaß und Kommunikation stehen im Vordergrund. Natürlich hängt es von der Spielgruppe ab, aber eine Partie, in der nicht gelacht und wenig geredet wird, dürfte es nur sehr selten geben. Dazu trägt zum einen das Bestimmen des Mottos einer Demo bei, eigentlich eine für den Spielverlauf vollkommen unbedeutende Angelegenheit. Aber wenn sich alle auf das Spiel einlassen und immer wieder ein neues, noch skurrileres Thema für ihre Demo wählen, kann sich das sehr positiv auf die Stimmung auswirken. Zum anderen führt die ständige Berechnung der Stresspunkte eigener und fremder Kundgebungen zu erhöhtem Gesprächsbedarf. Da sich die Auslage permanent ändert und man schnell den Überblick über den Punktestand verliert, wird ununterbrochen nachgefragt und gemeinsam gerechnet.

Diese Rechnerei hemmt den Spielverlauf und ist somit auch einer der größten Kritikpunkte. Hier wäre es besser gewesen, dem Spiel beispielsweise Zahlenplättchen zu spendieren, die man einfach auf die Demokarte legt, so dass der aktuelle Stressfaktor für alle stets gut sichtbar ist. Aufgrund der schlechten Übersicht verliert man auch schnell aus den Augen, ob zu einer Demo gerade eine Gegendemo ausliegt. Da diese immer den Stressfaktor erhöht, ist dies nicht unbedeutend. Mit je zwei farblich passenden Markern hätte man dieses Problem einfach lösen können. Auch ist die Auslage recht platzintensiv, selbst wenn man die Karten überlappend legt. Theoretisch könnten laut Spielregel alle 12 Demos gleichzeitig stattfinden. Von einem Praxistest ist aber dringend abzuraten, es sei denn, man würde ihn in die Fußgängerzone verlegen. Dann bekäme auch der Untertitel des Spiels eine ganz andere Bedeutung.

Würden die Wertungen, die während des Spiels stattfinden, durch kleine "Rechenhilfen" deutlich zügiger abgewickelt, ließe sich infolgedessen auch die Spieldauer von 45 bis 60 Minuten reduzieren. Was nicht heißen soll, dass diese Spielzeit zu lang wäre, schließlich langweilt sich ja niemand. Aber ein flotterer Ablauf würde einem Spiel mit derart frischem Thema besser zu Gesicht stehen. Ansonsten ist die thematische Umsetzung wirklich gelungen, denn die Demo-Atmosphäre wird gut eingefangen. Lediglich bei den Medienvertretern vermisst man ein wenig die objektive Berichterstattung. Endlich wurde mal wieder ein unverbrauchtes Thema gewählt, das durch die Stresspunkte zudem noch einen passenden innovativen Mechanismus bekommen hat. Ungewöhnlich, aber es funktioniert: Ein Spiel mit politischem Hintergrund kann definitiv Spaß machen. Die Spielerzahl sollte jedoch idealerweise bei vier Spielern liegen.

Demo hat es anfangs nicht leicht, den Weg auf den Spieltisch zu finden, da durch Thema und Grafik einfach die anziehende Wirkung fehlt. Somit ist auch die Erwartungshaltung relativ gering. Geht man aber unvoreingenommen an das Spiel heran, ändert sich der erste Eindruck rasch und die anfängliche Skepsis weicht schnell dem Spielspaß. Auch wenn das Spiel noch Optimierungspotenzial besitzt, so ist es dennoch eine positive Überraschung, die den Sympathiefaktor 5 und Stressfaktor -2 verdient hat.

Rezension Monika Harke

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Demo: 4,0 4,0, 3 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.10.08 von Monika Harke
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.11.08 von André Beautemps - Hiermit möchte ich zur Demonstration "Mehr Lob für Spielerezensenten" aufrufen und hoffe damit, nicht mehr als 15 Stresspunkte zu bekommen!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 24.03.09 von Bernd Eisenstein - Hmm - habe ich ein anderes Spiel gespielt?

Leserbewertungen

Leserwertung Demo: 5,0 5.0, 8 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 10.11.08 von Martin Huber - Hab noch nie solch ein Spiel gespielt. Find ich super!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 22.11.08 von Michael Ehlert - Ich hatte eine Demo mit -24 Sympathiepunkten... Das war nicht Lustig :) Aber trotzdem ein wirklich witziges und orginelles Spiel.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 24.11.08 von Frank Müller - Macht Spass
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 24.11.08 von Ernie - Ein Spiel mit Gesinnungsfaktor bei - zu - simplen Mechanismen und deshalb(?) mit steigender Spielzahl deutlich abnehmendem Spielreiz Der Glücksfaktor beim Nachziehen ist viel zu dominant. Mit einem (größeren) Verlag im Rücken hätte die Spielidee -vielleicht- ausgereift werden können.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 25.11.08 von TheClash - Wer schon mal auf einer Demo war, wird diese sicher wiedererkennen. Schönes Spiel, Thema super umgesetzt, super Ausstattung. Macht weiter so!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 25.12.08 von Lennart Tummersdorf - Kann ich empfehlen. Die Demo für "mehr Glühweinstände in Recklinghausen" hat den Weihnachtsabend gerettet :P
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 27.03.09 von D. Gockl
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 12.08.13 von Max Heininger - Prinzipiell nettes Spiel. Wenn ich mir die Besuchernoten hier anschaue glaub ich aber, dass die Sympathiepunkte für den Kleinverlag (alias Kleinverlagsbonus) hier doppelt und dreifach gezählt werden. Der Grafikstil der Karten ist besonders, aber nicht ganz mein Fall, und das Glück ist schon (gerade bei mehr Spielern) recht dominant, dafür ist das Thema wirklich erfrischend anders. Alle in allem dennoch eher schwache 4 Punkte.

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