Rezension/Kritik - Online seit 25.01.2010. Dieser Artikel wurde 4617 mal aufgerufen.

Frischfleisch

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Autor: Friedemann Friese
Illustration: Lars-Arne Kalusky
Verlag: 2F-Spiele
Rezension: Michael Timpe
Spieler: 2 - 6
Dauer: 60 - 75 Minuten
Alter: ab 16 Jahren
Jahr: 1999
Bewertung: 3,3 3,3 H@LL9000
Ranking: Platz 5186
Frischfleisch

Spielziel

Frischfleisch ist ein Spiel, das viele Fragen aufwirft: Wie um alles in der Welt sind wir hierher gekommen, wieso braucht der Rettungstrupp vier Wochen, woher wissen wir, dass er genau vier Wochen braucht? Und wenn wir schon in einer solchen Einöde sind, was machen dann die ganzen anderen Gruppen hier?

Aber zum Nachdenken bleibt wenig Zeit, denn wir haben Hunger! Bis wir in vier Wochen gerettet werden, müssen wir uns irgendwie ernähren. Nur leider gibt es in dieser Einöde nicht viel Essbares zu finden. Ein Glück, dass da noch die anderen Gruppen sind, so ein kleiner Punker schmeckt bestimmt auch ganz lecker. Aber aufgepasst! Unbemerkt schleicht sich von hinten schon der Berserker an; wenn ich meinen Professor jetzt nicht hinter einer Schatzkiste verstecken kann, wird er am Ende selbst gefressen.

Ablauf

Aufbau

Vor uns liegt der Spielplan, eine grenzenlose Einöde, mit nur einigen wenigen Wasserstellen. Die Größe des Spielplans richtet sich dabei nach der Zahl der Mitspieler.

Reihum legen die Spieler verdeckt ihre Figurenmarker auf den Plan, anschließend werden leere Felder mit X-Plättchen aufgefüllt. Jeder bekommt noch etwas Nahrung für den Start sowie einige Kampfchips und los geht es.

Phase 1: Nahrungssuche

Reihum zieht jeder eine seiner Figuren und tauscht dabei seinen Platz mit der Figur oder dem Plättchen auf einem Nachbarfeld, immer auf der Suche nach Nahrung. Sehr begehrt sind daher die Felder an der Oase, sie bringen nämlich sicher zwei Nahrung. Auf den X-Plättchen kann man ebenfalls Nahrung finden, aber auch eine Straße (ermöglicht einen weiteren Zug) oder eine Schatzkiste. Schätze kann man nicht essen, daher sind sie nur eins: Hindernisse. Aber auch Hindernisse können sehr nützlich sein, wenn sich der eigene Professor dahinter vor dem gegnerischen Berserker verstecken kann.

Wenn man ein Nahrungsplättchen oder einen Schatz findet, muss man seine Figur aufdecken und der Zug ist beendet. Sind alle Figuren aufgedeckt, endet die erste Phase und das eigentliche Fressen geht los.

Phase 2: Ernährung und Kampf:

Jetzt geht es ums Überleben: Für seine anfänglich sechs Personen braucht man zwölf Nahrung. Konnte man einen Platz an der Oase ergattern, erhält man sofort schon mal zwei Nahrung, den Rest muss man woanders finden.

Reihum hat jeder eine Aktion, in der er entweder ein benachbartes Nahrungsplättchen einsammeln kann oder aber versucht, einen Mitspieler zu erlegen. Kämpfe finden nur zwischen benachbarten Figuren statt, und angreifen darf man nur mit hungrigen Figuren. Daher ist es wichtig, immer drauf zu achten, wie man gesammelte Nahrung auf seine Personen verteilt.

Der Kampf selbst geht schnell und unkompliziert: Je nach Größe haben die Figuren einen Kampfwert, dazu nimmt man einige seiner Kampfchips, die Summe ergibt den Angriffswert. Der Gegner handhabt es genauso, der höhere Wert gewinnt. Mit genügend Kampfchips und etwas Glück kann also auch ein Professor den Berserker erlegen, falls es mit dem Verstecken doch nicht geklappt hat. Nur sind Kampfchips rar und der nächste hungrige Nachbar wartet schon auf einen Schwachpunkt des Gegners ...

Eine Runde dauert so lang, bis alle ihre Figuren mit Nahrung versorgt haben. Hat man dabei Pech, weil es nicht gelingt, sich mit Hilfe von Nahrungsplättchen und Nachbarn vollständig zu ernähren, muss man eine eigene Figur opfern, um satt zu werden.

Für die nächste Runde werden die Figuren wieder zugedreht, nur Schätze und noch offene Nahrungsplättchen bleiben liegen. Mit jeder Runde sind dadurch immer mehr Schätze und weniger Nahrung im Spiel, der Hunger wird also immer größer.

Wertung

Nach jeder Runde erhält man für überlebende Figuren jeweils einen Punkt. Entscheidend ist aber meist erst die Wertung nach der vierten Runde, weil dann jede Figur mit ihrem Punktwert gezählt wird. Je kleiner und schwächer die Figur, desto mehr Punkte erhält man, wenn man sie durchgebracht hat.

Fazit

Frischfleisch ist thematisch ein sicherlich kalkulierter Tabubruch und kann damit mitunter polarisieren. Wer es nicht witzig findet, seine Mitspieler als Nahrung zu betrachten, dem kann das Spielthema schon etwas seltsam bis abartig vorkommen. Meist aber sorgt das Thema eher für Erheiterung und Neugier, und so kommt das Spiel bei uns auch nach etlichen Jahren immer mal wieder auf den Tisch.

Die Spielregel ist zwar nicht besonders übersichtlich, aber zum Glück weder besonders kompliziert noch unnötig lang. Die Einstiegshürde ist also akzeptabel niedrig, der Spaßfaktor erfreulich hoch, die Mischung aus Strategie und Glück sehr gelungen.

Der erste Teil der Runde mit den Bewegungen hat dabei einen etwas höheren strategischen Anteil, da ich mir gut überlegen muss, wo ich meine Figuren platziere und welche ich wann bewege. Ziehe ich die starken Jungs zu früh, haben meine Mitspieler noch Gelegenheit, ihre Leute aus der Umgebung wegzuziehen. Meine kleinen Figuren bewege ich aber auch gerne erst, wenn ich sie irgendwo zwischen zwei Schätzen in Sicherheit bringen kann. Auf etwas Nahrung in der Umgebung muss ich ebenso achten, denn viele Kämpfe kosten viele Kampfchips und machen mich leichter angreifbar.

Der Glücksmoment hält sich im Mittel. Zwar hängt viel davon ab, ob ich über die X-Plättchen noch zur Oase oder auch an einen sicheren Ort gelange, doch gerade am Anfang ist es noch so voll auf dem Plan, dass ich mich nie ganz verstecken kann, aber auch nie leer ausgehe. Besonders die Ironie der wertlosen Schätzen, die nur als Hindernis dienen, gefällt mir persönlich sehr.

Der zweite Teil der Runde ist weniger strategisch und spielt sich recht zügig. Hier kommt der schwarze Humor des Spiels voll zur Geltung und wird von der sehr stimmigen und liebevollen Grafik gut unterstützt. Hungrig stürze ich mich auf meine Mitspieler und erhalte als Lohn für meinen Erfolg einen Teller Augensuppe, ein abgeschnittenes Bein oder auch nur eine tote Ratte. Das Bluff-Element beim Kampf passt dabei hervorragend zum Spielgefühl und sorgt für Spannung und Erheiterung bei den Mitspielern, besonders wenn es mal wieder gelingt, einen stärkeren Angreifer zu überlisten.

An sich ist Frischfleisch ein nicht ganz alltägliches Strategiespiel, das durch sein morbides Thema einen besonderen Reiz hat. Die Komplexität ist eher gering, als erfahrener Spieler habe ich aber trotzdem einen deutlichen Vorteil gegenüber Anfängern, gerade zu Beginn, wenn es um das Verteilen der Figuren auf dem Spielbrett geht.

Der Strategiefaktor ist stark abhängig von der Spielerzahl, je mehr Mitspieler, desto weniger kann ich meinen Zug vorausplanen. Wenn es dann wie in unserer Runde so geht, dass im Zweifelsfall erst mal gegen die „alten Hasen“ gespielt wird, ist der Startvorteil schnell wieder ausgeglichen. Mir persönlich gefallen Runden mit mindestens vier Spielern am besten, da die Nahrungsmittelknappheit drastischer ansteigt und es damit zu deutlich mehr Kämpfen kommt, die Strategie bleibt dann allerdings weitgehend auf der Strecke. Aber ich würde Frischfleisch auch eher als anspruchsvolleres Fun-Spiel bezeichnen, nur bedingt als Strategiespiel, auch wenn im Spiel zu dritt sicher einiges an Strategie möglich ist.

Da das Spiel nur in kleiner Auflage im Eigenverlag von Friedemann Friese erschien, ist das Spielmaterial von eher einfacher Qualität. Dafür sind die Grafiken abwechslungsreich, mit einer guten Portion Ironie und unterstützen die Thematik gut. Auf den Personenkarten sind die wichtigsten Informationen aufgedruckt, so dass man sich im Spiel schnell zurecht findet.

Rezension Michael Timpe

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Frischfleisch: 3,3 3,3, 3 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 24.11.09 von Michael Timpe - Spielt sich einfach und locker, und ist immer wieder makaber-witzig
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 08.12.09 von Michael Andersch - Nettes Thema, aber der Wiederspielreiz ließ dann doch schnell nach.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 25.01.10 von Arne Hoffmann - Abgesehen vom recht morbiden Thema empfand ich jede Partie Frischfleisch als relativ platt, da sich kaum ein Spannungsbogen aufbaute.

Leserbewertungen

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