Rezension/Kritik - Online seit 31.03.2014. Dieser Artikel wurde 7079 mal aufgerufen.
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Die schneebedeckte Flur liegt vor uns, garniert mit Tannen und vereinzelten Häusern. In Mush! Mush! - Snow Tails 2 lenkt jeder Spieler einen Hundeschlitten so gut und schnell wie möglich mit Hilfe von klug ausgespielten Karten durch diese Landschaft. Wer mit seinem Gespann als erstes das Ziel erreicht, gewinnt. Mush! Mush! ist eine Weiterentwicklung des 2008 erschienenen Snow Tails, das sich unter Rennspielfreunden bereits einen Namen gemacht hat.
Der große, beidseitig bedruckte Spielplan wird ausgebreitet und die Spieler suchen sich eine Strecke für das Rennen aus. Die Pläne zeigen verschiedene Wege mit Abzweigungen, sodass verschiedene Rennstrecken möglich sind. Neun sind in der Regel explizit angegeben. Wenn man die Möglichkeit, die Strecken auch jeweils andersherum zu fahren sowie Varianten am Start, bei denen nur ein kleiner Teil der Streck verändert wird, mitzählt, kommt man auf insgesamt 34 Routen.
Jeder Spieler erhält einen Schlitten. Dazu erhält jeder Spieler einen identischen Satz Karten mit den Werten 0 bis 4. Nachdem jeder seinen Kartenstapel gemischt hat, zieht er sich fünf Karten auf die Hand (und zieht auch am Ende jeder Runde wieder auf fünf nach). Das Besondere, was Mush! Mush! von anderen kartengesteuerten Rennspielen unterscheidet, ist, dass immer zwei Karten ausliegen: ein rechter und ein linker Hund. Zu Beginn liegen zwei 2er aus. Ist man am Zug, darf man eine oder beide Karten durch das Ausspielen einer neuen Karte überdecken. Spielt man zwei Karten, müssen diese allerdings identisch sein. Nicht überdeckte Karten behalten ihre Gültigkeit. Die Geschwindigkeit des Schlittens ergibt sich aus der Summe der beiden Hundekarten.
Vor allem aber kann man bei diesem Hundeschlittenrennen nicht einfach beliebig die Spur wechseln. Der seitliche Drift ergibt sich auch aus den ausgelegten Karten, genauer gesagt aus der Differenz der beiden Einzelwerte. Habe ich beispielsweise nach dem Ausspielen einer Karte links eine "1" und rechts eine "3" liegen, bewege ich meinen Schlitten anschließend vier Felder vor, und drifte dabei um zwei Spuren nach rechts indem ich zwei der vier Bewegungen schräg-diagonal ausführe.
Nur bei geschickter Steuerung der Seitwärtsbewegungen mit den Hundekarten komme ich gut um alle Kurven und umkurve auch die Hindernisse. Denn von solchen gibt es auf der Strecke einige. Nicht nur, dass einem andere Schlitten gelegentlich im Weg stehen, auch Bäume sprießen an den ungünstigsten Stellen aus dem Boden. Und auch einige Häuser stehen mitten auf der Strecke. Klappt es mit dem Ausweichen mal nicht, muss man eine Dellenkarte auf die Hand nehmen, die auch mit zum Kartenlimit von fünf zählt, somit verringert sich mit jeder Dellenkarte die Auswahl an verfügbaren Hundekarten auf der Hand. Die Gebäude können für die Spieler allerdings auch nützlich sein. Hält man neben einem solchen, kann man deren speziellen Effekt nutzen. So kann man etwa seinen ramponierten Schlitten wieder auf Vordermann bringen oder sich einen zusätzlichen, besonders schnellen "5er"-Hund ins Kartendeck holen.
Besonders gut gleitet der Schlitten, wenn die Hunde rechts und links gleich schnell laufen. Dann bekommt man einen Bonus in Höhe der Position an der man sich befindet. Wer hinten liegt, kann also höhere Boni abgreifen. Den Bonus kann man im selben oder einem späteren Zug als Zusatzbewegung an seinen normalen Zug dranhängen.
Gewonnen hat derjenige, der im Ziel am weitesten vorne ist.
Beim Auspacken des Spiels fällt sogleich die besondere Ausstattung auf. Der Spielplan mit der weißen Winterlandschaft ist sehr groß und wird mit kleinen Modell-Bäumchen bestückt, die wie die echten Tannen auch gern mal ein paar Nadeln fallen lassen. Dazu kommen die vier Gebäude aus handbemalter Keramik und die durchsichtigen Bonuswürfel mit integrierten Eiskristallen. Die kleinen Holzschlitten fallen im Vergleich etwas weniger spektakulär aus.
Die schöne Aufmachung macht gleich Lust auf mehr und weil die Regelerläuterung keine unnötigen Längen aufweist, kann es bald losgehen. Mush! Mush! Ist ein flotter Rennspaß mit einem originellem Zugmechanismus, durch den es sich wohltuend von der Vielzahl an kartengesteuerten Rennspielen abhebt. Dieser wurde durch das Weglassen der in Snow Tails noch vorhanden Bremse etwas vereinfacht. Das Spiel wird dadurch noch rasanter und spaßiger. So sind die Wartezeiten auch bei hoher Spielzahl noch erträglich, ein Rennen dauert insgesamt je nach Zahl der Teilnehmer und je nach gewählter Strecke ca. 30 bis 60 Minuten.
Durch die Gebäude kommen zusätzliche interessante strategische Erwägungen ins Spiel und so manche Kurve oder bewaldeter Streckenabschnitt stellt eine echte Herausforderung dar. Gerade als Führender stellt sich oft die Frage: Lieber mühsam die Bäumchen umkurven und dabei Umwege in Kauf nehmen oder einfach Augen zu und mit Vollgas durch in der Hoffnung, dass die Dellen sich später nicht allzu sehr bemerkbar machen.
Da die Bäume, wenn sie ein Mal umgefahren wurden, aus dem Spiel kommen, haben es die vorne liegenden Spieler immer etwas schwerer als die in hinterer Position, denen schon das ein oder andere Hindernis aus dem Weg geräumt wurde. Durch die Bonus-Regelung ergibt sich eine zusätzliche Möglichkeit, von hinten das Feld aufzurollen. Das "Runaway-Leader"-Problem, was vielen Rennspielen anhaftet, fällt hier vergleichsweise gering aus. Es kann sogar eine legitime Strategie sein, sich am Anfang erstmal hinten anzustellen, dabei vielleicht noch einen starken Hund einzusammeln, und dann im zweiten Teil des Rennens anzugreifen.
Die Strategie hängt auch von der Wahl der Strecke ab. Für Anfänger eignet sich Strecke 2 aus der Spielregel gut. Für Fortgeschrittene sind die Strecken 3 und 8 am interessantesten zu fahren, weil diese mehrere Richtungswechsel bei den Kurven enthalten. Solche Wechsel der benötigten Drift-Richtung sorgen für eine besondere Herausforderung und Spannung, da man oft gar nicht von einem Zug auf den anderen die Kurve kriegen kann.
Beim Streckenaufbau ergibt sich allerdings für Anfänger eine kleine Schwierigkeit, da die Positionen der Bäume und Gebäude nicht eingezeichnet sind, sondern diese selbständig platziert werden müssen (die Anleitung gibt hierzu nur ein paar allgemein gehaltene Tipps). Das erhöht die gestalterischen Möglichkeiten für die Spieler, bei Erstspielern bedarf es aber eines gewissen Talentes, um auf Anhieb eine gute Verteilung der Objekte zu bewerkstelligen. Wenn die Anfängerstrecke 1 gewählt und die Hindernisse nicht gemein genug platziert werden, kann das Rennen etwas zu unspektakulär ausfallen.
Die Regel ist im Großen und Ganzen übersichtlich aufgebaut, leistet sich allerdings ein, zwei Unklarheiten. Insbesondere geht aus dem Heft nur sehr indirekt hervor, dass man den Effekt eines Gebäudes nicht nutzen kann, wenn man in dieses hinein kracht, statt ordnungsgemäß daneben zum stehen zu kommen.
Gegenüber dem ursprünglichen Snow Tails spielt sich Mush! Mush! etwas leichter, aber strategisch und taktisch ebenso interessant. Zudem gibt es mehr Positionswechsel und die Entscheidung über den Sieg fällt meist erst in den letzten Runden, oft sogar erst im allerletzten Zug. In unseren Runden ist Mush! Mush! sehr gut angekommen. Selbst einige der Spieler, die sonst Rennspielen gegenüber eher skeptisch sind, fanden an dieser kurzweiligen, originellen und schön gestalteten Variante Gefallen.
Für Rennspielfans geht an Mush! Mush! sowieso kein Weg vorbei – wenn man denn noch an ein Exemplar kommt. Die kleine Auflage des schottischen Verlages war auf der Essener Messe 2013 schnell vergriffen. Somit bleibt zu hoffen, dass nach Snow Tailsauch die Fortsetzung bald einen größeren Verlag findet, damit diese Perle unter den Rennspielen das Publikum bekommt, dass es verdient. Für mich ist Mush! Mush! eines der schönsten und unterhaltsamsten Rennspiele und eines der Highlights des Spielejahrgangs 2013.
Rezension Hardy Jackson
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Die wichtigsten Unterschiede zu Snow Tails:
- Sowohl die Bremsen als auch die Geschwindigkeitsbegrenzungen fallen weg
- Der Bonus ist flexibler einsetzbar und kann auch für eine spätere Runde aufgespart werden
- Wer fünf Dellenkarten gesammelt hat, scheidet nicht ganz aus, sondern kann mit neuem Schlitten starten, nachdem er bis ans Ende des Feldes zurückgefallen ist.
- Bis zu 8 (statt 5) Schlitten können beim Rennen dabei sein
- Statt variabel zusammensetzbaren Streckenplättchen gibt es einen großen doppelseitigen Spielplan mit mehreren eingezeichneten Rennstrecken, auf der die Bäume frei verteilt werden können
- Neu dabei sind vier verschiedene Gebäude, an denen sich die Spieler Bonus-Aktionen abholen können.
H@LL9000 Wertung Mush! Mush! - Snow Tails 2: 6,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
17.03.14 von Hardy Jackson - Macht Spaß, ein originelles und schönes Rennspiel. Spielt sich flott, dennoch auch strategisch interessant. Mit allen Spielerzahlen gut spielbar. |
Leserwertung Mush! Mush! - Snow Tails 2: 4.3, 3 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
06.04.14 von Braz - Nein, m E ist das Spiel alles andere als originell: Fast das gleiche Spiel gab es nämlich schon einmal 2 Jahr zuvor mit Snowtails. Dieses Spiel ist mE lediglich eine Variante von Snowtails, welches mir besser gefällt, da der Spielplan modularer ist und das Spiel etwas weniger taktisch ist, da, entgegen dem Snowtails, das Bremsen und die Geschwindigkeitsbegrenzungen in den Kurven entfallen. Die Bäume wirken auf mich wie die Bäume meiner Eisenbahn und die Häuser sehen nicht wirklich richtig hübsch aus...das geht IMHO besser. Müsste ich mich zwischen SnowTails und Mush Mush entscheiden -> ich würde ST nehmen, bzw. im Umkehrschluss: Habe mich bereits von meinem Mush Mush getrennt. Die Note 3 bschreibt es für mich dahert sehr gut: "Eigentlich ganz nett, ich habe aber schon Besseres gespielt". |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
21.04.14 von Frank Bergner - Da ich Snow Tails nicht kenne und nicht besitze fällt bei mir der Vergleich beider Spiele nicht ins Gewicht. Als Rennspiel ein sehr gutes Spiel, sicherlich kein Schwergewicht, aber in großer Runde sehr spaßig. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
12.05.14 von Andreas Freye - Da ich keines der anderen Rennspiele der Erfinder kenne, kann ich sagen dass mir das Spiel gut gefällt und viel Freude bereitet. Es gibt zwar kleine Regelunsicherheiten (Flagge) und wie man mit manchen Ecken und Kanten umgehen soll aber an sich fetzt das Spiel schon, je mehr Spieler mitspielen um so besser. Optisch ganz nett, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen stellen ähnlich hübsche Häuser her, den Spielplan könnte man auch selber gestalten. |