Rezension/Kritik - Online seit 11.05.2017. Dieser Artikel wurde 8624 mal aufgerufen.
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"Unter dem Meer,
unter dem Meer,
wo wär das Wasser
besser und nasser,
als es hier wär ...?"
Irgendwie fällt mir zu diesem Spiel der Songtext aus Disneys "Arielle" ein. Aber typisch: Uns Lungenatmern geht es da gar nicht um die submarine Ästhetik, sondern - wieder einmal - nur darum, von den Reichtümern des Meeres so viel wie möglich zu profitieren. Und so fangen wir Fische und andere Meeresbewohner ein, sammeln Korallenriffe und tauchen nach Schätzen. Als ob wir an Land nicht schon genug angerichtet hätten ...
Jeder von uns verfügt über ein eigenes U-Boot, das mit einem Propeller, einem Motor, einem Cockpit, einem Aquarium und einer Luftschleuse ausgestattet ist. Jedes dieser Teile dient einem bestimmten Zweck, so brauchen wir zum Beispiel das Aquarium, um überhaupt Fische einfangen, das Cockpit, um nach lohnenswerten Dingen Ausschau halten, oder die Luftschleuse, um einen Taucher ins Wasser lassen zu können.
Oceanos geht über drei Durchgänge, in denen wir mit unserem U-Boot immer weiter die Tiefen des Meeres erforschen. Im ersten Durchgang tauchen wir gerade mal ein paar Meter unter der Wasseroberfläche, im zweiten Durchgang dringen wir schon tiefer ein, und im letzten Durchgang suchen wir dann den Meeresgrund nach Schätzen ab.
Auf das Spiel übertragen legen wir im Laufe des Spiels 3 Kartenreihen aus, eine Reihe in jedem Durchgang. Für jeden Durchgang gibt es dafür einen eigenen Kartensatz. Auf diesen "Erforschungskarten" können mehrere verschiedene Sachen abgebildet sein: Fische, Korallen, Schatztruhen, Kristalle und Tauchstationen sowie Krakenaugen.
Wie gelangen wir nun an diese Karten? In jeder Runde teilt der Startspieler Karten an jeden Mitspieler aus, nicht aber für sich selbst. Die Spieler entscheiden dann, welche Karte(n) sie in ihre aktuelle Kartenreihe auslegen wollen, und geben eventuell verbliebene Karten an den Startspieler. Dieser wählt schließlich aus allen Karten, die er auf diese Weise von seinen Mitspielern bekommen hat, die Karte(n) für seine Auslage aus.
Ein besonders Spielelement bildet das "Upgraden" unseres U-Boots, also die Verbesserung seiner Fähigkeiten. Dafür benötigen wir sowohl Kristalle als auch Tauchstationen. Legen wir eine Karte mit einer Tauchstation aus, und in der Reihe davor befindet sich mindestens ein Kristall (grün oder gelb) seit der letzten Tauchstation, dürfen wir ein beliebiges Grundteil unseres U-Boots gegen das entsprechend nächstbessere Teil austauschen. Für ein weiteres Upgrade brauchen wir mindestens je ein Kristall in Grün und Gelb.
Nach fünf Runden mit wechselndem Startspieler endet ein Durchgang. Nun werden die Punkte notiert: 2 Punkte pro unterschiedlichem Fisch, der im Aquarium unseres U-Boots Platz findet, sowie eventuelle Punkte für einen verbesserten Antrieb (2 oder 5 Punkte). Der Spieler mit den meisten Krakenaugen muss allerdings noch Minuspunkte eines zufällig aufgedeckten Krakenplättchens in Kauf nehmen.
Am Ende des Spiels, also nach 3 Durchgängen, werden noch Punkte für das größte zusammenhängende Korallenriff (1 Punkt pro Koralle) vergeben. Außerdem kommen nun die Taucher zum Einsatz: Jeder Taucher nimmt auf seinen Weg zurück alle Schatzkisten mit, die er in derselben senkrechten Linie nach oben aufwärts erreicht. Für jede so geborgene Schatzkiste dürfen wir ein Schatzplättchen aus dem Beutel ziehen (Wert 2 bis 4 Punkte). Der Spieler mit den insgesamt meisten Siegpunkten gewinnt das Spiel.
Der Mechanismus der Kartenverteilung erinnert ein wenig an "card drafting", wie wir es beispielsweise von 7 Wonders (ebenfalls von Antoine Bauza) kennen. Während bei diesen Spielen alle Spieler ihre verbliebenen Karten an ihren Nachbarn weitergeben, erhält hier nur der Startspieler Karten von seinen Mitspielern. Er muss sich also großteils mit dem zufriedengeben, was die Mitspieler verschmähen.
Die Grundfähigkeiten jedes U-Boots sind ja anfangs gelinde gesagt bescheiden. Im Aquarium haben maximal 3 Fische Platz, der Antrieb sorgt für keine zusätzlichen Punkte, das Cockpit weist lediglich ein Periskop auf, sodass man nur 2 Karten zur Auswahl hat, der Motor verfügt bloß über 1 Treibstoff, weshalb pro Durchgang nur eine Karte zusätzlich ausgespielt werden darf, und mit einer Luftschleuse kann auch nur ein einziger Taucher abgelassen werden.
Es braucht also unbedingt Verbesserungen. Welche Upgrades man aber tatsächlich durchführt, das bringt schon fast strategische Überlegungen ins Spiel. Nach meiner Erfahrung sind die Vorteile unterschiedlich gewichtet. Antrieb und Aquarium sind eigentlich fast immer lohnenswert, da sie sich direkt oder indirekt auf die Punkte auswirken. Auch Luftschleusen können wertvolle Punkte bringen, allerdings muss der dazugehörige Taucher auch sinnvoll eingesetzt werden.
Der Motor erlaubt es, mehr Karten pro Durchgang auszulegen. wodurch man auch mehr Chancen auf weitere Punkte und/oder Verbesserungen erhält. Das Periskop finde ich persönlich am schwächsten, denn eine höhere Auswahl an Karten pro Runde erscheint zwar gut, ist aber noch lange keine Garantie, auch wirklich passende Karten zu kriegen. Manchmal hilft man damit sogar mehr dem Startspieler als sich selbst.
In den Upgrades liegt aber auch der größte Glücksfaktor des Spiels, denn wer nur wenige oder gar keine Tauchstationen und/oder Kristalle erhält, ist eigentlich chancenlos. Dies wird auch der Autor bemerkt haben, weshalb jeder Spieler am Ende jedes Durchgangs noch automatisch ein Upgrade machen kann, wenn er über ausreichend unverbrauchte Kristalle verfügt. Dennoch kann da so mancher Spieler schon hoffnungslos zurückliegen.
Aber auch sonst präsentiert sich Oceanos nicht als ernstes Taktikspiel. Situationsbedingt sind mal bestimmte Fische, mal Korallenriffe, mal wieder Schatztruhen gefragt, und als Kartenspiel ist deren Auftauchen naturgemäß stark vom Zufall abhängig. Immer unbeliebt sind wegen der drohenden Minuspunkte hingegen die Krakenaugen. Dafür sind Karten mit Krakenaugen meist deutlich besser, weshalb man selbst sorgfältig das Für und Wider abwägen muss, ob man sie verwendet oder nicht.
Für die beabsichtigte Zielgruppe von Gelegenheitsspielern ist ein gewisser Glücksanteil jedoch nicht von Nachteil. Das Spiel ist schnell erlernt, in rund 30 Minuten gespielt, und dennoch nicht banal. Es erweist sich als richtig gutes Familienspiel mit vielen kleinen Entscheidungsmöglichkeiten. Oceanos ist eine runde Sache, welche durch das tolle Artwork (von Jérémie Fleury) und das reichhaltige Spielmaterial - jedes U-Boot ist individuell gestaltet! - großartig unterstützt wird. Liebhaber anspruchsvoller Spiele werden hier auf dem Meeresgrund nicht fündig, alle anderen sollten sich aber ruhig mal anschauen, was für ein Schatz hier "unter dem Meer" zu finden ist ...
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Oceanos: 4,0, 4 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.03.17 von Franky Bayer - Nicht allzu schweres Kartenspiel, welches den Spielern doch einige Entscheidungsmöglichkeiten bietet. Vom Spielreiz her eine gute 4, ich runde aber wegen des schön gestalteten Materials auf 5 auf. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
14.11.16 von Michael Timpe - Schöne Grafik, mittelwenig Einfluss aber schön zu spielen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
11.05.17 von Sandra Lemberger - Die Note tendiert zur 5. Leider passen die Schiffsteile nicht immer richtig aneinander, daher der Notenabzug beim Material und beim Spielreiz. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
27.01.18 von Michael Andersch - Spielt sich nett. Als Familienspiel sicherlich eine Empfehlung wert (wenn auch recht viel Materialaufwand für dann doch nicht sooooo viel Spiel getrieben wird), als Spielerspiel aber "vernachlässigbar". |
Leserwertung Oceanos: 6.0, 2 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
18.10.16 von spielebär - Tolles Familienspiel mit Tiefgang. Gute kleine Entscheidungen mit einer ansteigenden Lernkurve wie man Einfluss gewinnen kann auf den Tauchgang bei mir und den anderen. Eine super schöne Optik hat das Spiel. Für mich jetzt schon ein Highlight 2016/17. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
14.05.17 von Daniel - Super Spiel, gerne immer wieder! |