Rezension/Kritik - Online seit 09.10.2022. Dieser Artikel wurde 2474 mal aufgerufen.

The Hunger

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Autor: Richard Garfield
Illustration: Jocelyn ´Joc´ Millet
Marta Ivanova
Verlag: Pegasus Spiele
Renegade Game Studios
Origames
Rezension: Franky Bayer
Spieler: 2 - 6
Dauer: 60 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2021, 2022
Bewertung: 3,5 3,5 H@LL9000
3,7 3,7 Leser
Ranking: Platz 5502
The Hunger

Spielziel

The Hunger - der englische Begriff bedeutet nicht nur Hunger, sondern - laut Langenscheidt-Übersetzer - auch Begierde, heftiges Verlangen, Durst. Dies passt auch viel besser zum neuesten Spiel aus dem Hause "Pegasus", in dem wir die Rollen von Vampiren übernehmen. Getrieben von nahezu unstillbarem Verlangen sind wir regelrecht gezwungen, Menschen zu jagen, um selbst überleben zu können. Wenn man zudem bedenkt, dass noch weitere Gefahren auf uns lauern - Knoblauch, Weihwasser, Kruzifixe, Holzpflöcke und vor allem die uns versengende Sonne -, wird klar, dass wir eigentlich nicht die in vielen Horrorfilmen dargestellten Monster sind, sondern vielmehr die Opfer.

Ablauf

Genau dieses Verlangen veranlasst uns, unser Schloss zu verlassen, und uns auf den Weg zu machen, um Menschen zu jagen. Der Spielplan zeigt das Schloss im Zentrum, von dem aus sich ein gewundener Weg, später mehrere Pfade, durch das Gebirge, die Ebene bis in den Wald schlängelt, vorbei an menschlichen Siedlungen und Grabstätten. Zu Beginn werden ein paar Jagdziele (eine Art Auftragskarten) und Bonusplättchen auf bestimmte Felder verteilt. Die Holzscheibe, welche unseren Vampir repräsentiert, startet natürlich im Schloss.

Gesteuert wird das Geschehen durch Karten. Allerdings weisen unsere wenigen Startkarten zwar Bewegungswerte zwischen 1 und 4 auf, satt werden wir damit aber auf keinen Fall. Glücklicherweise können wir ja unterwegs an frisches Blut, sprich: frische Karten kommen. Vom gut gemischten Stapel an Jagdkarten werden einige Karten offen auf das eigene Tableau "Jagdgebiet" gelegt.

In jeder Spielrunde wird zuerst die Zugreihenfolge ermittelt. Mit Ausnahme der allerersten Runde bestimmt die Entfernung zum Schloss, wer wann agieren darf. Je weiter entfernt, umso früher ist ein Spieler an der Reihe.

Wenn wir dran sind, legen wir unsere drei Handkarten offen aus und handeln dann mögliche Effekte auf diesen Karten ab (beispielsweise das Ziehen weiterer Karten). Die Bewegungswerte auf unseren nun ausliegenden Karten ergeben unsere Geschwindigkeit, die wir anschließend nutzen, um uns zu bewegen und zu jagen. Abschließend drehen wir unsere Holzscheibe um ("erschöpft"), legen die gespielten Karten ab und ziehen drei neue Karten nach.

Die Geschwindigkeit können wir ganz oder nur teilweise für die Bewegung nutzen. Wir ziehen unsere Holzscheibe in eine Richtung unserer Wahl, danach können wir den Bewegungsbonus jenes Feldes nutzen, auf dem wir gelandet sind. Auf diese Weise können wir beispielsweise Schätze aufsammeln oder an Grabstätten ein neues Jagdziel wählen.

Nach der Bewegung dürfen wir noch mit der uns verbliebenen Geschwindigkeit 1 x jagen. Dafür wählen wir 1 Feld aus dem Jagdgebiet, welches wir uns mit der restlichen Geschwindigkeit noch "leisten" können, nehmen von dort alle Karten und legen diese auf unseren Ablagestapel. Für gejagte Menschen erhalten wir sofort die darauf angegebenen Siegpunkte sowie noch weitere Punkte, wenn wir in der Ebene oder im Wald gejagt haben.

Am Ende der Runde wird der Zeitmarker ein Feld auf der Rundenleiste vorgerückt, außerdem werden im Jagdgebiet verbliebene Karten nach rechts verschoben, wodurch sie billiger werden, sowie neue Karten nachgelegt.

Nach der 15. Runde ist Schluss. Wenn wir uns zu weit hinausgewagt und es nicht mehr zum Schloss zurück oder zumindest in den davor liegenden Friedhof geschafft haben, verbrennt uns die aufgehende Sonne und auch unsere Siegchancen werden zu Asche. Haben wir hingegen rechtzeitig das sichere Schloss oder ein schützendes Grab erreicht, nehmen wir an der Wertung teil.

Bei dieser Schlusswertung erhalten wir zu den während der Partie gesammelten Punkten noch Siegpunkte für erfüllte Jagdziele sowie variable Punkte für einige Jagdkarten. Von den rechtzeitig zurückgekehrten Vampiren gewinnt schlussendlich jener mit den meisten Siegpunkten.

Fazit

Spieleexperten - und die Leser dieser Rezension gehören mit Sicherheit dazu - erkennen sofort, dass es sich bei The Hunger um ein sogenanntes Deckbauspiel handelt. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass jeder sein eigenes Kartendeck hat, welches er im Laufe einer Partie ein paar Mal durchspielt, und dass man sein eher schwaches Startdeck mit dem Erwerb neuer Karten "aufpimpen", also verbessern kann.

Letzteres trifft bei The Hunger aber nur bedingt zu. Zwar gibt es ein paar Karten, die tatsächlich stärkere Fähigkeiten bringen, wie "Gefährten" und "Gegenstände". Der Großteil jener Karten, die wir im Jagdgebiet vorfinden, sind jedoch "Menschen", die sozusagen als Versorgung für harte Zeiten zurück ins Schloss geschleppt werden.

Dies sorgt zwar für die meisten Siegpunkte während des Spiels, aber so ein Mensch hängt sich dummerweise mit der Zeit doch ganz schön an. Die zunehmende Last wirkt sich in einer verringerten Bewegungsweite aus. Wer sich zu weit vom Schloss entfernt und zu gierig einen Menschen nach dem anderen jagt, riskiert so, es nicht mehr rechtzeitig vor Sonnenaufgang in die dunklen Gemäuer zu schaffen.

Warum sollte man sich dann überhaupt weiter hinauswagen und einen tödlichen Sonnenbrand riskieren? Dafür gibt es ein paar gute Gründe. Zum einen bringen erbeutete Menschen in der Ebene und vor allem im fernen Wald ein paar wertvolle Zusatzpunkte. Zum anderen wird ja die Zugreihenfolge durch die Entfernung vom Schloss definiert, und wer früher dran ist, hat halt als Erster Zugriff auf die im Jagdgebiet ausliegenden Karten. Und schließlich locken in der Ferne noch ein paar vorteilhafte Schätze auf die wagemutigen Vampire.

"Wie weit traue ich mich hinaus?" und "Wann kehre ich um?" sind die beiden Kernfragen. Aus diesem interessanten Ansatz bezieht The Hunger seinen besonderen Reiz. Er sorgt für spannende Momente und knifflige Dilemmas. Aber es wäre nicht Richard Garfield, immerhin Autor des Kult-Sammelkartenspiels Magic: The Gathering, hätte er nicht noch ein paar weitere Aspekte hinzugefügt.

So gewähren die meisten Orte entlang der Pfade einen Bewegungsbonus, wenn man seinen Zug dort beendet. Dies können Schätze sein, welche neben Extrapunkten noch gewisse Vorteile bringen. In Grabstätten darf man sich ein neues Jagdziel aussuchen, welche vor allem bei der Endwertung Zusatzpunkte bringen können und zielgerechtes, taktisches Vorgehen fördern und belohnen. Und an einigen Orten darf man einen Menschen "verschlingen", der daraufhin zwar weiter als Beute zählt, aber aus dem aktuellen Deck entfernt wird und somit bei der Bewegung nicht mehr hinderlich ist.

Insgesamt hat Garfield aber doch etwas zuviel hineingepackt. Eine Sonderfähigkeit hier, ein Spezialeffekt da und noch eine Zusatzregel dort. Dies ergibt ein wenig zuviel "Klein-Klein", was die durchaus originelle und reizvolle Grundidee leider verwässert. Das ist schade, denn dadurch verliert The Hunger an Fokus, an Geradlinigkeit, was den Spielreiz deutlich schmälert.

Das Spielmaterial weiß jedoch mit Sicherheit zu gefallen. Vor allem die grafische Gestaltung sagt mir sehr zu, auch wenn ich es verwunderlich finde, dass nicht nur transsilvanische Vampire, also Typen ostslawischer Herkunft wie in der Originalgeschichte von Bram Stoker, sondern nun alle möglichen Rassen und Kulturen mit überlangen Eckzähnen auf Menschenjagd unterwegs sind. "Cultural diversity" muss eben auch hier sein!

Ich selbst bin einer gelegentlichen Partie The Hunger nicht abgeneigt. Die vielen Regeldetails sorgen aber dafür, dass der Spielreiz schnell nachlässt. Weniger wäre hier sicher mehr gewesen. Alles ein bisschen gestrafft und auf das Wesentliche reduziert, und das Spiel würde sicher öfter als nur ein paar Mal auf dem Spieltisch landen ...

Rezension Franky Bayer

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung The Hunger: 3,5 3,5, 4 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 08.09.22 von Franky Bayer - Deckbauspiel mit interessantem Twist (das Deck wird mit jedem erbeuteten Menschen schwächer), das aber ein wenig zu detailreich ist, was den Spielfluss (und den Spielreiz) hemmt.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 19.07.22 von Silke Hüsges
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.10.22 von Michael Timpe - Tja, weder Thema noch Mechanik mochten so richtig zu überzeugen. War mir zu langatmig und zu wenig spannend.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 10.10.22 von Frank Lehmann

Leserbewertungen

Leserwertung The Hunger: 3,7 3.7, 3 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 14.07.22 von Hans Huehnchen - Richard Garfields Versuch, einen Klong-Klon zu kreieren, hat eine interessanten Ansatz: Als Vampir jagt man in diesem Deckbuilder Menschen, die als Karten in das Deck des Vampirs kommen. Menschen bringen zwar Punkte, aber auch unschöne Nebeneffekte und machen den Vampir vor allem langsam. Wer nicht bei Sonnenaufgang wieder am. Schloss ankommt, zerfällt zu Staub. Somit verbessert sich das Deck nicht, sondern verschlechtert sich im Lauf einer Partie. Ich war skeptisch, ob ein Spiel mit stetiger Verschlechterung Spaß machen kann, aber ja, das macht es.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 20.09.22 von Jürgen Luttkus
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 20.10.22 von wolf107 - Gefällt eigentlich..., aber es hat gravierende Mängel. Warum in den Wald gehen? Warum eine Rose nehmen? Verschlingen völlig glückslastig. Absolut unausgewogen. Man must sich nicht weit vom Start wegbewegen. Zudem kommt die kleine Schrift und unzählige Symbole, die nachzuschlagen werden müssen. Keine Übersichtskarten.

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