Rezension/Kritik - Online seit 16.05.2025. Dieser Artikel wurde 2577 mal aufgerufen.

Der große Jahrmarkt

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Autor: Rob Cramer
Verlag: Maldito Games
Uproarious Games
Skellig Games
Rezension: Franky Bayer
Spieler: 1 - 4
Dauer: 45 - 60 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2020, 2024
Bewertung: 5,0 5,0 H@LL9000
5,5 5,5 Leser
Ranking: Platz 937
Download: Kurzspielregel [PDF]
Der große Jahrmarkt

Spielziel

Jahrmarkt? Bei diesem Stichwort fallen mir Erinnerungen aus meiner Kindheit ein. Einmal im Jahr gab es - gleich in unserer Nähe im Schlosspark - einen Kirtag. Mit Kettenkarussell, Schiffsschaukeln, Schießbuden und Autodrom. Mit Zuckerwatte, Schaumrollen und allerlei Verkaufsständen. Ich liebte es. Das Bierzelt interessierte mich damals hingegen überhaupt nicht.

Das war aber vor nunmehr rund 50 Jahren. Die damaligen Fahrgeschäfte locken heutzutage niemanden mehr vom Ofen hervor. Wollen wir heute viele zahlungskräftige Besucher anlocken, müssen wir einen größeren Jahrmarkt aufbauen und mit interessanten Attraktionen ausstatten. Was uns in Der große Jahrmarkt auch gelingen möge...

Ablauf

Das Jahrmarktgelände auf unserem Spielertableau besteht aus 16 leeren Parzellen, die jeweils in 4 Felder unterteilt sind. Um Tickets zu verkaufen stehen für uns in sieben Runden - sieben Tage von Montag bis Sonntag - drei Aufgaben auf unserer Agenda. In unserem Spielzug nehmen wir eine unserer Aktionsfiguren und setzen sie auf eine leere Aktionszahl links auf unserem Tableau ein. Je höher die Zahl, umso besser kann unsere Aktion sein.

Die 3 Aktionsmöglichkeiten sind:

A) ein Fundament legen
B) eine Attraktion bauen
C) einen Besucher bewegen

Legen wir ein Fundament (A), wählen wir ein offenes Fundamentplättchen von einem Waggon-Feld, das maximal so groß wie unsere gewählte Aktionszahl ist. Dieses Fundament legen wir auf eine leere Parzelle unserer Marktfläche, und zwar so, dass die darauf abgebildeten Hammer in dieselbe Richtung zeigen, wie der Hammer auf der Parzelle. Am Ende unseres Zuges rücken wir alle Plättchen rechts der Lücke auf dem Waggon-Plan heran und füllen die Auslage vom Nachziehstapel auf.

Die Fundamentplättchen zeigen Gehwege und Bauplätze in unterschiedlichen Kombinationen. Die Bauplätze sind für den Bau von Attraktionen wichtig, auf den Gehwegen bewegen wir unsere Besucher.

Bauen wir eine Attraktion (B), nehmen wir eines der Attraktionsplättchen aus dem Vorrat, dessen Fläche nicht größer als unsere Aktionszahl ist. Dieses platzieren wir anschließend - in beliebiger Ausrichtung - so, dass es komplett auf Bauplätzen unserer Fundamentplättchen liegt.

Bewegen wir einen Besucher (C), wählen wir eine Besucherfigur auf unserem Jahrmarktgelände und ziehen diese maximal so viele Felder wie die Aktionszahl angibt über freie Gehwege. Bleibt der Besucher dann stehen, dürfen wir auf jede direkt angrenzende Attraktion ein Ticket platzieren. Allerdings dürfen auf jeder Attraktion höchstens so viele Tickets sein wie sie Felder groß ist. Ziehen wir einen Besucher über den oberen Rand der Marktfläche hinaus, landet er im Zirkuszelt.

Sind nach unserem Zug beide Eingänge leer, stellen wir wieder je einen Besucher auf jeden Eingang und erhalten zudem einen Jahrmarktschreier, den wir auf einen freien Gehweg stellen. Für jeden Marktschreier erhöht sich in Folge die Zugweite unserer Besucher.

Durch das Setzen unserer Aktionsfiguren stehen uns mit Fortschreiten eines Tages immer weniger Optionen zur Verfügung. Sind schließlich alle Zahlen besetzt, endet der Tag, und wir nehmen unsere Figuren wieder zurück. Nachdem der Startspielermarker an den nächsten Spieler im Uhrzeigersinn weitergereicht wurde, beginnt eine neue Runde.

Nach sieben Runden bzw. Tagen, also nach genau 35 Spielzügen, ist die Partie beendet. In einer Schlusswertung erhalten wir nun Punkte nach verschiedenen Kriterien: Für Attraktionen gleicher Größe ("Attraktionssets"), für "Attraktionsvielfalt" (mindestens 1 Attraktion jeder Größe), für Besucher in unserem Zirkuszelt (je mehr, desto besser), für Ticketverkauf (mindestens 15 verkaufte Tickets), für unsere Jahrmarktschreier, sowie Minuspunkte für sichtbare Hammersymbole auf unserem Marktgelände.

Haben wir insgesamt die meisten Siegpunkte erzielt, erhalten wir den Preis für den größten Jahrmarkt. TADAA!

Fazit

Illustrator Ryan Goldsberry baut mit seiner grafischen Gestaltung auf eher altmodische Jahrmarktatmosphäre. Also nix Disneyland, nix Europapark. Wir finden dort vielmehr herrlich nostalgische Attraktionen wie in typisch amerikanischen "fair grounds": Popcorn-Stand, Wahrsagerin, Hau den Lukas, Wachsfigurenkabinett, Ballondarts, Feuerspucker, Schießbude, Liebestunnel, Karussell, Funhouse, etc.

All diese Attraktionen kommen auf Plättchen vor, die die Form von Polyominos aufweisen, von nur 1 Feld großen Verkaufsständen bis zur unförmigen Achterbahn, die gleich 5 Felder bedeckt. Solche "riesigen Attraktionen" (Größe 5) gibt es übrigens in allen 12 möglichen Formen.

Diese unterschiedlichen Formen bilden schon mal eine der Herausforderungen, vor die uns Der große Jahrmarkt stellt. Nachdem selbst in Vollbesetzung bloß acht zufällige Attraktionen pro Größe verwendet werden, ist in jeder Partie für ein wenig Abwechslung gesorgt.

Bereits bei der Wahl eines Fundamentplättchens (Aktion A) müssen wir schon vorausschauend darauf achten, welche Attraktionen in welcher Größe wir damit errichten können. Zusammen mit dem Bau einer Attraktion (Aktion B) bildet dies eine reizvolle Puzzle-Aufgabe, die ein bisschen an "Tetris" erinnert. Nachdem die Anzahl der Attraktionen pro Größe beschränkt ist, kommt hierbei auch die Interaktion nicht zu kurz. Es ist ärgerlich, wenn wir eine schöne Baufläche schaffen und uns dann die passende Attraktion vor der Nase weggeschnappt wird. Es gilt also, stets wachsam zu sein und bei unseren Entscheidungen auch die Optionen der Konkurrenz zu berücksichtigen.

Bei alldem dürfen wir aber auch die Gehwege für die Besucher nicht vernachlässigen. Wir wollen schließlich die Besucher zu unseren Attraktionen hinlocken, um Tickets zu erhalten. Ohne Tickets zählen Attraktionen nämlich auf keinen Fall für die beiden Wertungskriterien "Attraktionssets" und "Attraktionsvielfalt". Außerdem bringen uns Tickets willkommene Extrapunkte (12 Punkte, wenn wir mindestens 15 Tickets sammeln konnten). Weitere Siegpunkte gibt's, wenn wir Besucher in das Zirkuszelt ziehen. Und nicht zu vergessen, dass wir durch das Freimachen der Eingänge Jahrmarktschreier erhalten, die alleine schon 3 Punkte bei Spielende wert sind. Der Bewegung unserer Besucher kommt daher vor allem in den letzten Tagen eine wichtige Rolle zu.

Ein Element haben wir bis jetzt völlig außer Acht gelassen, weshalb wir uns diesem nun widmen wollen: Die Tricks der Zunft. 14 Karten "Tricks der Zunft" finden wir in der Schachtel vor, drei zufällig gezogene Karten werden in einer Partie verwendet. Wenn wir die darauf angegebene Bedingung erfüllen (z. B. 8 oder mehr Fundamente besitzen, eine Attraktion mit mindestens 3 Tickets vorweisen, einen Besucher ins Zirkuszelt bringen, u. ä.), bekommen wir zwar keine Punkte, dafür aber eine besondere Fähigkeit bis zum Ende der Partie. Beispielsweise können wir dann die finale Wertungsstrafe für leere Marktflächen ignorieren, mit Besuchern auch diagonal laufen, ein Fundamentplättchen um 90 Grad nach links oder rechts drehen, etc. Der Haken dabei: Nur der erste Spieler, sowie all jene, die die Bedingung im selben oder spätestens im nächsten Zug erfüllen, können einen "Trick der Zunft" auch tatsächlich nutzen.

Eine Solo-Variante wird ebenfalls bei Der große Jahrmarkt angeboten. Hierbei gilt es für uns, in den sieben Runden 2 Attraktionen jeder Größe zu bauen und jede mit Tickets zu versorgen. Keine leichte Aufgabe, bei der wir schon ziemlich taktisch geschickt vorgehen müssen, um bei der abschließenden Wertung die erforderlichen Punkte zu erzielen.

Ich betrachte Der große Jahrmarkt aufgrund der beiden raffiniert miteinander verzahnten Ebenen. zuerst Fundamente, dann Attraktionen - als eines der besten Legespiele des Jahrgangs. Die sehr angenehme Spieldauer von knapp einer Stunde macht es auch zu einem idealen Spiel auf gehobenem Familienspiel- bzw. mittlerem Kennerniveau. Durch die übersichtlichen Aktionsmöglichkeiten ist es zudem schnell erlernt und kommt mit nur minimaler Downtime zwischen den einzelnen Spielzügen aus.


Das Spielmaterial verdient ebenfalls löbliche Erwähnung. Für jeden Spieler gibt es einen eigenen Satz an hölzernen Aktionsfiguren, der sich nicht nur farblich, sondern auch von der Form her unterscheidet. Die grafische Gestaltung erinnert an die Frühzeit des Zeichentricks (Betty Boop, Steamboat Willie, Fritz the Cat, etc.). Alles findet zudem in einer praktischen Box seinen wohlgeordneten Platz. Leere Fächer lassen hier vermuten, dass für Der große Jahrmarkt bereits eine Erweiterung vorgesehen war, dessen Material ebenfalls in der Schachtel untergebracht werden kann.

Tatsächlich ist so eine Erweiterung (mit dem Untertitel "Unterwegs") schon erschienen. Sie bringt Clowns, weitere riesige Attraktionen, Erdnüsse, goldene Eintrittskarten, und vieles mehr. Nachdem mir das Grundspiel ausgesprochen gut gefällt, werde ich sie mir auf keinen Fall entgehen lassen.

Rezension Franky Bayer

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Der große Jahrmarkt: 5,0 5,0, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.02.25 von Franky Bayer - Tolles Legespiel mit raffiniertem Aktionszahlmechanismus, bei dem die Spieler durch Legen von Fundamenten, Bauen von Attraktionen und Bewegen von Besuchern mit ihrem Jahrmarkt Punkte zu erzielen trachten. Gefällt mir ausgesprochen gut, an der Grenze zur 6.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 29.06.25 von Roland Winner - Ich schließe mich Franky an.

Leserbewertungen

Leserwertung Der große Jahrmarkt: 5,5 5.5, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 08.02.25 von Dieter Schmitz - Schönes Material. Man muss bei dem begrenzten Platz gut vorausplanen. Es wird auf 2 Ebenen gelegt, zuerst Wege und Bauplätze, dann die Atraktionen. Macht uns viel Spaß.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 11.02.25 von Meeplestilzchen - Der große Jahrmarkt ist ein Spiel, welches ich wahrscheinlich so im Laden liegend nicht gekauft hätte - hätte der Spieleblogger meines Vertrauens (Jörg vom SpieleBlog) das nicht so gehyped wie er es tut/tat. Was soll ich sagen, bei uns wurde niemand enttäuscht! Bei der Flut an Legespielen zählt dieses hier gewiss zu den Besseren. Da ich andere Spiele dieser Art mit 5-6 Punkten bewertet habe, bleibt mir keine Wahl als diesem hier die volle Punktzahl zu verpassen. Ja, die Plättchen kommen zufällig in\\\'s Spiel. Ja, es ist dadurch nicht von A-Z durchplanbar, aber das muss auch nicht immer der Fall sein. Zumindest nicht bei einem Familienspiel/leichtem Kennerspiel. Nach meiner Erfahrung verbaut man sich höchstens selbst. Man sieht auf seinem Tableau wie bei anderen Legespielen auch, dass etwas entsteht. Das Besondere hieran ist aber, dass damit auch noch was passiert. Denn wir führen Besucher entlang unserer Wege und locken diese in unsere Attraktionen - sehr thematisches Spiel, gepaart mit dem tollen 30er-Jahre-Betty-Boop-Stil. Einfach nur großartig, mehr kann man dazu nicht sagen! Auch die Erweiterung fügt sich modular sehr gut in das Spiel ein wertet es nochmal ordentlich auf - ohne dabei aber das Grundspiel alt aussehen zu lassen. Das Spiel hätte definitiv eine Nominierung beim Kennerspiel des Jahres verdient, viel mehr Spiel und Spaß ist auf diesem Niveau kaum möglich.

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