Rezension/Kritik - Online seit 20.07.2024. Dieser Artikel wurde 2740 mal aufgerufen.

Terra Pyramides

Direktlinks zu den Rezensionsblöcken
Autor: Michael Kiesling
Verlag: Korea Boardgames Co., Ltd.
Rezension: Michael Andersch
Spieler: 1 - 4
Dauer: 45 - 90 Minuten
Alter: ab 10 Jahren
Jahr: 2023
Bewertung: 4,0 4,0 H@LL9000
6,0 6,0 Leser
Ranking: Platz 1089
Terra Pyramides

Spielziel

Im alten Ägypten machen wir - was? Na klar: wir bauen Pyramiden. Rohstoffe, Arbeiter, Gold Pyramidenstufen, Siegpunkte – klingt soweit mal wenig aufregend und ist thematisch völlig kalter Kaffee. Interessant ist jedoch, dass das Spiel gleich mit 2 Erweiterungen kommt. Mal sehen, was das Spiel kann…

Ablauf

Das Grundspiel zeigt einen Plan mit mehreren Pyramidenbauplätzen, von denen 4 bereits mit einem „Fundament“ belegt sind – bereit, dass darauf Pyramiden errichtet werden.
Gespielt wird reihum, und ist man am Zug, so legt man ein Bauplättchen auf den Plan und aktiviert alle an dieses Bauplättchen in waagrechter, senkrechter oder diagonalen Linie angrenzenden Bauplättchen jedoch maximal 4. Darauf sind Arbeiter abgebildet (auf diese legt man zunächst eine Arbeiterscheibe), Horusaugen (für diese erhält man je 1 Goldstück) oder ein Baustein in einer von 6 Farben (für jeden davon nimmt man ein Klötzchen aus dem Vorrat und legt es auf seinem eigenen Ablageboard auf die Pyramide entsprechender Farbe).
Anschließend zieht man seine Arbeiter auf Fundamente, wodurch man den Anspruch erhebt, dort eine Pyramide zu errichten, was einem auch im Spielverlauf niemand mehr streitig machen kann. Oder man zieht seine Arbeiter auf bereits begonnene Pyramiden. Die Bewegung der Arbeiter darf dabei nur in einer geraden Linie erfolgen. Taucht der Arbeiter also an einer Stelle auf, von der aus man weder ein Fundament noch eine eigene Pyramide anlaufen kann, so ist er wertlos und wird wieder vom Plan genommen.
Sind genau 3 Arbeiter auf einem Baufeld, so kann man an (s)einer Pyramide werkeln. Dazu muss man aber auch Steine in der passenden Farbe abgeben und zwar immer genau so viele, wie es der Höhe der zu bauenden Pyramidenstufe entspricht. Mit der Farbe des für Ebene 1 abgegebenen Steines legt man fest, welche Farbe die Pyramide hat und welche Steine welcher Farbe somit für die höheren Stufen dieser Pyramide verwendet werden können. Leider, zu allem Unglück, gibt es bei den Arbeitern etwas Schwund und leichte Abnutzungserscheinungen, weswegen nach erfolgtem Bau nur einer der drei Arbeiter bei der Pyramide verbleibt. Möchte man also die Pyramide weiter bauen, so muss man nicht nur Steine besorgen, sondern auch wieder weitere Arbeiter heranführen, was sich im Spielverlauf aufgrund der immer mehr mit Plättchen belegten Spielfläche als immer schwerer erweist.
Glücklicherweise kann man aber auch jederzeit im Zug

  • 3 Gold ausgeben, um 1 Arbeiter direkt zu einer Pyramide zu stellen
  • 3 Gold ausgeben, um einen „Jokerstein“ zu kaufen
  • 2 Steine beliebiger Farbe in 1 Jokerstein umwandeln.

Am Ende des Zuges darf man maximal 4 Gold und 7 Steine mit in die nächste Runde nehmen und zieht noch ein neues Plättchen für den nächsten Zug nach, wobei man für Geld die Option hat, das Plättchen nicht zufällig zu ziehen, sondern in begrenztem Rahmen gezielt auszusuchen.
Das Spiel endet, wenn alle Bauplättchen aufgebraucht sind, und es gewinnt, wer die meisten Siegpunkte hat. Diese ergeben sich – abgesehen von etwas anderem Kleinkram – vor allem aus den gebauten Pyramiden, wobei voll ausgebaute Pyramiden überproportional viele Punkte bringen. Eine komplette Pyramide ist also deutlich besser als 2 „halbe“.
So weit das Grundspiel.
Terra Pyramides bringt jedoch wie eingangs erwähnt auch gleich noch zwei Erweiterungen mit, auf die ich kurz eingehen möchte.
Erweiterung "Horus und die Grabbeigaben":
Diese Erweiterung ändert das Spiel wie folgt:

  • Durch Horusaugen bekommt man kein Geld mehr, sondern direkt Siegpunkte. Jeweils beim Überschreiten eines 5er-Abschnittes auf der Siegpunktleiste erhält man 2 Geld. Dieses ist somit deutlich knapper als im Grundspiel.
  • Auf den Plättchen gibt es ein neues Element „Grabbeigaben“. Löst man dieses aus, so geht man auf einem kleinen Zusatzboard mit seinem Marker entsprechend Felder vorwärts. Am Spielende erhält man die Schritte als Siegpunkte, und zudem auch nochmals Siegpunkte für die Abstände zu allen Mitspielern, was ein durchaus imposanter Punkteregen sein kann.
  • Für Gold kann man auch Grabbeigaben kaufen
  • Es kommen zusätzlich neue Plättchen ins Spiel, wodurch der Anteil von Plättchen mit Arbeitern sinkt. Der Pyramidenbau wird somit schwieriger.
  • Wird nun ein eigenes Fundament komplett mit Plättchen umschlossen, so erhält der Besitzer des Fundaments nochmals die auf diesen Plättchen abgebildeten Horusaugen, Grabbeigaben und Goldmünzen.

Erweiterung "Der Nil und die Oasen":
Diese Erweiterung baut auf der anderen Erweiterung auf und ändert das Spiel nochmals wie folgt:

  • Es wird die Rückseite des Plans verwendet, welche den Nil zeigt und außerdem gleich mehrere Bauplätze anbietet, die schon ein Fundament haben.
  • Aktiviert man ein Nil-Feld, dann fährt man mit seinem Schiffchen ein Stück den Nil entlang. In regelmäßigen Abständen passiert man eine Palme – am Spielende multipliziert man die Anzahl dieser Palmen mit der Anzahl seiner Fundamente / Pyramiden und erhält das Ergebnis als Siegpunkte.
  • Auf den Plättchen gibt es ein neues Element „Oasen“. Löst man dieses aus, so geht man auf einem kleinen Zusatzboard mit seinem Marker entsprechend Felder vorwärts. Am Spielende erhält man die Schritte auf der Oasen-Leiste multipliziert mit seiner höchsten Pyramidenebene als Siegpunkte.
  • Es gibt 6 Karten mit Aufgaben, die man für Gold erwerben kann (Beispiel: „Du besitzt am Spielende die meisten Pyramiden und Fundamente“). Erfüllt man sie dann auch im Spielverlauf, so erhält man die entsprechenden Punkte. Auch von niemandem gekaufte Karten kann man erfüllen, dies bringt aber weniger Punkte ein.
  • Es kommen abermals zusätzlich neue Plättchen ins Spiel, wodurch der Anteil von Plättchen mit Arbeitern weiter sinkt. Der Pyramidenbau wird somit noch schwieriger.

Desweiteren bietet Terra Pyramides noch einen Solo- bzw. kooperativen Modus an, auf die ich aber an dieser Stelle nicht weiter eingehen will - es gilt bei beiden schlichtweg, bestimmte Punktzahlen zu erreichen oder Pyramiden zu errichten.

Fazit

Das Erste, was beim Öffnen der Schachtel auffällt, ist das Material. Genauer gesagt: Die Dicke der Stanzbögen, aus denen die Bauplättchen und das Geld herausgedrückt werden. Keine Miniaturen, kein sonstiger Schnickschnack – aber megadicke Dinger. Kommt irgendwie gut an und veranlasst garantiert jeden neuen Mitspieler zu einem entsprechenden Kommentar. Aber vor allem was das Geld betrifft, ist das fast schon zu viel des Guten: mehrmals dachte ich aufgrund der Höhe meines Stapels schon, ich hätte mehr Geld, als es dann tatsächlich war.Das genaue Gegenteil sind dagegen die Spielerboards. Das ist qualitativ nicht störend, aber ich hätte sie mir doppellagig mit Aussparungen für die einzelnen Bausteinfarben gewünscht. Denn zu leicht kommt man immer mal wieder an seine Steine und kann dann bisweilen nicht mehr so leicht rekonstruieren, auf welcher Farbe denn nun wie viele Steine lagen.
Ebenfalls ein bisschen ungeschickt sind die Pyramidenteile: aufgrund ihrer Form sind sie nicht immer einfach zu greifen. Passt man nicht auf, so entwischt einem schon mal ein Teil während man die Hand über dem Spielplan hat und richtet auf dem selbigem leichte Unordnung an.
Und wo ich schon beim Kritisieren bin: ich hätte mir gewünscht, dass die Bauplättchen der Erweiterungen irgendwie gekennzeichnet wären, um sie wieder leicht heraussortieren zu können, wenn man ohne sie spielen möchte. Und die Pappkuverts, in denen die Erweiterungen aufbewahrt werden sollen und in die die jeweiligen Anleitungen mal gerade so hineinpassen, sind absolut unpraktisch.

Die Regeln sind aus meiner Sicht allesamt gut verständlich – das Spiel selbst ist aber auch nicht wirklich schwer. Mit den Erweiterungen ändert sich zwar die Regelmenge naturgemäß – das Spiel bleibt aber was den Regelumfang betrifft immer noch im gemäßigten Bereich.
Etwas ratlos zurückgelassen hat uns die Regel, gelegte Bauplättchen so auszurichten, dass deren darauf abgebildete Stufen immer zum nächstgelegenen Bauplatz weisen. Außer der Ästhetik hat dies gar keinen Sinn. Hätte man die Stufen einfach weggelassen, dann hätte man dadurch auch gleich noch diese Regel einsparen können und zudem auf den Bauplättchen mehr Platz für die eigentlichen Symbole gehabt.
Der Charakter dagegen ändert sich mit den Erweiterungen deutlicher. Wo das Grundspiel noch recht geradeheraus ist: viele, vor allem hohe Pyramiden bedeuten viele Punkte – (und das ist es auch schon), bringen die Erweiterungen weitere Möglichkeiten zu punkten und damit einhergehend die Möglichkeit, unterschiedliche Strategien zu fahren. Dadurch wird das eigentliche Thema des Spiels – der Pyramidenbau – allerdings auch immer weiter abgewertet wird. Ebenfalls mit der Hinzunahme von Erweiterungen einher geht aber auch eine gewisse Verkopftheit: viele Möglichkeiten bedeuten nun einmal auch mehr Abwägungen.


Das Spiel ist ohnehin eher mechanisch als thematisch – ein typisches Euro-Game, bei dem über einen sehr gut funktionierenden Mechanismus ein mehr oder weniger dünnes Thema gespannt wurde. Für mich fühlt sich das Spiel daher – wenngleich wie gesagt gut funktionierend – recht trocken an. Fast bin ich geneigt zu sagen „ein typischer Kramer/Kiesling“, denn auf Spiele dieser Autoren, egal ob einzeln oder in Gemeinschaftsproduktion, trifft dies in meinen Augen recht häufig zu.
Hier mit hinein spielt auch die weitestgehend fehlende Interaktion. Diese besteht im Wesentlichen darin, dass ich – eher zufällig als geplant – eine Reihe von Bauplättchen verlängere und aktiviere, die ein Mitspieler schon im Auge hatte.
Aber wie heißt es so schön? „Wenn im Leben eine Tür zu geht, so geht eine andere auf“, und dies trifft auch hier zu. Denn durch das Legen meines Plättchens schaffe ich möglicherweise wiederum neue und bessere Optionen für den nachfolgenden Spieler.
All dies kann aber kaum einkalkuliert werden und geschieht daher „einfach so“, was für mich keine echte Interaktion darstellt.
Das einzige Element, was hier wirklich gegensteuert, sind die Grabbeigaben aus der ersten Erweiterung. Gehe ich hier vorwärts, so übe ich direkten Druck auf die Mitspieler aus, den Abstand zu mir nicht zu groß werden zu lassen, denn ich erhalte nicht nur die absoluten Punkte dieser Skala, sondern zusätzlich auch die Abstände zu jedem einzelnen Mitspieler nochmals als Punkte. Dieses Element gefällt mir ausgesprochen gut!

Das Spiel kam insgesamt bei meinen Mitspielern und mir ganz ordentlich an, ohne dass es aber große Begeisterungsstürme auslöste. Es ist schlichtweg solide, im absolut positiven Sinne – aber auch nicht mehr. Mir fehlt der kleine Kniff, die kleine Prise Pfiffigkeit, etwas Interaktion oder ein mitfiebernder „hoffentlich macht der nicht dies und hoffentlich klappt es, dass ich jenes noch, oder besser, oder schneller hinbekomme als meine Mitspieler“-Moment - also etwas, das Terra Pyramides aus der Masse der vielen guten Spiele herausheben und irgendwie zu einer Besonderheit machen würde.

Unter dem Strich bleibt ein gut zugängliches und ebenso gut skalierbares, positiv konstruktives, gehobenes Familien- bis Kennerspiel der eher ruhigen Sorte.
Wer ein solches Spiel sucht, der ist mit Terra Pyramides bestens bedient.

Rezension Michael Andersch

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

'Terra Pyramides' online bestellen

Kaufen bei Idealo Kaufen bei Spiele-Offensive Kaufen bei Meeple-Box 

H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Terra Pyramides: 4,0 4,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 15.05.24 von Michael Andersch - Gut zugängliches und ebenso gut skalierbares, positiv konstruktives, gehobenes Familien- bis Kennerspiel der eher ruhigen Sorte. Mir fehlt der kleine Kniff, die kleine Prise Pfiffigkeit oder etwas Interaktion um Terra Pyramides aus der Masse der vielen guten Spiele herauszuheben und zu etwas Besonderem zu machen.

Leserbewertungen

Leserwertung Terra Pyramides: 6,0 6.0, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.02.24 von Amanda - Super Plättchenlegespiel. Unbedingt auch mit den Zusatzmodulen spielen, um die ganze Tiefe des Spiels zu erfahren. Ganz unscheinbar kam es daher und leider auf der letzten Messe zu Unrecht von den Meisten übersehen worden. Woher die zum Teil schlechten Bewertungen kommen die zur 6,9 auf BGG führen?.. vielleicht von den Personen, die nur die Basisversion gespielt haben?!
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 22.04.25 von Kichererbse - „Terra Pyramides“ ist ein gehobenes Familienspiel für 1-4 Spieler ab 10 Jahren und dauert etwa 45-90 Minuten. Worum geht es? In Terra Pyramides konkurrieren die Spieler um den Erwerb von Bauplätzen zum Bau von Pyramiden unterschiedlicher Größe. Sie brauchen Geld, Ressourcen und Arbeiter, um die prächtigsten Pyramiden zu bauen, für die sie Punkte erhalten. Wer am Ende des Spiels die meisten Punkte hat, gewinnt. Jeder Spielende muss in einer Runde genau ein Plättchen auf den Spielplan legen. Dann werden alle Spielsteine auf dem Spielbrett aktiviert, die in einer geraden oder diagonalen Linie zu dem gerade gelegten Spielstein liegen. Auf den Plättchen befinden sich Arbeiter, Rohstoffe und Geld, die vom Spieler aktiviert/erhalten werden können. Arbeiter und Rohstoffe werden für den Bau von Pyramiden benötigt. Die Arbeiter müssen in einer ununterbrochenen geraden oder diagonalen Linie zu den Pyramidenbaustellen "wandern". Hat ein Spieler genügend Rohstoffe und drei seiner Arbeiter auf einem Bauplatz, darf er eine weitere Ebene für diese Pyramide bauen, was ihm Punkte einbringt. Geld kann für Bonusaktionen verwendet werden, z. B. um wilde Rohstoffe zu erhalten oder um einen Stapel zu durchsuchen und ein Plättchen auszuwählen. Das Spiel endet, wenn alle Plättchenstapel aufgebraucht sind. Jede Pyramide ist Punkte wert. Wer am Ende des Spiels die meisten Punkte hat, gewinnt. Fazit: Die Autoren-Urgesteine 😉 Michael Kiesling (Azul) und Wolfgang Kramer (6 nimmt!) haben mit TP ein richtig tolles - ach, was rede ich -, ein hervorragendes Spiel entwickelt. Denn durch die zwei zusätzlichen Versionen bzw. Erweiterungen in der Schachtel kann man das Niveau und auch den Spielspaß langsam steigern: Wo baue ich wie? Grübelgrübel…. Das Lege- und Einsetzspiel lässt die grauen Gehirnzellen angenehm qualmen und ist sehr belohnend! Die Spielanleitung könnte verständlicher sein. Dennoch: Hoher Wiederspielreiz, viel Abwechslung und ein schönes Spielgefühl sorgen dafür, dass TP bei uns ständig auf den Tisch kommt. Terra Pyramides macht einfach Bock! Sehr empfehlenswert und glasklar Daumen hoch!😃👍

Weitere Informationen zu 'Terra Pyramides' auf unseren Partnerseiten