Rezension/Kritik - Online seit 16.10.2025. Dieser Artikel wurde 948 mal aufgerufen.
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Wisst ihr noch? Frodo auf der Flucht zum Schicksalsberg, so viele finstere Schergen, die ihn jagen, und natürlich Saurons grausame Armee, die immer weiter in die freien Lande eindringt und die Bewohner in Knechtschaft zwingt. Wie nur soll Frodo all diesen Gefahren wiederstehen, habe ich beim Lesen an mancher Stelle gedacht. Aber wie wir alle wissen, findet Frodo am Ende den Weg zum Schicksalsberg und alles wird gut. Wobei Sauron und vermutlich auch Gollum dieser Darstellung wohl nicht zustimmen würden. Und ähnlich ist das auch in diesem Spiel. Gut, das liegt im Auge des Betrachters und hier darf sich auch Sauron mal freuen.
Langer Spielaufbau, umständliche Erklärungen? Mitnichten. Das Spiel ist blitzschnell aufgebaut und erklärt: Über drei Phasen dürfen wir aus einer Kartenauslage mit offenen und verdeckten Karten immer abwechselnd eine Karte aussuchen. Wobei die Karten überlappend in Reihen angeordnet sind. Nur freiliegende Karten (die dann offen liegen) können gewählt werden.
Die Karten haben verschiedene Farben, die für ihre verschiedenen Funktionen stehen. Da sind erst mal die grauen Karten, die für die verschiedenen Fähigkeiten (Mut, Stärke, Wissen usw.) der Helden stehen. Viele der anderen Karten im Spiel benötigen bestimmte Fähigkeiten, damit man sie überhaupt spielen darf.
Als nächstes ganz wichtig: grüne Karten. Hier treffen wir auf die verschiedenen Völker von Mittelerde mit denen wir uns verbünden können. Haben wir zwei Karten von einem Volk gesammelt, können wir eine besondere Fähigkeit dieses Volkes fortan nutzen.
Dann gibt es noch gelbe Karten, die einfach Geld bringen – Geld ersetzt fehlende Fähigkeiten – und blaue Karten mit Gollum und dem Ring. Diese Ringkarten bewegen entweder den Ringträger einen Schritt weiter nach Mordor oder lassen die Ringgeister näher zum Ringträger aufschließen.
Und last but not least gibt es noch die roten Karten. Hiermit bringen wir neue Truppen auf die Karte von Mittelerde.
Bis auf die drei Gebietskarten, die pro Phase ausliegen, ist das eigentlich schon fast alles, was das Spiel ausmacht. Gebietskarten funktionieren ähnlich wie rote Karten, benötigen aber recht viele und unterschiedliche Fähigkeiten. Dafür darf man mit ihnen einen Turm in ein Gebiet auf der Landkarte stellen, was für die Gebietskontrolle entscheidend sein kann.
Und damit komme ich schon zum Spielende. Davon gibt es einige Variationen: Natürlich: wenn Frodo den Schicksalsberg erreicht oder alternativ die Ringgeister Frodo einholen ist sofort Spielende.
Aber auch wenn eine von beiden Seiten militärisch auf dem Spielplan auf allen Feldern präsent ist, ist für die andere Seite sofort Game Over.
Und schließlich noch, wenn eine Seite Bündnisse mit 6 Völkern von Mittelerde schließen konnte, gibt es für die andere Seite keine Hoffnung mehr.
Diese Spielziele können alle während des Spiels erreicht werden und bedeuten den sofortigen Sieg für die entsprechende Seite.
Falls während der Partie keine diese Bedingungen eintritt, wird am Ende der dritten Phase der Sieg nach militärischer Stärke, also Präsenz auf dem Spielplan entschieden.
Sind Sie aus der Spielbeschreibung schon drauf gekommen oder wussten sie es vielleicht auch schon? Beim Lesen der Regel hatte ich schnell das Gefühl: Moment, dass Spielprinzip kenn ich doch schon? Richtig, Der Herr der Ringe, das Duell ist sehr ähnlich zum beliebten 2-Personen Ableger von 7 Wonders: 7 Wonders Duel. Ähnlich, aber nicht gleich.
Beim Duell um Mittelerde gefällt auf den ersten Blick direkt das schöne Material. Speziell die Leiste, auf der die Verfolgung zwischen den Ringgeistern und Frodo zum Schicksalsberg dargestellt wird, ist ein toller Gimick. Daneben noch die kleinen Figuren, die Grafik, und auch das Spielmaterial gefällt und hat einen hohen Aufforderungscharakter.
Spielerisch passt ebenfalls vieles, vor allem der schnelle Spielverlauf hält die Spannung hoch: Karte nehmen, auslegen, Effekt abhandeln, fertig. Das geht schnell, ist einfach und hat nahezu keine Wartezeiten. Während die ersten Karten häufig nur eine Fähigkeit benötigen, oder gleich ganz kostenlos sind, werden die Karten später im Spiel immer anspruchsvoller, bezüglich der verlangten Fähigkeiten. Besonders die Ortskarten mit ihren 6 Symbolen sind schwierig zu erfüllen. Da hilft es, wenn man zwischenzeitlich genug Geld gesammelt hat, so dass er fehlende Symbole durch jeweils eine Münze ersetzen kann.
Doch auf welche Strategie soll man setzen? Die Jagd nach dem Ring, Bündnisse mit den Völkern Mittelerdes oder doch die militärische Dominanz?
Mein Tipp: Von der Jagd auf den Ring würde ich abraten. Zumindest in meinen Spielen hat dies noch nie eine ernsthafte Rolle gespielt. 14 Schritte sind dazu notwendig – das bedeutet sehr viele Karten mit diesem Symbol zu nehmen. Da die Karten auch noch passende Fähigkeiten verlangen, dürfte man fast nur Fähigkeits- und Ringkarten nehmen. Das mag theoretisch funktionieren, wird aber fast immer auf eine militärische Niederlage hinauslaufen.
Vielversprechender sind da schon die Bündnisse mit den Völkern Mittelerdes. Denn selbst wenn es nicht für den Bündnissieg reicht, was leicht passieren kann, bringen gleichartige Völkersymbole ja noch Zusatzfunktionen, die auch für andere Aktionen hilfreich sind. Viele verstärken noch mal die militärischen Fähigkeiten, was sehr wertvoll sein kann.
Und damit kommen wir zur wahrscheinlichsten Siegstrategie: der militärische Sieg. Falls keine der Sofortsiegbedingungen ausgelöst wird, zählt am Ende des Spiels die militärische Präsenz auf dem Spielplan. Also ist es immer Interessant, Truppen in Mittelerde aufzustellen. So hat man die Option, mit etwas Glück den vorzeitigen Sieg zu erringen oder spätestens in der Endwertung gut da zu stehen.
Spielerisch muss man hier zum Glück kein Kriegsspiel erwarten, es geht nur um die Präsenz in den verschiedenen Regionen. Stehen Einheiten von Sauron und den freien Völkern zusammen in derselben Region, tauschen diese sich gegenseitig ab bis nur noch eine (oder keine) Fraktion übrig ist. Ausgenommen sind nur Türme, die (fast) nicht entfernt werden können und auch mit fremden Türmen oder Einheiten in einem Feld stehen dürfen.
Die Spieldauer liegt realistisch bei rund 30 Minuten für das ganze Spiel, falls nicht schon schneller ein Sofortsieg erreicht wird, was in meinen Runden tatsächlich relativ häufig der Fall war. In den meisten Fällen wurde das Spiel durch einen Militärsieg in der dritten Kartenphase gewonnen. Bündnissiege sind eher selten, da hatte dann meist einer nicht aufgepasst. Der Schicksalsberg wurde wie gesagt noch nie erreicht, und auch die Ringgeister konnten Frodo noch nie gefährlich nah kommen.
Also alles gut, super Spiel? Schon ein recht gutes Spiel, würde ich sagen, schnell, abwechslungsreich und mit einigen taktischen Entscheidungen überhaupt nicht langweilig. Das Einzige was mich stört: Der Ablauf ist ziemlich starr, ich nehme eine Karte, du nimmst eine Karte. Es kommt durchaus öfter vor, dass eine verfügbare Karte von beiden Spielern nicht genommen, wird, weil durch das Nehmen dieser Karte anschließend eine sehr starke Karte verfügbar wird, auf die dann der Gegner zuerst Zugriff hätte. Also nimmt man abwechselnd erst alle anderen möglichen Karten, aber eigentlich ist von Anfang an klar, wer am Schluss dem Mitspieler den Aufschlag machen muss. Wir hatten mehrfach den Fall, dass eine Karte auslag, die für einen Spieler den Spielsieg bedeutete, und es war nicht möglich, zu verhindern, dass er diese Karte auch bekommt. Es gibt nur ganz wenige Möglichkeiten aus diesem Hamsterrad zu entkommen, in meinen Augen zu wenige.
Und hier muss ich auf die Verwandtschaft zu 7 Wonders Duel zu sprechen kommen: Dort gibt es wenige, aber doch ein paar Möglichkeiten, einen Doppelzug zu machen. Das ist genau das, was es braucht, um aus der Defensive wieder in die Offensive zu gelangen. Dem Gegner potenziell gefährliche Karten wegzuschnappen oder auch, sich eine dringend benötigte Karte zu sichern. Dieses wichtige Element fehlt bei Der Herr der Ringe: Duell um Mittelerde fast vollständig und das ist sehr schade.
Also was ist das abschließende Fazit zu diesem Spiel, sollten Mann und Frau es sich zulegen? Vom Thema her, na ja. Frodo oder Sauron, das ist spielerisch völlig egal, und wie in der Geschichte fiebert man auch nicht. Aber die Grafik ist schön und Spiel und Thema passen halbwegs zusammen, von daher OK. Das Spiel selbst ist gut, und bietet in 30 Minuten viel Spiel und Spannung. Vom Spielgefühl gehört es für mich zu den ganz wenigen 2-Personen Spielen, die sich wie ein „großes“ Spiel anfühlen. Das finde ich super und von daher lohnt es sich durchaus.
Im direkten Vergleich mit 7 Wonders Duel gefällt es mir allerdings etwas weniger gut. Aber diesen letzten Satz darf man durchaus als Jammern auf sehr hohem Niveau bezeichnen.
Rezension Michael Timpe
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Der Herr der Ringe: Duell um Mittelerde:
4,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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16.07.25 von Michael Timpe - 7-Wonders Duell im neuen Gewandt. Keine schlechte Kopie, aber wenn ich die Wahl habe, greife ich eher zum Original. |
Leserwertung Der Herr der Ringe: Duell um Mittelerde:
4.8, 4 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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11.05.25 von JonTheDon - Teilt mit dem Vorgänger den Schwachpunkt, dass man ab einem bestimmten Moment anfangen muss zu rechnen. Trotzdem gefällt mir das Spiel etwas besser als 7 Wonders Duel. Warum? Vielleicht, weil die Siegbedingungen pointierter sind? Weil das Finanzmanagement entschlackt wurde? Des passenden Themas wegen? Bin mir nicht hundertprozentig sicher. Insgesamt läuft eine Partie darauf hinaus, sich in den ersten zwei Akten so gut wie möglich auf das Finale im dritten vorzubereiten, in dem dann beide Spieler noch Siegchancen haben. So gesehen eine geskriptete Dramaturgie, die aber zum Thema Herr der Ringe gut passt. Noch ein Wort zum Material: In meinem Exemplar hatten sich nach zwei, drei Partien alle Karten unschön gebogen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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11.05.25 von KK - Mehr Duell und mE besser als das Original, wo es am Ende doch oft auf die mich anödende Punktezählerei hinausläuft. Zudem sehr athmosphärisch das HdR-Thema eingefangen, auch durch die gute Illustration. Selbst wenn es hierbei keinen \"sudden death\" geben sollte, so haben doch beide immer den genauen Stand auf der Map im Blick - wenn ich sehe, dort hemmungslos hinten zu liegen, dann muss ich mich darauf konzentrieren, auf der Ringleiste oder bei den Bündnissen noch den Sieg einzufahren... DAS verstehe ich unter einem DUELL! |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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31.07.25 von britzer - Ich schließe mich der Rezension von KK an: gute Weiterentwicklung eines sehr guten Spiels, wodurch ein noch besseres Spiel entstanden ist. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
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18.10.25 von Thomas - Schöne Abwandlung des Klassikers, den ich trotzdem lieber spiele. Was mir zusätzlich zu dem Genannten gegenüber 7 Wonders Duell fehlt, ist die Komplexität des Handels. Der Kauf von Rohstoffen kostet immer gleich viel, ich kann nicht die Preise meines Mitspielers durch eigene Produktionsstätten erhöhen. Auch bringt eine Karte, die verkaufe, immer eine feste, vom Zeitalter abhängige Summe. Beim \"Original\" gibt es die Möglichkeit, die Einnahmen durch Handelsgebäude zu steigern, sodass das Spiel über Handelsgebäude und Münzen eine eigenständige Stategie darstellt. Dafür ist das taktische Spiel auf der Karte nicht zu unterschätzen, zumal es eine dritte Möglichkeit bietet, das Spiel vorzeitig zu beenden - insgesamt scheint es mir aber etwas einfacher zu sein als das Vorbild, was man mögen kann, oder auch nicht. Trotz der kurzen Spieldauer kommt, zumindest für mich, ein schönes Herr der Ringe-Gefühl rüber, was ich ausdrücklich positiv herausheben will, und das, obwohl ich mir definitiv mehr Unsymmetrie zwischen Sauron und den Gefährten gewünscht hätte. Entgegen den Ausführungen des Kritikers ist es mir übrigens durchaus schon gelungen, den Ring im Schicksalsberg zu versenken. Das war genau eine Runde, bevor ich auf dem Schlachtfeld verloren hätte, mit Hilfe der Zauberer - was sich einfach auch wunderbar erzählt. Zusammengefasst: Ich mag\\\'s :) |