Rezension/Kritik - Online seit 23.03.2007. Dieser Artikel wurde 6295 mal aufgerufen.

Fowl Play

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Autor: Richard Breese
Illustration: Chris Sharp
Verlag: R and D Games
Rezension: Peter Nos
Spieler: 2 - 4
Dauer: 60 Minuten
Alter: ab 10 Jahren
Jahr: 2006
Bewertung: 4,5 4,5 H@LL9000
4,0 4,0 Leser
Ranking: Platz 3391
Fowl Play

Spielziel

Liebe Kinder, ihr kennt doch bestimmt noch das schöne Liedchen: "Fuchs, du hast die Gans gestohlen"? Dieses altbekannten Themas hat sich nun Richard Breese angenommen, um den Vorbehalt auszuräumen, Füchse würden nur Gänse jagen. In Wirklichkeit muss jedoch jeder Fuchs auf eine ausgewogene Ernährung achten und neben Gänsen auch Enten, Hühner und Truthähne verspeisen.

Ablauf

Um dies zu verinnerlichen, schlüpfen wir in die Rolle der Füchse und pirschen uns auf dem Bauernhof an das saftige Federvieh heran. Geschickt nutzen wir unsere Fuchsbauten, um überraschend aus Erdlöchern zu stürzen. Leider ist das Federvieh nicht nur misstrauisch und läuft ständig gackernd davon, nein, es ist auch noch ziemlich schnell dabei - schneller als einem Fuchs lieb sein kann.

Spielerisch wurde dies gans einfach umgesetzt. Alle spielen eine Karte, die jeweils eine Zahl, eine Federviehsorte, eine Farbe sowie eine Form enthält. Genau, liebe Kinder, ihr müsst wissen, Hühner gibt es in braun, weiß und schwarz und sie sind rund, vier- oder sechseckig - spielen bildet! Nun darf jeder, beginnend mit der kleinsten gespielten Zahl, die nahrhaften Vögel um drei Schritte bewegen. Aber nur jene, die mindestens eine Eigenschaft der gespielten Karte besitzen. Die Karte mit dem runden weißen Huhn erlaubt es also, runde schwarze Enten oder quadratische weiße Gänse aber keine sechseckigen braunen Truthähne zu bewegen. Um die Sache etwas zu verkomplizieren, muss natürlich beachtet werden, dass sich Futter niemals näher als drei Felder an einen Fuchs heranbewegt - wieso auch?

Nachdem wieder Ruhe auf dem Hühnerhof eingetreten ist, stürmen nun reihum die Füchse los und - haps, haps, knusper, knusper - fressen sie sich kugelrund. Schön wär's, die Füchse können aber nur zwei Felder weit rennen. Dies reicht nicht immer, um das Futter in einem Zug zu erreichen.

So findet Zug um Zug auf dem Hühnerhof ein munteres Schnattern, Flattern und Fressen statt, bis das Spiel wegen Nahrungsmangel schließlich ein Ente findet. Nun wird der erfolgreichste Fuchs gekrönt. Auch das ist sehr einfach. Man muss nur wissen, dass Füchse auch Philanthropen (oder wie immer der aufs Geflügel übertragene Begriff heissen mag) sind und bestimmte Geflügelsorten verschonen wollen. Jeder hat dafür zu Spielbeginn eine Zielkarte geheim beiseite gelegt. Deshalb gibt es Punkte sowohl für die gefressenen als auch für die verschmähten Tiere.

Die Punktvergabe ist biologisch leicht verständlich und erscheint einem Kinderspiel angemessen: Wer die meisten Tiere einer bestimmten Eigenschaft fraß, bekommt einen Punkt pro gefressener Tiergattung mit eben jener Eigenschaft. Hat zum Beispiel mein Fuchs zwei weiße Hühner und eine weiße Ente und kein Mitspieler mehr weiße Tiere gefuttert, so erhalte ich dafür 2 Punkte. Gewertet wird rund, quadratisch, sechseckig sowie weiß, schwarz und braun. Ach ja, selbstverständlich gibt es noch Punkte für eine vielseitige Ernährung. Jeder vollständige Satz aus Ente, Huhn, Truthahn und Gans bringt zusätzliche vier Punkte.

Um die Punkte für die überlebenden Tiere zu ermitteln, zählt man einfach pro Attribut der Zielkarte, wie viele der auf dem Brett verbliebenen Tiere es auch besitzen. Einen Extrapunkt gibt es noch, falls genau das Zieltier überlebte.

Fazit

Mit Fowl Play hat Richard Breese mal wieder ein ziemlich ausgefuchstes Spiel vorgelegt. Eine erste Überraschung erlebt man, bevor man das Spiel sein eigen nennen darf, denn 40 "Hühner" galt es auf die Messetheke zu legen. Das kann schon abschrecken, sich näher mit dem Spiel zu beschäftigen, zumal es in einer kompakten Schachtel untergebracht ist und sich von Thema und Design eher als Kinder- oder allenfalls als Familienspiel präsentiert.

Doch schon spätestens bei der Warnung auf der ersten Seite der Regel, das Spiel keinesfalls zu starten, wenn nicht alle Spieler die Endwertung vollständig verstanden haben, beginnt sich die Stirn zu runzeln: Versteckt sich hinter den hübschen Vögeln und Füchsen vielleicht doch mehr als Heckmeck am Bratwurmeck, Hickhack in Gackelwack oder Kraut und Rüben? Tatsächlich wurde zwar bei der ersten Partie fröhlich aufs Geratewohl gefuttert und gegackert. Ab dem zweiten Spiel gehen die Füchse aber sehr viel gezielter auf Futtersuche und verschmähen gerne auch mal uninteressantes Geflügel. Dies zeigt sich auch im Ergebnis. Anfänger haben gegen alte Hasen - sorry: Füchse - keine Chance. Denn es gilt, ständig die Mahlzeiten der anderen Spieler zu beobachten und die eigenen Schutzbefohlenen in sicherer Entfernung der anderen Mäuler zu halten. Dies führt natürlich durchaus zu kleineren Grübeleien, zudem die Federvieh-Ziehregel leicht missachtet wird. Zum Glück wird man von den netten Mitspielern sogleich hämisch gackernd auf jeden Bewegungsfehler hingewiesen: "Dies Huhn ist weder weiß noch rund und schon gar keine Ente! Zudem würde es sich niemals einem Fuchs noch mehr annähern!"

Dabei sollte der Bewegung des Geflügels besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, da die Füchse nun mal langsamer sind und nur per Fuchsbau oder durch geschicktes Einkesseln an ihre Beute kommen. Die Nutzung des Fuchsbaus bringt jedoch immer den Verlust eines Zuges mit sich, da man ihn entweder betritt und durchschreitet oder durchschreitet und verlässt und sich Nutzvögel niemals im Tunnel umhertreiben.

In allen unseren Partien endete das Spiel mit einem verwüsteten Geflügelhof von weniger als 8 Tieren. Meist wurde der Sieg mit den Punkten der überlebenden Zieltiere gewonnen. Dabei ist aber auch das Fressen nicht zu vernachlässigen, kann doch ein gefressenes Tier in bis zu vier Wertungen zählen und somit anteilig vier Punkte wert sein. (Zur Erinnerung für die Kinder, die schon die Kreml-Voraussetzungen "ab 50 Jahren" erfüllen: Wertungen gibt es natürlich für Form, Farbe, Rasse und Vielseitigkeit). Gleiches gilt selbstverständlich für das überlebende Zieltier. Andererseits kann eine fehlende Mehrheit schmerzhaft Punkte kosten. Im schlimmsten Fall reduziert ein fehlgefressenes Tier sogar Punkte. Lebhaft kann man sich den verdorbenen Jungfuchsmagen vorstellen, der die weiße Mehrheit erringt, aber nur einen Punkt bekommt, weil die gesamte weiße Beute aus Gänsen besteht. Noch größer ist das Jaulen, wenn er eine weiße Gans eigentlich beschützen sollte. Diese Überlegungen zeigen doch deutlich, dass die Warnung in der Regel gerechtfertigt ist.

Das Spiel ist professionell produziert und lässt nur einen Wunsch offen: Angesichts des Preises wäre anstelle einer Kopiervorlage für die Wertung ein Wertungstableau oder zumindest ein Block angemessen gewesen. Die schöne Bauernhofgrafik und die hübschen Füchse relativieren immerhin ein wenig den Kaufpreis. Sicherlich ist zu berücksichtigen, dass nur etwa 500 Exemplare im Kleinstverlag hergestellt wurden. Die Aufmachung entspricht aber der eines Spiels mit fünfstelliger Auflage im Größtverlag.

Wichtiger ist jedoch das Spielgefühl. Und das bewegt sich auf hohem, wenn nicht sogar höchstem Niveau. Die Jagd der Füchse ist ausgesprochen realistisch simuliert. Da sprengt ein Leisetreter in ein Hühnernest und schon laufen alle Vögel gackernd davon, um sich kurz darauf wieder niederzulassen. Während das Fressen und Überleben lassen durchaus strategisch geplant sein will, muss man sich während eines Zuges doch ständig taktisch auf neue Situationen einstellen. Denn die Beute verhält sich gerne ausgesprochen unvorhersehbar. Die dadurch entstehenden Grübelphasen sind aber selbst bei vier Personen meist zu verkraften. Jedoch sollte man sich schon auf 90 Minuten Spieldauer einstellen. Auch mit weniger als vier Füchsen funktioniert das Spiel wunderbar, wobei besonders zu zweit die taktischen Scharmützel noch ausgeprägter sind. Gleichstarke Spieler vorausgesetzt, verlaufen die Spiele von der zweiten bis zur letzten Runde sehr spannend. Nur der erste Zug, bei dem sich die Füchse erstmal anschleichen, verläuft etwas beliebig, das kann aber getrost als Spielvorbereitung verbucht werden.

Die Regel ist nach der ersten Bewegung leicht verständlich und auch die Wertung macht ab der zweiten Partie keine Probleme mehr. Dabei sind die einzelnen Komponenten fein aufeinander abgestimmt. So sollte man beispielsweise versuchen, immer eine Karte mit hoher Startnummer zurückzuhalten. Dann kann man in einer brenzligen Situation schnell einen schützenswerten, gefährdeten Truthahn aus der Fresslinie zu bringen. Niedrige Karten werden vor allem gebraucht, wenn sich Füchse behindern oder denselben Fuchsbau anstreben. Ein gewisser Glücksanteil verbleibt natürlich. Da kann man beim Kartennachziehen Pech haben. Auch eine Verschwörung der anderen Füchse kann einen zurückwerfen. Das passiert gerne dann, wenn sich zeigt, dass z. B. alle Spieler schwarze Enten schützen, nur man selbst das Leben eines weißen Huhns besonders schätzt. Doch selbst in solchen Situationen zeigt sich der geschickte Jäger, indem er sich beispielsweise auf Schwarz spezialisiert.

Insgesamt kann das Spiel deshalb allen taktischen Strategen empfohlen werden, die sich thematisch auch mal etwas anderes gönnen mögen. Ich freue mich immer über Spiele, die nicht den allgemeinen Erwartungen folgen und Fowl Play ist im übertragenen Sinne ein spielerischer Wolf im Schafspelz.

Rezension Peter Nos

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Fowl Play: 4,5 4,5, 4 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 10.02.07 von Peter Nos
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 06.11.06 von Kathrin Nos
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 05.12.06 von Roland Winner - Das Wertungssystem ist sehr komplex, es sollte aber mit wachsender Erfahrung in diesem Spiel für Vielspieler kein Hindernis darstellen. Anfangs meint man, überhaupt keine Übersicht über seinen Stand im Spiel erreichen zu können. Übrigens ist die Regel ausführlich und sehr gut illustriert.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 23.03.07 von Frank Gartner

Leserbewertungen

Leserwertung Fowl Play: 4,0 4.0, 6 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 23.03.07 von TRH - Selten so ein langweiliges Spiel gespielt. Da gibt es wirklich besseres von Richard Breese...
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 23.03.07 von kai-uwe kramp - Tolles Wertungssystem!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 25.03.07 von Braz - Schönes Spiel. Das Wertungssytem muss jedoch erst noch "erarbeitet" werden, um möglichst interessante Spiele innerhlab der Gruppe zu bekommen. mE sehr zu unrecht gescholten...nettes Spiel, jedoch mE nichts für Gelegenheitsspieler -> dafür ist das Wertungssystem zu komplex
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 26.03.07 von Carsten Kramp - Wenn man die Wertung im Kopf hat, sehr schönes Spiel auch für 2 Spieler .Kommt immer wieder auf den Tisch .
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 29.03.07 von Richard van VUgt - Ich schließe mich der Meinung an, daß Richard Breese schon bessere Spiele gemacht hat.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 15.06.20 von Klaus Seitz - Vollkommen korrekt, Richard Breese hat gewichtigere Spiele entwickelt, aber Fowl Play gehört für mich zu den etwas übersehenen Perlen. Die Wertung ist nicht soo kompliziert, fällt nur im Vergleich zum sonst recht simplen Gameplay auf. Schönes Material und taktischer Tiefgang bei einfachen Regeln.

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