Spielziel
Alle Verdächtigen haben sich im Raum versammelt. Der Inspektor, gefolgt vom Gerichtsschreiber, betritt den Raum. Einer der Verdächtigen ist der Täter. Welche Alibis überzeugen den Inspektor von Schuld oder Unschuld?
Ablauf
Der Inspektor wirft einen Blick in sein Notizbuch und resümiert den Fall:
"Wie Sie wissen starb das Opfer, Millionär und Hausherr, weil die Bremsen seines Autos manipuliert wurden. Würden sich die Anwesenden bitte kurz vorstellen?"
Butler: "Mein Name ist James, der Butler."
"Ah, der Butler", sagt der Inspektor, "meinen Unterlagen entnehme ich, dass Sie beim Hausherrn hoch in der Kreide standen ..."
Während der Inspektor reihum die Anwesenden mit ihren Motiven konfrontiert, bereitet der Gerichtsschreiber die nachfolgenden Verhöre vor.
Inspektor: "Wir beginnen mit dem Hausmädchen. Waren Sie nicht zutiefst aufgebracht, als Ihnen der Ermordete offenbarte, dass er sich doch nicht für Sie von seiner Frau scheiden lassen wollte?"
Der Gerichtsschreiber schaut auf die Uhr.
Hausmädchen: "Nun, tja, ich gebe es ja zu, ich war sehr aufgebracht, als er sein Versprechen nicht einhalten wollte. Gut, ich habe ihm einige schlimme Worte an den Kopf geworfen, wie Schuft oder Feigling. Ich dachte, bei ihm sei einfach eine Schraube locker ..."
Der Gerichtsschreiber räuspert sich, als eine halbe Minute vergangen ist.
Hausmädchen: "Deshalb brauchen Sie noch lange nicht zu glauben, dass ich zu einem Mord fähig wäre. Fragen Sie doch ruhig mal den Gärtner, der hat einige Leichen im Garten - ja, genau, Sie brauchen sich gar nicht so aufzublasen ..."
Der Gerichtsschreiber unterbricht und weist darauf hin, den nächsten Verdächtigen zu befragen. Der Inspektor wendet sich dem Butler zu.
"James, wie hoch waren Ihre Schulden?"
Der Buttler schaut verlegen zu Boden. "Nun ja, der gnädige Herr beliebte gerne zu wetten und ich bin dieser Leidenschaft ebenfalls nachgegangen. Zuletzt trafen wir uns im Garten und verwetteten eine stattliche Summe auf die Weite seines Golfabschlages. Was soll ich sagen - das Glück war mir nicht hold. Das dürfte mich doch wohl nicht zum Mörder machen, ich verspreche es Ihnen, denn es ist die Wahrheit.
"Nun würde mich interessieren, was der Gärtner dazu zu sagen hat. Sind Sie nicht zufällig in der Nähe des Wagens gesehen worden?"
"Zuerst muss ich sagen, dass ich zum Glück im Garten arbeite und nicht ständig das Getue des Herrn im Haus ertragen musste. Ich würde sogar mit Ihnen wetten, dass ich ihn ansonsten umgebracht hätte. Aber ich sage die Wahrheit - ich war es nicht, das kann ich Ihnen versprechen!"
"Nun ja", sagt der Inspektor, "wenn Sie das sagen ..."
Nach einer weiteren Runde mit Fragen und Alibis lässt der Inspektor den Blick über die Verdächtigen schweifen. Jeder von ihnen überlegt, ob der Inspektor wohl den wahren Täter entlarven wird. Dann ergreift der Inspektor abermals das Wort:
"Auch wenn Sie alle ein Motiv hatten, der wahre Täter war nur eine einzelne Person. Zwar haben Sie versucht, mich in die Irre zu führen, indem Sie alle über den Garten gesprochen haben und mir das Blaue vom Himmel versprechen wollten, doch nur eine Person sprach zum Glück nicht die Wahrheit, wetten? Nur eine Person hat an der Schraube gedreht: das Hausmädchen!"
Hausmädchen: "Ja, ich gestehe ..."
Gärtner: "Alle Achtung, Herr Inspektor, das hätte ich Ihnen nicht zugetraut."
Fazit
Das Material präsentiert sich sehr ungewöhnlich, denn das wesentliche Element des Spiels sind die enthaltenen Bücher; jeweils eines für den Inspektor und den Gerichtsschreiber und fünf für die Verdächtigen. Eines davon identifiziert den Täter der Runde. Das übrige Material, in luxuriöser zweitüriger Box mit magnetischem Verschluss, erfüllt seinen funktionalen Zweck der Übersicht und Punktevergabe. Einzig die Siepunkttafel erscheint mir etwas zu klein für die großen Spielsteine.
Die Spielregeln sind im Grund recht einfach, somit ist das Spiel auch schnell zu verstehen. Einen elementaren Diskussionspunkt klärt die Regel jedoch nicht eindeutig. Dabei geht es um die Motiviation der Spieler, Begriffe der anderen Partei (Täter: die Begriffe der Unschuldigen, bzw. Unschuldige: die Begriffe des Täters) herauszuhören und in sein eigenes Alibi einzubinden. Wie so oft, muss dafür ein Wertungssystem mit Punkten herhalten. Danach bekommt also der Inspektor Pluspunkte, wenn er den Täter entlarvt. Im anderen Fall bekommt dann nicht der Täter, sondern der Inspektor die Minuspunkte - doch wie steht es mit den Pluspunkten?
Diese Frage lässt etwas Spielraum offen und nach der ersten Spielrunde haben wir nicht nur dem unerkannten Täter, sondern auch dem fälschlich beschuldigten Unschuldigen die Pluspunkte gutgeschrieben. Andernfalls wäre es für die Unschuldigen wenig ermunternd, den Inspektor in die Irre zu führen. Doch eben dies steht als Zieldefinition in der Regel.
Kommen wir jetzt zum Spiel. Es fordert. Es fordert auf, aus sich heraus zu gehen und eine Minute lang auch unsinniges Zeug zu erzählen und dabei seine vorgegebenen Worte einzubinden. Das ist nicht jedermanns Sache. So haben einige Testspieler nach dem ersten Versuch die Segel gestrichen. Interessanterweise jedoch immer mit der Aussage: "Ein gutes Spiel - aber ich kann so etwas einfach nicht".
Wer jedoch dran bleibt und die zweite Alibirunde anhängt, merkt schnell, dass man sich an das Spielprinzip gewöhnen kann. Die Empfindung, eine schwere, fast unlösbare Aufgabe vor sich zu haben, nimmt ab. Dennoch sei eines klar gesagt. Das Spiel ist stressig. Es fordert Konzentration, aber auch in erheblichem Maße die Lachmuskeln, gerade wenn die Spieler die Angebote aus den vorbereiteten Fällen aufnehmen.
Am Ende des Spiels stellt sich ein gutes Gefühl ein, aber gleichzeitig auch eines der Erschöpfung.
Ein bisschen Mord muss sein muss nicht in jeder Runde ein Renner sein und lebt für mich am wenigsten durch die Punkte, sondern umso mehr von der Kommunikaiton und Interaktion beim Zuhören, vom Aufnehmen der Begriffe anderer, vom Aufeinandereingehen und davon, eine lustige Geschichte zu erfinden.
Für mich kann ich in der nächsten passenden Spielrunde in jedem Fall sagen: Ein bisschen Mord muss sein!
Rezension Hans-Peter Stoll
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.