Rezension/Kritik - Online seit 15.06.2010. Dieser Artikel wurde 7538 mal aufgerufen.
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Greenrock Village ist ein kleines Dorf, von denen es so viele gibt. So ein Dorf, in dem jeder seinen friedlichen Gang geht und eigentlich nie etwas Besonderes passiert. Bis plötzlich diese entsetzlichen Morde geschehen. Daher schlüpft jeder Spieler in die Rolle eines Detektivs und versucht herauszufinden, wer von den jeweils acht Verdächtigen der Mörder ist.
Es gibt 15 Mordfälle, von denen jeder aus 27 Spielkarten besteht. Nach Auswahl des Falles werden die Verdächtigen-, Raum- und Personalkarten zu Spielbeginn gemäß den Vorgaben verdeckt um den Spielplan verteilt. Außerdem werden die Handlangerkarten als verdeckter Stapel bereitgelegt. Jeder Spieler erhält einen Kartenständer, einen Notizzettel, einen Stift sowie drei kleine Tippzettelchen. Zu Beginn des Spiels wird die Arztkarte vorgelesen, um erste Hinweise zu erhalten. Außerdem wird die Opferkarte an jene Stelle im Hotel gelegt, die im Autopsiebericht des Arztes als Tatort genannt wird. Die Spielfiguren beginnen auf dem Startfeld und je nachdem, auf welche Weise sie versuchen, an wichtiges Beweismaterial zur Entlarvung des Täters zu kommen, ziehen sie auf der Leiste ein bis fünf Felder vorwärts.
Dreimal im Spiel darf man einen Tipp abgeben, wer der Täter sein könnte. Dazu schreibt man dessen Namen auf eines seiner Zettelchen und schiebt es in die Zwischenablage seines Kartenständers. Wann man seine Tipps abgegeben hat, wird auf der Punkteleiste festgehalten – je früher man rät, desto mehr Punkte kann man bekommen, wenn sich die Vermutung am Ende als richtig herausstellt.
Beweismaterial sammelt man, indem man Kartentexte liest. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ist man an der Reihe, darf man für die Kosten eines Schrittes auf der Punkteleiste eine Karte nehmen. Hat man sie gelesen, entscheidet man, ob man ihren Inhalt geheim halten will – in diesem Fall stellt man sie auf die Rückseite seines Kartenständers. Hält man den Hinweis nicht für besonders wertvoll, stellt man die Karte auf die Ständervorderseite, muss dann aber den Text seinen Mitspielern vorlesen. Weil der Platz auf dem Ständer jedoch begrenzt ist (hinten ist Platz für eine Karte, vorne für zwei), muss man immer wieder Karten an ihren Platz zurücklegen oder von der Ständerrückseite nach vorne stellen bzw. umgekehrt.
Statt Karten zu nehmen, darf man sich auch Karten eines Mitspielers ansehen oder gar mit ihm Karten tauschen, was einen auf der Punkteleiste schneller vorwärts bringt (drei bzw. fünf Schritte). Dies hat den Vorteil, dass man die beiden Supertipps, die es beim Überschreiten bestimmter Felder gibt, vor den anderen Spielern lesen darf. Hat man schon alle drei Tipps abgegeben, darf man auch passen und bleibt damit mit seiner Spielfigur auf der Leiste stehen.
Das Spiel endet, sobald ein Spieler mit seiner Figur das Ziel erreicht. Dann werden die Punkte gezählt. Diese gibt es für richtige Tipps und für Karten auf dem eigenen Ständer (wie viel diese wert sind, ergibt die Rekonstruktion, die nach jedem Fall vorgelesen wird). Im Normalfall gewinnt der Spieler mit den meisten Gesamtpunkten.
Im Laufe des Spieles zieht aber jeder Spieler über das so genannte Handlangerfeld. Dort muss er eine Karte vom entsprechenden Stapel ziehen. Dieser besteht aus sechs Karten, eine davon macht den Spieler zum Handlanger des Täters. Gibt es im Spiel einen Handlanger (was ja nicht sein muss, wenn keiner die Karte gezogen hat), so kann auch der Handlanger gewinnen, wenn es ihm gelingt, die meisten Punkte für das Beweismaterial (also wichtige Hinweiskarten) zu sammeln – die abgegebenen Tipps werden in diesem Fall vollkommen ignoriert.
Obwohl man auch bei Greenrock Village – Tatort Hotel den Täter entlarven muss, geht dieses Spiel etwas anders an die Sache heran als andere Deduktionsspiele. Denn man sollte nach mehreren Runden nicht einfach nur Tatzeit, Ort, Waffe und Täter herausgefunden haben, indem man möglichst alle Karten einmal gesehen hat um solche, die man nicht in die Finger bekam, ausschließen zu können. Sondern man muss aus vielen Hinweisen in Textform jene herausfiltern, die für die Rekonstruierung des Tathergangs tatsächlich eine wichtige oder wenigstens nebensächliche Rolle spielen.
Selbstredend ist es auch in diesem Spiel wichtig, möglichst viele Karten gesehen zu haben, andernfalls kommt man nicht an Informationen. Durch das Verstecken einer Karte hinter seinem Ständer hat zudem jeder Spieler die Möglichkeit, eine wichtige Information vor den Mitspielern geheim zu halten. Oder auch, mit dieser Karte einfach nur zu bluffen, wenn er genau weiß, dass er einen oder mehrere Mitspieler hat, die sich prinzipiell immer gleich auf "versteckte " Karten stürzen. Da man diese Karte jederzeit gegen eine neu erhaltene austauschen kann, vergibt man den kostbaren Platz nicht wirklich, wenn man ihn zum Bluffen benutzt, sondern kann ihn bei Bedarf sofort für eine wichtige Karte nutzen.
Weil es völlig von den gewählten Karten abhängt, ob man relativ schnell eine gewichtige Information erhält oder nicht, ist der Glücksanteil dieses Spiels entsprechend hoch und taktische Möglichkeiten begrenzt. Trotzdem bieten sich hier zwei grundsätzliche Möglichkeiten an: Entweder zieht man mit seiner Figur möglichst schnell dem Ziel entgegen, indem man oft den Mitspielern Karten wegnimmt bzw. Einblick in deren Karten verlangt. Dies führt dazu, dass man als Erster die beiden Superhinweise lesen kann, welche stets wichtige Zusatzinformationen enthalten. Oder aber man läuft mit seiner Figur gemütlich von Feld zu Feld, pfeift auf die Superhinweise und hat dafür relativ lange die Chance, punkteträchtige Tipps abzugeben, weil man sich mit seiner Figur eben lange in jenem Bereich aufhält, in dem es sieben Punkte für korrektes Raten gibt.
Die Handlangerkarten riefen in meinen Testrunden zwiespältige Gefühle hervor. Während einige der Meinung waren, sie würden dem Spiel den letzten Pfiff verleihen, hielt sie die Mehrheit (zu der auch ich mich zähle) für eine unnötige und oft auch sehr frustrierende Sache. Wenn man sein Streben von Spielbeginn an eher darauf gerichtet hat, den richtigen Täter herauszufinden und dies plötzlich durch eine einzige Karte, von der man überhaupt nicht weiß, ob sie im Spiel sein wird oder nicht, zu einer völlig wertlosen Angelegenheit degradiert wird, ist das schon sehr ärgerlich. Auch dem Handlanger selbst macht seine Rolle allzu oft keine Freude, muss er doch plötzlich all sein Sinnen und Streben darauf verlegen, sämtliche wichtige Hinweiskarten an sich zu reißen, was ihm nur selten gelingt, schon gar nicht, wenn er vorher keine einzige dieser "Juwelen" auf seinem Kartenständer hatte. Aus diesem Grund haben wir die Handlangerkarten bei einigen Spielen einfach weggelassen.
Die auf der Schachtel angegebene Spieldauer von 60 Minuten war in meinen Testrunden immer zu kurz – meistens dauerte eine Partie 75 bis 90 Minuten.
Das Spielmaterial ist zweckdienlich und solide, lediglich auf den Rückseiten der Ständer wollen die Karten nicht so recht stehen bleiben. Dafür ist die Idee mit der Zwischenablage sehr gelungen. Nicht nur, dass diese die Ständer stabilisiert, auch können dort die abgegebenen Hinweise bis zum Spielende sicher verwahrt werden. Ebenso, dass für alle Mordfälle ein separater Platz in der Schachtel vorgesehen ist, sollte positiv erwähnt werden, denn auf diese Weise kann man sich ohne viel Zeitaufwand dem nächsten Fall widmen. Dafür fehlt aber die Opferkarte zum Markieren des Tatorts, welche in der Regel erwähnt wird – wirklich vermisst haben wir diese allerdings nicht.
Die Regel erfordert einiges an Durchhaltevermögen. Man kann sie wohl eher als unstrukturiert bezeichnen. Gezieltes Nachlesen – was beim ersten Spiel auf alle Fälle vonnöten sein wird – gestaltet sich eher schwierig. Aufgrund der (teilweise unnötigen) Informationsmenge hat man beim ersten Lesen auch Schwierigkeiten, den Spielablauf auf Anhieb zu verstehen. Aber man sollte hier unbedingt am Ball bleiben – es lohnt sich!
Sehr originell wurden teilweise die Namen der Verdächtigen in den verschiedenen Fällen gewählt – so trifft man zum Beispiel auf Vicky Backham, John F. Candy, Columbus Falk, Billy Gates, Margaret Hatcher und viele andere, deren Namen einem seltsam bekannt vorkommen. Dies verleiht dem Spiel auch einen gewissen Witz. Weniger witzig finden viele bestimmt das Preis-Leitungsverhältnis, denn 40 Euro für ein Spiel ausgeben zu müssen, das man genau 15 Mal spielen kann (eine Wiederholung der Fälle macht wenig Sinn, denn durch ihre Einzigartigkeit und witzigen Details würde man sich an zu vieles erinnern), sieht nicht jeder ein. Mittlerweile ist es aber schon günstiger zu haben, und dann ist das Spiel sein Geld in jedem Fall wert.
Leute, die Krimispiele prinzipiell nicht mögen, werden wohl auch kaum Gefallen an Greenrock Village – Tatort Hotel finden. Aber allen Fans von Cluedo & Co. kann ich dieses Spiel auf jeden Fall empfehlen!
Rezension Sandra Lemberger
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Greenrock Village - Tatort: Hotel: 4,0, 1 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.05.10 von Sandra Lemberger |
Leserwertung Greenrock Village - Tatort: Hotel: 3.3, 4 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
16.06.10 von elas - Viel zu glücksabhängig. Wenn jemand zu Beginn gleich die richtigen Karten zieht, kann er schnell richtige (punkteträchtige) Anschuldigungen machen. Außerdem kann man kaum Geheimwissen anhäufen, die Mitspieler finden schnell heraus, was auf den eigenen Karten steht. Das ist kein Deduktionsspiel, sondern eine Katastrophe, auch weil nach fünfzehn Spielen die Fälle durchgearbeitet sind. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
22.06.10 von Florian K. - Etwas Glück gehört dazu. Und dass man keine Karten geheim horten kann, erhöht ja gerade den Einfluss der Mitspieler. Die Supertipps als Hilfe für die zurückliegenden Spieler finde ich allerdings ziemlich unmotiviert. Vielleicht lassen wir sie beim nächsten Fall weg. Naja, und die Optik wie auch der komische englische Ortsname sind nicht mein Fall. Trotzdem interessante Weiterentwicklung und Vereinfachung von Sherlock Holmes Criminal-Cabinet - mit Karten statt Indizienbuch. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
29.04.12 von Stephan Graf |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.12.18 von Karl Rolf - Greenrock Village - Tatort: Hotel ist ein sehr gelungenes, stimmungsvolles Deduktionsspiel. 15 Fälle gilt es zu lösen und da wir in einer Viererrunde pro Fall doch deutlich länger als 60 Minuten brauchen, stehen damit 15 unterhaltsame Krimiabende ins Haus. Danach ist das Spiel dann durchgespielt, aber wenigstens zerstört man nicht das Spielmaterial - im Gegensatz zu den Exit-Spielen - so dass das Spiel noch an andere Spielerunden weitergegeben werden kann. Die Fälle sind spannend und weitestgehend auch plausibel. Man braucht natürlich auch etwas Glück um rechtzeitig an wichtige Informationen zu kommen, muss aber dann schon noch die richtigen Schlüsse ziehen. Das Material ist wirklich ansehnlich, die Regel leider nicht besonders gut strukturiert, was dem Spielspaß aber keinen Abbruch tut. Klar besser als Cluedo und auch wesentlicher stimmungsvoller als z.B. Safehouse, welches natürlich kein Deduktionsspiel ist. |